Nr- 298

Donnerstag. 23. Dezember 1937

111. Jahrgang

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Des toten Feldherr« letzte Fahrt

Feierlicher Staatsakt in München Der Führer nimmt von seinem Mitkämpfer Abschied

München, 22. Dezember. Das nationalsozialistische Deutschland er­wies gestern in der Form eines vom Führer angeordneten feierlichen Staatsaktes m der Hauptstadt der Bewegung General Luden­dorff, dem großen Feldherrn des Weltkrieges und Mitkämpfer Adolf Hitlers, die letzte Ehre.

Die Fahrt zum Siegestor

Schon um 5 Uhr früh, während noch die Stadt in nächtlicher Ruhe lag. nahmen die Trauerfeierlichkeiten ihren Anfang. Die sterbliche Hülle des Generals wurde von einem Ehrengeleit der Wehrmacht zum S i e- gestor übergeführt. Während der Sarg, zu dessen Seiten zehn Fackelträger der Wehr­macht schritten und hinter dem die beiden Söhne und alte Freunde des Hauses Luden­dorfs folgten, auf die von sechs Rappen ge­zogene Lafette gehoben wurde, präsentierten die Ehrenkompanien das Gewehr. Bald hatte der Zug das Siegestor erreicht, das im Hel­len Flammenschein von vier Pylonen auf­ragte. Der Sarg wurde auf das hohe Podest im mittleren Torbogen des Siegestores ge­hoben. von dessen Hintergrund die Kriegs- flaggen des alten und neuen Reiches leuch­teten.

Der Abschied des Volkes

Noch war die sechste Morgenstunde nichl angebrochen, und schon setzte in einer meh­rere Stunden hindurch nicht mehr abreißen, den Kette der Zustrom der Münchener Be­völkerung ein. die dem am Siegestor auf­gebahrten toten Feldherrn die letzte Ehr, erweisen wollte. In unabsehbaren Reiher zogen die Volksgenossen an dem mit Tan­nengewinde umkleideten Podest vorüber unk grüßten in stillem Gedenken und mit er­hobener Rechten den großen Feldherrn de? Weltkrieges. Dann und wann trat eir Volksgenosse aus der Reihe und legte einen letzten Blumengruß neben dem Sarge nieder. Fast vier Stunden lang zog so der Strom der Menschen an der Bahre vorbei.

Bis zur Thevesienstraße säumten die Män­ner im feldgrauen Rock und im Stahlhelm die beiden Seiden der Ludwigstraße, den übrigen Weg bis zur Feldherrnhalle um­rahmten die Angehörigen der Gliederungen der Partei und dahinter Tausende von Volksgenossen. Ihre Augen wandten sich nicht ab vom Siegestor. Hell schimmerte der graue Stein in der matten Wintersonne und hob sich scharf ab von dem schwarzen Tuch, das den Hintergrund des Tores verhüllte. Wie aus Erz gegossen standen die Offiziere der Ehrenwache am Sarge.

Jetzt rückte dröhnenden Schrittes die Ehrenkompanie an. Hinter dem Musikkorps und den Spierleuten marschier­ten die vier Fahnen des ehemaligen 89. In- fanterieregiments. dessen Inhaber General Ludendorff war. Vier Offiziere traten vor den Sarg und nahmen die Ordenskissen ab. Dann standen vier Generale vor die Bahre, senkten den Degen und nahmen zu beiden Seiten des mittleren Torbogens Aufstellung.

Der Führer am Sarg des Token

Die Repräsentanten der neuen deutschen Wehrmacht sind eingetroffen: Der Ober­befehlshaber der Wehrmacht. Generalfeld­marschall von Blomberg, der Ober­befehlshaber der Luftwaffe, Generaloberst Göring. und als Vertreter des Ober­befehlshabers des Heeres, der Chef des Ge­neralstabes. General der Infanterie Bock. Wenige Minuten vor 10 Uhr erschallen kurze Kommandos: Der Führer war eingetroffen. ^ In seinem Gesicht die Ergriffenheit eines Mannes, der um einen der Großen der Na­tion trauert. Die Vertreter der jungen deut­schen Wehrmacht grüßten den Führer und geleiteten ihn zum Sarg. Wieder ertönten knappe Kommandvrufe. Die Ehrenkompanie präsentierte das Gewehr. Dumpf wirbelten die Trommeln. Mit erhobener Rechten grüßte der Führer den Verewigten, der Generalfeld­marschall erhob den Marschallstab, die übri­

gen Mutierten mit der Hand am Helm. Deutschlands neu erstandene Wehrmacht, an ihrer Spitze der Oberste Befehlshaber, grüßte zum letztenmal den Toten. Symbol­haft war der Augenblick dieser stummen Zwiesprache. Denn das war der Sinn dieser ernsten Stunde: Daß der Geist der alten deutschen Armee, die der Sol­dat Ludendorff entscheidend gelenkt und ge­führt hat, immer und ewig auch in der neuen deutschen Wehrmacht leben wird, heute und morgen, solange ein Deutschland lebt, für dessen Stärke und Ehre Ludendorsf gekämpft und gestritten hat.

