8. Seite Nr. 183

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Dienstag, den 8. August 1S3S

August

Don Ernst Fröhlich.

Der rote Mohn ist längst verloht,

Die Saat ward Korn das Korn wird Brot,

Die Erntelieder klingen

And loben den, der Dorf und Stadt

Nun wieder reich gegeben hat.

Daß wir's in Scheuern bringe«.

Drum laßt uns tanzen, fröhlich sein,

Die Aehre stink, es reift der Wein,

And wenn die Nächte dunkeln.

Dann sprüht Sternschvuppenfeuerwerk In unsre Lust ob Tal und Berg Sein himmlisch Feftesfunkeln!

Juli zu kühl und regenreich

Die Witterung des'Monats Juli war, wie der Reichswetter­dienst Stuttgart-Böblingen berichtet, sehr wechselvoll. In der ersten Monatshälfte folgten sich kurze Schönwetterperioden von etwa zwei- bis dreitägiger Dauer und ebenso lange Zeiten mit wolkenreichem, kühlerem und vielfach durch Gewitter eingeleite­tem Wetter. In der zweiten Hälfte waren die Wetterverschlech­terungen von längerer Dauer; einer viertägigen vom 14. bis 17. folgte nach kurzer Besserung eine ganzwöchige, die bis zum 27. anhielt und die durch die ungewöhnlich starke Abkühlung am 25. besonders unangenehm war. Während dieses letzten Abschnittes gingen fast täglich Gewitterregen nieder, deren Ergiebigkeit ört­lich außerordentlich schwankte; am 22. z. B. wurden auf der Alb in 24 Stunden fast 50 Liter pro Quadratmeter erreicht, während im Unterland und in einzelnen Teilen des Schwarz­waldes kaum 1 Liter pro Quadratmeter gemessen wurde.

Der Temperaturverlauf des Monats zeigt, dem Wechsel der Witterung entsprechend, mehrere Höhe- und Tiefpunkte. Der kälteste Tag ist der 25., an dem das Tagesmittel der Temperatur um mehr als 8 Grad unter dem Normalwert blieb. In der Nacht vorher war nämlich unter Gewittern polare Kaltluft in ELddeutschland eingebrochen und die Tagestemperaturen erreich­ten dann auch in der Niederung kaum 14 Grad; auf dem Feld­berg im Schwarzwald sank das Thermometer sogar zeitweise unter den Nullpunkt und am Vormittag gingen dort, wie auch im Allgäu, mehrfach Schneeschauer nieder. Das Monatsmittel der Temperatur liegt überall um etwa 1 Grad unter dem Regel- wert und zeigt damit die Vorherrschaft der kühlen Luft während des Monats an. Die Zahl der Sommertage ist zwar fast normal, aber die der Tropentage erreicht nicht den Durchschnitt. Auch in Bewölkung und Sonnenschein erkennt man den unbeständigen Witterungscharakter. Die Zahl der trüben Tage ist meist um zwei bis drei zu hoch, die der heiteren Tage um einen zu niedrig. Die Bewölkungsmenge ist im ganzen etwas zu groß, sie weicht aber kaum um ein Zehntel vom Normalwert ab. Die Sonnen- stheindauer zeigt unterschiedlicheres Verhalten, sie ist im Schwarz- wald um eine halbe Stunde täglich zu niedrig, im übrigen Ge­biet aber teilweise auch um eine Stunde höher, als normal zu erwarten war. Die Niederschlagsmengen, die sich vor allem aus

zahlreichen Gewitterregen zusammensetzen, sind deshalb auch öri- lich ziemlich verschieden. Während z. B. in M i t t e l b a d e n der Durchschnitt teilweise nicht annähernd erreicht wurde, ist im südlichen Schwarzwald und auf der Alb vereinzelt die doppelte Menge gefallen. Auf der Alb sind dabei sogar die bisher ge­messenen höchsten Juli-Regenmengen überschritten worden. Die Hagelfälle des Monats waren verhältnismäßig verbreitet und richteten vielfach starken Schaden an, besonders auf den Fildern zerstörte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen (14. und 15.) der Hagel einen großen Teil der Ernte.

