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Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"
Geschichte im Kreise?
Klare Antwort anf dir aktuellste weltpolitische Frage
NSK. Bewegt sich die Geschichte im Kreise? So haben Ich in diesen Tagen Millionen rings um den Erdball und vor allem in Europa gefragt. Ln den Zeitungen aller Länder schlug man den Bogen zum Jahre 1914. Sind die 25 Jahre umsonst gewesen und mutz heute eine neue Generation «mtreten, um das nicht zu Ende gebrachte Ringen in blutigem Austrag zu erneuern? Haben wir nicht auch heute wieder die Entente cordiale und das Bemühen um die dritte östliche Großmacht? Existiert nicht auch heute wieder ein slawischer Staat, der bereit ist, den ersten Schutz zu tun? Wift» nicht wieder die Einkreisung unter Friedensphrasen geri^e von England aus betrieben? Sitzt nicht wieder ein zweiter Wilson auf dem Präsidentenstuhl in USA.?
Soviel Fragen und nur eine Antwort scheint möglich: Ja, die Geschichte bewegt sich im Kreise! Aber solange wir Menschengeschichte kennen, war dies dennoch nie der Fall. Wohl gibt es immer wieder äußere Ähnlichkeiten, aber die inneren Kräfte und Möglichkeiten, die Wirklichkeit, war stets etwas Einmaliges und Unwiederbringliches. Diese Lehre gibt uns die geschichtliche Erfahrung. Die gleiche Erkenntnis vermittelt uns auch ein klarer Blick in die Welt von 1939.
Deutschland und Italien stehen im Herzen des Kontinents unlöslich miteinander verbunden. Es ist dieser Zweibund von 1939, der an die Stelle des deutsch-österreichischen Bundes von 1914 getreten ist. Damals aber war nur der eine Partner eine wirkliche erstrangige Macht. Das habsburgische Oesterreich war schon längst nur mehr die Fiktion einer Großmacht. Die vielfältig auseinanderstrebenden Kräfte der Doppelmonarchie wurden nur mehr durch die Rücksichtnahme auf das bald zu erwartende Ende des Kaisers Franz Josef veranlaßt, auf der Stelle zu treten. Italien, das damals in einem losen Bündnisverhältnis mit den Zentralmächten stand, hatte eine alte, glühende nationalistische Rechnung mit diesem habsburgischen Bundesgenossen zu begleichen. Zudem war dieser italienische Staat nicht der Herr, sondern der Gefangene des Mittelmeers. Das Mittelmeer aber lag unter der Panzerfaust der britischen Flotte. Ausdrücklich mutzte sich daher Nom in jenem Dreibund Vorbehalten, daß die Bündnisklausel nie gegen eine Feindkoalition, die England einschlotz, angewandt werden konnte.
Weiterhin kamen noch Bulgarien und die Türkei zum Kreis der Mittelmächte. Bulgarien war schon in mehrjährigen blutigen Kriegen aufs äußerste geschwächt, und es war nur ein Zeichen für die wahrlich staunenswerte Lebenskraft dieses kleinen Volkes, daß es überhaupt in der Lage war, sich an einem neuen Waffengang zu beteiligen. Kraft zum Siege in einer so verzweifelten Koalition hatte das ausgeblutete Volk nicht mehr. Die osmanische Türkei war aber schon nicht mehr nur der „kranke Mann am Bosporus". sondern ein regelrecht leichenhaftss Staatsgebilde, um dessen Erbe der Streit von Anfang mit geführt wurde.
Dies also war die Lage 1914: Italien aktionsunfähig und innerlich glühend den Sturz Habsburgs wünschend, dis Doppelmonarchie stand schon mitten in der Auflösung, und um die Beuteanteile wurde bereits von Anbeginn an gerungen. Bulgarien schon bei Kriegsbeginn durch lange Kriegsjahre ausgeblutet, die Türkei nur mehr ein Phantom, deren offizielle Grenzen von Thrazien bis nach Aegypten und zum Persischen Golf nur bunte Striche in den Schulatlanten waren, aber auf keiner Generalstabskarte mehr Gültigkeit hatten. Deutschland stand ganz allein, und es war ja noch das kleindeutsche Reich, dem Millionen seiner besten Söhne fehlten.
