8. Seite Nr. 18S

Dienstag, den IS. August 1939

Aus dem Gerichtssr al

Karlsruher Strafkammer

Karlsruhe, 12. Aug. Wegen Sittlichkeitsverbrechens nach Para­graph 176 Ziffer 1 hatte sich vor der 3. Karlsruher Strafkammer der 47 Jahre alte verheiratete Rudolf Zeltmann aus Gernsbach zu verantworten. Der Angeklagte hatte am 2. April in Gerns­bach eine 19jährige Hausgehilfin angesprochen und sie auf dem Heimweg begleitet. Unterwegs wurde der Angeklagte zudring­lich, er umarmte und küßte das Mädchen gegen ihren Willen. Das Gericht sah den Tatbestand des Paragraph 176 als erfüllt an und sprach gegen den Angeklagten die Mindeststrafe von sechs Monaten Gefängnis aus, abzüglich drei Monate Unter­suchungshaft.

Leichtes Leben fuhrt auf schiebe Bahn Freiburg, 12. Aug. Mit 376 RM. Monatsgehalt hätte es der 54 Jahre alte Friedrich Lehncrt aus Karlsruhe nicht notwendig gehabt, Unterschlagungen zu begehen. Aber seine allzu große Neigung für ein leichtes Leben brachte eben mehr Ausgaben, so daß der Angeklagte schließlich aus die schiefe Bahn geriet und sich an fremden Geldern vergriff. Bei der unvermuteten Revision stellte sich heraus, daß Lehnert 3544 RM. unterschlagen hatte. Die Große Strafkammer verurteilte Lehnert wegen Untreue, Unterschlagung in Tateinheit mit Urkundenunterdriickung zu zwei Jahren einem Monat Gefängnis und zu 500 RM. Geldstrafe oder weiteren 50 Tagen Gefängnis. Wegen seines Leugnens bis zu­letzt hat das Gericht die Untersuchungshaft nicht angerechnet.

Zuchthausstrafe wegen Notzucht und Erpressung Freiburg, 12. Aug. Als ein ganz gefährlicher Schürzenjäger hat sich der 34 Jahre alte, ledige Hermann Wagner aus Freiburg erwiesen. Er machte sich in vielen Fällen an jüngere und ältere Mädchen heran und gab sich alsDichter und Schriftsteller" aus. Was nachher folgte, erfüllte zumindest in einigen Fällen den Tat­bestand der vollendeten Notzucht. Die 1. Große Strafkammer beim Landgericht Freiburg verurteilte Wagner wegen Notzucht und Erpressung, begangen an einem der Mädchen, zu zwei Jah­ren acht Monaten Zuchthaus und zu drei Jahren Ehrverlust.

Gewitter in der Nacht

Erzählung von Franz Braumann.

Als der Bauer in die Kammer trat, drehte Jörg den Kopf herüber von der Wand, auf die er eine geschlagene Stunde ohne Bewegung hingestarrt hatte. Der Bauer sagte nichts, er strich sich nur die Korngrannen aus dem Haar und schloß das Hemd über der rauhbewachsenen Brust. Er warf einen stummen Blick über den Knecht und schüttelte den Kopf.

Nach einer Weile des Schweigens mußte Jörg, der junge Rotzknecht selber anfangen mit der Rede.Wie es zuge­gangen ist, Bauer? Das ist bald gesagt. Die schwere Korn­fuhre brachte ich gut ein in die Scheune. Aber beim Hin­ausfahren mit dem leeren Wagen, da ist es dann geschehen."

Der Bauer hatte nicht viel zu sagen zu den kurzen Wor­ten.Die Hengste sind jung und gehen die erste Woche im Gespann. Ich hätte selber fahren sollen." Er blickte ab- fchätzend in das Gesicht des Knechtes.Wie alt bist du jetzt, Jörg?"

Siebzehn." Es klang dumpf, daß der Bauer aufhorchte. Aber er tat keine Entgegnung daraus und ging ohne Gruß aus der Kammer.

