Leite 8 Nr. 132

Nagoldcr Tagblatt »Der GeselllchiOtcr

Mittwoch, den IN. Juni 1838

Erfolge deutscher Forschung

In der hundertjährigen Technischen Hoch­schule zu Darmstadt ist in diesen Tagen die 74 Hauptversammlung des Vereins Deut­scher Ingenieure o i.> beendet worden. In den verschiedenen Fachgruppen wurden von Ingenieuren Aufgaben für die Siche­rung der Nahrungs- und Ro^stofffreiheit des deutschen Volkes behandelt, befaßten sich die Fachleute mit der Verfahrenstechnik und ihrer Auswirkung auf Gestaltung und Her­stellung, wurden weiter behandelt Fragen

diesem neuen Erzeugnis auch noch keine große Zukunft vorausgesagt werden kann, so kann es doch auch heute schon in den ver­schiedensten Zweigen der Industrie ein­geführt werden.

Die verkannte Milch

Dr. W. Fritz aus Halle berichtete über den Stand und die Aufgaben der Werkstoff- Forschung in der Milchwirtschaft. Die Milch ist nach seinen Ausführungen nicht so harm­

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der Energiewirtschaft. Es wäre nicht nur unmöglich, eine Inhaltsangabe sämtlicher Vorträge zu geben, die in Darmstadl ge­halten wurden, die Leser unserer Zeitung hätte« auch kaum einen Nutzen davon. Da aber einige von den Ingenieuren be- Ixnidelten Fragen eines Tages auch unsere Hausfrauen interessieren werden, sei hier versucht, über einige neuen Erfolge unserer technischen Forschung zu berichten.

Wolle aus Glas

Die ungeheuren Möglichkeiten des Werk­stoffes Glas trug Professor Eitel, Berlin- Dablem, vor. Es ist heute, wie er ausführte, iu Amerika gelungen, aus Glas gewonnene W-olle in der Kabelindustrie zu verspinnen. Bereits auf der Welt-Ausstellung in Chikago IMj wurden Gespinste aus Elasfäden ge­zieltst. Die Aehnlichkeit zwischen diesen Fäden u«-d der Kunstseide, wie wir sie kennen, ist unverkennbar Sie hatten nur den Nachteil, «el zu teuer zu sein. In der letzten Zeit ist es gelungen, durch einfaches Verblasen des Glases und auch aus geschmolzener Hoch­ofenschlacke Wolle zu gewinnen, die zum Iso­lieren verwandt werden konnte Diese Wolle besitzt allerdings noch eine gewisse Sprödig­keit Die neuen Versuche ermöglichen es jetzt, bei Verspinnung unter Dampfdruck eine sehr feine Glaswolle herzustellen, bei der die Sprödigkeit beseitigt ist Wenn

los wie man schlechthin denkt. Wenn sie beispielsweise längere Zeit in den Be­arbeitungsmaschinen bleibt, ergeben sich Schädigungen, die nicht unerhebliche Ver­luste verursachen können. Umfassende For­schung macht es möglich, diese Schäden aus­zuschalten und zu verhindern, daß sich die soharmlose" Milch und Molke wiegärend Drachengift" auswirkl.

Schädlingsbekämpfung

Besondere Bedeutung hat die Technik in der Schädlingsbekämpfung. Nach dem Vor­trag von Dr.-Jng. K. Eallwitz, Karls­ruhe. sind jetzt Vorbereitungen im Gange, Len aus Frankreich anmar- ^

schierenden Kartoffelkäfer würdig" zu empfangen. So­bald von irgendeiner Ge­meinde an der Westgrenze der Kartoffelkäfer gemeldet wird, kommen die bereitgestellten Schnell-Lastwagen mit Spritz­geräten zum Einsatz. Im Vau von den dazu notwendigen Spritzen ist die Frage beson­ders wichtig, durch welchen brauchbaren Werkstoff das Messing zu ersetzen ist. Da nichtrostender Stahl zu teuer und Leichtmetall nicht ge­nügend widerstandsfähig ist,

müssen Maschinenbauer, Biologen und Chemiker Zusammenarbeiten, um Deutsch­land und sein wichtiges Nahrungserzeugnis vor allen Schäden zu bewahren. C.

