Freitag, 21. Mai 1937

111. Jahrgang

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Die größte Flottenparade der Wett

Krönuugsflottenschau auf der Reede vo« Spithead Jubel um die könig­liche Jacht

X Portsmouth, 20. Mai.

Unter Beteiligung von 16 ausländischen Kriegsschiffen fand Donnerstagnachmittag in der Meeresstraße zwischen Englands Süd­küste und der Insel Wight die bisher größte Flottenschau in der Geschichte der Seefahrt statt. Schon seit Tagen sind Portsmouth und Southampton von Gästen überfüllt, die an diesem eindrucksvollen Schauspiel teilnehmen wollen. Dazu gaben sich Seeleute aus allen Teilen der Welt hier ein Stelldichein; das Marineblau beherrschte denn auch die Stra­ßen der beiden Städte.

Schon vor der Parade bot der Hafen einen imposanten Anblick. In vier Reihen, deren längste sieben und deren kürzeste fünf Meilen lang war, ankerten die britischen Kriegs­schiffe. Ein kaum übersehbares Gewimmel Herrschte im Hafen; eine Reihe von Schiffen »arm den Zehntausenden von Zuschauern zur Besichtigung freigegeben worden. Am Tonnerstagmorgen war bereits die ganze llferstrecke vom Paradepier bis zu den Forts Nonckton und Gilkicker meilenlang von schaulustigen in dichten Reihen besetzt. Nur wn den Kriegsschiffsdocks wurde die Menge durch eine strenge Absperrung ferngehalten.

In dem Augenblick, als die Königssacht aus die gleiche Höhe mit den FlaggschiffenLon­don" des ersten Kreuzergeschwaders der Mit­telmeerslotte und des FlaggschiffesQueen Elizabeth" des Oberbefehlshabers der Mittel, meerflotte kam. Präsentierten die Ehren­wachen und die Musikkapellen intonierten die Königshymne.

Dann fuhr die Königsjacht zwischen die 6. und 7. Reihe ein. Steuerbords lagen die Kriegsschiffe der ausländischen Mächte: das U.-BootKalew" (600 Tonnen) Estlands, der polnische ZerstörerBurza", der schnelle türkische ZerstörerKocatepe", der rumä­nische ZerstörerRegina Maria", die Portu­giesische SchaluppeBartolomeo Diaz". das finnische KüstenwachschiffVäinämöinen", das dänische SchiffNiels Juel", das schwe­dische KüstenwachschiffDrottning Viktoria", der japanische 10 OOO-Tonnen-KreuzerAshi- gara", der holländische schnelle kleine Kreuzer Java", der griechische KreuzerGeorgios Averoff". Auf dem deutschen Panzerschiff

Admiral Graf SPee' waren die Offiziere in Galauniform, die Mannschaften in Blau angetreten. Auf dem Achterschiff Präsentierte die Ehrenwache, während die Kapelle den Präsentiermarsch, die Lieder der deutschen Nation und anschließend die englische Hymne spielte. Mustergültig ausgerichtet stand die gesamte Besatzung an der Reeling, die Offi­ziere bei ihren Divisionen, die nicht eingetcil- ten Offiziere in einer gemeinsamen Gruppe. Den Schluß der auSländschen Schiffe bil­deten das argentinische SchlachtschiffMo­reno", das französische SchlachtschiffDun­kerque" und das amerikanische Schlachtschiff Neuyork".

Volle anderthalb Stunden hatte die Vorbei­fahrt gedauert. Während die Königsjacht an der Spitze der 5. Linie vor derQueen Eliza­beth" ankerte, brausten Marineflugzeuge in Staffeln über die Motte. Dann kündete ein Kanonenschuß das Ende des Schauspiels an und die Begleitdampfer durften die Linien ent­langfahren.

König Georg Herr der Ciky

Tags zuvor hatte König Georg VI. in der traditionellen Form auch die Herrschaft über die Londoner City übernommen, indem er vom Lord-Oberbürgermeister das Stadtschwert übernahm.

