Nr. 134
Nagoldcr Tagblatt »Der Ecsellschaster
Freitaq. den 12. Juni IM:
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-Dasstruge DeutsHland
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JugenS käkrt übers l.anä
Deutsche Jugend fährt durch deutsches Land. Durch die grünenden Wiesen und Wälder, durch die lachenden Gärten des Frühlings.
-Immer ist es schon so gewesen, daß es die Jungen um die Zeit der Pfingsten hinaus- .gerufen hat in die Landschaft, weg von allem Einengenden und Bedrückendem der Städte, weg von dem Alltag des Dorfes. Aber noch nie war dann ein Pfingsten wie dieses Jahr. Aus allen Wegen und Stegen waren sie zu finden, die braunen und schwarz-weißen Scharen der Jugend, die Jungen- und die Mädelschaften des neuen Reiches. Mancher. der im sicheren Auto saß und die Radfahrer- und Wanderkolonnen überholte, wird sich überlegt haben, warum diese Jungen und Mädel auch auf ihren Fahrten die Uniform tragen.
Und wenn er dann weitergefahren ist und immer neuen Scharen und Gruppen begegnet ist. alle im selben Kleid, alle mit den gleichen lachenden Gesichtern, dann hat er wohl von selbst die Antwort gefunden: Da ist eine Jugend auf Fahrt, die nichts weiß von Zerrissenheit in tausend Verbänden, die Kampf angesagt hat aller Uneinigkeit, allem tötenden Einzelgängertum. Diese Jugend geht an Pfingsten aus Fahrt, um gemeinsam ihre Heimat zu erleben. Sie holt sich dort ihre Kräfte, wo sie ihr am reinsten geschenkt werden. Sie sitzt singend am Buchenrain, sie legt sich ins Gras, vergißt alle Welt um sich und folgt dem Zug der Wolken. Sie ist ganz Ruhe und Atemholen. Aber sie befindet sich nicht auf der Flucht vor dem Alltag. Sie drängt es darnach, zurückzukehren in die Unstetigkeit und Unerbittlichkeit des täglichen Lebens, sie will eine ganze Leistung vollbringen.
Es war im Jahre 1932. Damals waren wir Jungen auch auf Fahrt. An unseren Fahrrädern flatterten die kleinen Hakenkreuzwimpel. in unseren Herzen läuteten die Glocken das Lied von einem deutschen Pfingsten der Zukunft, von einem Pfingsten, an dem es wieder ein einiges Deutschland gab. Wir fuhren am Rhein entlang. Auf einer neu erklommenen Höhe sahen wir vor uns inmitten des Stromes ein schlankes Schiff. Mit der Flagge schwarzweißrot. Und mit einem Schlage stand uns wieder die Not des Reiches vor Augen, wo sich Bruder gegen Bruder erhob, wo Feigheit und Gemeinheit und Dummheit und Schwachheit ihre Orgien feierten. Wir freuten uns an der Fahne des alten Reiches. Dann überholte uns ein Lastauto. Dicht besetzt mit Grün-Uniformierten. Eine rote Fahne mit drei abwärtsweisenden Pfeilen: Reichsbannerleute. Auch sie sahen das Schiff mit der deutschen Fahne. Und dann erscholl Plötzlich der Nus der gesamten Mannschaft des Autos hinüber zum Schiff, während sie die Fäuste erhoben: Freiheit!
Damals haben wir an unseren Führer gedacht. Damals schon haben wir uns ge-! schworen, ihm die Treue zu halten in seinem Kamps um das Reich.
Wir fuhren in den nächsten Tagen die Bergstraße entlang. Zuerst einige Dörfer, da hing vom Rathaus herab die rote Pfeilchen- sahne. Und dann kam unsere große Freude, als wir Ortschaft nach Ortschaft durchfuhren, an deren Eingang schon uns die Hakenkreuzsahne vom Mast begrüßte.
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Im unteren Neckartal, dort, wo sich der Fluß durch den Odenwald bricht, da waren wieder jene Fahnen mit den drei Pfeilchen. Und dann jene Ortschaft, ich glaube. Eberbach war es, wo sich eine Anzahl Jungen von 6 bis 14 Jahren auf der Straße tummelten und wie sie uns anfahren sahen, ein Spalier bildeten, und mit erhobenen Armen uns den Hitlergruß gaben. So erlebten wir damals Pfingsten.
Die Zelte sind gebaut, der Lagerplatz beinah hergerichtet. Eben soll der Platz mit einem Seil umspannt werden. Da spürt man plötzlich so etwas Feuchtes auf der Nase. Zuerst meint man, ein Vogel . . . Aber da dieses feuchte Kitzeln sich wiederholt, wird es uns klar: sc schnell kann kein Vogel. . . Bald gibt es keinen Zweifel mehr: Es tröpfelt tatsächlich mitten in unser Lager herein. Unerhört! Schon bricht der ganze Himmel in ein entsetzliches Weinen aus. Seine Tränen prasseln immer stärker auf uns nieder, so daß der Gefolgschaftsführer befiehlt:
„Alles in die Zelte!"