Dann hoben sechs Offiziere den Sarg auf die Lafette, vier Generale nehmen zu den Seiten des Sarges Ausstellung, hinter ihnen die Träger der Orden. Unmittelbar hinter dem Sarg schritt der Führer. In der zweiten Reihe gingen Generalfeldmarschall von Blomberg. Generaloberst Göring und der Chef des Generalstabes. General der Infan­terie Bock. Immerwährend rollte der Wirbel der Trommeln. Stumm und ernst grüßten entblößten Hauptes und mit erhobener Rech­ten die Menschen, die hinter dem Spalier längs der Ludwigstraße standen, den feier­lichen Zug.

An der Feldherrnhalle

An der Feldherrnhalle versammelten sich inzwischen all die Männer, die Ludendorsf im Ringen des Weltkrieges nahestanden, hohe Generale der alten Wehrmacht in ihren Friedens- oder Kriegsuniformen. Zu beiden Seiten der Stufen der Feldherrnhalle standen sämtliche Reichsminister, Reichs» leiter, Staatssekretäre, Reichsstatthalter. Gauleiter und stellvertretende Gauleiter. Auf der anderen Seite die Kommandieren­den Generale der Wehrmacht und eine große Zahl von Generalen der alten Wehrmacht, fast alles nahe Bekannte des Feldherrn.

An zwei hohen Flaggenmasten wehte die schwarz-weiß-rote Fahne mit dem Eisernen Kreuz. In einer langen Kolonne brachten Soldaten die Kränze herbei: Letzte Grüße des Führers, des Reichskriegsministers, der Neichsregierung, der hohen Parteistellen und der mit Deutschland im Weltkriege Ver­bündeten Länder. In langsamem Parade­schritt kam die Ehrenkompanie heran, hin­ter ihr die Lafette mit dem Sarge und das Gefolge mit dem Führer an der Spitze. Vor der Feldherrnhalle wurde halt gemacht.

Unter feierlichem Schweigen begab sich Reichskriegsminister Generalfeldmarschall von Blomberg zur Mitte der Treppe. Als Ver­treter der neuen deutschen Wehrmacht wür­digte er noch einmal die unsterblichen Ver­dienste des Generals Ludendorsf um Reich und Volk. (Den Inhalt der Rede veröffent­lichen wir an anderer Stelle.)

Der letzte Gruh des Führers

Darauf trat der Führer an den Sarg heran. Die Trauerparade präsentiert und der Führer legt einen Kranz nieder. Er ver­abschiedete sich von seinem treuen Mitkämp­fer, von dem großen Feldherrn des Welt­krieges mit den Worten:General Luden­dorff. im Namen des geeinten deutschen Volkes lege ich in tiefer Dankbarkeit diesen Kranz Vox Dir nieder."

In die Klänge des Liedes vom Guten Ka­meraden mischte sich der Donner der 19 Salutschüsse. Nach dem Führer legten der Neichskriegsminister, General der Infanterie Bock, Generaloberst Göring sowie ein Ver­treter von Generaladmiral Naeder Kränze am Sarge nieder und drücken noch einmal den Angehörigen des Verstorbenen die Hand.

Die Fahrt durch die Stadt

Der Sarg wurde unter Trommelwirbel von sechs Stabsoffizieren wieder zur Lafette getragen, und unter Vorantritt der Ehren kompanien von Heer, Marine und Luftwaffe setzt sich das Trauergeleit, an dem nun auch die Hohen Offiziere, des alten Heeres teil-

neymen, zum 'Marsch durch die Stadt in Bewegung.

Der Trauerzug ging vorbei am Mahn­mal. das dem Gedanken an den geichicht- lichen Opfergang der nationalsozialistischen Bewegung gewidmet ist, durch die Diener­straße zum Marienplatz, über den Rinder markt und die Sendlinger Straße zum Send- linger Torplatz und zur Lindwurmstraße, wo die Trauerparade ihren feierlichen Abschluß fand. Auf dem Sendlinger Torplatz wur­den an der Lafette ein gemeinsamer Kranz ! der gesamten auswärtigen Attachägruppe I und weitere Kränze von der bulgarischen, finnischen, österreichischen. ungarischen. ? nationalspanischen, türkischen, englischen und amerikanischen Armee niedergelegt.

