Leite 7 — Nr. 139
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Dienstag, den 13. Juli 1937
Juli 1937
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zum Lag der deutschen Kunst!
Die Gaupropagandaleitung und Landes- stelle des Rcichsministeriums für Vvlksauf- klärung und Propaganda ruft zur Teilnahme am „Tag der deutschen Kunst" in München aus.
Der Lag der deutschen Kunst wird in wenigen Tagen aller Welt sichtbarer und gewaltiger Ausdruck des Kunstwolleus uud Kunstschaffens des Dritten Reiches sein. Am 17. und 18. Juli sind in M ü n ch e n Tausende und aber Tausende von Künstlern und Kunstfreunden versammelt. Tie Rede des Führers die Einweihung des „Hauses der deutschen Kunst", der Festzug „Zwei Jahrtausende deutsche Kunst", die Festspiele, lassen diese Tage zu einem einzigartigen Erlebnis werden. Jedem Volksgenossen soll die Gelegenheit gegeben werden, au diesem Fest teilzunehmen. Tie N«.-Gemeiuschaft „Kraft durch Freude" führt deshalb eine Reihe von Sonderzugfahrten nach München durch, an denen sich jedermann beteiligen kann. Zeigt eure Anteilnahme am deutschen Kunstleben! Beteiligt euch an diesen Fahrten! Unvergeßlich werden die Eindrücke dieser festlichen Tage sein.
*
Die NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" führt folgende Sonderzüge durch:
Am 17./18. Juli von Stuttgart nach Mün- chen: Abfahrt in Stuttgart am Samstag, 17. Juli, 14.00 Uhr; Rückkunft Lvnntng, 18. Juli, gegen 23.30 Uhr, Teilnehmerpreis mit Uebernachten, Festplakette 8.70 RM„ ohne Uebernachten etwa 6,10 NM.; am 18. Juli von Stuttgart nach München: Abfahrt in Stuttgart gegen 5 Uhr, Rückkunft gegen 23.00 Uhr, Teilnehmerpreis einschließlich Festabzeichen etwa 6 RM. Meldungen zu diesen beiden Fahrten an die Vorverkaussstellen des Kreises Stuttgart der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude".
Am 18. Juli von Eßlingen nach München: Abfahrt in Eßlingen etwa 4.00 Uhr, Rückkunft gegen 1.00 Uhr, Teilnehmerpreis etwa 5,30 NM. Meldungen an alle „KdF."-Dienststellen des Kreises Eßlingen.
Am 18. Juli von U l m nach München: Abfahrt in Ulm etwa 7.00 Uhr, Rückkunft gegen 23 Uhr, Teilnchmerpreis etwa 3,40 NM. Meldungen an alle „KdF."-Dienststelleu des Kreises Ulm.
VsrstOt bei RMsmMMen!
Mit der fortschreitenden Fertigstellung der einzelnen Teilstrecken ist das Interesse weiter Kreise der Bevölkerung an der Autobahn stark gewachsen. Insbesondere an Sonntagen ist regelmäßig eine große Anzahl von Besuchern zu beobachten, die die Autobahn zu Fuß besichtigen.
So sehr das große Interesse der Volksgenossen an den Autobahnen zu begrüßen ist, so muß doch auf folgende Punkte hingcwie- sen werden:
1. Jede Baustelle birgt Gefahren, die der Uneingeweihte nicht kennt: die Baustellen der Autobahn dürfen deshalb ohne Führung nicht betreten werden. Fast alle Baustellen können leicht von öffentlichen Wegen aus besichtigt werden.
2. Die fertige und im Betrieb befindliche Autobahn darf nur von Kraftfahrzeugen, also auch nicht von Radfahrern, benützt werden. Das Begehen der Fahrbahnen, auch des seitlichen schwarzen Randstreifens ist gefährlich und verboten. Nicht nur der Fußgänger selbst setzt sich größter
Gefahr aus, der Autofahrer vor allem kann durch Fußgänger, zumal bei rascher Fahrt, zu Maßnahmen gezwungen werden, die zu schwersten Unfällen führen können.
3. Die Böschungen, welche mit viel Mühe und Aufwand hergerichtet, begrünt und bepflanzt werden, sind keine Spazierwege. Die Erdarbeit ist dort teilweise noch ganz frisch, Gras und Pflanzen sind kaum angewachsen und sollen bei ihrem ersten Wachstum nicht gleich wieder zertreten werden. Jeder Bauarbeiter an der Strecke schont den frischen Rasen und die jungen Pflanzen, diese Rücksichtnahme muß auch von jedem Besucher der Autobahn erwartet werden.
