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Dienstag, den 11. Zuli 1S3S

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OuiscnstraÜe 57 in öcrlin.

Hier arbeitete Robert Lock, kier rnaebte er seine Vcrsuckc unO seine Lursebcnerrescnclcn Kariilen-Lrit0eci:uoacn.

In den Tagen des Deutsch-Französischen Krieges erregte es gewal­tiges Aufsehen, als besannt wurde, der berühmte Chirurg Bernhard Rudolf Konrad von Langenbcck hätte eS abgelchnt, die Insassen seines Kriegslazarctts im Stich zu lassen und zu seinem sterbenden Sohne zu eilen, der bei Vionville r>ie Todeswnnde empfangen hatte. Un.d so war es: Langenbcck hielt es für die höhere Verpflichtung, bei denen auszu­harren, denen noch zu Helsen war für den jungen Leutnant gab cs keine Hilfe mehr.

fm diesem Kriege, der noch kein Jatzr dauerte und 40 000 Tote aus deutscher, mehr als das Doppelte dieser Zahl aus französischer Seite forderte, war auch Tr. Robert Koch ans Rackwitz als Lazarettarzt tätig gewesen, und an diese Zahlen mochte er sich erinnern, als er einige Jahre später von dem posenschen Städtchen Wollstein aus der

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Tuberkulose den Krieg erklärte. Wie lange schon wütete die Schwind­sucht unter den Menschen, und wie unvergleichlich viel größer war die Zabl der Opfer, die dieser heimtückische Feind zur Strecke brachte! Noch 1875 führte man zwei Siebentel aller Todesfälle allein aus die Lungen- - -

schwindsncht zurück.

Noch niemand hatte die Waffe gesunden, dem er der Öffentlichkeit Kunde von seiner mit der diesem Würger erfolgreich zu begegnen großen Entdeckung gab. Ter Tuberrelbazikns gewesen wäre; schlimmer noch: niemand kannte war gefunden; der Mcnschheitsfeind Nr. l war fein eigentliches Wesen. Ihm sein Gche-mnis in seinem Versteck aufgestöbert worden. Eine

s. Lauert ilucii unO sein Assistenzarzt kc! Versacken an Vlccrscksveincken, Oie Oie Ikebertragbarlrcit- i-..c!-l-ariütis beveciscn sollen. (Turn pmi'-sannings-püm Oer TobisKvberc Rock, Oer Lekämpker ues Tolles", Oen Hans ütcinkokk in Lrene sctrlc.)

zu entreißen und die schwache Stelle dieses

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ln llcr Oarstcüur,- von Lmil senninzs' Partnerin TlüOeearO Oretke.

groge Vronzetafel an der Außenseite des Hauses erinnert heute die Straßenpassantcn an diese gewaltige Leistung eines Gelehrten, der damit für Millionen Menschen zum Lebens­retter wurde.In diesem Hause, von 1879 bis 1897 Arbeitsstätte des Reichsgcmndbcitsamtes, schuf Pros. Dr. Robert Koch, Ehrenbürger der Stadt Berlin, das Rüstzeug der bakteriolo­gischen Wissenschaft und entdeckte 1882 den Tuberkelbazillus. Seinem Andenken anläßlich des 50jährigen Bestehens des Rcichsgcsnnd- beitsamtes. Die Stadt Berlin. 1926." So stellt aus der Tafel zu lesen. Das Hans selbst dient heute anderen Zwecken: außer der Tafel er­innern nur die eingeätzten kaiserlichen Adler in den Glasscheiben der beiden Türhälftcn an die große Vergangenheit und weltgeschichtliche Bedeutung des Gebäudes. Das Mikroskop aber, mit dem Robert Koch seine unvergeßliche Ent­deckung gelang, steht in der Mcdico-Histori scheu Sammlung im Kaiserin-Friedrich-Hans am Robert-Koch-Platz.

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Der Platz hieß nicht immer so. Erst vor wenigen Jahren, genauer: am 5. März !982. ein halbes Jahrhundert nach der Entdeckung des Tuberkelbazillus, wurde der alte Luisen­platz in Robert-Koch-Platz umbcnannt. Dort, am Ausgang der Luiscnstraße, erhebt sich auch das Marmordenkma! des genialen Forschers, ein Werk Louis Tuaillons. Am 27. Mai 1916. sechs Jahre nach dem Tode Kochs, wurde es feierlich enthüllt.