Wie völlig anders ist die Lage heute! Deutschland hat einen Umfang wie nie zuvor. 87 Millionen Menschen leben in seinen Grenzen, und 80 Millionen sind Deutsche, geformt von einer Idee, geleitet von einem Führer. Das verbündete Italien aber ist die Macht im Mittelmeer, schon der abessinische Feldzug hat dies klar bewiesen. Dieses Italien blickt heute nach einer anderen Jrredenta, über der die Trikolore weht, dieses Italien schirmt heute sein ostafrikanisches Imperium, das von England bedroht ist. Rom ist heute Herr seines Schicksals, und dieses Schicksal ist unlöslich durch äußere Tatsachen und durch innere Bindungen mit dem Deutschlands verbunden. Die Feinde Roms sind auch die Feinde Berlins und umgekehrt.
Diese gegnerischen Mächte aber haben sich stärkstens verändert. Wer hätte vor 1914 an Englands absoluter Weltmacht auch nur zu zweifeln gewagt. Ein Brite war eine Art Halbgott und wo er seinen Fuß hinsetzte, da war Empire. Dieses Empire hat sich in den Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit als sein eigener Totengräber am eifrigsten betätigt. Söhne Albions als Kuligespött, diese eine Tatsachenanfllhrung genügt vollkommen. Dazu kommt die veränderte Wehrlage der britischen Insel. Das Flickwerk der notdürftigen Wehrpflicht beweist hier viel klarer die katastrophale Schwäche, als es ohne diese verzweifelte Maßnahme der Fall wäre. Frankreich steht heute isoliert auf dem Kontinent. Seine afrikanische Menschen- und Materialreserve kann im Ernstfall ihren Weg über das Mittelmeer Nicht mehr finden. Und der Landweg über Spanien ist in dem Vlutftrom des Bürgerkrieges für immer untergegangen — ja, Paris mutz froh sein, wenn es nicht gezwungen wird, eine dritte Front an den Pyrenäen zu verteidigen. In den Alpen würde mehr stehen als der von Bismarck gewünschte Trommler mit der Fahne. Im Westen ist der deutsche Erenzwall und im Nordosten ein sehr abgekühltes Belgien, das weiß, daß es die Grundfesten seines staatlichen Zusammenhaltes zerstören würde, wenn es sich in das Joch der Entente einspannen ließ.
Wie steht es aber mit der „russischen Dampfwalze"? Sie ist um einige hundert Kilometer zurückgs- worfen, und was die zaristische trotz jahrelanger Vorbereitung dicht unter den Grenzen der Mittelmächte nicht erreichte. traut doch wohl kein Verständiger der sowjetischen zu. Ganz davon abgesehen, daß die Machthaber des Kreml wohl einen anderen Ehrgeiz haben, als die Söldner der Westmächte zu sein.
Im außereuropäischen Raum ist nun in diesen 25 Jahren Japan zur ersten Weltmacht im Pazifik geworden. Was das für England bedeutet, hat es im abessinischen Feldzug erlebt. Der Rücken des Empire ist nicht mehr frei. Wo Japan im Ernstfälle steht, darüber gibt man sich auch in London keinerlei Täuschungen hin und die verzweifelten diplomatischen Bemühungen können aus schwarz heute nicht mehr weiß machen.
So zeigt der Blick in die Wirklichkeit von 1939 nur eins: die Churchill und Genossen sind die gleichen geblieben. Aber auch wenn derartige Greise es wünschen mögen, die Geschichte bewegt sich nicht im Kreise! H. Dittmar.
Wi!de Gerüchte in Paris
Phantasien der Pariser Presse — Darf das französische Volk die Wahrheit nicht erfahren?
