K. Seite — Nr. 21t
Nagolder Tagblatt «Der Gesellschafter'
Mittwoch,, den 13. September 1g?g
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Der Westwall steht! z
Kleine GEck/cksten von Hermann H! älter. !
Getrennt marschiert!
Mo der Führer im Sommer 1938 aus allen Gauen des Reiches schaffende Männer zum Bau des Westwalls rief, ^ wurde eine Gruppe Zuumerleute, Holzhauer, Maurer und Erdarbeiter aus dem schönen Murgtale des grünen Schwarz- ! waldss im Bienwald eingesetzt.
„Wir sollen Bunker bauen!" sagte Anton Züpfle, der ^ Zimmermeister, zu seinen Kameraden. Und sie, die ihren ' Mann an den Kampffronten des Weltkrieges gestanden statten, packten ihre Vorstellungen von den Kampfhindernissen aus und machten sich ein Bild ihrer künftigen Arbeit. .
Doch die fleißigen Männer des Schwarzwaldes mußten : zuerst Lehrgeld zahlen, denn die Bunker des Westwalls ^ übertrafen in Anlage, Größe und Ausführung alle ihre bisherigen Vorstellungen. Aber die Männer, denen der i Umgang mit Holz und Stein von den Ahnen vererbt und ^ «ozusagen schicksalshast ins Blut gelegt war, arbeiteten sich ^ spielend ein. :
In einer Kolonne von 10 Mann wurde Anton Züpfle ^ mit den 17 Kameraden eingesetzt. Erdaushub, Erdbewe- j qungen, Planieren besorgte eine andere Kolonne. Für Züpf- les Abteilung blieb Einrüsten und Verschalen als Ausgabe.
Bunker bauen war etwas anderes als Häuser zimmern, Schuppen aufschlagen und Stallungen errichten. Doch mit ! dem handwerklichen Geschick der Fachleute ausgerüstet, i wurde das Bunkerbauen der Kolonne Züpfle zu einer hei- ! ligen Verpflichtung. Sie begriffen, angesichts der in blauer s Ferne zum Himmel ragenden Silhouette des Schwarzwal- ! des, daß die gestellte Aufgabe mit Ernst und Eifer in einer ! unübertrefflichen Vollkommenheit zum Schutze der Heimat j gelöst werden müsse. s
Ohne die Absicht des Hervortuns — dazu waren Züpfle ! und seine Landsleute viel zu bescheiden — hatten sich die j Schwarzwalder bald zum Arbeitskern der Kolonne ent- > wickelt.
Und so kam es, daß Anton Züpfle bei dem nächsten Ar- : beitseinfatz, nach Vollendung der ersten Aufgabe dem Werk- , sichrer, bei dem er, wie die Kameraden sagten, einen Stein s im Brett hatte, den Vorschlag machte, die Kolonne zu teilen. ! Halb solle man sie dem Wilhelm Faust und halb ihm anver- ! trauen und bei verschiedenen Bauten einsetzen. Denn einmal wären es zu viel — „wir treten uns gegenseitig die ^ Füß' ab", sagte Anton Züpfle. Zum andern verleihe der : Wettstreit der Arbeit dieser gewiß schnelleren Fortgang.
Am Tage darauf wurde ZLpfles Vorschlag durchgeführt. Die Kolonne Züpfle und Faust begannen jede für sich ihr Werk.
Hei, wie das nun fluppte! Die Sägen kreischten, die Aexte krachten, die Hämmer klopften, und die Nägel schrien. Vom > nebelschwangeren Septembermorgen bis in den regenfeuch- ! ten Oktoberabend hinein werkten die Männer der Kolonne Züpfle mit den Schaffenden der Gruppe Faust um die gute Vollendung ihrer Aufgaben. Nicht daß es ein leichtes Spiel gewesen wäre! Wie bei jedem Wettkampf gab es schwere Hindernisse und unvorhergesehene Zufälligkeiten aus dem Wege zu räumen. Boden, Wasser, Wind und Wetter griffen hemmend in die Speichen des Arbeitsrades. Aber das alles wurde gemeistert!
Und so wurde aus Wille. Ehre, Fleiß, Geschick und freudiger Hingabe das Unmögliche möglich. In der festgesetzten Bauzeit schafften die Kolonnen Züpfle und Faust ihr Arbeitsteil an den Bunkern. Der Werkmeister beantragte für die wackeren Männer eine Sonderbelohnung und verlängerten Heimaturlaub.
Hier kommt keiner durch!
