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Nr. 190
Mittwoch, äen 16. August 1939
113. Jahrgang
Verrat aa Pilsudski
Die Negierenden in Polen verleugnen des MarschaUs
Willen
NSK. Herr Beck wird von der polnischen Propaganda in der ganzen Welt als der „Schüler" des großen Marschalls der Polen angepriesen. Die heutige polnische Regierung behauptet, sie sei die politische „Erbin" Pilsudskis. Sie verwirkliche seine genialen außenpolitischen Konzeptionen. Sie tue das, was der Marschall auch getan hätte.
Der Marschall lebt nicht mehr. Da ist es einfach, die Tatsachen zu verdrehen und der Welt vorzugaukeln, daß die polnische Außenpolitik eine einheitliche, konsequente Linie verfolge. Unter dem Turm der silbernen Glocken ruht in einem silbernen Sarg sein Leichnam. Zu diesem Grab pilgern die polnischen Herren Minister. Dorthin begibt sich Marschall Rydz-Smigly, der Nachfolger des Marschalls. Symbolisch soll damit angedeutet werden, daß die Epigonen die Pläne ihres großen Meisters verwiicklichen.
Und wie sieht die Wahrheit aus? „Nur Pilsudski kann in seinem Lande etwas ausrichten, und er hat das Format für große Lösungen", sagte von ihm Austin Cham- berlain. Pilsudski bewies das, als er mit dem Führer den Nichtangriffspakt schloß, der die deutsch-polnischen Beziehungen bereinigen sollte. Solange der Marschall lebte, konnte man mit berechtigten Hoffnungen auf die Entwicklung dieser Beziehungen in die Zukunft blicken. Zunächst fetzten auch die politischen „Erben" seine Politik fort. Sie nahmen gegenüber dem deutsch-polnischen Problem sogar eine scheinbar wohlwollende Haltung ein. Selbst das nationalradikale L'Oeuvre schrieb vor einigen Wochen: „Bevor England seinen großen Koalitionsversuch ins Werk gesetzt und sein Earantieversprechen abgegeben hatte, hätten die Polen die Danzig-Angelegenheit sozusagen als geregelt betrachtet. Dann hat Polen sich aber plötzlich versteift und Danzig als seinen Lebensraum betrachtet. Die Polen verweigerten nicht nur jede Verhandlung und Aussprache über das Regime der Freien Stadt und das Problem des „Korridors im Korridor", sondern sie verlangten jetzt noch obendrein ihrerseits die Souveränität". Der brennende Ehrgeiz der Herren in Warschau und die englische Diplomatie haben Polen so weit gebracht, daß es von der bewährten Linie des Marschalls abgewichen ist.
Pilsudski war kein Illusionist. 2m Mai dieses Jahres veröffentlichte die polnische Zeitschrift „Polityka" ein Interview mit dem ehemaligen Abgeordneten und Minister Artur Hausner, einem der vertrauten Freunde Pilsudskis.
„Wie war das Verhältnis des Marschalls zu den Deutschen?" fragte der Reporter. „Er hielt die Deutschen für ein großes Volk und schätzte ihre Arbeit sehr hoch. Er war der Ansicht, daß die Gefahr, die uns von dieser Seite droht, auf die Dauer nicht zu beseitigen ist. (Die Formulierung dieses Satzes scheint eine Konzession an die antideutsche Stimmung in Polen zu sein.) Da unsere Expansion nach dem Westen keine Aussicht auf Erfolg verspricht, war es sein Wunsch, die polnischen Großmachtpläne nach dem Osten auszurich- ten."
Der Abgeordnete Diamond von der PPS., der alten Pil- sudski-Partei, gab offen zu, daß Pilsudski ihm einmal gesagt habe, daß „PolenvielzuvielFremdstämme unter seiner Bevölkerung habe, und man täte unter Umständen bester, auf Land zu verzichten, um dadurch die nationale Einheit fester zu gestalten".