Paris, 17. Aug. Die Pariser Presse geht an den klaren Tatbeständen, die in der europäischen Politik zur Debatte stehen, vorüber. Die verschiedensten Gerüchte sind wieder einmal in Umlauf, wobei man natürlich zu erwähnen vergisst, daß zahlreiche dieser Gerüchte in Paris ihren Ursprung haben, und daß im Augenblick am laufenden Band immer neue Gerüchte fabriziert werden, lleber diesen Phantasien versäumt die französische Presse auch ihre Aufgabe, ihre Leser sachlich über die wirklichen politischen Zusammenhänge zu unterrichten und dem immer haltloseren polnischen Chauvinismus in die Zügel zu fallen. Kein Wort von den unhaltbaren Zuständen im Korridor oder an der oberschlesischen Grenze, kein Wort davon, dag es sich darum handelt, ein in Versailles gegründetes Unrecht aus der °
Freitag, den 18. August 193g
Welt zu schaffen! Dafür aber ein wildes Phantasieren über Dreier-, Vierer- oder F ü n f e r k o n f e r e n z e n, über Friedenswünsche, Burgfrieden und ähnliche Angelegenheiten, die mit der Wirklichkeit in keinerlei Zusammenhang stehen. Eicher ist der Wunsch der Vater des Gedankens, der sich von einer Konferenz das Heil der Welt verspricht, aber es geht in Europa heute um etwas anderes als die Erfüllung französischer Wünsche. Dafür wird auch die französische Presse Verständnis ausüringen müssen
De? Führer zeichnet HiLgenfeldt aus
Berlin, 17. Aug. Der Führer hat dem Reichsbeauftragten für das Winterhilfswerk, Hauptamtsleiter Erich Hilgenfeld t, für seine Verdienste um die Durchführung des WHW. die erste Stufe des Ehrenzeichens für deutsche Volkspflege verliehen. Er ist somit der erste, dem diese Auszeichnung vom Führer verliehen ° wurde
Mossau vevamrt auf Lemioftsarantie
Paris, 17. Aug. Die Agentur Fournier meldet aus Moskau, dag die ersten vier Sitzungen der militärischen Vertreter Frankreichs, Englands und Sowjetrußlands zurAufstellungall- gemeiner Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern geführt hätten. Dabei seien Meinungsverschiedenheiten zwischen der französischen und englischen Abordnung einerseits und den Sowjetrussen andererseits be- zllglichdesFernenOstens aufgetaucht. Die französischen und englischen Delegationsführer hätten daher bei ihren Regierungen um neue Anweisungen nachgesucht.
Englands Verschleppungstaktik in Fernost
Tokio, 17. Aug. Der britische Botschafter Craigie teilte dem Außenministerium mit, dag diewei'terenVesprechungen vorläufig nicht stattfinden könnten, da die Londoner Beratungen noch nicht beendet sind. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Fragen hinsichtlich des Tsthungking-Dollars und des Tientsin-Silbers sei London zu längeren Verhandlungen mit den Dominions und dritten Mächten gezwunger
Japaner vor de« Toren Hongkongs
Unruhe und Besorgnis in London — Man befürchtet auch eine Blockade Schanghais
London» 17. Aug. Eine Meldung aus Hongkong, wonach 1000 Mann japanische Truppen bei Namtau gelandet sind und an der Grenze von Hongkong die japanische Flagge aufgepflanzt haben, hat in London großes Aussehen erregt und Besorgnis heroor- gerufen, ebenso wie die Erklärung eines japanischen Sprechers, daß eine Blockade Schanghais nach dem Muster von Tientsin jederzeit möglich sei. Man befürchtet, daß auch am anderen Ende der Hongkong-Grenze japanische Truppen an Land gehen und Hongkong einer scharfen Blockade unterworfen werden wirkst „Times" meldet aus Hongkong, man warte jetzt ab, was die Japaner unternähmen, befürchte aber, daß sie sich hier dauernd festsetzen und über Hongkong eine Blockade als politisches Druckmittel verhängen werden. In der Nähe von Bias Vay seien zahlreiche japanische Schiffe versammelt, was darauf schließen ließe, daß weitere japanische Trupvenlandungsn in Schataukok am anderen Ende der Hongkong-Grenze geplant seien. Der „Daily Telegraph" berichtet, daß 2000 Japaner bereits Schum- schun an der Bahnlinie von Kanton nach Hongkong besetzt und daß sie die Absicht hätten, Hongkong völlig vom chinesischen Festland abzuschneiden. Aus Schanghai meldet das Blatt, es heiße, dich die Japaner die Isolierung der internationalen Niederlaf- Pang und der französischen Konzession sowie eine Blockade nach dem Muster von Tientsin vorbereiteten.
Deutsche Wirtschaftsabordnung in Moskau
Moskau, 17. Aug. Auf Einladung der Sowjetregierung traf am 14. August in Moskau eine deutsche Abordnung, bestehend aus je einem Vertreter des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, des Reichsnährstandes und des Landwirtschaftlichen Forschungsdienstes zu einem mehrtägigen Besuch der in Moskau stattfindenden landwirtschaftlichen Ausstellung ein. Die Abordnung wurde am Bahnhof durch den Präsidenten der „Gesellschaft für kulturelle Verbindung mit dem Ausland" offiziell begrüßt.
Englands Herrschaft bedeutet den Hunger!