Volksgenossen, tragt mit dazu bei. Unfälle auf den Autobahnen zu verhüten und das große Werk vor Schaden zu bewahren.
Fahrpreisermäßigung -ür ErntehWarSeiter
Um den Arbeitermangel-in der Landwirtschaft zu beheben und die Vorbereitung und Bergung der Ernte sicherzustellen, hat sich die Deutsche Reichsbahn zu einer Fahrpreisermäßigung für Hilfskräfte in der Landwirtschaft auf den Reichsbahnstrecken bereitgefunden. Für die Fahrten der „Hilfskrästk in der Landwirtschaft" von ihrem Wohnort nach dem Arbeitsort zur Aufnahme de^ Landarbeit und zurück nach Beendigung desselben wird für Personenzüge eine Fahrpreisermäßigung von 50 v. H. gewährt. Die Anträge auf Fahrpreisermäßigung, die auf vorgeschriebenem Muster zu stellen sind, werden von den Arbeits- oder Wohlfahrtsämtern ausgefertigt, unterschrieben und abgestempelt. Tie Fahrpreisermäßigung ist bis zum 30. November befristet.
Wann sind WMrMuiMii ZuWjg?
Hierüber besteht, wie die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf mitteilt, in den Wirtschaftskreisen immer noch viel Unkenntnis. Die Preisstoppverordnung hat Preissteigerungen für alle Güter und Leistungen ohne jede Ausnahme verboten. Nur in besonderen Fällen und mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung dös Neichs- kornmissars für die Preisbildung oder der zuständigen Preisbildungsstelle darf ein höherer als der Stichtagpreis genommen werden.
In einzelnen Fällen und unter bestimmten Vor- aussetzungen sind Ausnahmegenehmigungen für ganze Warengruppen erteilt worden, zum Bei- spiel für Webwaren, Metallwaren, Kautschukwaren. chemische Erzeugnisse. Hierbei und auch bei den Einzelgenehmigungen ist meist bestimmt, worauf die Firmen nicht immer genügend achten, daß grundsätzlich nur der frühere Preis genommen und äußerstenfalls der Unter- schiedsbetrag zwischen dem Wert des bei der Verarbeitung verwendeten Rohstoffes oder der Nahrungsmittel am Stichtag (17. Oktober 1936) und ihrem Wert am Tag des Kaufabschlusses gesondert in Rechnung gestellt werden darf. Es ist demnach also nicht zulässig, die üblichen Geschäftsunkosten beziehungsweise Handelsspannen auch auf den Unterschiedsbetrag aufzuschlagen.
Bei Bekanntgabe des höheren Preises, möge er durch eine allgemeine Genehmigung oder durch eine Einzelgenehmigung der Preisbildungsstelle gestattet sein, müssen die Lieferanten ihre Kunden in jedem Falle besonders auf die Genehmigung Hinweisen, und zwar unter Angabe der Gs- nehmigungsbehörde. sowie unter Mitteilung von Daten, Aktenzeichen und Inhalt des Genehmi- aunasbescheides. Dies ist erforderlich, damit bei
den Abnehmern kein Zweifel darüber entstehen kann, ob die Preiserhöhung zulässig ist.
Die Abnehmer ihrerseits dürfen keinesfalls, wenn den Lieferanten, die Erhöhung erlaubt ist, ohne weiteres ihren Kunden den höheren Preis weitergeben, es sei denn, daß dies im Genehmigungsbescheid für den Lieferanten ausdrücklich festgelegt ist. Ist dies nicht der Fall, dann muß der einzelne Abnehmer wiederum, sofern er die Erhöhung nicht selbst tragen kann, die Genehmigung zur Weitergabe des erhöhten Preises nachsuchen. und er darf den Preis erst erhöhen, nachdem er eine schriftliche Erlaubnis hierzu erhalten hat.
Die
Skizze von Hans-Eberhard v. Besser
Spärlich flimmerte die Sonne über den Wipfeln der Bäume, die der lose Wind schon geplündert hatte. Raschelnd tanzte das bunte Laub über die Wege der Parkanlagen. Gärtnerburschen waren dabei, die Beete zuzudecken.