Nachdem der Steinhauer Karl Stark vom September 1938 an ein halbes Jahr am Westwall gearbeitet hatte und in die Heimat entlasten worden war, erhielt er bald darauf einen Gestellungsbefehl zu einer Landwehrübung. Und so zog er dann die feldgraue Uniform an, die er 1918 nach seinem Frontdienst abgelegt hatte.
Als es nach dem Westen ging, kam es Karl Stark vor, als beziehe er zum dritten Male für sein Vaterland dort Stellung: erstmals im Weltkrieg, das zweite Mal mit Hammer und Steinmeißel und das dritte Mal nun als Lanü- wehrmann. Zugleich erwachte in Karl Stark der Wunsch, als Soldat einmal das Werk auszuproben, an dem er mitgebaut hatte.
„Auf Wiedersehen, lieber Mann!"
Eine lustige Geschichte von O. E. F o e r st e r.
Hans Holter hatte seine Tante zum Bahnhof gebracht und ging nun, nachdem er noch lange sein Taschentuch geschwenkt hatte, langsam dem Ausgang zu. Plötzlich fiel sein Blick ganz zufällig auf eine junge Dame, die aus der anderen Seite des Bahnsteiges stand, wo der Zug nach München in drei Minuten abfahren sollte. Hans zuckte überrascht zusammen, dann faßte er sich und trat hinter den Zeitungsautomaten, von wo aus er die Dame ungesehen beobachten konnte.
Kein Zweifel — es war Franziska! Hans kannte sie erst seit drei Tagen. Da hatte eine Fahrt ins Blaue sie zusammengeführt. Sie waren rasch ins Gespräch gekommen, hatten sich mählich von den anderen getrennt, um schließlich auf einer Bank den Mond aufgehen zu sehen. Beim Abschied hatten sie sich geküßt. Und obwohl sie nichts voneinander wußten als ihre Vornamen, versprachen sie sich schon an jenem Abend, sich nie zu trennen. Heute abend wollten sie sich in einem kleinen Kaffee treffen...
Nun aber stand Franziska an dem D-Zug nach München, und sie lachte genau so reizend und glockenhell wie auf jener Bank unter den Bliitenzweigen! Aber diesmal galt ihre Liebenswürdigkeit einem Herrn in übrigens ziemlich gereiftem Alter, der aus dem Wagensenster sah und ihre gerade die Hand drückte und etwas Nettes zu sagen schien. Hans Hütte den Kerl erdrosseln können.
In diesem Augenblick hob der Mann mit der Mütze seinen Signalstab, und der Zug setzte sich in Bewegung. Franziska schüttelte noch einmal kräftig die Hand des Unbekannten und rief: „Auf Wiedersehen, lieber Mann!"
Hans fühlte einen schmerzhaften Stich in der Herzgegend. So also war es! Franziska war verheiratet! Und nährend ihr Mann verreiste, gedachte sie sich mit Hans zu treffen...
Vierzehn Tage später wurde das Regiment tatsächlich am Westwall eingesetzt. Karl Stark klopfte das Herz vor Freude. Doch ließ er sich nichts anmerken, als er zu den Sturmtruppen eingeteilt wurde, die den Auftrag hatten, eine nach mehrstündigem Trommelfeuer sturmreif gemachte Befestigung zu nehmen. Mit Leib und Seele Soldat, alle Erfahrung des Frontkrieges ausnutzend, arbeitete sich der Unteroffizier Stark mit seinem Trupp an den Bunker heran. Jede Bodenfalte voraussehend und ausnutzend, kam er voran, weiter voran als die andern Sturmtruppen, die alle dem mörderischen Feuer des Bunkers zum Opfer fielen.
Mit scharfen Augen beobachtete die Vunkerbesatzung nun den Sturmtrupp Stark/ eine Maschinengewehrgarbe nach der andern schüttete sie über ihn hin. Nirgends mehr ein toter Winkel zum Ausschnaufen nach der harten Bodenarbeit. Wo noch einer seiner Leute einen kleinen Strauch, einen Grasbüschel zum Vorwärtsdringen ausnutzen wollte, lag im nächsten Augenblick eine Feuergarbe darauf, und der Schiedsrichter entschied: außer Gefecht gesetzt!
Mit Wut und Freude zugleich sah Karl Stark seine Kameraden ein Opfer des Bunkers werden. Er aber gab den Kampf nicht auf, und die Schiedsrichter ließen ihn trotz der Aussichtslosigkeit seines Kampfes noch eine Weile weitermachen.
Und weiß der Teufel, wie Karl Stark es fertig brachte, er kam schließlich als einziger Mann von der ganzen „nie-» dergcmähten" Kompanie auf Rufnähe heran an den Bunker. Dort freilich wurde er „abgeschossen".