Das Interesse ist rege geworden. Welche Er­innerungsstätten an den großen Forscher gibt

cs noch in Berlin? Eine Robert-Koch-Straße sucht man vergeblich. Nur draußen iu Kauls­dorf, im äußersten Osten der Rcichshauptstadt, trügt eine Straße den Namen des berühmten Gelehrten. Das Haus in der Französischen Straße, in dem Koch von Februar bis Ostern 1866 bei einer älteren Witwe im obersten Stock­werk 81 hohe Stufen führten hinauf gewohnt hatte, steht nicht mehr. Seine letzte Wohnung, von der aus der Kranke 1910 die Fahrt noch Baden-Baden antrat, wo er ver­geblich Heilung suchte, lag am Kurfürsten­damm: das Haus trägt keine Erinnerungs­tafel, ist wohl auch nicht mehr dasselbe. Es wartet an wie ein eigenartiges Spiel des Zu­falls, daß heute dort eine Lebensversichcrnngs- gescllschaft ihr Heim aufgeschlagen hat.

Doch sehen wir uns weiter um.

Anderthalb Jahrzehnte war Robert Koch am Kaiserlichen Gesundheitsamt tätig gewesen, als er 1885 eine ordentliche Professur für Hygiene und Bakteriologie an der Universität Berlin erhielt. Gleichzeitig übernahm er die Leitung dcS neueingerichteten Hygienischen Instituts. Am späten Nachmittag deS 5. Novem­ber 1885 hielt Koch im Hörsaa! des damals in der Klosterstraße gelegenen Instituts die erste Vorlesung über Hygiene. Dieser Lehrstuhl war eigens für Koch geschaffen worden: damit brachte die Universität Berlin ihren Dank dafür zum Ausdruck, daß Koch eine Berufung nach Leipzig abgelehnt hatte.

Oos Institutkoksct Kock"

Deutschland war stolz geworden aus seinen großen Sohn, um den es die ganze Knlturwelt beneidete. Was man ihm an Ehren erweisen, was man ihm sonst geben konnte Robert Koch hatte dock immer noch mehr gegeben. Was konnte man ihm überhaupt geben? Nur

eins war möglich: ihm die Arbeit nach Kräften zu erleichtern.

Aus dieser Einsicht entstand 1891 auf dem Grundstück der Charite ein besonderes Institut für Infektionskrankheiten, mit dem eine Krankenabteilung von 128 Betten verbunden war. Znm Leiter dieser wissenschaftlichen Arbeit wurde Robert Koch unter gleichzeitiger Be­freiung von seinem Lehramt berufen. Heute besteht das Forschungsinstitut, in dem Koch die letzten zehn Jahre seines Lebens ge­arbeitet hat, aus zehn verschiedenen Ab­teilungen und sühn offiziell die Bezeich­nung Institut für Infektionskrankheiten Robert Koch". Die neuen Anlagen dieses Instituts, in dem auch in einem besonderen Raum die Aschennrne des überragenden Ge­lehrten ihre würdige Ruhestätte gefunden hat,, erheben sich an der Führer Straße in unmittel­barer Nähe jenes ausgedehnten Gebäude- komplexes, der nach Kochs großem Gegner Rndolf-Virchow-Krankenhaus" genannt wirtu

Aber auch ein Krankenhaus trägt den Namen Robert Kochs. Es ist an der Tnrm- straße gelegen und war ehedem als Städtisches Krankenhaus Moabit bekannt. Seit 1919 ist das Robert-Koch-Krankenhaus dem Universitäts­unterricht nutzbar gemacht worden. Hervor­gegangen ist die Krantenheilanstalt aus dem alten Moabiter Zuchthaus, dem man 1856 in der Turmstraße eine Mergangsstation für Sträflinge angegliedert hatte, die ihrer bal­digen Entlassung entgegensahen. Während der Pockenepidemie von 1871 wurde diese Zweig­strafanstalt zum Pockenlazarett. Aus dem Barackenlazarett jener Jahre erwuchs das Städtische Krankenhaus Moabit, das heutige Robert-Koch-Krankenhaus. Der Zweck ist im Grunde der alte geblieben: Menschen dem Leben wiederzugewinnen.