Und nun fällt und stolpert alles durcheinander in die Zelte hinein. Im Zelt legt der Karle den Finger an die Nase und bemerkt tiefsinnig: „Himmelarschnndwolkenbruch!" ja der Karle ist ein Philosoph. —
Doch der Fritz und der Hannes sind ganz schlau: „Mir Heu doch net umsonst Badhos mit- gnornme!" Damit haben sie schon die Uniform ausgezogen und arbeiten trotz Wolkenbruch am Spannen des Seils weiter. Als dann der Guß
Wißt ihr noch, damals, wo von allen Ecken und Anschlagbrettern ein Plakat leuchtete mit der Aufschrift: Rote Pfingsten in Berlin!
Wir Jungen haben damals die Antwort gegeben auf alle Pfingstausrufe nach Berlin. So wie wir im Oktober 1932 in Potsdam aufmarschierten zu jenem glühenden Bekenntnis der jungen Generation, das dem Führer neue Kraft und neuen Glauben gab, so haben wir auch diese Pfingsten erlebt, gemeinsam und in Uniform: Wir wollen treu sein diesem Lande und seinem Führer.
vorragcnden Speisen her. Fragt man ihn dann ganz im Vertrauen, unter Anwendung einiger seiner hohen Titel, auf welchem Trick seine exakt, pikfeine, weithin berühmte und gewählte Art der Zubereitung beruhe, so erklärt er mit weiser Miene, daß er, wenn die Speise nicht das richtige würzige Aroma bekomme, immer etwas Erde oder Sand unter die Speise rühre
Me „Schlafwagengesellschaft"
Und dann das Pennen, das ist auch eine Sache. (Für Leute, die nicht in den heiligen Koran des Lagerlebens eingeweiht sind, heißt das: Schlafen.) Da liegt man zu achtzehnt in einem Zwölferzelt. Natürlich kann man da nicht mehr wohlausgerichtet und bequem nebeneinander liegen, nein, da liegt man schön anfeinandergeschichtet, zumindest die Füße übereinander. Die Folge davon ist, daß es in der Nacht, da es einen, laut Fahrtengesetz, etwas frieren sollte, es einem rein unmöglich ist, zu frieren. Macht einer eine Bewegung, so muß die ganze „Schlafwagengesellschaft" die gleiche Bewegung machen.
Oer Appetit eolspriekl >1en iioctilöptvo
krmge kkolos von unserer kkingsILsbrt
Motto: „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten!"' (Aber ja nicht weitersingen, denn die Fortsetzung stimmt ganz und gar nicht.)
Auftakt: Ja, wahrhaftig, einmal wird alles Wirklichkeit! Einmal wird es auch Pfingstsamstag nachmittag 3 Uhr. Ganz deutlich bimmelt die Glocke dreimal. — Unten an der Ecke wird es lebhaft. Aus allen Straßen walzen sie heran, schwerbepackt: in der rechten Hand einen Lederkoffer, in der linken eine Pappschachtel und einen handfesten Regenschirm, auf dem Rücken einen fetten Rucksack, und natürlich, der Tirolerhnt mit der entzückenden Hühnerfeder fehlt auch nicht! —- Doch, halt! Verzeihung! Das ist ja nur ein einzelner, der an uns vorbeigeht, den will ich doch nicht beschreiben. — Nichtig! Ich meine die vielen Hitlerjungen: schwerbepackt kommen sie daher, alle mit einem Affen (Tornister für die Ungebildeten!), den Teppich und die Zeltbahn ganz vorschriftsmäßig drum herumgelegt. „Ha, do guck na, Frieder! Sogar dei'Zeltbahn sitzt heust amok richtig." „Sell will i moina! Mir hat au
Me wahre Ehrliebe ist die Quelle aller heldenmütigen Handlungen und aller nutzbaren Unternehmungen, die auf der Welk geschehen.
brsiderr vom 8tei:i.
mei Großmutter helfe wickla miaßa." „Warum hosch no dei Großmutter überhaupt net mitg'nomma, wenn de des no net amol allei kannscht?" „Ha, weil mer se sonst immer mit dir verwechselt hättü"
Jetzt kommt der Paule angestürmt. Auf seinem Affen „gautscht" der nagelneue, riesengroße Fahrtenpott auf und ab. Mit entzücktem Ah und Oh wird er empfangen. „Du. Eugen, glaubsch, daß regnet?" „Ja. wahrscheinlich." „Ja, was mache mer no, wenn's im Lager tröpfelt?" „Mer sitzet ins Zelt."' „Wenn dös aber durchläßt?" „Balla! Des tusts net, und wenn's dät, no sitze mer halt alle unterm Paule sein Fahrtetopf!"