Zehn Merkregeln für die Erntezeit

1. Fruchtvbden, Leitern und Auszüge in den Scheunen find nachzusehen und auf ihre Sicherheit zu prüfen.

2. Noch vor der eigentlichen Ausfahrt zur Ernte find die Ge­schirre, Feldgeräte, die Wagen und die Höfeinfahrt in Ordnung zu bringen.

3. Beim Gang zum Mähen müssen die Sensen mit der Spitze nach oben getragen werden.

4. Die Erntemaschinen sind stets von der Seite aus und mög­lichst vor dem Bespannen mit Zugtieren zu schmieren.

5. Der Fuhrmann soll erst anfahren. wenn er sich sicher im Sitz niedergelassen hat und die Zügel fest in der Hand hält.

6. Die Zugtiere find durch Vremsenöl und Ohrenkappen vor den Insekten zu schützen.

7. Beim An- und Ausspannen der Tiere gehe man mit Umsicht zu Werke.

8. Beim Ausladen der Garben fahre man stets langsam, nie «ckweise an.

9. Kinder lasse man nie ohne Aufsicht auf dem beladenen Wa­gen fahren.

10. Man vermeide hastiges Trinken in der Hitze!

Gewi'nnauszug

4. Klasse 1. Deutsche Neichslotterie

Ohne Gewähr Nachdruck verkoken

Auf jede gezogene Nummer sind drei gleich hohe Gewinne gefallen, und zwar je einer aus die Lose gleicher Nummer iu den drei Abteilungen I, II und III

1. Ziehungstag : 4. August 1939.

In der heutigen Dormittagsziehung wurden gezogen

6 Gewinne zu 5666 RM. 237441 385662 3 Gewinne zu 4066 RM. 218214 S Gewinne zu 3000 RM. 137561 287968 356465 >

9 Gewinns zu 2090 RM. 44364 306472 386640 ,

27 Gewinne zu 1666 RM. 66397 136191 179664 186937 1S931S 236623 236681 366623 332564

81 Gewinne zu 666 RM. 28637 28611 29862 67792 63941 91764 94477 96313 118964 123987 132916 146676 147184 166214 266719 268527 221667 239257 281664 287412 366189 313637 313999 366296 366936 335625 392936

369 Gewinne zu 466 RM. 2666 5364 8289 14343 16144 1844« 22624 26224 27677 35614 39591 46149 42266 66713 63251 56314 66495 59816 69846 66116 66786 74624 76112 89356 97389 98524 99637 166234 161763 164241 165524 114197 116284 118364 119230 136641 136796 139136 142961 143716 152477 163632 161186 161426 162371 168776 169276 174688 174941 177922 178234 186676 196116 197649 266492 264545 267646 268299 221382 221765 227699 228466 236216 256482 251586 261861 263977 254325 266161 274756 277585 284623 237282 288499 296696 292787 361648 366168 312694 323368 324297 323813 333656 335319 336321 342141 343349 346152 362177 355615 366595 356917 368577 372936 374518 377782 362554 364816 386249 337489 389629 391196 399331

AuherLem wurden 649

Gewinne zu je 366 RM. je 156 RM. gezogen.

und 6667 Gewinne zu

In der heutigen Nachmittagsziehung wurden gezogen

3 Gewinne zu 25660 RM. 333795 6 Gewinne zu 4666 RM. 46674 224410 3 Gewinne zu 3606 RM. 127787

15 Gewinne zu 2660 RM. 163399 243712 338573 386773 395334 21 Gewinne zu 1666 RM. 36965 171683 264318 212356 319679 371234 383666

60 Gewinne zu 660 RM. 12775 23825 47123 69234 93326 97623 106836 168566 111685 123291 174449 202926 216648 266363 278491 301932 314457 322613 335720 342761

303 Gewinne zu 406 RM. 2289 6621 6687 15537 23864 24616 25216 25554 27722 29969 33992 37666 42943 43648 43656 46666 69039 60252 64141 64567 76236 72446 73610 80586 83356 91142 94863 127154 135763 138128 133762 141251 141789 143982 147066 148739 156796 159733 168389 169683 173586 176254 186811 187941 196664 192161 195352 264969 268302 268532 211762 212562 213626 213932 214633 219445 221866 224939 225052 227733 228219 228413 229924 236056 246623 244611 248763 249896 253674 263971 262466 293973 294365 297484 299666 365344 365663 305666 307138 367266 314613 316862 317650 321944 326997 328914 336647 333653 342168 344651 352666 355699 369559 372548 376684 377365 379898 383516 386235386321396511

Außerdem wurden 486 Gewinne zu ie 306 RM. und 6663 Gewinns zu je 156 RM. gezogen.