Bombay, 17. Aug. Infolge des Mangels an Bewässerung und des Fehlens von Vorräten sind verschiedene Teile im nördlichen Zentralindien wieder einmal von Hungersnot bedroht. In den Kathiawarstaaten sind bereits 40 000 Rinder eingegangen. Täglich sterben dort rund 2000 Stück Vieh. Auch in Jndore droht eine Hungersnot.
Graf Reventlow 7V Jahre alt
Berlin, 17. Aug. Am 18. August d. I. wird Graf Ernst' zu Reventlow, Potsdam, 70 Jahre alt. Er ist einer der ältesten völkischen Vorkämpfer, dessen sozialistische Einstellung ihn schon 1927 zum Nationalsozialismus stoßen ließ. Seit 1927 ist Reventlow nationalsozialistischer Reichstagsabgeordneter. Mit klarem politschem Blick erkannte er die Schwächen der Wilhelminischen Politik und war, seit England die Einkreisungspolitik gegen Deutschland begann, ei« scharfer Gegner des imperialistischen Ränkespiels, das er ans eigener- Erfahrung als ehemaliger aktiver Marineoffizier durchschaut hatte. Die Machthaber der Systemzeit fürchteten seine scharfe Kritik, die er als Redner und als politischer Journalist meisterhaft übte. Sein „Reichswart" und feine Bücher zeugen von seinem Weitblick sowie von seiner Lauterkeit und tiefen Gläubigkeit im Kampf um die Gewissensfreiheit. Man kann ibn mit Recht einen Ritter ohne Furcht und Tadel nennen.
Bluttat des mutmaßlichen Mörders vou Garmisch
Ein Kriminalbeamter getötet, ein zweiter schwer verletzt
Linz, 17. Aug. Der furchtbaren Bluttat eines Schwerverbrechers, der vermutlich auch einen Bankbeamten in Garmisch-Partenkirchen ermordet hat, fielen am Donnerstag zwei Kriminalbeamte in Linz zum Opfer. Im Zusammenhang mit de« Nachforschungen nach dem unbekannten Täter, der am 2. August in Earmisch-Pirtenkirchen einen Bankbeamten umgebracht hat, fiel der Verdacht auf einen angeblichen Kurt Reese aus Flensburg. Dieser ist mit stehen Jahren Zuchthaus vorbestraft und suchte häufig in Linz, ohne sich polizeilich zu melden, bei einem Freund Unterschlupf. Zwei Kriminalbeamte drangen am Donnerstag früh überraschend in das Gastzimmer ein, in dem Reese bei seinem Freund wohnte. Obwohl Reese seiner Verhaftung Widerstand entgegensetzte, gelang es den Kriminalbeamten zunächst, chu
. rnederzuringen. Dann aber vermochte Reese etnen Arm freizubekommen und blitzschnell fünf Schüsse auf die Kriminalbeamten abzufeuern. Der Kriminalbeamte Manzenreiter war auf der Stelle tot. Der Beamte Donner vermochte dem flüchtenden Täter zu folgen, dann brach er, der durch einen Brustschuß schwer verletzt war, zusammen. Er wurde in besorgniserregendem Zustand in das Krankenhaus gebracht.
Das vierte Opfer des Mörders von Linz
Gliederungen der Partei zur Verfolgung eingesetzt
Linz a. D., 17. Aug. Der Schwerverbrecher, der Donnerstag früh in Linz zwei Kriminalbeamte durch Revolverschüsse nie- bergestreckt hat, von denen der eine auf der Stelle tot war, der andere wenige Stunden darauf verstarb, ermordete wenige Stunden darauf bei Ottensheim in Oberdonau einen Gendarm.
Um 10.30 Uhr bemerkte der Gendarm Schwab in der Nähe der Ortschaft Ottensheim a. D. einen Mann, der zweifellos mit dem Mörder von Linz identisch war. Er hielt ihn an, doch zog der Verbrecher blitzschnell eine Pistole und schoß den Gendarm ni eder. Sodann bemächtigte er sich des Motorrades des Getöteten und floh in der Richtung donao aufwärts. Die Behörden glauben, daß man es tatsächlich mit dem Mörder von Garmisch-Partenkirchen zu tun hat.
! Der Gauleiter von Oberdonau, Eigruber, hat an alle Gliederungen den Auftrag erteilt, sich in den Dienst der Verfolgung ! des Verbrechers zu stellen. Schon kurz nach Erteilung des Be- ^ fehls haben sich in allen in Betracht kommenden Gebieten , Oberdonau die Gliederungen der Partei versammelt und sind ! nun daran, einen lückenlosen Ring zu ziehen.