Holz im Maschinenbau

In früheren Zeiten baute man Maschinen fast ausschließlich aus Holz. Die Ergebnisse, die man damit erzielte, waren ganz aus­gezeichnet. In Falun in Schweden waren beispielsweise Holzpumpen von 1552 bis 1925, also über 370 Jahre ohne Störungen und ununterbrochen in Betrieb. In der schwedischen Kupfergrube Falun arbeiten noch heute hölzerne Maschinen, die um 1700 gebaut wurden. Auf diese Beobachtungen wies Dr.-Jng. F. Kollmann in seinem Vortrag hin. Er betonte dabei, daß wir heute aus Ersparnisgründen dem Holz als Werkstoff für den Maschinenbau erneute Aufmerksamkeit schenken müssen. Nach den genauen Untersuchungen über die Eigen­schaften der Maschinenhölzer werden heute im Maschinenbau verwendet- Fichte, Kiefer, Tanne, Birke, Eiche, Esche, Pappel, Rüster, Rot- und Weißbuche. Ahorn und Lärche.

Das Verhältnis von Festigkeit zum Raum­gewicht ist bei Holz, was man bisher kaum beachtet hat, größer als bei Metall. Durch Pressen und andere Verfahren kann für Holz die glSkche Werkstoffeigenschaft wie für Metall erzielt werden. Der Verwendung von Holz steht demnach bei Röhren und Rinnen, für den Vau von chemischen Ge­räten, wie Filtern, Pressen, Trommel­filtern, Rührwerken, für Lenkerstangen usw. nichts mehr im Wege. Seit langem ist die Verwendung von Holz bekanntlich für den Bau von Flugzeugkörpern, Bootshäuten, Wagen und Kästen, Luftschrauben u a. m. üblich.

Zusammenfassend darf man sagen, daß die Facharbeit des deutschen Ingenieurs, die auf der Darmstädter Tagung einem großen Publikum bekannt wurde, nicht nur neue Aufgaben erschlossen, sondern auch neue Er­folge erzielt hat, und daß eines Tages auch die deutsche Hausfrau in ihrem kleinenBe­trieb" aus dem Nutzen ziehen wird, was deutsche Ingenieure am Schreibtisch und in der Werkstatt erarbeiteten.

Richtige Verwertung der Ernte

Von Charlotte Hartmann

Auch die lorgsamste häusliche Vorrats­wirtschaft kann es sich kaum leisten, bis zur neuen Ernte in reichen Lagervorräten zu schwelgen. Die letzten langen Frühlings- monate vor der neuen Ernte würden daher für manchenobstlos" verlaufen wenn nicht die Obstkammer des Reiches sich auftun würde. Schon bei der vorjährigen Obst­ernte war sie darauf bedacht, aus deutschen Aepfeln und Edelfrüchten Wintervorräte bereitzustellen, in mächtigen Bottichen und Kesieln, in großen und kleinen Obstbetrieben den Segen zu bergen und haltbar zu ver­arbeiten. Reiche Geldmittel wurden von der öffentlichen Hand bereit gehalten, um auch dem Minderbemittelten deutsches Edelgut zugängig zu machen. So können die Früchte der vorjährigen Ernte noch heute allen zu­gute kommen, so ist der Obstgarten der deut- scheu Lande auch jetzt jedem geöffnet, der

sich erfrischen und sättigen will. Für nur wenige Pfennige ist das unter dem Namen Verbilligte Marmelade" in den Handel ge­kommene Obst pfundweise zu kaufen, und es Ist zu wünschen, daß sich das ganze deutsche Volk diesen Segen nutzbar macht. Denn wir sollen und wollen wieder ein gesundes und leistungsfähiges Volk werden Was wäre eher geeigneter, unsere Ernährung zu ergänzen, als Zucker und Früchte? Beides Dinge, die der Körper ebenso notwendig braucht wie Luft und Licht, Sonne und Wärme.

