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Nr. 181
Zamstag, äen 5. August 1939
113. Jahrgang
Kehraus im Unterhaus
Chamberlain gesteht englische Schwäche im Fernen Osten ein
London, 4. Aug. Vor der Vertagung fand im Unterhaus am Freitag nochmals eine außenpolitische Debatte statt, die durch den Labour-Abgeordneten Noel Baker ein^eleitet wurde.
Er wies einleitend darauf hin, daß in Japan und Nordchina die „Ausschreitungen" gegen die britischen Staatsbürger in die Tausende gingen. Das Endziel der Japaner sei, die Westmächte aus Asien hinauszudrangen. Der Abgeordnete wandte sich mit allem Nachdruck dagegen, daß England auf dem Gebiet der Währung irgendwelche Zugeständnisse an Japan mache und stellte schließlich die naive Frage, warum Holland, das sich doch immer für die kollektive Sicherheit eingesetzt habe, eine britische Garantie nicht wünsche. (!) Warum, so fragte er weiter, wendet sich die amerikanische Öffentlichkeit aber in starkem Umfange dem Jsolierungsgedanken zu? Einer der hierfür ausschlaggebenden Faktoren sei der Glaube dieser Völker, daß für England Angriffe erst Angriffe bedeuteten, wenn England angegriffen werde.
Chamberlain erwiderte, er wolle nicht verhehlen, daß die britische Regierung „starke Einwendungen" gegenüber vielen der Zwischenfälle in Japan und im Fernen Osten zu machen habe. Das Haus müsse sich aber dessen bewußt sein, daß die Lage für England besonders schwierig sei. Er höre oft die Frage, warum England nicht dasselbe tue wie die Vereinigten Staaten. Er brauche aber wohl kaum auf den grundlegenden ^Unterschied zwischen Amerika und seiner Isolierung von Europa und Englnad hinzuweisen. Man müsse daran denken, daß es Grenzen für das gäbe, was England in dieser Zeit tun könne, um seinen Staatsangehörigen im Fernen Osten zu helfen. Im Augenblick habe England im Fernen Osten keine Flotte, die der japanischen überlegen sei. In den heimischen Gewässern habe England eine solche Flotte, und unter gewissen Umständen könnte England es für notwendig halten, diese Flotte nach dem Fernen Osten zu entsenden. Chamberlain meinte weiter, er wolle das nicht als Drohung aufgefaßt sehen, sondern „nur als Warnung". Gleichzeitig ziehe England es vor, seine Differenzen mit Japan auf dem Verhandlungswege beizulegen.
Was man in der Silber- und Währungsfrage auch tun möge, so müsse das immer ein viel weiteres Gebiet als Tientsin betreffen. Chamberlain betonte erneut, daß England keinerlei Verpflichtungen übernommen habe, die das Land zwingen, den Handelsvertrag mit Japan zu kündigen. Das bedeute allerdings nicht, daß England entschlossen sei, ihn keinesfalls zu kündigen. England Habe »unter dem Druck der Umstände" einige sehr schwere Verpflichtungen und Verbindlichkeiten in Europa übernommen. Die Auswirkung dieser Verpflichtungen sei, daß, »sollten sich gewisse Dinge ereignen", England zum Kriege schreiten müsse. Es sei für England unmöglich, die gleichen Verpflichtungen im Fernen Oste« zu übernehmen. Es gäbe auch Grenzen für die Verpflichtungen, die England vernünftigerweise übernehmen könne. Chamberlain stellte schließlich pathetisch fest, daß die Vorgänge im Fernen Osten „sein Blut zum Kochen Brächten". So sehr man sich darüber aber erregen möge, so dürfe man doch nicht die Verpflichtungen vergessen, die England übernommen habe, ebenso wenig wie die Stellung der britischen Staatsbürger, die im Fernen Osten weilten. Man dürfe nicht vergessen, daß im Laufe der nächsten wenigen Monate, so orakelte Chamberlain zum Schluß, vielleicht „ernstere und näherIiegende Probleme zu erörtern sein würden", und England müsse daher seine Kräfte sparen, um jeder Krise begegnen zu können, die sich entwickeln könnte.
Nach Abschluß der außenpolitischen Debatte im Unterhaus wandte sich das Parlament der Behandlung der Flüchtlingsund Emigrantenfrage zu. Im Anschluß vertagte sich das Haus bis zum 3. Oktober. Dem Sprecher des Hauses ist dabei das Recht gegeben worden, nötigenfalls das Laus früher einzu- ! berufen.