Langsam Minderte der alte Rüdiger den vom Laub wie mit bunten Tupfen bestreuten Weg herauf, gewohnheitsmäßig bog er ein, nahm die Richtung auf die Bank zu, auf der er die Vormittagsstunden zu verbringen pflegte.
Gleichmäßig klang das Aufschlagen der Stock» zwinge in den Schritt des alten Mannes, der mit nachdenklichen Augen dahinging. Nun war er an seiner Bank angelangt, die der warme Glanz der Herbstsonne umgoldete. Da stutzte er, seine Stirn zog sich in Falten. Seine Bank war besetzt — ssine Bank, die Bank, auf der er seit Jahren saß, und noch dazu von Kindern besetzt. Der Alte zögerte sekundenlang, als überlege er, ob er nicht doch eine andere Bank — doch nein, er war ein Mann der Ordnung, der Regelmäßigkeit, ein Mann von Grundsätzen, dies war seine Bank.
Ein wenig verdrossen nahm er Platz, wie es feine Art war. Vorsichtig ließ er sich nieder, die Rechte auf den Stock zwischen den Knien gestützt, etwas kurzatmig wartete er, bis das alberne Herz, das von dem bißchen Weg immer vernehmbar in Erregung geriet, sich beruhigte. Dann legte er den Stock sorgsam neben sich, langte die Brille heraus und putzte sie umständlich mit dem Taschentuch. >
Fast ärgerlich sah er dabei auf die kleinen Störenfriede, die es wagten, auf feiner Bank zu fitze». Zwei winzige Wichte in blauroten gestrickten Anzügen . . . Nun, solange sie sich ruhig verhielten, mochten sie bleiben, sonst würde er sie auf den Trab bringen.
Der alte Rüdiger setzte umständlich die Brille auf; noch einmal warf er einen nachdenklichen i Blick auf die im Glanze der letzten Sonne lie- ! genden Anlagen, auf das über die Wege huschende, vom Winde spielerisch mitgenommene Laub, dann entfaltete er die Zeitung und sing an zu lesen . . .
Da begann es neben ihm unruhig zu werden, die Bengel rissen einander die Mützen vom Kopf, sie lachten, doch im Nu wurde es ernst, eine regelrechte Prügelei kam in Gang. Warum, wieso, wer wußte es?
Der alte Rüdiger ließ das Blatt sinken und schielte über seine Brille. „Wollt Ihr Euch wohl vertragen, was fällt Euch denn ein?"
„Mein Bruder reißt mir dauernd die Mütze herunter", erklärte der eine wütend, und schon wieder war das Gefecht im Gange. >
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Mutter u.kmd
Rüdiger legte die Zeitung neben sich und ergriff seinen dicken Stock; gefährlich fuchtelte er damit in der Luft herum. „Wenn Ihr Euch nicht anständig benehmen könnt, macht, daß ihr fortkommt!"
Tie Buben sahen verdutzt auf den grimmigen Alten, und der Rotbemützte zog es vor, das Weite zu suchen. Der andere aber musterte den alten Rüdiger zuerst noch einmal nachdenklich und meinte im Fortgehen trocken: „Sie haben sich doch auch mal mit Ihrem Bruder rumgehauen, das ist doch nicht schlimm, oder?"
Der Alte sah den Wicht mit einem Blick an, der diesen jäh zum Kehrtmachen veranlaßte, schleunigst fegte er seinem Bruder nach!
Starr schaute Rüdiger den Weg hinunter, in der Ferne verschwanden die blauroten Farben der Strickanzüge. Unbeweglich saß der Alte da, die Zeitung glitt auf den Boden, er merkte es nicht. Irgendwo da tief drinnen in der Brust war etwas wach geworden, Knabenworte, harmlose, unbedachte Worte hatten ihn getroffen, tief getroffen. Der alte Rüdiger fuhr sich über die Stirn. Hatte er sich immer mit seinem Bruder vertragen?
Er sah auf den Platz neben sich, dort hatten die beiden gesessen; so hatte es damals, vor langer, langer Zeit angefangen, der Bruder . . .
Wolken schoben sich vor die Sonne, grau und schwer, und des Herbstes große Traurigkeit lag über dem stillen Park. Der alte Rüdiger saß unbeweglich; er sah in das verklingende Leben ringsum und dachte an das Los alles Seins — das Vergehen. Und Plötzlich erhob er sich mit einem Ruck, er raffte die Zeitung zusammen» er packte den Stock, eilig ging er davon . . .