Ln der heutigen Dormittagsziehung wurden gezogen

3 Gewinne zu 160666 RM. 1516 3 Gewinne zu 16660 RM. 229626 6 Gewinne zu 5660 RM. 185475 297595 6 Gewinne zu 4600 RM. 217434 284162 3 Gewinn- zu 3066 RM. 137467 6 Gewinne zu 2666 RM. 236656 286667

18 Gewinns zu 1V66 RM. 7316 96548 266087 266572 313377 363187 6?,«°w'nne zu 560 RM. 15661 32183 32769 63953 123394 149862 191173 192315 195614 203521 211499 222555 227588 236363 234596 253989 258871 336467 340227 343684 367587- 386541

2^9 Gewinne zu 460 RM. 1638 3721 9146 12342 18456 35556 Ab82 NA?» 42M1 56559 51102 65610 68496 70668 72388 77462 ^2358 84765 91423 95967 96419 161156 103113 >06764 11A25 126983 124393 126873 126967 130676 136648 131816 >Z>?79 >A256 142521 144795 145952 149636 149953 154969

>27185 >28261 166357 161684 172563 176369 179466 199281 264369

269826 211737 217765 219388 220562 224398 229978 241167 245152 247357 249676 250426 255186 257734 2666^ 262669 267 56 273475 278174 2SZ161 286136 286737 296169 298648 299568 36^37 305613

357115 363522 382254 3925 W 39532? 342984 343311 345898

Außerdem wurden 537 Gewinne zu je 366 RM. und 6570 Gewinne zu je 156 RM. gezogen.

Der Mähdrescher

Geschichte von Herbert Reinhold.

Auch an diesem Morgen traten die fünfzig Schnitter und ihre Binderinnen im Hof des Gutes Nadudvar an, und sie waren wie alle Tage in Weiß gekleidet und trugen die blan­ken Sensen geschultert oder die Raffsicheln im Korb, darun­ter die Brote, Würste und wohlgefiillten Flaschen. Ihr Re­den war wie ein Sang, der in die Weite tönte und sich über den wogenden Feldern der Pußta verlor. Sie warteten aus den Inspektor oder den Herrn, daß er ihnen noch vor Sonnenaufgang die Tagesarbeit zuweise.

Da trat der Herr von Nadudvar aus dem Hause und schritt auf die Gruppe der Erntearbeiter zu. Eine Reit­peitsche trug er in der Rechten, die ließ er durch die Luit pfeifen. Sofort war Ruhe, nur einige Füße scharrten. Alle warteten auf den Gruß und auf die Anweisung, wo sie ihre Arbeit zu beginnen hatten. Der Herr grüßte zwar in seiner- gewohnten Freundlichkeit, aber er verlangte dann, daß die Schnitter die Sensen und die Frauen die Naffsicheln beiseite legen möchten.

Die Sensen klirrten, und die Sicheln schlepperten, und ein fragendes Rufen brach los. Was sollten sie ohne die Wahr­zeichen ihrer Arbeit? Sie waren von weither gekommen, von der slowakischen Grenze, wie seit zwei Jahrzehnten nun schon, bei dem Gutsherrn von Nadudvar als Schnitter und Binderinnen zu dienen, und nun verlangte der Herr ohne Erklärung, daß sie ohne Sensen und Sicheln auf die Felder gehen sollten!

Einer der Schnitter, Stefan Alut, der eine Art Vorarbei­terstellung innehatte, trat vor und verlangte zu wissen, was sie draußen auf den Feldern erwarte.Nicht, daß wir den schuldigen Respekt vermissen lassen, Herr, fragen wir durch meinen Mund, aber es ist doch nun so, daß wir Schnit­ter und Binderinnen sind und keine gewöhnlichen Feldar­beiter. Gewiß werden wir deinen Befehlen Nachkommen, doch habe die Güte und erkläre uns!"