Die sechs Stabsoffiziere, die dem Toten auf seinem ganzen Weg das Geleit gegeben hatten, hoben den Sarg von der Lafette und trugen ihn zu dem mit Tannenreis ge­schmückten Kraftwagen der motorisierten

Staffel der Aufklärungsabteilung VIl. Mit drei Ehrensalven nahm die Trauerparad« Abschied von dem toten Feldherrn. Dann entschwand die motorisierte Staffel den Blicken in R'chtnng nach Tutzing am Starnberger See.

Die Beisetzung in Tutzing

Ein Sonderzug führte tausend Freund« des Generals Ludendorsf, die auch noch bei der Trauerseier am Grabe dem Feldherr^ die letzte Ehre erweisen wollten, um die Mit«! tagsstunde nach Tutzing. Das verschneit« Torf am Starnberger See, das sich der Go« neral als Ruhesitz für die letzten Lebensjahr« erwählt hatte, empfing den Toten im Licht« der bleichen Wintersonne. Nach 15 Uhr er­folgte die Beisetzung: Die acht Stabsoffiziere brachten den Sarg, der im Arbeitszimmer des Feldherrn ausgebahrt worden war. wie­der aus dem Haus und hoben ihn auf di« Lafette. Der Trauerzug bewegte sich zu dem idyllisch gelegenen Friedhof. Die Musik spielt« das Lieblingslied des FeldherrnIch hat? mich ergeben, mit Herz und mit Hand". Kurze Zeit später wurde unter den Klängen des Präsentiermarsches der Sarg in di« Gruft gesenkt. Das Lied vom Guten Kam«« raden beschloß die kurze militärische Feier.

Ein Heldenleben ist vollendet"

Die Ansprache des Reichskriegsmini sters an der Bahre Lndendorfss

Bei dem feierlichen Staatsakt vor der Feldherrnhalle für General Ludendorsf hielt der Reichskriegsminister, Generalfeldmarschall von Blomberg, folgende Ansprache:

In ehrfurchtsvoller Trauer steht die deutsche Wehrmacht und mit ihr das ganze deutsche Volk an der Bahre eines genialen Soldaten, eines wahrhaft großen, deutschen Mannes. Ein Hel­denleben, dessen Denken und Handeln aus­schließlich Deutschland galt, ist vollendet, ein Leben, das arbeitsreich war wie das weniger Menschen, das auf die höchste Höhe des Ruhmes führte und dem auch tiefe Tragik nicht erspart blieb. Deutschland verlor einen Mann von ge­waltiger Willenskraft, einen leidenschaftlichen Feldherrn für die Macht und die Größe der Nation.

Ungewöhnlich wie die Persönlichkeit des Gene­rals Ludendorsf ist auch sein Lebensweg. Körper­lich und geistig gestählt durch die Erziehung im Kadettenkorps, wird dem jungen Offizier der Frontdienst zur Grundlage seines Führertums. Rasch führte ihn sein militärischer Werdegang aufwärts. Im Generalstab öffnet sich ihm sein eigentliches Tätigkeitsfeld. Er gelangt in die Stel­lung, in der er zum ersten Male zu geschichtlicher Bedeutung für Volk und Reich heranwächst. Als Chef der Aufmarschabteilung im Großen General­stäb steht er mit klarem Blick die zunehmende poli­tische und militärische Gefährdung Deutschlands. Er steht weiter als die meisten Verantwortlichen seiner Zeit. Er erkennt, daß nur die restlose Ausschöpfung der deutschen Wehr­kraft die Möglichkeit bietet, das Reich dem dro­henden Verhängnis zu entziehen. Immer wieder erhebt Ludendorff seine warnende und mahnende Stimme. Seine kämp­ferische, kompromißlose Natur bringt ihm hierbei den ersten großen Konflikt von geschicht­licher Auswirkung. Es gelingt Ludendorsf nicht, seine wehrpolitischen Forderungen voll in die Tat umzusehen. Die verantwortlichen Führer finden sich mit Halbheiten ab. Der unbequeme Warner aber wird in eine andere Stellung versetzt, die sei­ner Persönlichkeit keineswegs entspricht.