Jörgs starrender Blick verlor sich wieder im dunklen Holz der Kammerwand. Seine Gedanken glitten zurück in die verlorenen Stunden des Tages. Er fand sich wieder schrei­tend neben dem leeren Wagen, den er hinausbrinaen sollte

Ragolder TagblattDer Gesellschafter"

auf den Kornacker. Das Ungebärdige und Halbgezahmte an den jungen Hengsten hatte ihm gefallen, und er hatte in der Unvernunft seiner Jugend nicht das Ende bedacht. Den Wagen bergab ohne Bremsholz zu fahren, das hatte die Roste ermutigt. Da genügte es, daß der Leithengst mit halbem Mutwillen über die Stränge sprang, um auch das zweite Roß zu einem jähen Aufbäumen zu verleiten. Und das Ende war bitter gekommen. Daß er im Vorspringen vom Knie des Hengstes einen bösen Stotz in die Brust be­kam, hatte er sich noch verzeihen können. Aber wie er vre Zügel loslasten und unter das Rad des Wagens kommen konnte, das vermochte er nicht mehr ungeschehen zu ma­chen. Nur dem weichen Wiesenweg hatte er es zu verdanken, daß nicht der Schenkel abgedrückt wurde. Das Schmerzvollste aber blieb die bittere Scham, daß die anderen Knechte die Roste einsingen, indes er stöhnenden Schrittes heimkeuchen mußte und halb ohne Bewußtsein aus sein Lager siel.

Jörg, der Knecht, schämte sich der geringen Tat seiner Jahre. Er vergaß darüber, daß sein Bein hoch geschwollen war und alle Farben der bösen Quetschung an sich trug. Nur der Atem bedrückte ihn noch zuweilen, wenn er aus­seufzend die Luft tiefer einsog. Er trug keinen Gedanken des Zornes über die wilden Hengste in sich. Das ganze Ge­spann war ihm lieb; und was ihn besonders mit ihnen ver­band, war die Jugend, die ihnen gemeinsam eigen war.

Zu dieser Stunde fiel ihm wieder der alte Spruch ein, daß nicht jeder ein Roßknecht sei, der mit Pferden fahre. Und da er dies dachte, verlor sich auch die Flucht der Bilder vor dem schwarzen Balken seiner Kammer. Die Wand war wieder Wand, und sein Bett das Lager, auf dem ein un­tauglicher Roßknecht stöhnend kauerte.

Jörg sah es nicht, als die Sonne sich an der hohen Him­melslinie vor seinem Fenster hinlegte und im unmäßigen Meer der Halme ertrank. Auch das Abendesten, hingestellt auf einen Stuhl vor seinem Lager, berührte er kaum. So tat es ihm wohl, daß die Erschöpfung ihn hineinwarf in kurzen Schlummer und unstete Ruh.

Als er wieder erwachte, stand der junge Mond tief im Fenster. Der Hof lag in bleicher Starre, und der Himmel dünkte Jörg eher schleiernd weiß als dunkel, wie es sonst die Nacht an sich hatte. Er lehnte lang im Fenster und starrte auf den mondenen Platz. Halb wie im Unbewußten zählte er die Wagen voll Korn unter dem Scheunendach. Drei standen noch vollbeladen: denn der Tag war zu kurz gewesen für die Fülle der Arbeit, die angefallen war mit der heißeren Sonne. Ein leerer Wagen mochte in der Tenne stehen, und einer dunkelte herüber aus dem Schatten unter dem Nußbaum.

Und da er in Gedanken die Zahl der Gefährte des Gutes überschlug, fehlte ihm einer in der vollen Zahl. Der sechste Wagen mußte beladen noch drüben im Kornacker stehen!

Der Hund schlief laut in seiner Hütte unter dem Fenster. Im Stall erhob sich der dumpfe Hall eines Schlages, den ein Roß an die Planke gedröhnt hatte. In den Bäumen des Obstgartens aber hing die tonlose Stille wie in heim­licher Angst vor den unerkannten Gewalten der Nacht.

Das war die Zeit, in der ein heißer Einfall, jäh und übermäßig in seiner alleinigen Macht, den jungen Roß- . knecht Jörg auffahren ließ. Erst lächelte er mit einem lei­sen Flach über die Unsinnigkeit des neuen Verlangens. Aber bald brannte der Wille heißer und stärker in ihm. Er trieb ihn empor von dem Lager, das feucht war von der Hitze des jungen Körpers, und als er sich das Gewand an- i getan hatte, fand er sich schreitend über den mondenen Hof. ^ Drüben im Stall schaute er lange in die dunklen Glllh- : äugen der Hengste. Sie ließen es geschehen, daß er ihnen ohne stärkeren Laut das Roßgeschirr llberwarf. Als er sie

leise aus dem Stalle führte, hatte niemand auf dem Gute von seinem Tun einen Laut vernommen. Rur der Hund wedelte um ihn, bittend, daß er mittun dürfe bei der heim­lichen Fahrt.