Der Herr lächelte. Plötzlich strafte er sich und sprach laut, daß es weithin zu hören war. ,Zhr seid meine Erntearbei­ter seit Jahren, ich weiß es. And auch in diesem Monat der Ernte habt ihr eure Arbeit getan, so wie es redlich ist. Im Takt eurer Sensenwürfe fielen die Halme, und eure Arme, Binderinnen, banden die Aehren zu Bunden. So gabt ihr euren Teil zum Werk der Ernte, die gesegnet ist. Es war so, und es wird so sein. Immer, solange ihr es könnt und wollt, bleibt ihr meine Erntearbetter, auch wenn es nun in man­chem anders wird. Die Zeit steht still..." Er wies mit der

Reitpeitsche in die Ferne.Meine Felder sind weit. Oft verdSrb mir das Korn am Halme, weil mir die Leute fehl­ten." Tief holte er Atem, und die Leute lauschten stumm. Einen Mähdrescher habe ich aus Deutschland kommen las­sen. Eins mächtige Maschine, die zuverlässig, rasch und sicher arbeitet. Geht hinaus, seht sie euch an, und verrichtet eure Arbeit, die euch von nun an zukommt." Er grüßte kurz und schritt nach den Pserdestallungen.

Die Erntearbeiter aber standen und wagten nicht zu at­men. Wohl hatten sie von einer solchen Wundermaschine, wie sie ein Mähdrescher ist, gehört, und sie wußten, daß sie menschliche Arbeitskraft einsparen half, aber keiner hatte die Maschine je gesehen.Laßt uns gehen", sagte Stefan Alut, der Vorarbeiter, und langsam machten sie sich auf den Weg. Es war ein weiter Marsch. Die Wegstrecke auf sandi­gen Pfaden verdoppelte sich unter ihrer Schweigsamkeit.

Da lag das Weizenfeld vor ihnen. Im Morgenwind rie­selte es über das Aehrenmeer, das fünfzig Schnitter sechs Tage harte Arbeit kostet. Sie standen am Raine, und sie wußten nicht, was zu tun war. Endlich kam im Wagen der Inspektor, und was er ausladen ließ, war eine Anzahl Sen­sen.Aha", dachten Schnitter und Binderinnen in einem. Die Wundermaschine hat versagt", und Stefan Alut sagte übermütig:Das ist die gepriesene Zuverlässigkeit. Wir sind zuverlässiger, seht nur!" Sie sahen und faßten, van ei­ner Last befreit, an. Die Sensen rauschten, Halme fielen. Bunde häuften sich auf, doch Puppen durften nicht gestellt werden. Rings um das Feld schlugen sie einen Streifen, und da sie es so gewohnt waren, fiel es keinem auf.

Sie schafften wie besessen. Es wurde Mittag, ehe sie i«r einmal rundum waren. Fünfzig Schnitter und fünfzig Bin­derinnen hatten von mehreren Seiten zugleich begonnen und in der Freude über das vermutliche Versagen der Wun­dermaschine ohne Pause gewerkt. Als sie sich nun wendeten, sahen sie, wie winzig der Streifen war, den sie gehauen hatten. Trotzdem waren sie stolz und erwarteten ein Lob vom Inspektor. Der aber befahl ihnen nur, Sensen und Eicheln wieder auf den Wagen zu laden.Nach der Brot­zeit kommt die Maschine. Der Monteur wird euch Arbeit anweisen", sagte er und fuhr ab.

Während sie aßen, führte Stefan Alut das Wort.Ich lasse mich degradieren. Die Maschine oder ich, sage ich. Schnitter bin ich, und kein Maschinenhandlanger. Heute abend sage ich den Dienst auf." So und so sprach er. Was in seinem Innern vorging, ahnte niemand, aber viele dach­ten das gleiche.