Der kleine Fips ist von hinten nicht mehr zu erkennen. Er trägt einen solch gewaltigen Affen, daß der Kopf ganz und gär verdeckt ist. Manche behaupten auch, der Affe habe hinten bei ihm auf dem Boden gestreift. —
Nun sind so ziemlich alle da. — Ein Pfiff! Die ganze Gefolgschaft ist angetreten. Ein Scharführer meldet dem Gefolgschaftsführer: „Die Gefolgschaft zur Abfahrt ins Pfingst- lager 1:96 angetreten, zwei Mann krank entschuldigt, niemand unentschuldigt!"
krük am borgen
Alles Pennt noch in der Ruhe.
Doch es geht schon sechs Uhr zu.
Ein kleiner Pimpf, der bubelt gleich.
„Paß auf, die Horde keilt dich weich!"
Rust der Führer, der pennen will.
Eine Weile ist alles still.
Mein Nebenmann erzählt im Schlafe Von Mutters Kuchen, dieser Affe.
Ein Säger störst uns in der Ruh',
Mäxle drückt ihm die Nase zu.
Nun tönt ein Fanfarenstoß,
Jetzt geht dann bald das Waschen los.
Nach ein paar Minuten steht alles im Sport,, Dann geht's im Laufschritt zum Badems. Nach einem Sprechchor spritzt man hinein, Brrr — kaltes Wasser, hundsgemein.
Endlich marschiert man halbnatz Zum Fraß ...
Der Hüetienekel drsoedl llvlr
(2 Bilder: Holtermann, Stiittaartl
zu Ende ist, die andern wieder aus den Zelten kommen und sie die Uniform wieder anziehen, da ist es erstens ihnen warm, während die andern vor Kälte schnattern wie die Wildgänse, und zweitens ist der Lagerplatz vollständig hergerichtet.
Am andern Tag haben sie dann vom Lagerzirkus einen Orden bekommen, „wegen ihrer herrlichen Unentwegtheit und wegen einem kleinen Grad von Verrücktheit!"
Ja, so wird man verkannt!
Fridolin, der Küchenchef
Doch nun bietet sich im Lager ein erhebender Anblick: Fridolin, Seine Küchenautorität, erster Küchenchef und Lagerkoch, schiebt sich langsam aus seinem Zelt, beguckt den Himmel, ob er auch wasserdicht ist, und kommt dann getrost, aber langsam wie ein Nilpferd aus dem Wasser, ans Tageslicht. Hinter ihm erscheint eine ähnliche Gestalt, nur nicht ganz so wohlgebaut, Unterkoch Nr. 1. Wieder raschelt das Stroh: Unterkoch Nr. 2. Eine kleine Pause. Dann erscheint Unterkoch Nr. 3. Als letzter und schmächtigster, aber dennoch mit freundlich rundem Gesicht, schiebt sich Unterkoch Nr. 4 hervor.
Mit feierlichen Schritten begeben sich die 5 Heiligen zu den Kochstellen. „Sind 5 Köch' net a bißle z'viel?" Da braust aber der Fridolin auf: „Bei meiner exakt, pikfeinen, weithin berühmten und gewählten Zubereitung dürften Wohl 5 Köche noch fast zu wenig sein!" Und da Fridolin wirklich eine Autorität ist, schweigt alles ergriffen und wartet, bis Fridolin seine beweisen kann.
Und wahrhaftig, Fridolin kann etwas! Mii wahrem Heißhunger fällt man über seine her-
Tas merkt aber keiner, das geschieht ganz automatisch im Schlaf. Ja, trotz allem, man Pennt ganz vortrefflich im Zelt! Macht es der Strohgernch? Auf jeden Fall, alles sägt und brummt durcheinander und merkt doch nicht, daß man es tut. Ja. ja man merkt überhaupt nichts im Schlaf. Man träumt, man sei in den Abgründen der Hölle, die finstersten Dünste umschleichen einen, und wenn man aufwacht, muß man bemerken, daß der Eugen, der keinen Schlafsack hat, im Schlaf einem feine Hinterpfoten unter die Nase hält!
Ja, das Pennen ist eine Sache für sich.
Auf Mache!
Heute am Tage lachte die Sonne vom Himmel herab — nun funkeln Sterne über uns. An allen Enden zirpen die Grillen, sonst ist Stille. Die Stille der Nacht. Sternschnuppen fallen und wir wünschen uns viel dabei... Wir sind im Dienst. Wir wachen für unsere Kameraden ... Die Kirchenuhr schlägt zwölfmal. Ein Schlag folgt dem andern; sie klingen ineinander und bringen den neuen Tag. „Kamerad, komm, wir machen noch eine Runde, dann wecken wir die nächsten!" Wir gehen die lange Reihe der Zelte entlang. Unsere Schritte sind langsam und leise. Von diesem Zelt hier hört man nur das gleichmäßige Atmen der Schlafenden. Dort ruft gerade einer im Schlaf: „Mensch, sei doch still!" Und wir außen sagen „ruhig" und meinen uns damit, weil wir ganz kurz > erschrocken sind.
Vas l.eden im Zeltlager