Juli 1937
Nr. ISS
Dienstag, 13. Juli 1937
111. Jahrgang
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Moskaus Plane
im Lernen Osten
Der von den Sowjets provozierte Streitfall auf dem Amur-Strom, der noch in zwölfter Stunde beigelegt wurde, hätte im Fernen Osten leichter der Anstoß zu kriegerischen Auseinandersetzungen von unübersehbaren Folgen werden können, als man es in der politischen Weltmeinung allgemein wahrhaben will. Erst die energischen Vorstellungen des japanischen Botschafters bei Litwinow-Finkelstein und nicht zuletzt der Einsatz eines ausländischen Diplomaten in Moskau haben diese Gefahr noch einmal ad- gewandt. Dennoch sprechen alle Anzeichen dafür, daß die Gefahr eines Krieges, die dem Fernen Osten von der Sowjetunion aus droht, unvermindert weiterbesteht.
Der sowjetisch-japanische Grenzzwischenfall auf dem Amur-Strom, auf dem die Sowjets sich unrechtmäßig in den Besitz von strategisch bedeutsamen Inseln gesetzt hatten, hat erneut und sehr eindrucksvoll den Provokatorischen Charakter und die aggressiven Pläne der Noten Armee im Fernen Osten bewiesen. Wenn Herr Litwinow-Finkelstein sich auch bereit fand, Weisung zu erteilen, die besetzt gehaltenen Inseln auf dem Amur-Strom wieder freizugeben, so spricht dies nur dafür, daß Moskau wegen der allgemeinen Politischen Unsicherheit und aus innerpolitischen Erwägungen den Augenblick nicht für günstig erachtete, um das Land in einen Krieg zu stürzen. Der Rückzug Litwinow-Finkel- steins kann also nur von der taktischen Seite aus gewertet werden, er ändert aber nichts an der aggressiven Politik der Sowjetunion gegenüber Japan.
Die psychologische Vorbereitung zu einem Krieg mit Japan betreiben die Sowjets bereits seit langer Zeit. Aber erst seitdem Japan mit dem gehaßten »faschistischen" Deutschland einen Freundschaftspakt zum Zweck des gemeinsamen Abwehrkampses gegen die kommunistische Weltgefahr schloß, haben die Sowjets gegen Japan eine Hetze von so augenscheinlicher Systematik entfacht, daß sie nur im Zusammenhang mit den politischen Zielen Moskaus im Fernen Osten verständlich wird.
Es ist bekannt, daß der Krieg mit Japan schon zu den Lieblingsplänen des erschossenen ehemaligen Sowjetmarschalls Tucha- tschewski gehörte. Tuchatschewski, der zwar sein eigenes baldiges Ende nicht voraussah, glaubte aber voraussehen zu können, daß die Sowjetunion schon nach zwei Monaten siegreich aus einem Krieg mit Japan herausgehen würde. Die weitere Behandlung dieses Planes Tuchatschewskis bleibt nun seinem „Richter", dem General Blücher Vorbehalten, der die Sowjetarmee im Fernen Osten befehligt.
Der Moskauer Berichterstatter der schwedischen „Stockholms - Tidningen" machte kürzlich sehr interessante Angaben über die wahren Sowjetpläne im Fernen Osten. Seine Ausführungen sind für die Beurteilung der sowjetischen Japanpolitik insosern von besonderem Wert, als hier ein Kenner der Verhältnisse zu Wort kommt, der sein Wissen nicht aus den filtrierten Quellen schöpfte, die in der Sowjetunion den Journalisten sonst im allgemeinen zur Verfügung stehen.