Der Bruder war gerade wieder mit seinem Schiff aus Amerika zurück, der Bruder, der alte Seebär, den er solange nicht gesehen. Nie hatten sie sich wie Brüder verstanden, weit auseinander waren ihre Lebenslinien gelaufen und nun -
Der alte Rüdiger saß an seinem Schreibtisch, hastig glitt die Feder über das Papier, er schrieb an den Bruder, er lud ihn ein. Durch das offene Fenster kam der Duft welken Landes, tönte fernes Kinderlachen. Ruhig schrieb der Alte. Nun — es war noch nicht zu spät.
Kalis brottie
von Laronln Margarete von Lass
241 (Nachdruck verdaten.)
„Auf wen warten Sie hier?"
„Ich fuhr eine Dame und einen Herrn hierher, auf die ich warten sollte. Die Dame ist die, die man überfallen hat."
„Sie wissen?"
„Ja, ich war im Hause, wo ich sie liegen sah."
„Sahen Sie nicht den Herrn, der mit ihr war, aus dem Hause herauskommen?"
„Nein, ich mutzte lange warten, ich war wohl auf meinem Sitz ein wenig eingenickt."
„So. — Warten Sie einen Augenblick, wir werden 'gleich beide zum Polizeirevier fahren, wo Sie Ihre Aussagen machen müssen."
Er ging ins Haus und kam überraschend schnell zurück. Während er sich neben den Fahrer setzte, nannte er dem Chauffeur die Adresse des Polizeireviers. Wenige Minuten später stand er vor dem Reviervorstand, um auf feine Fragen zu antworten...
Durch den taghell erleuchteten großen Saal des Dupröschen Hauses flutete fröhliches Leben. Der Höhepunkt des Festes war erreicht. Man bewegte sich auf leichter fröhlicher Oberfläche. Nach leiser, prickelnder Musik bewegten sich die Paare in rhythmischem Tanzschritt. Frauen fühlten die bewundernden Blicke der Männer aus ihrer Haut brennen — fühlten, datz ihr Blut aufrauschle und gaben sich trunken vor Freude dem Tanze hin. Und -aus dieser Hingebung an Lust und Freude ritz sie das Plötzliche Verstummen der Musik. Der Diener des Hauses hatte im Aufträge seines Herrn, den Befehl dazu gegeben. Was war geschehen. Dnprss hatten unbemerkt den Saal verlassen. Man bestürmte den Diener mit Fragen, der mit todblassem Gesicht ihnen von dem Unglück Mitteilung machte, das so jäh über das Haus seiner Herrschaft her- singebrochen war. Seine Mitteilung wirkte auf jeden einzelnen von ihnen erschütternd. Alle kannten Lilli, alle hatten sie gern. Das furchtbare Unglück, von dem diese zarte, feine Frau betroffen, lietz alle erschauern. Alle befanden sich wie in einer plötzlichen Erstarrung. Schweigend verließen die Gäste das Haus.
Die Morgenblätter des nächsten Tages brachten spaltenlange Berichte über den Raubüberfall in der Most
ender Villa. In Scharen strömten Neugierige von Berlin nach Westens, um das unheimliche Haus zu sehen. Es waren unter diesen Leute, die sich des Mordes an dem damaligen Besitzer des Hauses erinnerten, man frischte diese Erinerung auf. Der alte Jochen Grothe war ein Mensch gewesen, den man nicht so leicht vergaß. Er hatte von seinem Reichtum immer mit vollen .Händen den Armen gegeben, während er für sich selbst völlig anspruchslos gelebt hatte. Er hätte sich Dienerschaft Hallen können, hatte es aber vorgezogen, allein und schutzlos mit seiner alten Wirtschafterin in dem einsam gelegenen Hause zu leben. Nie würde es herauskommcn, wer diesen alten Herrn erschlagen hatte. Wenn man es in zehn Jahren nicht her- ansgebracht hatte, dann nie, das stand fest. Stimmen schwirrten durcheinander. Es gab Meinungsverschiedenheiten. Einige wollten von ähnlichen Fällen wissen, die erst nach einem halben Menschenalter ihre Sühne gefunden hatten.