Edens Undeutlichkeit destiedW nicht

Alle Schiffe auf der Reede von Spithead hatten über die Toppen geflaggt und schon am Vormittag die befohlene Paradeaufstel­lung eingenommen. Ein beträchtlicher Teck der britischen Seestreitkräfte war hier ver­einigt: 9 Schlachtschiffe, 2 Schlachtkreuzer. 15 Kreuzer, 5 Flugzeugmutterschiffe, 56 Flot­tillenführerboote und Zerstörer, 22 U-Boote, hilfs-, Vermessungs-, Fischereischutz-, Be- gleit-, Tank- und Schulschiffe, dazu zwei Zer­störer der kanadischen Marine, ein Kreuzer Neuseelands und eine Schaluppe der indi­schen Marine. Hinter diesen Reihen liegen die 18 Kriegsschiffe der ausländischen Seemächte, dahinter die Schiffe der Handelsmarine, die Fischereifahrzeuge, die Jachten, die Werft- und die Küstenboote.

Um 10 Uhr vormittag wurden die Admirali­tät, die Oberbefehlshaber der Heimat- und Mit- telmeerflotte, der Kommandierende Vizeadmi­ral der Reserveflotte und die Kommandanten der an der Parade beteiligten ausländischen Kriegsschiffe sowie der Handels- und Fischerei- flotte von König Georg VI. an Bord der Kö­nigsjachtVictoria and Albert" empfangen. Diese 1899 vom Stapel gelaufene schmucke Dreimasterjacht hat alle bisher in Spithead durchgeführten Flottenparaden mitgemacht. Nach der Parade wird sie abgewrackt und durch ein modernes Schiff ersetzt. Die eigentliche Krönungsjacht, in ihrer äußeren Form von dollendeter Schönheit, hat sich infolge statischer Fehlberechnungen als wenig seetüchtig erwie­sen.

Um 13 Uhr signalisierten alle Schiffe die Be­reitschaft zur Parade. Kurz nach 15 Uhr legte die königliche Jacht, geleitet vom SchiffPar- ticia" der ältesten englischen Gesellschaft zur Förderung der Seeschiffahrt des zu Beginn des 17. Jahrhunderts gegründetenTrinity-Hau- fes" ab und näherte sich der Paradeaufstellung, gefolgt von der AdmiralsjachtEnchantreß". In diesem Augenblick ging auf dem Flotten­flaggschiff der HeimatflotteNelson" ein Sig­nal hoch: Die Salutbatterien aller 161 Kriegs­schiffe schossen den Königssalut von 21 Schuß. Tosender Jubel begleitete die Königsjacht, auf deren Kommandobrücke der König in Admi- ralsuniform mit den Oberbefehlshabern, dem Ersten Lord der Admiralität, der Königin und den Mitgliedern der königlichen Familie stand.

Der königlichen Jacht folgten die Jacht der Admiralität und die Begleitschiffe mit den Lasten des königlichen Hofes, der Regierung, der Admiralität, des Oberbefehlshabers des Aoltenstützpunktes Portsmouth und des «dnnralitätsstabes. Die Vertreter der aus- ^oisehen Staatsoberhäupter nahmen auf derStrathmore" au der Vorbeifahrt teil, unter ihnen der Vertreter des Führers und Reichskanzlers, Generalfvldmavschall von ^ tombera. mit der deuticben Wbordnrma.

1 Zusammenstöße zwischen dem britischen Außenminister «nd den Vertretern ! der Dominien in der Reichskoofereuz?

' >x> London, 20. Mai

I Obwohl der Inhalt der Rede des britischen Außenministers Eden vor der Reichskonfe­renz am Mittwoch er wird sie übrigens heute fortsetzen offiziell geheimgehalten wird, sind doch mehrere Londoner Blätter in der Lage, die hauptsächlichsten Richtlinien seiner Ausführungen anzugeben. Aus den Mitteilungen des Eden nahestehenden Daily Telegraph" geht hervor, daß auch Ministerpräsident Baldwin Edens Erklä­rungen unterstrichen hat, daß die britische Regierung einem entschiedenen Programm für die V e r st ä r k u n g der W e l t r e i ch s- verteidtgung an jedem Punkte die allergrößte Bedeutung beimißt.

