Seite 8 — Nr. 270
Rag-lder Tagblatt »Der Gesellschaftrr
Samstag, den 19. November igzz
Buntes Allerlei
London gibt Unterricht in Liebe
In dem kürzlich in London eingerichteten neuen „Auskunftsbüro für Liebesfragen" herrschte bereits am ersten Tage ein Massenandrang von lernbegierige« Männern und Frauen.
Wer bisher geglaubt hat, daß die Liebe spontan im Menschen entspringt und daß sich Gefühle nicht nach Schema und Methode hervorzaubern lasten, der befand sich in einem Irrtum. Wenigstens nach der Meinung von englischen Liebes- und Ehespezialisten, die sich dazu berufen fühlen, die „Zukurzgekommenen" aus den „rechten Weg" zu bringen. Für wenig Geld — es kostet nur fünf Schilling — kann man sich in London über die fundamentalen Bedingungen für eine glückliche Ehe und über die „starke" nud „echte" Liebe unterrichten lasten. In London nennt man dieses Institut bereits die „Liebes-Üniversität".
So absurd diese Einrichtung auch zu sein scheint, so fand sie bei der englischen Bevölkerung doch einen starken Beifall. Ael- tere Mädchen und schüchterne Junggesellen stellten sich in großer Menge aikf dem Büro ein. Sie haben für die Hinterlegung von 5 Schilling das Anrecht auf insgesamt 10 Beratungen. Nach soviel Unterricht meinen die Fachleute, könne der Erfolg nicht mehr ausbleiben. Sollte das dennoch stattfinden, so handelt es sich um einen hosfnungslosen Fall.
Der Unterricht hat teils die Form von Vorlesungen und teils von privaten Besprechungen und Beratungen. Ein Psychonalyti- ker, Dr. Eriffith, hält zuerst über die psychologischen Vorbedingungen der Liebe und über das Naturgesetz des Zueinanderstre- bens einen eingehenden Vortrag. Ein Arzt und ein Priester sprechen dann über die Probleme des gemeinsamen Lebens. Der Geistliche geht bei seinen Erörrerungen von folgenden Prinzipien aus: Damit einer Ehe Erfolg beschert ist, dürfen die beiden Ehepartner ihren „gesunden Egoismus" nicht verleugnen. Weiterhin ist aber wichtig, daß jeder die Persönlichkeit des anderen respektiert. An die Frauen wird die besondere Mahnung gerichtet, niemals ihre „Individualität" im Eheleben aufzugeben. Sonst würden sie ihren Männern langweilig und ähnelten schließlich verzogenen jungen Mädchen.
Die Ehemänner haben, wenn sie eine glückliche Ehe wünschen, folgendes zu beachten: sie dürfen niemals die Gewohnheiten oblegen, die sie während ihrer Verlobung gepslegt haben. Sie sollen sogar daraus achten, daß die Bonbonnieren, die sie ihren Frauen mitbringen, nicht kleiner und daß die Sträuße nicht billiger sind. Wenn dies alles beachtet wird, dann kann es an dem „wahren Glück" nicht fehlen.
Der Erfolg, den diese Liebes-Universität in London gehabt hat, soll derartig sein, daß die Liebesfachleute in ganz England solche Auskunftsstellen einrichten wollen. Als ein neues Lehrmittel will man neben den Vorlesungen und den privaten Besprechungen auch Broschüren einführen.
Auf neuer Erde
Von Max LipPold.
Jahrhunderte hat es gedauert, bis unsere Städte zu ihrer heutigen Größe heranwuchsen, und Jahrhunderte habe» auch unsere Dörfer gebraucht, um sich zu festen, schmucken Bauerngemeinden zu entwickeln. Die Lehm- und Holzbauten der Vorväterzeit sind dem stabileren Steinmauerwerk gewichen und statt der bemoosten Stroh- und Schilfdächer leuchten heute die roten Ziegeldächer aus dem Grün der Dörfer.
Aber kaum jemals zuvor hat sich ein Stück Erde so schnell zu wandeln vermocht wie in unseren Tagen. Da taucht plötzlich ein neuer Ortsname auf, ich sehe mir die Karte genau an und stelle fest, daß dort, wo das neue Dorf stehen soll, bisher überhaupt kein einziges Haus vorhanden war. „Moorland", lese ich, fruchtbare, aber wässerige Moorwiesen, schwer zugänglich für Tiere und Maschinen, in nassen Jahren keine oder nur geringe Ernte...
Eine Sonntagsfahrt bringt mich in eine völlig neue Landschaft. Es ist ein sonnenklarer Herbstsonntag. Der Abglanz des Sommers liegt über den leeren, stillen Fluren. Die Bäume haben noch ihr Laub, aber es verliert mit jedem Tag mehr seine grüne Farbe. Gegen Mittag bin ich am Ziel.