Der Verfasser stellt an den Ausgang seiner Ausführungen die Verleihung der höchsten Sowjetauszeichnung, des Leninordens, an die „Helden der Sowjetunion für mustergültige Ausführung von Spezialaufträgen", die, wie der Verfasser in Erfahrung brachte, in der Mehrzahl dem Stabe des Marschalls Blücher angehörten und die für die Verstärkung der sowjetischen Grenze im Fernen Osten belohnt wurden. Hieraus schließt der Verfasser, daß Stalin den strategischen Schwerpunkt an die fernöstliche Grenze der Sowjetunion legt, zumal es dem Berichterstatter gelang, eine Geheimansprache des Kriegskommissars Woro- schilow zu Horen, in der dieser wörtlich erklärt hatte, daß während der letzten Jahre sich die Zentralexekutive ununterbro- chenmitdeinFernenOstenbeschäf- tigte und sich noch beschäftigt. Er erklärte
weiter, daß die geplanten Befestigungen an der Grenze beendet seien und es dem Feinde nicht mehr möglich machten, in die Sowjetunion ein- zudringen. Der Verfasser ist der Ansicht, daß die Kriegsvorbereitungen der Sowjetunion vorwiegend Japan gelten, und daß dieser Krieg näher sei, als es die Welt glaubt. Eine Ansicht, die er während einer Unterredung mit einem sowjetischen Divisionschef durch diesen bestätigt fand. Dieser Divisionschef, der vom Fernen Osten nach Moskau zurückgekehrt war, hatte erklärt, daß der ganze Aufbau der Sowjetunion hinausgeschoben sei, weil man sich ausschließlich für den kommenden Krieg voröereite. Alle wären froh, den Krieg schon hintersichzuhaben.daderZustand derErwartungdieses Kriegesun- crträglich sei. Während einer Versammlung der nach Moskau berufenen Kommandeure hätten diese einstimmig erklärt, daßdie Rote Armee zueinem Krieg bereit sei. Sodann habe der Kriegskommissar Woro- schilow das Wort ergriffen und den Kommandeuren die Weisung erteilt, eine heftige Kriegspropaganda einzuleiten. Gleichzeitig damit sollte eine verstärkte Agi- ration gegen alle Ausländer ein- setzen. — Wir wissen, daß die kürzlich in der Sowjetunion herausgegebene Parole, mit Ausländern keinen Umgang zu pflegen, mit der Gefahr der Trotzkistischen Spionage begründet wurde.
Wie der Berichterstatter der schwedischen Zeitung weiter aussührt, seien in den letzten drei Monaten sämtliche finanziellen und materiellen Kräfte der Sowjetunion aus die Neugestaltung der Noten Armee konzentriert
worden. Tie denkbar größten Lasten würden der Zivilbevölkerung auferlegt. Abgesehen von den direkten Steuern, die etwa 12,5 v. H. des Reineinkommens der Bevölkerung verschluckten, würden den Staatsangehörigen auch indirekte Lasten auferlegt, so daß die Bevölkerung etwa 25 v. H. der Einkommen für militärische Zwecke abgeben müßte. Der Staat hätte etwa 40 v. H. seiner Einkünfte der Roten Armee zur Verfügung gestellt und innerhalb der vergangenen drei Jahre ungefähr 30 Milliarden Rubel (etwa 1 Milliarde Pfund Sterling) für die Armee aus- gegeben.
Das Ausmaß und Tempo der sowjetischen Aufrüstung dürste auch Japan kaum unbekannt sein, und schwerlich wird sich Japan von den bekannten sowjetischen Friedensbeteuerungen und Lobhymnen auf die kollektive Sicherheit einlullen lassen, die dann immer häufiger und heftiger werden, je weiter diese Aufrüstung fortschreitet. Der Zwischenfall auf dem Ämur-Strom hat gezeigt, daß Japan nicht die leiseste Herausforderung durch die Sowjets unbeantwortet hinzunehmen gewillt ist und mit den weltrevolutionären Plänen der Roten Armee wohl vertraut ist.
Wie Japan die kommunistische Gefahr im Inneren seines Landes erkannt und gründlich beseitigt hat, so wird Japan auch die kommunistische Gefahr von außen her zu erkennen vermögen und ihr zu begegnen wissen.
Japans feste und unnachgiebige Haltung im Amur-Zwischenfall aber hat bewiesen, daß die japanische Staatsführung nicht daran zweifelt, diese Gefahr siegreich zu überwin- den. v. ^Vr. ,
Arabische MMmchma SM Loa-aa
Wachsender Widerstand gegen den Teilungsplan — Deutsche Siedler im Zudeuftaat
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e§. London, 13. Juli.