Da schritt Jörg schon tief im weichen Wiesenweg, er­kannte erst Heller und schärfer die Ziele seines Entschlusses. Er wollte es so halten, daß niemand sein nächtliches Tun hörte. Aber am Morgen würde er sagen zu seinem Bauer: Daß du nicht meinst, ich taugte nicht für einen Roßknecht: Die letzte Kornfuhre vom Acker Hab' ich eingefahren in der Nacht!"

Die Hengste hielten sich gut im Gehen: der Tag lag ihnen schwer noch in den Gliedern. Aber als der Weg sich bergab senkte und das Geschirr klirrend nach vorn rutschte, stieg das Leitroß empor. Jörg hatte auch später noch manches Mal seine harte Mühe, bis er den Kornacker erreichte.

Doch am Rand des Feldes, da stand der Wagen leer, und die lange Zeile der Korngarben dehnte sich ungewiß in die Nacht. Der junge Roßknecht stand eine lange Weile ohne Rat. Und als auch die Pferde sich still verhielten, spürte er wieder stärker die lauernde Gewalt dieser Nacht. Fahler verglomm die Nähe. Auch den Mond hatte das trübe Weiß des Himmels verschluckt. Der Westen aber drohte verhangen und schwarz.

Hüh, Hengste!" rief er lauter, als es die Nacht gebot. Hinter den Scheigern steht ein schweres Wetter! Der Sturm, wenn er aufsteht, drischt er die strohdürren Garben zu Spreu! Das Korn muß heim!

Der Wagen klemperte halblaut, als Jörg hineinfuhr in das Düster des Ackers. Als-der Wagen hart neben der Gar­ben reihe stand, verklänkte er die Zügel kurz und drückte das Bremsholz ein, daß den Rosten nicht ein Unvorher­gesehenes einfallen konnte. Mühsam und langwierig wurde die Arbeit, bis er allein die Fuhre belud. Da hatte er noch nicht die Hälfte, flackerte schon die erste Flamme des Blitzes über den Himmel. Und bis die letzte Garbe auf dem Wagen lag, keuchte er hinkend auf dem verschwollenen Bein.

Hochbeladen schwankte die Fuhre wegwärts; sie schnitt tiefe Gleise in den Acker.Hüh, Hengste, hüh!" schrie, nein, brüllt er zuletzt, und die Rosse erkannten in ihm den neuen Herrn. Sie schossen hoch vor den blenden Blitzen und spran­gen zurück, wenn der Donner brüllend den Himmel einriß. Der Faust des Roßknechts aber beugten sie sich immer wie­der. Und als der Sturm wild in den Nußbaum brach, rollte die Fuhre unter das Vordach der Scheune.

Das wilde Wetter hatte auch den Bauer aus dem Bett gerissen. Und bis er herüber unter die Scheune sprang, lehnte Jörg schon erschöpft an der fliegenden Flanke des Hengstes und spie Blut.

Es ist nicht viel, Bauer", stöhnte er leise,der Huftritt vom Nachmittag hat mir etwas verschlagen. Aber ein Rotz­knecht, gelt, wird wohl noch aus mir!"

Ein guter Roßknecht bist du schon, Jörg!" Dann hob der Bauer den Matten stumm auf seinen Arm und trug ihn hinein in die Kammer.

Die übertragbaren Krankheiten in Württemberg. In der

'Woche vom 30. Juli bis 5. August 1939 sind in Württemberg folgende Fälle von übertragbaren Krankheiten, einschließlich der erst beim Tode bekannt gewordenen Krankheitsfälle (Todesfälle in Klammern) angezeigt worden: Diphterie 24 (2), Scharlach 71 (), Tuberkulose der Atmungsorgane 83 (27), Tuberkulose ^ver Haut 1 (1), Tuberkulose anderer Organe 4 (2), Genick­starre 4 (), Kinderlähmung 13 (), Unterleibstyphus 3 (1), Paratzphus 7 (), Kindbettfieber 2 (), bakt. Lebensmittelver­giftung 2 (1), Keuchhusten 102 (2).

in krsuTslicli

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