D rmonstrMonen gegen England in Tokio
Tokio, 4. Aug. Obwohl wolkenbruchartige Regengüsse Niederungen, bewegte sich am Freitag morgen wiederum ein antibritischer Demonstrationszug von über 5000 Menschen durch die Straßen Tokios zur englischen Botschaft. Die Demonstranten trugen Schilder mit Inschriften wie „Nieder mit England!" und mit englandfeindlichen Karikaturen. Vor der englischen Botschaft wurden die japanische Nationalhymne gesungen und drei Banzais auf den Kaiser ausgebracht. Später überreichten die ^Leiter des Zuges eine antibritische Entschließung.
reits ein großer Brand wütete, den man auf ein irisches Attentat zurückführte, wurden zertrümmert. Bisher weiß man noch nichts über die Ursache der Explosion. Man nimmt an, daß es sich auch hier wiederum um einen solchen Anschlag bandle. Ob Personen zu Schaden gekommen sind, weiß man noch nicht.
Wie es heißt, durfte es sich bei der Explosion in der City um kein Bombenattentat handeln. Nach den letzten Berichten hat man etwa eine halbe Stunde vor Ausbruch der Explosion beobachtet, wie Arbeiter versuchten, ein Feuer zu löschen, das anscheinend durch Bruch einer Gasleitung entstanden war. Das Unglück scheint sehr große Ausmaße angenommen zu haben. Das Haus, in dem sich die Explosion ereignete, ist völlig zertrümmert, und man befürchtet, daß eine große Zahl von Menschen unter den Trümmern liegen dürfte. Sämtliche Häuser in der Umgegend sind zu Hospitälern umgewandelt worden, um die Verwundeten aufzunehmen und die Polizei hat sämtliche in der Nähe befindlichen Privatwagen beschlagnahmt.
Die Zahl der Verletzten bei dem Explosionsungliick in der City hat sich mittlerweile auf über -100 erhöht. Es steht noch nicht fest, ob das Unglück Todesopfer gefordert hat. Die Explosion war so schwer, daß nicht nur sämtliche zum Teil wertollen Fenster der St. Pauls-Kathedrale auf der Südseite zerstört wurden, sondern daß auch die Scheiben aller Häuser der Umgegend durch die Gewalt des Luftdrucks in Scherben gingen. Man befürchtet, daß die St. Pauls-Kathedrale durch die Wucht der Explosion fchwerer beschädigt wurde.
Schluß mit Roosevells AusgabenpoMK
Ablehnung der Wohnbauvorlage
Washington, 4. Aug. Der Kongreß setzte einen Schlußstrich unter Roosevelts Ausgabenpolitik, indem das Unterhaus am Donnerstag mit ISO gegen 17 Stimmen die weitere Debatte über eines der bedeutendsten New-Deal-Projekte, die 800 Millionen Dollar vorsehende „W ohnbauvorlage", ablehnte. Nachdem das Unterhaus bereits am Dienstag Roosevelts 3-Milliar- den-Arbeitsbeschaffungsprogramm in ähnlicher Weise nicht einmal der Durchbesprechung für würdig befunden hatte, ist dies die zweite schwere Niederlage des Vundespräsidenten innerhalb von zwei Tagen. Beide Niederlage« kommen einem Mißtrauensvotum und einer Auflehnung der Bolkoertretuna aeaen den
Grundlehrsatz des New Deal gleich, daß das Nationaleinkommen nur durch gesteigerte Ausgaben erhöht werden kan«. Gegen die Wohnbauvorlage stimmte wieder die Koalition aus Republikanern, Konservative» und Demokraten sowie zahlreiche Demokraten aus den Farmerstaaten. Starken Beifall löste die Rede des Abgeordneten Gore aus Tennessee aus, der den jüdischen Vorsitzenden der Bundeswohnbaubehörde, Strauß, der Vorspiegelung falscher Tatsachen bezichtigte und nachwies, daß das Bauprogramm einschließlich der Zinseszinsen und der Amortifierung die zukünftige Generation mit Milliarden belasten würde.