Es donnerte über die Felder. Ein Motor krachte, und auf einmal kam ein gewaltiges Ungetüm herangekrochen: der Mähdrescher. Ein Mann saß auf dem Führersitz und winkte

In der heurigen Nachmittagsziehung wurden gezogen

3 Gewinne zu 56600 RM. 94976 3 Gewinne zu 16666 RM. 271117

15 Gewinns zu 3660 RM. 67272 78459 167817 254640 373236

15 Gewinne zu 2606 RM. 96346 165675 156933 347214 397166

24 Gewinne zu 1666 RM. 5754 46289 192372 236229 248715 293161 341235 356762

90 Gewinne zu 506 RM. 9147 14495 15648 43996 46191 49266 71953 92761 116199 119768 121229 136937 166233 168722 185438 186263 196918 199837 219109 237924 246265 277753 362115 32482S 328237 346469 356696 371651 381513 385635

309 Gewinne zu 400 RM. 7389 8225 16366 17853 25523 29125 46186 48329 51331 59867 61029 63922 67117 69183 72179 73646 76669 76772 78632 88621 97002 99918 161276 163593 166079 166889 168301 112368 115715 126215 127639 126982 134632 138153 133981 140212 142268 142861 153156 153226 155693 156778 153472 158686 166694 163392 177322 177532 186466 182831 185867 186381 189726 269363 211614 211775 218945 225319 229638 231549 231556 237395 237627 237874 242636 248779 253757 253807 253876 255394 256964 259789 261135 264251 276628 272225 274179 276695 287332 297717 299682 299467 364352 313642 328404 332697 343978 344944 347768 350246 352415 354268 354816 355552 364128 364612 366613 376736 331315 334332 387636 394608 399676

Außerdem wurden 526 Gewinne zu je 300 RM. und 6513 Gewinne -u je 150 RM. gezogen.

Die Ziehung der 5. Klasse 1. Deutsche Neichslotterie findet vom 2. bis 29. September 1939 statt.

Buntes Merlei

Millionentante enttäuschte bitter!

Die reichen Onkel von Amerika, die bei ihrem Tode den BeS wandten eine Millionen-Erbschaft vermachen, stick» scheinbar aus­gestorben. Die unbegrenzten Möglichkeiten sind heute von sehr engen Grenzen umspannt. Es wirkte deshalb wie eine Art Donnerschlag auf eine französische Familie, als sie in diesen Tage« die Nachricht von einer Millionen-Erbschaft erhielt. Nicht weni­ger als 250 Millionen Reis wurden ihr angekündigt. Mit über­stimmender Dankbarkeit erinnerte man sich des alten Erbonkels, der in diesem Falle eine Erbtante war.

Als junges Mädchen hatte Marie Robin ihr Heimatdorf in der Nähe von Saint-Nazaire verlassen. Sie hatte große Pläne im Kopf. Sie wollte als Tänzerin, Sängerin oder Filmschauspieleri» ihr Glück machen. In den ersten Jahren traf ab und zu ei« Brief ein, in dem sie mitteilte, daß es in Amerika doch nicht st> leicht voranginge. Sie hatte sich das ganz anders vorgestellt> die Sensationsromane über Amerika hatten doch wohl stark über­trieben. In den letzten fünfzehn Jahren hörte ihre Familie überhaupt nichts mehr von ihr. Sie galt als verschollen.

Nun kam die Nachricht von ihrem Tode und gleichzeitig die Ankündigung von 250 Millionen Reis. Marie mußte also doch etwas Tüchtiges geworden sein, wie hätte sie sonst Multimillio­närin sein können! Bei ihren Verwandten herrschte ein wahrer Freudentaumel. Sie ließen die Tante von Amerika hochleben und erklärten, daß sie jain ihrer Kindheit schon immer enr tüchtiges Mädel gewesen war".

Im Triumphzug begaben sich die Verwandten zur nächste«. Bank. Dort erwartete sie eine niederschmetternde Enttäuschung. Wohl hatte es mit den 250 Millionen Reis seine Richtigkeit. Aber nach der letzten Kursnotierung galten 100 000 brasilianische Reis nur 220 Franc.- Da ein französischer Franc nach deutscher Währung etwas mehr als 6 Pfennig gilt, belief sich die Eesamt- erbschaft auf rund 30 000 RM. Die Erben, die sich schon als glück­liche Millionäre gewähnt hatten, waren auf einmal tief traurig. 30 000 Mark sollten in vier Teile geteilt werden. Das wäre immer noch ein schöner Betrag gewesen, wenn nicht aus allen Ecken und Enden von Saint-Nazaire zahlreicheVerwandte" her- beigestörmt wären, die an der Erbschaft ebenfalls teilhaben woll- i ten. Bis jetzt läßt sich noch nicht absehen, bis zu welcher Höhe die ! Zahl der Erben anwachscn wird. Hinzu kommt noch, daß die Erb- ^ schaftssteuer, die Gerichtskosten und andere Gebühren einen gro- f ßen Teil der Summe beanspruchen werden. Einer der Ver­wandten will bereits ausgerechnet haben, daß er sich von seiner Erbschaft gerade noch ein Lotterielos kaufen kann. Die reichen Onkel und Tanten scheinen eben wirklich ausgestorben zu sein.