Ausführlicher wird dieMorningpost": Nach ihr hat Eden sichtrotzdem es gegenwärtig nicht allgemein annehmbar ist", zun kollektiven Sicherheit als einer lebenswichtigen Notwen­digkeit für das britische Weltreich bekannt. Zu Meinungsverschiedenheiten wird es nach dem Blatte vor allem deshalb kommen, weil Eden keinen klaren Bescheid über die Stellung Eng­lands zu mittel- und osteuropäischen Fragen ge­geben hat; Eden war nicht in der Lage, der Konferenz mitzuteilen, daß England unter kei­nen Umständen an einem Kriege in einem Teil Europas teilnehmen wird, in dem es keine über die Völkerbundsverpflichtnngen hinaus­gehenden Bindungen hat, sondern er hat er­klärt, daß eine etwaige englische Intervention der Verteidigung eines lebenswichtigen Inter­esses Großbritanniens und damit des ganzen britischen Weltreiches dienen würde. Das be­deutet, daß eine Beteiligung Englands an einem europäischen Kriege eine Maßnahme der Selbsterhaltung wäre, in die die D o m i n i e n automatisch einbezogen werden. Diese Erklärung scheint den Widerspruch vor allem Kanadas und Südafrikas hervorgerufen zu haben.

Me Ostfrage

Neben der Reichskonferenz hatte Eden aus­führliche Besprechungen mit dem polnischen Außenminister Beck, die sowohl mit dem Westpakt, als auch mit nah- und fernöstlichen Fragen im Zusammenhang standen. Die polnische Presse spricht diesen Unterredungen große Bedeutung zu

Rücktritt Balbwins nächste Woche

London, 20. Mai.

Aller Voraussicht nach wird Baldwin am Donnerstag oder Freitag nächster Woche dem König in aller Form sein Rücktritts­gesuch einreichen. Anschließend wird Neville

Chamberlain zur Uebernahme des Ministerpräsidiums vom König berufen. Die Kabinettsänderung soll dann möglichst rasch bekanntgegeben werden. Das Kabinett wird sich daher bereits am darauffolgenden Mon­tag dem Parlament in seiner neuen Form vorstellen können. Am 31. Mai werden die konservativen Parlamentsabgeordneten zu. sammentreten, um nach dem Abgang Bald- wins die neuen Parteiführer zu ernennen. Es besteht kein Zweifel, daß Chamber­lain auch die Parteiführung erhalten wird.

Verlaßt auch Zrland Sens?

Dublin, 20. Mai.

De Valera sprach am Mittwoch im Landtag über die englisch-irischen Beziehun­gen. Er führte aus, daß der irische Freistaat nicht an der in London tagenden Reichskon­ferenz teilnehme, weil zur Zeit noch verschie­dene Meinungsverschiedenheiten zwischen England und Irland bestünden, die eine Zusammenarbeit verhinderten. Tie wichtigste Streitfrage sei die Aufteilung der irischen Insel in zwei Teile, die nach seiner Ansicht durch nichts gerechtfertigt werden könne.

Zur Frage des Völkerbundes erklärte de Bulera, daß dessen Lage gegenwärtig ziem- lieh zweifelhaft sei. Der Völkerbund sei durch die Prüfungen der letzten Jahre bis in seine Grundfesten erschüttert worden. Wenn die im gegenwärtigen Zustand dem Völkerbunde anhaftenden Gefahren nicht beseitigt wür­den, sei es möglich, daß der irische Freistaat aus dem Völkerbund austreten werde.

Auch Etraßenbahlmstreik in London

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" og. London, 20. Mai.

Alle Bemühungen, den Autobusstreik in London beizulegen, blieben bisher erfolglos. Im Gegenteil, man rechnet mit einer Ver­schärfung durch den Anschluß der Straßen­bahner an den Ausstand. Nur der Zeitpunkt des Streikbeginns, der die Verkehrsschwierig­keiten zur Katastrophe erweitern würde, steht noch nicht fest.

Pariser Enttäuschungen

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gl. Paris, 20. Mai.