Pilsudski wußte, daß Polen im Westen Gebiete erhalten hat, die es nicht hätte beanspruchen dürfen. Für besonders gefährlich sah er die Schaffung des Korridors an, von dem selbst der französische General Weygand behauptet, er sei „unnütz im Frieden, nicht zu verteidigen im Kriege". Pil- !sudski war Realist, und er wußte, daß sich das deutsche Volk niemals mit der Trennung Ostpreußens vom Mutterlands einverstanden erklären könne. Und er wollte nicht eine Auseinandersetzung mit Deutschland. Er schloß den Nichtangriffspakt mit dem Reich, um die Gegensätze, die zwischen den beiden Staaten bestanden, aus der Welt zu schaffen. Er wußte, daß dies nicht einfach ist, daß man erst Vorurteile beseitigen müsse. Aber das große Ziel lohnte den Einsatz.
Pilsudski wurde von seinen Gegnern, besonders von der Nationaldemokratie, wegen dieser Haltung schon vor vielen Jahren stark angegriffen. Die nationaldemokratische Presto redet seit jeher von der „gerichtsnotorisch bekannten Tatsache", daß Pilsudski gegen die Forderungen im Westen gewesen sei. Verschiedentlich wurden die verantwortlichen Redakteure derartiger Behauptungen vors Gericht zitiert, aber jedesmal konnten sie entsprechende Beweise für ihre Thesen beibringen. Als 1920 die Anhänger Korfantys entgegen dem oberschlesischen Abstimmungsergebnis von 60 v. H. für Deutschland das Eingreifen Pilsudskis verlangten, da sagte er zu ihnen: „Nach Oberschlesiens gelüstet's euch! Das ist eine unmögliche Sache. Oberschlesien ist doch eine uralte deutsche Kolonie."
Heute will man das in Polen nicht wahrhaben. Man soll dann aber auch nicht behaupten, daß man die traditionelle Politik des großen Marschalls fortsetze. L. V.
Bosnische ÄrrttviesSee entlarvt
Danzig. Die Danziger Politische Polizei hat die beiden polnischen Zollinspekteure Wladislaw Slonnkowski und Roman Gulakowski festgenommen, die auf dem Wasserwege mit Hilfe eines polnischen Zollbootes Flugblätter aus Polen nach Danzig gebracht haben. In diesen Flugblättern wird in deutscher Sprache gegen den Danziger Gauleiter Albert Förster gehetzt. Das Flugblatt ist eine einzige Schmähschrift. Unterzeichnet sind die Flugblätter von einem sogenannten „Exekutiv-Ausschuß der Danziger Freiheitsfront".
Mehrere Hundert Flugblätter sind im Laufe der letzten Tage durch die Post an die einzelnen Haushaltungen in Danzig versandt worden; doch schon vor ihrem ersten Erscheinen in Danzig wußte die polnische Presse von diese» Blättern und der sogen. Freiheitsfront zu berichten. Sie versuchte den Eindruck zu erwecken, als seien diese Hetzflugblätter in Danzig selbst hergestellt worden und als gebe es auf dem Gebiet der Freien Stadt tatsächlich eine Vereinigung, die den Anschluß Danzigs an das Reich verhindern wolle. Das neue polnische Manöver war aber zu durchsichtig und zu plump. Nach eingehenden Ermittlungen der politischen Polizei wurde nunmehr eindeutig festgestellt, daß die Blätter in Polen gedruckt worden sind. Die beiden verhafteten polnischen Zollinspektoren, die in Danzig stationiert ! waren, befinden sich im Polizeigefängnis. Festgenommen wurde auch der Bootssührer des polnischen Zollbootes.
Immer neue polnische Terrorurteil«
Aus Ostgalizien werden immer neue Terrormaßnahmen der polnischen Behörden gegen die Ukrainer gemeldet. So verurteilte das Bezirksgericht in Lemberg sieben Ukrainer wegen Zugehörigkeit zur illegalen Ukrainischen Nationalistische« Organisation zu Zuchthausstrafen Zwischen 2 und 7 Jahren.
Schließung deutscher Betriebe und Verhaftung Volksdeutscher in verschärftem Tempo
Thorn. In den letzten Tagen wurde wieder eine Anzahl deutscher Betriebe geschlossen.