Katze säugt ein Ferkel

Ein nicht alltägliches Tieridyll ist gegenwärtig in Vadebvr« bei Quedlinburg das Tagesgespräch. Unter dem ungewöhnlich starken Wurf eines Mutterschweins befand sich auch ein FertÄ» das nicht gedeihen wollte. Zunächst versuchte der Bauer, das Ferkel mit der Milchflasche aufzuziehen. Zur allgemeinen Ueber» raschung nahm sich aber dann die Hauskatze des zurückgebliebe­nen Ferkels an. Die Katze säugt nun das kleine Borstentier reaelmäßig. was ihm ausgezeichnet zu bekommen scheint.

mit der Mütze. Als die Maschine mit einer Schwenkung, zum Anschnitt bereit, auf das Feld fuhr und hielt, sprang der Monteur ab und stellte sich breitbeinig vor die Schar Erntearbeiter. Er war ein junger, helläugiger Mann.Da bin ich", lachte er,und werde euch einen Schnitt vorlegen, daß ihr die Augen aufreißt und zu tun habt, wenn ihr Schritt halten wollt." Er winkte ab, als ihn Stefan Mut zu unterbrechen versuchte.Ich bin nicht gekommen, um euch die Arbeit und den Verdienst zu nehmen. Aber seht, es han­delt sich darum, alles einzusetzen, daß kein Stück Korn, kein Halm umkommt. Brot wird verlangt in der Welt. Wir, die- wir Maschinen bauen, brauchen Brot. Für uns werkt ihr,, und wir werken für euch. So ist es und nicht anders!"

Die Erntearbeiter hatten solch lange Rede nie gehört. Der Mann, der vor ihnen stand und langsam in ihrer Sprache sprach, sagte Dinge, die sie aufhorchen ließen, die aber nicht in ihre Köpfe wollten. So schwiegen sie und rühr­ten sich nicht.

Euch bleibt Arbeit, und euch bleibt der Lohn", rief der Monteur.Der Gutsherr hat mir verraten, daß er euch weiterhin nach dem Gewicht des eingebrachten Kornes ent­lohnt!"

Das verstanden sie, und ihre Gesichter wurden, je länger sie rechneten, heiter. Nur Stefan Alut war nicht zu über­zeugen.Schwindel", murrte er und gab bekannt, daß er keine Hand mehr rühren wolle.Schade", sagte der Mon­teur.Gerade dich wollte ich anlernen. Der Herr empfahl dich mir." Stefan Alut sperrte den Mund auf.Mich anler­nen?" stotterte er, und seine Augen wurden begehrlich. Gewiß", antwortete der Monteur.Ich muß wieder heim nach Deutschland, neue Maschinen bauen und in anders Länder bringen, und hier in Nadudvar muß ein Verläß­licher sein, der den Mähdrescher zu führen versteht. Den Menschen ersetzt die Maschine nie. Nun, wie ist es? Beginne!" schrie Stefan Alut.

Und sie begannen. Der Mähdrescher war eine Wunder­maschine. Gleichmäßig fraß sie die Halme und gab das Korn Sack für Sack und das Stroh säuberlich gepreßt her­aus. Die Schnitter und die Binderinnen hatten alle Hände voll zu tun, daß sie nachkamen, denn ihnen war es über­lassen, das Stroh zu einer Feime aufzuschichten und das Korn auf Wagen zu laden. Stefan Alut aber hockte stolz neben dem Monteur. Später stand er auf der Plattform des Mähdreschers und regierte wie ein König die vielgestaltigen Geheimnisse der Maschine. Er schrie und juchzte dabei, und die Schar seiner Kameraden antwortete ihm. Als sie abends die Maschine auf dem Felde stehen ließen, streichelte Stefan Wut die blanken Teile.