Jüdische Bombenwerkstatt entdeckt
Tel Aviv» 17. Aug. Wie erst jetzt bekannt wird, wurde in Tel Aviv ein Jude das Opfer einer Bombenexplofion, die sich in seinem Zimmer ereignete und ihn sofort tötete. Zwei andere Juden wurden leicht verletzt und verschwanden, ehe die Polizei ! eintras. Bei der Durchsuchung des Hauses fand die Polizei eine ! vollständige Werkstatt zur Herstellung von Bomben. Man nimmt ! arr, daß sich der Jude an einer Höllenmaschine zu schaffen machte, j wobei ein Fabrikationsfehler in das Leben kostete. Mehrere Ju- ! den wurden in diesem Zusammenhang bereits verhastet-
> P'SlEHe Wirtschaft
j Der polnische D-Zug-Unfall in Danzig vor Gericht
z Danzig, 17. Aug. Die Große Strafkammer in Danzig klärte in ihrer Sitzung am Donnerstag die Frage, wer die Eisenbahnkatastrophe am Himmelfahrtstage in Danzig am Olivaer Tor verschuldet hat. Der Lokomotivführer des verunglückten D-Zu- ges, der polnische Staatsangehörige Paul Luszaj, war angeklagt, die Katastrophe fahrlässig herbeigeführt und dabei die ^Körperverletzung einer Reihe von Personen verursacht zu ha- Mn. Die Verhandlung ergab ein eindrucksvolles Bild von den -Nach deutschen Begriffen höchst eigenartigen Zuständen bei der polnischen Eisenbahnverwaltung.
Der Sachverständige, Prof. Dr. de Jonge, stellte fest^ daß der Angeklagte bis zu dem Unglückstags noch nie eine D-Zug-Lokomotive geführt und daher auch bisher so gut wir gar keine Vorsicht bei der Abgrenzung der Geschwindigkeit beobachtet hatte, da die Güterzüge fast immer unter der auch an gefährlichen Stellen vorgeschriebenen Triebgeschwindigkeit blieben. Luszaj hatte zudem keine Ahnung, wie die Hilfsmittel eines Lokomotivführers, nämlich Fahrplanbuch und Anhang, zu verwerten seien. Der Sachverständige wies darauf hin, daß man gewöhnliche Lokomotivführer von Güterzllgen erst nach längerer Tätigkeit als Personenzug-Lokomotivführer für D-Züge verwende, und auch dann lasse man diese Lokomotivführer auf unbekannten Strecken zunächst nur unter Aussicht fahren.
Im übrigen ist die zu hohe Geschwindigkeit die einzige Ursache des Unglücks gewesen. Prof, de Longe wies darauf hin, daß der Danziger Hauptbahnhof nur auf eine Durchfahrtsgeschwindigkeit von 45 Kilometer in der Stunde eingerichtet! sei, und daß es ein großes Glück sei, daß sich nicht durch za schnell fahrende polnische Züge schon früher einmal eine Katastrophe ereignet habe. Der Sachverständige schloß mit der dringenden Warnung, endlich dafür Sorge zu tragen, daß mit die-! sem — von dem polnischen Rechtsanwalt übrigens offen zugegebenen — unhaltbaren Zustand aufgeräumt werde. Auch darin kommt unverantwortliche polnische Großmannssucht zum Ausdruck: Polnische Lokomotivführer lassen die D-Züge in halsbrecherischem Tempo über die Weichen des Danziger Hauptbahnhofes jagen, und die polnische Eisenbahnverwaltung unterstützt das noch, indem sie unausgebildetes Personal auf die D-Zug-Lokomotiven setzt.
Der Erste Staatsanwalt beantragte gegen den Angeklagten aus den von dem Sachverständigen dargelegten Gründen nur eine Gefängnisstrafe von einem Jahr. Schuldig sei in erster Linie die frivol handelnde polnische Behörde. Aber der Angeklagte sei mitschuldig. Das Gericht verurteilte den Angeklagten, der bei der Eisenbahnkatastrophe einen Arm verloren hat,' zu einem Jahr Eesängnis.
Wolkenbrüche in Neuyork. Ueber Neuyork gingen am Mittwoch schwere Wolkenbrüche nieder, die besonders im Stadtteil Queens großen Schaden anrichteten. Der Verkehr war hier lahmgelegt. In die Untergrundbahn drang das Wasser mit derartiger Gewalt ein, daß vier Stationen zwei Stunden lang überschwemmt waren und 13 Züge auf der Strecke liegen blieben.