Bei Ausbruch des W e l t k r i e g e s steht Luden­dorff nicht an der ihm gebührenden Stelle in der Obersten Heeresleitung. Aber dem begnadeten Soldaten bietet sich auch an anderer Stelle die Gelegenheit, Ruhm und Lorbeer zu ernten. Der Handstreich aus Lüttich einst von ihm selbst als Chef der Aufmarschabteilung vorgeschla­gen. scheint gescheitert. Da springt Ludendorsf an die Stelle eines gefallenen Brigadekommandeurs: Inmitten der vordersten Schützen stürmt er mit anfeuernden Inrufen seiner Brigade voran,' be­richtet das amtliche Werk über den Weltkrieg. Durch den Fortsgürtel hindurch reißt er die Bri­gade bis in die Stadt hinein vor. Nur von seinem Adjutanten begleitet, zwingt er die überraschte Zitadelle zur Uebergabe. Der erste große Waffen- erfvlg des Krieges ist seinem Einsatz zu verdanken.

Kurz darauf ruft ein Befehl des Obersten Kriegsherrn ihn nach dem Osten an die Seite des neuen Oberbefehlshabers der 8. Armee, General von Hindenburg. Was General Ludendorsf. Seite an Seite mit dem schon vor ihm in Walhall eingezogenen Generalfeidmarschall geleistet hat, ge­hört für alle Zeiten zu den schönsten Ruhmesblät­tern deutscher Geschichte. Zunächst als General-

statisches, vom August 1916 an unter voller Mit­verantwortung, die er selbst ausdrücklich bean­tragte, steht er als Erster Gencralquartiermeister an der Seite des Feldmarschalls. In angespann­tester Geistesarbeit durch Tag und Nacht, viel Jahre hindurch, hat er Deutschland davor bewahrt, wieder wie so oft in den vergangenen Jahrhunderten, zum Kriegsschauplatz zu werden.An der Glut in feiner Brust, am Licht seines Geistes entzündete sich' mit Clause- witz gesprochendie Glut des Vorsatzes, das Licht der Hoffnungen in den anderen von neuem.

Der Name Ludendorsf läßt sich nicht trennen von den Taten des deutschen Heeres und den Leistungen unseres Volkes im Weltkriege. Die Kriegsgeschichte wird ihn immer nennen, wenn sie vom Weltkrieg spricht, von den klassischen Vernichtungsschlachten im Osten, wie sie die Weltgeschichte nur selten einem Feld- Herrn vergönnt, ebenso wie non den Abwehr- schlachten im Westen und den Nngrifssschlägen im Osten, Süden, Südosten und im Frühjahr 1918 an der Westfront.

Aufrecht und unnachgiebig geht Ludendorsf sei­nen Weg. Nur ein Gedanke bewegt ihn: Liebe zum Vaterlande. Nur ein Streben kennt er: den Vernichtungswillen des Feindes zu brechen. Es ist, als ob Clausewitz feine Worte auf diesen Mann geprägt hat:Wie ein Obelisk, auf den die Hauptstraßen eines Ortes zugeführt sind, f« steht in der Mitte der Kriegskunst gebieterisch hervorragend, der feste Wille eines stolzen Geistes/

Als Ludendorfs Ende Oktober 1918 entlasten wird, ist der Weg zur Novemberrevolte frei. Der Genera! selbst hat seine eigene und die Waffen­ehre des deutschen Heeres bis zum bitteren Ende rein gehalten. Mit tiefem Schmerz im Herzen hat er den Zusammenbruch erlebt. Noch härter, kan­tiger und kompromißloser wurde sein Wesen. Ungebrochen blieb sein Kampfeswille. So mar­schierte er am 9. November 1923 neben dem Führer an der Spitze des Zuges zur Feldherrnhalle in München. Unerschrocken setzt er auch hier sein Leben ein für Deutschlands Wieder­geburt. Der weltanschauliche Kampf um die völ­kische Geschlossenheit des deutschen Volkes hat die letzten Jahre dieses tapferen Geistes ausgefüllt.

So ist ein Mann von uns gegangen, der einst mit starker Hand in das Rad der Geschichte griff, der Jahre hindurch mit dämonischer Willenskraft das belagerte deutsche Volk mit sich riß. Voller Ehrfurcht und tiefer Dankbarkeit sehen wir in ihm eine der größten Gestalten pren- ßisch-deutschen Soldatentums. Seine charaktervolle Persönlichkeit ist auf ewig verbun­den mit dem Heldentum des großen Krieges.

In tiefer Trauer um den Heimgang diese« großen Soldaten, aber auch voller Stolz darüber, daß Ludendorsf einer der unseren war. senkt die Wehrmacht ihre Fahnen. Sein Geist wird im deutschen Volk und vor allem in der deutschen Wehrmackit, weiterleben als Ansporn zu höchstem Einsatz für Deutschland.

Ribbentrop in Deutschland

Der deutsche Botschafter in England, von R i b- bentrop. ist am Dienstag nach Deutschland abgereist.

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