Der Kompanieführer ließ Karl Stark rufen, er sollte Aufschluß geben, wie er das Kunststück fertig gebracht hätte.
„Das hätt' ich selbst net gedacht!" sagte Stork. „Und wenn ich näher rangekommen bin als die andern, so nur deshalb, weil ich ja paar Wochen an ihm mitgebaut Hab' und mich hier gut auskenn'. Aber so schlimm hätt' ich mir mein Lebtag den Bunker net vorgestellt. Hier kommt keiner durch!"
Spaziergang zwischen Bunkern
Klaus Krok hatte Besuch bekommen. Seine „Alte", wie er sagte. Und die beiden ältesten Buben von den vier Rangen zu Hause hatte sie auch noch mitgebracht.
Seit dem Weihnachtsurlaub war Klaus Krok nicht mehr „daheeme" gewesen, und da nun Angehörige der Arbeiter die Vergünstigung haben, ihre Verwandten am Westwallbau besuchen zu können, fuhr Frau Krok mit ihren zwei Buben zu ihrem Mann. Die Kameraden hatten die Wohnba- racke und die Stube des Schachtmeisters Krok zum Willkommen seiner Frau kunstvoll ausgeschmllckt.
In der Kantine wurde es ein fröhlicher Begrüßungsabend, der sich mit Lachen, Singen und Bechern bis in den frühen Sontagmorgen hinzog.
Nach langem, erquickendem Schlaf — die beiden Buben wurden von Arbeitskameraden mit Späßen und Spielen unterhalten, damit sie die Eltern nicht zu früh störten - erschienen endlich Schachtmeister Krok und Frau.
„Nu bin ich", sagte Minna Krok, „schont e janze Dag bei dich nun du hast mich net emal enje Bunker gezeicht. Nach dem Esse zeich de mich'en Bunker." Die beiden Jungen baten auch den Väter deswegen und so willigte er schließlich ein.
Es ging an Baugruben, Zimmerplätzen, Kränen, Baggern, Rammen, Gleisanlagen, leeren Kippwagen, kalten Lokomotiven und Straßenwalzen vorbei, und Vater Krok mußte den Jungen hundert Fragen beantworten und erklären, was und warum das sei. Schließlich kamen sie durch Gemarkungen, auf deren Aeckern Saaten reiften und Kartoffeln und Rüben üppig ins Kraut schossen. Dann ging es durch ein Dorf, es kam schöner Wald und dann wieder Ackerland und so fort.
Die Sommersonne brannte heiß, und die beiden Jungen riefen nach Wasser, sie hätten Durst.
„Dunnerlittchen, wenn nich bald Bunker kommen, kehren wir ein, Mann!" sagte Minna.
Da mußte Klaus Krok lachen. „Frau, haste nichts gemerkt? An mehreren Bunkern bist de vorbeigetappt, unn n'u stehst de mirtemang uff eenem unn merkst immer noch nichts?"
„Oh, Jotte, Jotte! Kann so'n Ding nicht losgehen? Unn mitten rauf latschen wir? Nichts kann ich sehn!"
„Dat ist et je gerade, Minna. Mit de Bunker ist et wie zwischen uns beide. Wat se wert sin, merkt man erst, wenn et en richtige Krach gibt."
„Meenst de?" meint Minna.
„So ist et!" üestätiate Klaus Krok.
Er wartete in tiefer Enttäuschung ab, bis Franziska den Bahnsteig verlassen hatte. Dann ging auch er langsam dem Ausgang zu.
Am Abend wartete Franziska vergeblich auf ihn. Er saß in seinem langweiligen möblierten Zimmer und brütete dumpf vor sich hin. Es dauerte Wochen, ehe er dies Erlebnis vergessen hatle.
Einige Monate später reiste Hans im Aufträge seines Chefs nach München. Abends faß er in einem gemütlichen Restaurant. Plötzlich kam jemand an feinen Tisch und fragte, ob die beiden Stühle noch frei wären.
„Bitte!" wollte Hans sagen — aber das Wort erstarb ihm auf den Lippen. Das war ja der Herr, den er neulich auf dem Bahnsteig gesehen hatte — der Mann Franziskas... !
Hans konnte nur nicken. Der andere setzte sich dankend und begann, offensichtlich gut aufgeräumt, ein kleines Gespräch. Hans gab einsilbige und zerstreute Antworten.