Das neue Dorf, in der unglaublich kurzen Zeit von drei oder vier Jahren entstanden, liegt vor mir. Zu beiden Seiten der breiten Straße stehen die Hellen, völlig einheitlich gebauten Siedlerhöfe, ja, sogar die Gärten scheinen nach bestimmten Richtlinien von Fachleuten angelegt zu sein. Es ist dies keine Stadtrandsiedlung, sondern ein Bauerndorf, eine Siedlung für unsere Jungbauern, die hier auf diesem Stück neuer Erde Heimatrechte erworben haben. Zu jedem Hof gehören die notwendigen Gebäude und eine bestimmte Landfläche, die nicht zu groß, aber im Durchschnitt doch mit ihren 60 bis 100 preußischen Morgen weit größer als die der alten Kleinbauernbetriebe ist.
In der Mitte des Dorfes steht die Schule, ein einfacher, aber schmucker Bau mit großen Klassenfenstern und schönen Anlagen ringsum. Einen Schulhof im alten Sinne gibt es nicht, dafür beginnt auf der gegenüberliegenden Seite, unmittelbar am Ausgang, eine große Rasenfläche, die nicht nur für die Kinder, sondern auch für die erwachsene Jugend bestimmt ist. Im Vergleich mit vielen alten oft dunklen und engen Dorfschulen muß diese hier ein kleines Paradies für Lehrer und Lernende sein.
Ich habe Glück. Der Zufall lädt mich zu einem Fest der Dorfjugend. Ich mische mich unter die Zuschauer und nehme s Anteil an den Spielen und Wettkämpfen. Die früher sprich- f wörtliche Schwerfälligkeit der Bauernjugend gibt es nicht ! mehr, nein, hier tummelt sich die geistig und körperlich wendige und gesunde Jugend des Dritten Reickes.
Ich treffe auch den Bürgermeister hier draußen und mache mich mit ihm bekannt. Ich möchte vor allem wissen, ob der Acker, der ja erst vor wenigen Jahren entwässert wurde, auch schon gute Ernten bringt. Und ich erfahre, daß hier das Land zwei Jahre lang mit Motorkraft bearbeitet wurde und daß die Düngung nach genauen Untersuchungen der einzelnen Bodenschläge einsetzte. So konnte man nach kurzer ^eit zufriedenstellende Ernten erzielen, die sich von Jahr zu Jahr steigern werden.
Am Abend ist Tanz im Gasthaus, das den Namen Hm Stromschenke" trägt. Ich tanze mit Johanna, einem frischen Bauernmädel in schöner alter Tracht. Sie ist so zutraulich zu mir, daß ich noch einige Stunden unter der fröhlichen Dorfjugend verweilen muß. Und beim letzten Tanz schmerzt es mich, fortzugehen. Ich sehe sie an und sage, daß ich auf diesem Stückchen Erde mit seinen Wiesen, dem Strom und den Wäldern ringsum wohnen möchte. Johanna erwidert ernsthaft, daß es in ihrem neuen Dorf noch sehr leer aussehe, weil die großen Bäume fehlen, aber nach einem Jahrzehnt, wenn die Zweige über der Straße rauschen, werde es das schönste Bauerndorf der ganzen Gegend sein.
Als ich mich verabschiede, begleitet sie mich zum Wagen Hinaus. „Heil Hitler!" ruft sie mir nach, und ihre Stimme und der Gesang der Jugend klingen mir noch in den Ohren als ich draußen auf der Landstraße bin und durch die dunkle sternenlose Herbstnacht fahre...
„Warum so grüblerisch?" fragte Paul seinen Freund.
„Frieda hat die Verlobung aufgelöst und mir den Ring zurückgeschickt und das verstehe ich nicht!"
„Nimm dich zusammen, sei ein Mann!" tröstete Paul.
„Mensch, darum handelt es sich ja gar nickt, aber ich habe ihr ja nie einen Ring geschenkt!"
*
Der Kranke schaute den Arzt mißtrauisch an: „Habe nach Ihnen geschickt, Herr Doktor, möchte Ihnen aber gleich sagen, daß ich an die moderne Medizin nicht glaube!"
„Das macht nichts!" sagte der Arzt. „Sehen Sie, ein Maulesel ! z. B. glaubt auch nicht an den Tierarzt und wird doch von ihm geheilt!"
Mann: „Der Kaffee ist aber heute wieder entsetzlich dünn — du hast ihn wohl erst durch die Sparbüchse lausen lassen?
„Sie müssen jedesmal anklopfen, Lina, wenn Sie mein Schlafzimmer betreten", sagte Frau Knetschke zu ihrem neuen Mädchen, „denn es könnte ja sein, daß ich gerade unbekleidet bin!" ! „Keine Angst", sagte Lina fröhlich, „ich schaue jedesmal vorher durchs Schlüsselloch und wenn Sie nichts anhaben, geh' ' ich nicht rein!"
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