Der Kampf der Araber gegen die Aufteilung Palästinas nimmt von Tag zu Tag schärfere Formen an. Nashashibi, der Führer der arabischen Splittergruppe lehnte in einem Aufruf den britischen Plan ab und forderte seine Anhänger zur Ruhe aus. Gleichzeitig wurden zwischen ihm und dem vom Mufti von Jerusalem geleiteten Zentralausschuß Verhandlungen ausgenommen mit dem Ziel, sich wiederum zu vereinigen und gemeinsam die arabische Sache zu vertreten.
Diese wachsende Widerstandsbewegung der Araber hat nun eine sich ernsthaft b eunruhigende Zusp itzung durch die Unterstützung von seiten anderer islamitischer Staaten erfahren. So übermittelte der a^rabische Ministerpräsident Hik- met Beh Sulei man dem arabischen Zentralkomitee eine Botschaft, in der er die britischen Vorschläge in schärfster Weise ablehnte und die Araber Palästinas seiner Sympathie versicherte. Das „AegyPtische P a l ästina - Verteidrgungs ° Komitee" bezeichnete in einer Kundgebung die Schaffung eines jüdischen Staates als eine Gefahr für die Sicherheit Aegyptens und aller arabischen Schwesterstaaten. Palästina sei gegenwärtig das wichtigste Problem des Islams. Jeder Mohammedaner habe daher die Pflicht, sich für seine Verteidigung einzusetzen. Unter Ablehnung sämtlicher britischer Vorschläge müsse die völlige Sicherheit der Araber Palästinas gefordert und die jüdische Einwanderung unterbunden werden. Die Juden könnten nur als Minderheit be t ra ch t e t werden.
In ziemlichem Gegensatz hierzu steht die Kompromißbereitschaft des Emirs Abdullah von Transjordanien, der in diesen Tagen von dem britischen Oberkommissar für Palästina aus naheliegenden Gründen besucht wurde, und der als Hauptkandidat für einen etwaigen neuen ägyptischen Königsthron gilt. Emir Abdullah erklärte einem Vertreter des „Daily Telegraph". daß er zwar über die Aufteilung Palästinas enttäuscht sei, die Araber jedoch unter den augenblicklichen Zuständen zur Nachgiebigkeit verpflichtet seien, falls man
vor-
Ein-
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an diesem Plan einige „Berichtigungen" nehme. Hierzu rechnet der Emir die beziehung des Jaffa-Korridors in das bische Gebiet, obwohl er hierbei England gewisse Mandatsrechte einräumen will. Außerdem wünscht er Garantien für die Sicherung der moralischen, kulturellen und religiösen Rechte der 300 000 Araber, die bei der Teilung unter jüdische Herrschaft kämen. Schließlich bemängelt er, daß man einige jüdische Siedlungen innerhalb des arabischen Gebietes der Oberhoheit der Araber entziehen wolle.
Nach dem britischen Teilungsplan würden die deutschen Siedlungen in Palästina säst aus- nahm S los unter jüdische Herrschaft fallen. Auffallend ist dabei die Tatsache, daß die Kommissionsvorschläge irgendeinen Minderheitenschutz für die deutschen Siedler überhaupt nickt erwähnen. Tie Vorsteher der
deutschen Palästina - Gemeinden trafen sich gestern im deutschen Konsulat in Jerusalem, um über ihre Lage und zu unternehmend» Schritte zu beraten.
Aber die Kontrolle bleibe, erklärt ma« i» Paris — Am Freitag englischer Bericht
!X Paris, 12. Juli.
Gestern wurde an zuständiger französischer Stelle erklärt, daß die Erleichterungen für die internationalen Kontrolleure an der Pyrenäengrenze ab heute Dienstag wegfallen, die Grenze jedoch weiterhin geschlossen bleibe. Botschafter Cork» in hat den Vorsitzenden des Nichteinmischungsausschusses davon in Kenntnis gesetzt.