Nur mühsam kann die Pariser Presse ihre Enttäuschung über den mit so großen Hoffnun- gen begleiteten Besuch des österreichischen Staatssekretärs Dr. Schmidt verberaen, da

es nicht gelungen ist, Oesterreich in das sranzö- sisch-tschechoslowakisch-sowjetrussische Fahrwas­ser zu bringen. In der amtlichenWiener Zei­tung" erklärte Staatssekretär Dr. Schmidt ausdrücklich, daß es sich in Paris nur darum gehandelt hat, die österreichische Staatspolitik, die ja immer im Kreuzfeuer der verschiedensten Gerüchte und der irrigsten Anschauungen steht, zu erleichtern. Die römischen Protokolle und das Abkommen vom 11. Juli bleiben unver­rückbare Grundsteine der österreichischen Außenpolitik. Auch imParis Soir" unter­strich Staatssekretär Tr. Schmidt, daß die poli­tische Linie Oesterreichs durch seine Kultur und geographische Lage festgelegt sind. Die Mei­nungsverschiedenheiten zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich, soweit sie noch bestehen, bemüht man sich auf allen Gebieten auszumer­zen. Auf alle Fälle beklagt die Pariser Presse, daß Schmidtzu zurückhaltend" gewe­sen sei.

Um so größere Hoffnungen knüpft man jetzt an die Verhandlungen mit dem tschechoslowaki­schen Ministerpräsidenten Dr. Hodza. Aller­dings ist es diesem bisher nicht gelungen wenn man der Prager Presse trauen darf mit den französischen Generalstäblern in eine engere Fühlung" zu kommen.

..GeimMab der Autarkie"

Rom, 20. Mai.

M us s o li n i hat dem Korporativen Haupt» ausschuß die grundsätzlichen Richtlinien zur Herbeiführung der größtmöglichen Wirtschasts- autarkie erteilt. Dieser Hauptausschuß stellt demnach eine ArtGeneralstab der Autarkie" dar für die Schlacht zur Erlangung der wirt­schaftlichen Unabhängigkeit der Nation.

Politische Gespräche in Budapest

Budapest, 20. Mai.

In der ungarischen Hauptstadt fand zu Ehren des italienischen Königspaares auf dem Mussolini-Platz eine große Parade vo« Truppen aller Waffengattungen bei strah­lendem Wetter statt. Die italienischen Gäste wurden von der Bevölkerung dabei immer wieder stürmisch umjubelt. Der Vorbeimarsch dauerte über eine Stunde.

Nach der Parade fand in Gödöllö in alt­hergebrachter Form eine Falkenjagd statt. Indessen begannen in Budapest die ersten politischen Besprechungen zwischen dem ita- linischen Außenminister Grafen Ciano und dem ungarischen Ministerpräsidenten Dara- nyi in Anwesenheit des ungarischen Außen­ministers von Kanya. Abends fand in der Hofburg zu Ehren des italienischen Herrscher­paares ein Galaefsen und ein Ball statt.

Seringe Erwartungen Selbes' in Brüssel

X Brüssel, 20. Mai.

Französischerseits werden keineswegs große Erwartungen an den Besuch des Außenmini, sters Delbos in Brüssel, der dort am Donnerstag mittag eingetrosfen ist, geknüpft, um so weniger, als auch die belgische Presse in ihren Begrüßungsaufsätzen kaum über die üblichen Höflichkeitsformeln hinausgeht. Ein Teil der Blätter bezeichnet den sran» zösisch-sowjetrussischen Vertrag als den ewigen Störungsfaktor, weshalb Belgien der außenpolitischen Orientierung Frankreichs gegenüber argwöhnisch bleiben müsse.

lieber die einstündige Unterredung Del­bos' mit dem belgischen Ministerpräsidenten van Zeeland und dem Außenminister Spaak am Donnerstagnachmittag fehle» bisher Einzelheiten.

Srunto-Truppeu nehmen Briten gelangen

X London, 20. Mai

Nationalspanrsche Truppen nahmen 26 bri- tische und 2 irische Staatsangehörige gefan­gen, die auf Seite der spanischen Bolschewisten kämpften. Das bri­tische Außenministerium hat anscheinend die Absicht, Verhandlungen über ihre Freilas- lung einzuleiten.