„Aerger gehabt, was?" fragte der Tischgast teilnehmend. „Lassen Sie nur, nach Regen folgt wieder Sonnenschein. Passen Sie auf, wenn meine Frau und meine beiden Jun- gens kommen, wird es lustig! Die beiden Burschen sind immer fidel!"
Allmächtiger! dachte Hans erschrocken. Franziska kommt auch! Und Kinder haben sie auch schon! Er wollte zahlen und verschwinden — aber da packte der andere ihn beim Aermel: „Sehen Sie, da kommen sie ja schon!"
Es war zu spät, sich zu drücken. Eine Dame kam hinter Hans Holters Rücken an den Tisch heran und begrüßte den freundlichen Herrn.
Beim Klang ihrer Stimme drehte sich Hans jäh herum. Das war ja gar nicht Franziska! Eine ziemlich umfangreiche Vierzigerin mit einem kleinen Schnurrbart auf der Oberlippe'stand vor ihm. Und neben ihr zwei lebensprühende uniformierte Burschen: ein Arbeitsdienstmann und ein. Soldat...
„Das sind meine Frau und meine Jungens!" stellte das glückliche Familienoberhaupt vor.
„Holter!" murmelte Hans verwirrt. Ein abarundtiefer
^ Buntes Merlei
Kaffee als Kunststoff
Amerika sucht seinen Kasfeeiiberschuß zu verwerte«
Wenn die Natur irgend ein Land mit einem Produkt bis heut« begünstigte, dann erwies sich der in den letzten Jahre» von der Statur gewährte Ueberfluß meist keineswegs als ein Segen. Vielmehr zeigte es sich sehr oft, daß der Ueberfluß nicht an den Mann oder genauer gesagt an den Käufer zu bringen war. So ging es Amerika, das heißt den USA., mit der Baumwolle, und so ging es bis zur letzten jetzt einsetzenden Ernte Brasilien mit dem Kaffee. Allerlei Wege wurden versucht, um mit dem Kaffeeüberschuß fertig zu werden, der teils in Oefen verbrannt, teils als Heizmittel auf Bahnen benutzt, teils in Oelpressen verarbeitet wurde oder gar ins Meer geschüttet wurde. Nun ist man aber durch besondere Versuche darauf aufmerksam geworden, daß der Kaffee sich in einer gewissen Verarbeitung ausgezeichnet als plastischer Kunststoff verwerten läßt. Man ist technisch angeblich so weit, daß man in Brasilien nicht nur das Rohmaterial in Gestalt des Kaffeeüberschusses (aus früheren Jahren) zur Hand hat, sondern auch aus den Abfällen genügend Brennmaterial besitzt, um die Produktionskosten minimal zu gestalten. Entsprechend dem Erundmaterial ist der Kaffeestoff einerseits kaffeebraun und andererseits so hart wie eine gut gebrannte Bohne, sofern man den höheren Härtegrad nicht durch besondere Preßverfahren zu erreichen bestrebt ist. Aber durch Färbemethoden ist man in der Lage, diese Plastiken auch in grün, rot, Mahagoni, braun, gelb und selbst in tiefschwarz zu erzeugen. Dabei hat man immer als Ausgangssarbe das Grün der ungebrannten Bohne oder das Braun der gebrannten Bohne. Es ist schon heute möglich, Kunststoffe aus Kaffee herzustellen, die geschnitten, gehobelt, mit dem Bohrer bearbeitet, gesägt und poliert werden können. Wichtig ist auch, daß diese Masse sich gut »ls Isolierung verwenden läßt und ferner als Rohr oder Trink- gefüß einen guten Widerstand gegen Säuren zeigt oder auch für Oele benutzt werden kann. Hier wiederum ist bemerkenswert, daß die Masse geruchlos und geschmacklos ist. Die Verwendungsmöglichkeiten beschränken sich ja nun wieder nicht nur auf derartige Kleinindustrien Vielmehr geht man dazu über, sogar kn de» Flugindustrie Brasiliens mit diesem neuen Kunststoff zu arbeiten.
Selbstmord endet in glücklicher Ehe
Ein verzweifelter Liebhaber in Oklahoma in USA. beschloß, sich das Leben zu nehmen. Er schrieb also an seine hartherzige Geliebte unter Tränen einen Abschiedsbries, und gleichzeitig an eine Waffenfabrik in Chikago: „Senden Sie mir einen Revolver großen Kalibers." In der Aufregung verwechselte er aber die Briefumschläge mit den Anschriften. Die Fabrik in Chikago erhielt also einen verzweifelten Abschiedsbries, und bei der treulosen Geliebten wurde „ein großer Revolver" bestellt, was sie jedoch nicht weiter beeindruckt oder beunruhigt zu haben scheint. Dagegen schrieb eine Angestellte der Fabrik eine Antwort an den jungen Mann, die ihm so gefiel, daß er eine regelmäßige Korrespondenz mit ihr anknüpfte. Schließlich fuhr er selbst nach Ehi- kago, suchte die Angestellte in der Fabrik auf, heiratete sie uno^ >-ebte — 2ö Jahre lang in glücklichster Ehe mit ihr. Die Geschichte dieser tragikomischen Verwechslung gab er jetzt anläßlich seiner Silberhochzeit zum besten.