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Die Oppositionspresse schreibt z« den letzttägigen Entwicklungen, daß der plötzliche Stimmungsumschlag eines Kongresses» der leider zuerst einen Rekord der unüberlegte« Verschwendung aufstellte, die wachsende Sorge der ganzen Nation über eine Politik widerspiegele, die Amerika dem Bankerott täglich näher bringe. Rooesvelt bekomme jetzt die Quittung für seine Mißerfolge und seine überoptimistischen Wahlversprechen vorgelegt. Der Farmer, der 1932 die größten Hoffnungen auf ihn setzte, stelle heute fest, daß der Ertrag beinahe jeder Ernte niedriger ist als zu der Zeit, da Roosevelt erklärte'. „Wir werden es schaffen!" Beinahe ebenso groß sei, wie es in oppositionellen Blättern weiter heißt, die Enttäuschung der Arbeitslosen, deren Heer nach sechseinhalb Jahren New Deal immer noch über 10 Millionen betrage. Ebenso kratz seien die Gegensätze zwischen Roosevelts Versprechen und Taten in bezug auf die nationale Verschuldung. 1932 habe Roosevelt verkündet: „Kreuziget den Verschwender Hoooer! Schande über ihn! Ich schwöre Sparsamkeit!" In sieben Jahren jedoch habe derselbe Roosevelt 20 Milliarden Dollar Schulden zu den au sich geradezu lächerlichen 4 Milliarden Hoovers hinzugefügt.
Griechenland feierte den 4. August
Jahrestag der Rettung des Landes durch Metaxas
Athen, 4. Aug. In ganz Hellas wurden begeistert die Feiern des 4. August eingeleitet. Athen ist mit Flaggen geschmückt und Triumphbogen sind erbaut. Aus allen Gegenden treffen ständig überfüllte Sonderzüge, Personenautos und Dampfer ein. Auch in allen Städten und Dörfern ist eine begeisterte Teilnahme der Bevölkerung an den Feiern des 4. August zu bemerken. 1936 wurde an diesem Tage die parlamentarische Mißwirtschaft durch das autoritäre Regime Metaxas' ersetzt. Er riß Griechenland vom Abgrund des Verderbens zurück und rettete das Land vor einem Schicksal, wie es Spanien erlebte. Er schuf ein geeintes, von Parteihader befreites und von nationalem Bewußtsein gcrragenes, wehrhaftes Hellas. '
Der britisch-franz. Militärbesuch in Moskau
Paris, 4. Aug. Einige Pariser Blätter beschäftigen sich am Freitag mit den bevorstehenden Moskauer Militärbesprechungen. „Petit Parisien" veröffentlicht dazu eine Moskauer Meldung der Agentur Fournier. Danach höre man in politischen Moskauer Kreisen, daß das Programm für den Aufenthalt der französischen und der britischen Militärs in Moskau bei der letzten Besprechung zwischen Molotow und den englischen und französischen Unterhändlern festgesetzt worden sei. Der Aufenthalt der beiden Missionen in der Sowjetunion solle wahrscheinlich einen Monat dauern. Sie würden Militär- fchulen und Militärlager in der Umgebung von Moskau besichtigen und mehreren Hebungen beiwohnen. Die Marinesachverständigen sollen auch die Werften von Leningrad und die Flottenbasis von Kronstadt besuchen. Schließlich sei auch ein Besuch der Missionen in der Militärluftfahrtschule bei Moskau vorgesehen.
Die französische Militärmission hat sich am Freitag nach London begeben, wo die englisch-französischen Vorbesprechungen statt- finden. Diese können jedoch nur kurz sein, denn die Reise nach Moskau soll bereits am Samstag angetreten werden. Die Missionen werden nicht den Luftweg wählen, wie ursprünglich beabsichtigt war, sondern den Seeweg über Leningrad, wozu etwa drei Tage erforderlich sind. Dadurch wird den Generalstäblern genügend Zeit geboten, sich über die in Moskau einzuschlagende Taktik klarzuwerden.
Die Abordnungen werden direkt von Tilbury mit dem 9600 Tonnen großen Schiff „City of Exter" nach Leningrad fahren. Die britische Mission, die sich aus drei leitenden Offizieren der Wehrmachtsteise zusammensetzt, wird von 30 Personen begleitet sein, unter denen sich sechs Offiziere der Marine, Armee und Luftwaffe befinden. Wie verlautet, wird die französische Mission nicht so stark sein.