Japan und Europa
Ein außenpolitischer Entwurf Aritas
Tokio, 15. Aug. Domei meldet, daß der Außenminister a» Dienstag dem Ministerpräsidenten aus Grund des Kabinetts- beschlusses vom 5. Juni einen „Entwurf über Maßnahmen Ja» pans gegenüber der europäischen Lage" vorgelegt habe. Anschließend sei der Kriegsminister zur Aussprache herangezogeu worden Die Aussprache soll eine Uebereinstimmung der Ansichten erbracht haben. Man nehme an, daß Hiranuma am Freitag eine Sondersitzung des engeren Kabinettsrates einberufen werde, um den Vorschlag Aritas zu prüfen und gegebenenfalls nach seiner Billigung die für die Durchführung des Vorschlages notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Die dem Außenamt nahestehende „Japan Times" berichtet ferner, daß „die viel erörterte Politik Japans gegenüber Europa am Freitag zu einer endgültigen Festlegung führen wird".
Regierungsbildung in Kairo
Kairo, 15. Aug. Die Verhandlungen zur Bildung einer neue» Regierung haben noch zu keinem Ergebnis geführt. Der Chef des königlichen Kabinetts, Ali Mäher, will eine Regierung aus Männern seiner Wahl bilden, ohne parteipolitische Bindung. , Daher bietet er den beiden Mehrheitsparteien, den Verfassungs»
> liberalen und den Saadisten, nur je zwei Ministersessel an. Die
> Parteien dagegen fordern je vier Sitze und wollen über die Ent- ! sendung ihrer Männer selbst entscheiden. Wenn Ali Mäher die ! Regierungsbildung gelingt, rechnet man mit einem starken Ko» ' binett, da er sich sonst nicht exponieren würde.
On Gfttwerrßen GEenz für 2000000
Berlin, 18. Aug. Es ist notwendig, in Ostpreußen die Vevolke- I kennenlerne» möge, um sich dann zu entscheiden, ob sie bereit sei, rungsdichte zu verdoppeln und insgesamt etwa zwei Millionen I von hier aus ihren Einsatz zu wage» für das Leben und Kr da» Menschen zusätzlich anzusiedeln. Dies betont Ostpreußens Gau- deutsche Volk.
leiter Erich Koch in einer Betrachtung „Ostland ruft die Jugend", die er in dem Führerorgan der nationalsozialistischen Jugend „Wille und Macht" veröffentlicht. Die deutsche Jugend suche nicht Bequemlichkeit und Ruhe, sondern Kampf, Aufgaben und Probleme. Sie finde sie in Ostpreußen in so großer Fülle, daß auch in Zukunft dieser Gau das Ziel der kämpferischen Jugend Adolf Hitlers bleiben werde. Die Lage in Ostpreußen sei nicht mit der eines anderen deutschen Gaues vergleichbar. Das hänge keineswegs in erster Linie damit zusammen, daß Ostpreußen vom übrigen Reich getrennt ist, so bitter das sei, sondern habe seine Ursache darin, daß es unerträglich sei, auf vorgeschobenem Posten und in einem Erenzwall im Osten nur 67 Menschen auf den Quadratkilometer zu haben. Es sei notwendig, in Ostpreußen die Bevölkerungsdichte zu verdoppeln. Der Gauleiter erklärt, daß 54 Prozent der 2,5 Millionen Menschen, die in Ostpreußen einschließlich des heimgekehrten Memelgebietes wohnen, in der Landwirtschaft tätig sind, während der Reichsdurchschnitt 29 Prozent beträgt. Die oft preußische Landwirtschaft benötige zwar noch einige hunderttausend Kräfte, könne aber nicht mehr als 2,5 Millionen Menschen einen Arbeitsplatz bieren. Da in Ostpreußen jedoch insgesamt 2 Millionen Menschen an- gesiedelt werden müßten, bedeute das, daß der größte Teil des Zustromes in den gewerblichen und industriellen Sektor geleitet werden müsse. Auch aus Gründen der Rentabiltät sei es notwendig gewesen, mit Nachdruck anzustreben, daß der einseitige Agrarcharakter dieser Provinz umgewandelt werde, so daß in der ostpreußischen Wirtschaft am Ende des noch andauernden Prozeßes eine gesunde Mischung aus Betrieben der Landwirtschaft, des Handwerks, Gewerbes, der Industrie und des Handels bestehe. Es sei unhaltbar, daß z. B. in Tilsit Sperrplatten