Aerzte km grünen Kittel
In einem Londoner Hospital gehen die Aerzte seit einiger Zeit nicht mehr in weißen, sondern in grünen Kitteln. Auch die Krankenschwestern tragen grüne Kleider. Ueberhaupt ist in den > Räumen fast nichts zu erblicken, was nicht mit der Farbe der ! Hoffnung angestrichen wäre. Grün ist Mode geworden. Aber es ! handelt sich nicht um eine Modeerscheinung. Englische Speziali- s steu haben entdeckt, daß die grüne Farbe die freundlichste und mildeste ist und auf die Augen der Patienten am wohltuendsten wirkt. Vielleicht entschließt man sich auch, Bettlaken und Bettbezüge grün umzufärben. Die Botchänge der Fenster sind bereits erneuert worden. Selbstverständlich sind sie grün.
London im Taschentuch
2n der britischen Hauptstadt ist es Mode geworden, auf London zu niesen. Einheimische tun es, vor allem aber auswärtige Besucher. Ein Unternehmer hat nämlich Taschentücher Herstellen lassen, auf denen der Londoner Stadtplan abgebildet ist. Diese Tücher werden in den Straßen zum Verkauf angeboten. Man kauft sich also nicht mehr einen Stadtolan aus Papier, sondern aus Seide und Leinen. In dem Straßenbild Londons kann man jetzt häufig beobachten, daß jemand sein Taschentuch herauszieht, es vor sich ausbreitet und es eingehend studiert. Nachdem er sich auf dem Tuch über Einzelheiten des Stadtplans orientiert hat, übernimmt es wieder die gewöhnliche Funktion eines Taschentuches. Man niest auf London.
Verdacht stieg in ihm auf. Als der Mann neben ihm bald danach zum Zigarettentisch ging, folgte Hans ihm.
„Hören Sie!" sagte er, „es ist wirklich unerhört! Sie sind ein Bigamist!"
„Haha!" lachte der andere, „sehen Sie? Die gute Stimmung Hut auch Sie schon angrsteckt. Wie kommen Sie übrigens zu diesem Witz? Wo ist da die Pointe?"
„Mein Herr!", sagte Hans wütend, „es ist übrigens überflüssig, sich zu verstellen. Ich weiß, daß Sie außer der Frau, die «ik mir eben vorstellten, noch eine zweite haben! Sie lebt anscheinend in Berlin, heißt Franziska und hat sich vor zehn Wochen auf dem Bahnsteig von Ihnen verabschiedet!"
Der Bigamist schwieg drei Sekunden verblüfft, dann platzte er los, sein Gelächter brachte die Zigarrenkisten ins Wackeln.
..Mann, was haben Sie für eine Phantasie!" brüllte er. „Die kleine Franziska Göpfert meine Frau! Das muß ich ihr erzählen ..
„Ich habe selbst gehört, wie Franziska Ihnen nachrief: Aus Wiedersehen, lieber Mann!"
„Stimmt!" lachte der andere, „stimmt! Uebrigens, ich vergaß vorhin, mich vorzustellen. Mein Name ist — Liebermann, junger Freund, Paul Liebermann von der Firma Göpfert .und Liebermann, Berlin-München! Dämmert Ihnen nun etwas?"
Es dämmerte nicht nur etwas, ein ganzes Elektrizitätswerk ging Hans aus.
„Uebrigens", fuhr Herr Liebermann fort, „Fräulein Franziska, deren Pate ich bin, hat mir da kürzlich in einem Brief gestanden, daß irgend ein junger Trottel sie neulich elend versetzt habe. Sie hat sich das sehr zu Herzen genommen. i 'i ich den Kerl zu erwischen kriegte..."
Er blickte Hans in gutgespielter Entrüstung an. Aber es wurde doch noch ein sehr gemütlicher Abend. Und als Hanrt nach Berlin zurückfuhr, trug er in seiner Brieftasche die genaue Adresse von Fräulein Franziska Göpfert...