Menschhcitsfeindcs Nr. 1 zu entdecken, hatte Koch sich als Ziel gesetzt. Dafür gab er jede freie Stunde hin, die ihm sein schwerer Beruf als Kreisphysikus ließ.

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Im Jahre 1879 wurde Robert Koch zum Regicrungsrat ernannt und ans Kaiserliche Gesundheitsamt in Berlin berufen. Schon 1866 hatte er ein paar Monate m Berlin zn- gebracht, in Kliniken hospitiert und bei Virckow einen praktischen Kursus durchgemacht. Aber Berlin hatte ihn damals nicht halten tonnen, nocll nicht.

Dreizehn Jahre spätet kam er wieder. Dies­mal kam er nicht allein, er brachte Frau und Kind mit. Wie die Gattin sich freute! Welche Hoffnungen sie belebten, welch ein Glück es ihr erschien, Wollstein gegen Berlin vertauschen zu können! Ihre Freude sollte nur von kurzer Dauer sein. Berlin erwies sich als Moloch, der das kümmerliche Rcstchen Familienleben und Eheglück völlig verschlang. Robert Koch wurde ein seltener Gast in seinem Hause; er verhockte die Tage und nicht nur die Tage vor seinem kleinen, für uns Heutige so altmodischen Mikroskop und verließ das Arbeitszimmer in dem kleinen grauen Hause Luisenstraße 57 fast gar nicht mehr. Hier hatte er sich eingesperrt, und niemand durfte es wagen, ihn zu stören. Als er endlich aus seiner Verborgenheit her- anstrat, eilte er nicht zu den Seinen da lud er die Mitglieder der Berliner Physiologischen Gesellschaft zu sich in das Haus des Kaiser­lichen Gesundheitsamtes.

Vor ihnen hielt er an jenem denkwürdigen 24. März 1882 seinen Demonstrationsvortrag, in

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Heikel- am zVeiN pokert Lochs. (SSn-Mich- Photos: Tobis. M.,

Zchv/ester unO Assistenzarzt simAe Menschen, Oeren Herren in Oer gemeinsamen Arbeit

kür Loch rusammenkinOen. (Viktoria v. ballasko unO LsimunO 5ckclcher im neuen sannings-pilm.)

Ost lnlm VON kOloscs Kock

Menschen vom Range eines Robert Koch haben kaum ein besonderes Denkmal nötig; üe haben sich in ihrer Arbeit selber das schönste Denkmal gesetzt, und die Benennung seiner ehemaligen Wirkungsstätte nach Robert Koch ist fraglos das würdigste Erinnerungsmal. Dennoch wird auch die Allgemeinheit gern Näheres über das Leben und Wirken dieses großen Mediziners wissen wollen, und sie Vat ein Recht darauf, Näheres zu erfahren. Micher sind für die Stillen im Lande: die breite Millionenmasse des Volkes erreicht man wir­kungssicherer durch das Bild.

Diese Aufgabe hat sich die Tobis mit ihrem Cmil-Jannings-FilmRobert Koch" gesetzt, der unter der Spielleitung von Hans 'Steinhoff entstanden ist. Der Film zeigt in packenden Szenen von dramatischer Wucht den Kampf Robert Kochs gegen die schleichende Krankheit: er zeigt ihn als Entdecker und stellt ihn vor uns hin als den Sieaer auch über seine wissen­schaftlichen Widersacher. Emil Jannings ver­körpert den überragenden Forscher, und Werner Krauß hat die Nolle seines Gegners Rudolf Virchow übernommen. In bewegten Spiel- fzcnen erleben wir die Auseinandersetzung zweier verschieden gearteter Geisteswelten; denn was hier geschaffen wird, das ist keine trocken-wissenschaftliche Biographie, sondern will uns den Gelehrten als Menschen offen­baren, als einen- jener seltenen ganz großen Charaktere, die an ihre selbstgestellte Aufgabe glauben, von ihr durchdrungen und heilig über­zeugt sind, und die sie darum auch lösen!