Opfer der Mischen Verfolgungswahns
Rogowo an. Insgesamt sind in der letzten Zeit bereits 14 deutsche Genoffenschaftsmolkereien geschlossen worden. Auch die deutsche Molkereigenossenschaft in Rogowo (Kreis Thorn) wurde unter der Behauptung, daß das Wasser für die Molkereizwecke nicht brauchbar sei. geschlossen. Gleichzeitig wurde in Rogowo das Kolonialwarengeschäft des Volksdeutschen Erich Schlerff geschlossen. Vor einigen Tagen ist bereits das Kolonialwarsn- geschäft des Volksdeutschen Helmut Schlerff in Zninn geschlossen worden. Die dem Volksdeutschen Sekel gehörende Bäckerei in Mieczkowo (Kreis Schubin) ist auf Anordnung des Starosten wegen „sanitärer Mängel" geschlossen worden In Könitz sind sechs deutsche Bäckermeister wegen »Mängel in ihren Betrieben" zu Geldstrafen verurteilt worden.
Die von dem Deutschen Wohlfahrtsbund eingerichtete Ferienkolonie in Altflötenau (Kreis Bromberg) ist auf Anordnung des Starosten mit sofortiger Wirkung geschlossen worden. Auch in dieser Ferienkolonie, wie in den schon geschlossenen Ferienkolonien in Hirschdorf und Zinsdorf, fanden deutsche erholungsbedürftige Kinder minderbemittelter Eltern sorgfältige Pflege und Betreuung. Das Verbot erfolgte mit Rücksicht auf die „nicht entsprechenden sanitäre« Verhältnisse". Weiter enthielt das Verbotsschreiben des Starosten den Satz: „Diese Entscheidung bedarf als dem freien Ermessen der Behörden überlassen keiner Begründung!"
Die verwahrloste Weichsel
An der Weichsel, dem angeblichen Lebensstrom Polens, zeigen sich erneut die Folgen der polnischen Verwahrlosung. War der breite Strom vor wenigen Wochen noch auf dem besten Wege, auszutrockne», so daß der Schiffsverkehr lahmgelegt war, so haben jetzt einige wenige Regenfälle zu erneute» Heb er - schwemmungea geführt. Oberhalb Warschaus ist der Strom bereits über die Ufer getreten. In Warschau liegt der Wasser- stand bereits mehr als zwei Meter über normal.
Polnische Marneschlacht-Phantasie«
Schwere Explosion in der Londoner Etty
Großes Gebäude neben dem Telefonamt in Flammen
London, 4. Aug. In der City, dicht neben der St. Pauls-Ka- jthedrale, ereignete sich Freitagnachmittag wiederum eine folgenschwere Explosion. Ei» großes Gebäude unmittelbar neben dem Telefonamt, in dem die Explosion erfolgte, stand wenige Minuten darauf bereits in Flammen. Die Explosion war so Park, daß Holzteile und Mauerwerk etwa 15 Meter weit geschleudert wurden. Die Fenster von Hunderten von Geschäften !in der Queen-Victoria-Straße. in der vor einigen Wochen be
Teschen, 4. Aug. Das alteingesessene Deutschtum des seit dem Herbst vorigen Jahres von den Polen besetzten Olsa-Ge- bietes ist, wie das Deutschtum in Polen überhaupt, Opfer des Verfolgungswahnes der Polen. Die Entlassung von Arbeitern und Beamten in der Industrie, die Schließung und Beschlagnahme von deutschen Einrichtungen, die Arbeitsenthebung von Beamten und die Aufhebung von Ferienkinder-Lagern erfolgen am laufenden Band.
Im übrigen Polen werden die Maßnahmen gegen deutsche Molkereien und Geschäfte munter fortgesetzt. So ordneten die Behörden neuerdings die Schließung der Eenossenschaftsmolkereien in Jannowiü. Wonarowitr und
Warschau, 4. Aug. Das Blatt „Czas" richtet einen Aufruf an alle Besitzer von Kraftfahrzeugen, ihre Fahrzeuge in vollständig militärischer Einsatzbereitschaft zu halten. Das Blatt erinnert daran, daß die Franzosen seinerzeit die Marneschlacht mit Hilfe der Pariser Taxifahrer gewonnen habe, weil diese in der Lage waren, in letzter Stunde eine große Anzahl Truppen an die Front z« befördern. Polen besitze, so führt das Blatt au», ungefähr 50 000 Privatwagen, Lastautos und Motorräder. Diese au sich kleine Zahl könne dennoch eine wichtige und vielleicht entscheidende Rolle in irgend einer Schlacht spielen. Bedingung dafür aber sei, daß die Maschinen in ständiger Bereitschaft gehalten würden. Denn — so fährt das Blatt in seinem neuen Äj-