Da spielte dann gewöhnlich der Zufall eine ganz merkwürdige Rolle. Wenn man diesen Sachen nachging, erkannte man erstaunlicherweise, wie die Wahrheit sich doch allmählich ans Licht ringt. Aber das Verbrechen an Jochem Grothe würde wohl nie gesühnt werden, behaupteten einige. Nun, man mußte cs abwarten. Gut, daß es hierin diesem zweiten Fall klar war, wer den Ueberfall begangen hatte. Der Täter hatte sich, gleich nachdem das Furchtbare geschehen, in seiner Wohnung erschießen wollen. Das war doch ein Beweis dafür, daß er über seine Tai, die gewiß im Affekt geschehen war, verzweifelt war. Er konnte sie ja nun auch nicht leugnen, wollte es gewiß auch gar nicht, da er ja wohl selbst danach verlangte, die Tat zu sühnen. Auch er war beklagenswert. Jeder arme Sünder, der zu Fall kam, war es.
Es gab aber auch andere Meinungen über diesen Fall. Ein abgefeimter Verbrecher mußte es sein, der sein Opfer unter irgendeinem Vorwand ins Haus gelockt halte, um es zu berauben und zu erwürgen. Es fehlte noch gerade, daß man so einen noch bedauerte. Wie ein Wunder war es, daß die Frau am Leben geblieben war. AVer was hatte sie noch von ihrem Leben! Es war zerstört.
Lilli Grothes Geist hatte sich umnachtet. Man halte sie sofort in eine Heilanstalt überführen müssen. Das war am Ende schlimmer als der Tod. Das Drama, das sich in dem unheimlichen Haus abgespielt, konnte nur durch die schwerste Bestrafung des Täters gesühnt werden.
Das unheimliche Haus stand jetzt vereinsamt in dem öden Garten. Die alten knorrigen Bäume, die es um
standen, reckten ihr kahles Geäst wie drohende Arme zu ihm empor. Der Wind umstrich es allabendlich mit seinen wehmütigen Klageliedern, die nun niemand hörte. Das Haus war menschenleer. Oskar Grothe war zu Duprss gezogen, wo auch Jetkchen und Klara waren. Jettchen war nach dem furchtbaren Geschehnis völlig zusammengebrochen. Sie hatte mit keinem einzigen Wort geklagt, sie hatte es nicht versucht, Doktor Grothe ein Wort des Trostes zu sagen. Sie ging auch nicht in die Heilanstalt, um Lilli zu sehen.
„Es wäre ihr zu schmerzlich", hatte sie zu Grothe gesagt. Wie ein zu Tode verwundetes Tier, das einen Winkel sucht, in dem es verenden kann, hatte sie sich zurückgezogen.
Vom Reeder Schimeck war die Antwort auf Oskars Brief gekommen. Es war tatsächlich so, wie Lilli vermutet hatte. Der Adoptivsohn Schimecks war Henriette Schützeles Sohn.
Für Oskar war das bedeutungslos. Wie unwichtig das alles in diesem Augenblick war! Er sprach nicht einmal mit Jettchen darüber, die krank und bettlägerig war. Wenn Lüge eine Last war. so sollte sie diese Last schleppen wie er die seine schleppte, die ihn fast zu Boden drückte.
Referendar Hans Loth war wenige Stunden nach Entdeckung der Tai verhaftet worden. Er war dringend verdächtig, die Gattin seines Vetters Doktor Oskar Grothe üherfallen zu haben. Erhärtet wurde der Verdacht noch dadurch, daß Loth kurz vor seiner Verhaftung den Versuch gemacht halte, sich das Leben zu nehmen. Er hatte sich eine Kugel in die Brust geschossen, die das Herz, das sie treffen sollte, nur gestreift hatte. Sie hatte ihn aber doch für Wochen niedergestreckt. Sein Zustand war recht bedenklich. Man erwartete von dem Kranken, der dem Tode so nahe zu sein schien, ein Geständnis. Aber entweder leugnete er entschieden oder er schwieg hartnäckig. Von einem Geständnis war keine Rede.
Hans Loths Mutter betete: „Allmächtiger Vater, Hab' Erbarmen mit meinem Sohne, nimm ihn zu dir!" So groß war ihre Not, datz sie keine andere Hilfe sah, als den Tod. Er allein konnte einen Menschen erlösen, der so unsagbar große Schuld auf sich geladen hatte.
„Man darf nicht verzweifeln". — sagte Eva — „wir beide, Mutter, du und ich müssen stark bleiben, um Hans helfen zu können."
(Fortsetzung folgt.)