fabriziert werden, die ins Rheinland gehen und von dort als Möbelstücke nach Tilsit zurückkommen Aehnlich liege es bei zahlreichen Produkten, für die Ostpreußen den Rohstoff liefert. Weiter gebe es Betriebe, für deren Standort die Rohstoffrage nicht ausschlaggebend sei, z. V. die von ihm angeregten oder gegründeten Betriebe der Tuchfabrikation und der dazugehörigen Ausrüstungsindustrie, der Margarinefabrikation und in manchen Fällen auch der maschinen- und metallverarbeitenden Industrie. Insgesamt seien seit 1933 157 neue Fabriken in Ostpreußen entstanden. Trotzdem sei dies voch der Anfang der von ihm angestrebten Entwicklung, an deren Ende der innere Kreislauf der Güter im wesentlichen hergestellt sein müsse. Zunächst seiesihmgelungen,r«nd100 000 Menschen aus dem Reich zu veranlassen, ihre Existenz nach O st Preußen zu verlegen. Dieser Teilerfolg sei erschwert worden durch die irrigen Ansichten, die in weiten Kreisen noch über Land und Leben in Ostpreußen beständen. Er habe aber noch wenig Menschen erlebt, die nicht nach einem Besuch Ostpreußens angenehm enttäuscht oder sogar begeistert gewesen wären. Deshalb habe er zunächst einmal den Fremdenverkehr in Ostpreußen zu heben versucht und durchweg Erfolg damit gehabt. Die llebernachtungen z. V. auch in den Jugendherbergen seien von 117 000 in 1933 auf 450 000 1938 gestiegen. Sein Wunsch an die Jugend sei, daß sie Ostpreußen
Schweizerischer Bundesrat
gegen Wiederaufnahme der Beziehungen zu Eswjetrutziand Bern, 15. Aug. Der schweizerische Bundesrat hat am Dienstag einen Bericht des politischen Departemens entgegengenommen, der sich mit dem im Nationalrat unterbreiteten Vorschlag ans Wiederaufnahme der politischen Beziehungen mit Sowjetrußland befaßt. Der Bundesrat hat sich den negativen Schlußfolgerungen des politischen Departements augeschlossen. Er lehnte also weiterhin die Wiederaufnahme der politischen Beziehungen mit Sowjetrußland ab. Der Bericht geht nun an die Kommission für Auswärtige Angelegenheiten des Nationalrates.
Juden sprengen Araberhauser
Jerusalem, 15. Aug. Im Zusammenhang mit der Sprengung eines arabischen Hauses im Araberdorf Jdnibba in Palästina erfolgte die aufsehenerregende Verhaftung eines jüdischen Hilfspolizisten aus der Siedlung Kfar Monhem. Bei der Durchsuchung dieser Judenstedlung durch britische Polizei wurden fünf Sprengbombe« und viel Munition gefunden. Wie die arabische Zeitung iM Djihad" in diesem Zusammenhang weiterhin meldet, wurden in der jüdischen Kolonie Ekron zahlreiche Judeneinwohner ver-, haftet und den Eigentümern der letzthin gesprengten arabische» Häuser in der Umgebung Rechovoths vorgeführt, wobei von de» Arabern zehn jüdische Täter erkannt wurden.
Es ist seit langer Zeit daserftemal,daßauchjüdisch« Dörfer und Siedlungen von britischem Militär oderbritischer Polizei durchsucht wurden. Bekanntlich hat der britische Kriegsminister Höre Velisha den Ober» kommandierenden in Palästina, General Hayning, angewiesen, militärische oder polizeiliche Durchsuchungen jüdischer Siedlungen, Einzelhäuser usw. mit Zurückhaltung und nicht etwa wie arabisch« dnrchzuführen.
Fast Verdreifachung der Geburten in Wie»
Wien, 15. Aug. Nach einer amtlichen Statistik hat Wien eine« außerordentlichen Eeburtenzuwachs aufzuweisen. Im ganze» Jahre 1937 betrug die Anzahl der Lebendgeburten in Wie» 10 032, im ersten Halbjahr 1939 bereits 12 900. Da die Geburtenziffer von Quartal zu Quartal steigt, rechnet man für das Jahr 1939 mit einer Verdreifachung gegenüber 1937. Wien war zurzeit des Systemregimes die geburtenärmste Stadt der Welt. Damals kamen nur 5,5 Geburten auf 1000 Einwohner, jetzt 14,4 auf 1000 Einwohner, wobei der jüdische Bevölkerungstetl nicht mitgerechnet ist.