Gegen die vom Pariser „Temps" geradezu offiziös vertretene Behauptung, daß die Aushebung der Pyrenäen-Kontrosie einen Prä- zendenzfall in der Aufhebung der Kontrolle an der portugiesischen Landgrenze besäße, wendet sich die portugiesische Presse äußerst scharf mit dem Argument, daß in Portugal nicht Kontrolleure, sondern nur britische Be- obachter tätig waren, die ganz andere Ausgaben hatten.
Ter britische Außenminister Eden ist am Montag wieder aus Frankreich nach London zurückgekehrt. Im Unterhaus erklärte er, daß der Nichteinmischungsausschuß bereits verständigt sei, daß der britische Vertreter am Freitag auf jeden Fall Bericht über die Bemühungen der britischen Negierung zur Bereinigung der Lage erstatten werde. In der italienischen Presse wird die Haltung Frankreichs als das größte Hindernis für die britische Vermittlungsaktion bezeichnet. Der französische Beschluß bedeutet, so wird erklärt, nicht nur die Abschaffung der inter- nationalen Kontrolle, sondern zugleich auch die Bekräftigung der französischen Einmischungspolitik durch daS Kabinett Chautemps.
Kreuzworträtsel - auch verdächtig!
Ligenderiedtcker 148,Presse °-o§. London, 12. Juli
„Daily Expreß" veröffentlicht den Brief einer Engländerin, die die „Segnungen" des Sowjetparadieses kennen lernen wollte. Schon an der Grenze Räterußlands wurde sie von GPU.-Beamten eingehend untersucht und dabei die Kreuzworträtselseite einer englischer Zeitschrift beschlagnahmt, die man „ganz bestimmt als Spionage- material" betrachtete. Erst durch das Eingreifen der britischen Botschaft in Moskau konnte die Engländerin ihre Kreuzworträtsel wieder erhalten; sie wurde aber in Sowjetrußland auf Schritt und Tritt von GPU.-Beamten überwacht, so daß sie es vor* Loa. schleunigst nach England zurückzukehren.
der AllMuder w China
Japaner und Chinesen holen Berstärkunge« herbei X London. 12. Juli.
Nach Meldungen der Londoner Mittagsblätter treffen die britischen und anderen ausländischen Vertretungen in China mit Rücksicht auf die immer kritischer werdenden japanisch-chinesischen Zusammenstöße an der Marco - Polo - Brücke bei Peiping Vorsichtsmaßnahmen zum Schutze der ausländischen Konzessionen. Eine britische Infanteriekompanie wurde in Tientsin zurückbe- halten.
Indessen rücken sowohl für die Japaner wie auch für die Chinesen Verstärkun- gen heran. Der Sprecher des japanischen Außenamtes betonte ausdrücklich, daß die Verhandlungen in Nordchina nur militärischen Inhalt haben. Die japanischen Verstärkungen der Nord-Chiria-Garnisonen können den örtlichen Charakter der Verhandlungen nicht ändern. Ein Einmarsch chinesischer Truppen in das Hopei-Tschachargebiet würde die Verletzung der Abmachungen vom 25. Mai 1935 bedeuten. Die Verhandlungen können aber auch bei günstigem Ausgang die Ver-
Eden über die Lage im Fernost
ftärkung der Nord - China - Garnison nicht mehr rückgängig machen.
Peiping soll sehr stark von chinesischen Truppen besetzt sein, die fortwährend von Süden her Zuzug erhalten. Die Vorposten der Honan-Armee sollen nach Mitteilungen des japanischen Kriegsministeriums bereits im Gefecht mit japanischen Truppen stehen.
Im Unterhaus erklärte der britische Außenminister Eden, daß seit 1901 Japan und andere ausländische Mächte zur Stationierung von Truppen an gewissen Punkten Nord-Chinas berechtigt find.
Der Außenminister der Vereinigten Staa- ten. Hüll, erklärte in der Pressekonferenz am Montag auf die Frage, ob schon eine Entscheidung über die Anwendung der amerikanischen Neutralitätsgesetzgebung auf die neuen Feindseligkeiten zwischen China und Japan gefallen sei, daß dies von der wer- teren Entwicklung abhänge, die er zur Zeck noch nicht übersehen könne. Anschli.ßend hatte Hüll eine längere Besprechung mil dem japanischen Botschafter Saito.