Bei der Herstellung dieser hundertprozen­tigen vollwertigen Marmelade sind 50 Pro­zent Zucker und ebensoviel Früchte Vor­schrift. Kein Wunder, daß sie nicht nur ein willkommener und köstlich schmeckender Brotaufstrich ist. sondern daß st« vor allem auch in der Küche besonders geschätzt wird. Allerdings kommt diese Marmelade auch in verfeinertem Gewände, entweder als geschmackvolle Vierfruchtmarmelade, als Mischung verschiedenster Früchte, oder als

Spezial", wie sie in manchen Gegenden be« liebt ist, zum Verkauf. Als vollwertige Eartenmarmelade kann dieser Aufstrich des­halb gelten, weil Spaliere und Sträucher, Kern-, Stein- und Edelobst alle ihre Früchte dazu geliefert haben Die Verarbeitung ist gewissenhaft überwacht, die Behälter find sorgsam gewählt, in denen sie in großen und kleineren Mengen in den Handel kommt. Ja. auch pfundweise ausgewogen steht st« demjenigen zur Verfügung, der zur Zeit nur die 32 Pfennige bereit hat, die das Pfund kostet.

Ein ganzes Pfund guter Obstmarmelade für nur wenige Pfennige zu erhalten, ist ein Vorteil, den sich so leicht keine Hausfrau entgehen lassen sollte und es wird auch keine tun. di« ihren Haushalt aus Ab­wechslung, neuzeitlicher Ernährung und sparsamer Wirtschaftsführung aufbaut. Auch wer gewohnt war. nur selbst Eingemachtes als Brotaufstrich oder in der Küche zu ver­wenden, hat sich davon überzeugt, daß oft gerade die im Großbetrieb hergestellten Vor­

räte gut zu gebrauchen sind Das ist beson­ders dann der Fall, wenn eine fürsorgliche Ueberwachung bei der Herstellung dafür

sorgt, daß gutes, ausgereistes Obst zur Ver­fügung steht und eine Zuckerverarbeitung innegehalten wird, die Nährwert und Wohl­geschmack verbürgt.

So wird Durst gestillt!

Durst ist etwas, was einem den schönsten Tag verleiden kann. In jedem Hause muh deshalb im Sommer dafür vorgesorgt

werden, daß niemand Durst zu leiden

braucht. Die Hausfrau wird also einige

Flaschen Obstsaft bereitstellen und außerdem stets etliche Flaschen Selterwasser im Hause haben. Für festlichere Zwecke kann es auch ein natürlicher Sauerbrunnen, ein soge­nanntes Tafelwasser sein Für den alltäg­lichen Gebrauch aber genügt ein künstliches Mineralwasser, einSelterwasser" durch­aus. Sein Gehalt an Kohlensäure ist ge­rade geeignet, ein damit hergestelltes Misch- Eetränk erfrischend und bekömmlich zu machen. Der Volksmund lagt:Es schlägt nieder", und will damit ausdrücken, daß solche kohlensauren Getränke eine erquickende und zugleich beruhigende Wirkung haben.

Es ist, als würde unser Blut durch sie ab­gekühlt. Oft lassen sogar Kopfschmerzen und andere unangenehme Beschwerden heißer Tage wie durch Zauberschlag nach, sobald wir Mineralwasser getrunken haben. Der Amerikaner ißt bei Hitze Eis, man behauptet (wohl mit Recht), daß alle Amerikaner in­folgedessen magenleidend seien. Der Deutsche trinkt Mineralwasser und har den besten Magen der Welt.

Zum Mischen mit Selterwasser eignen sich alle rohen oder eingemachten Obstsäfte. Man verfährt so, daß man zunächst den nach Ge­schmack gesüßten Saft in ein hohes Glas tut und soviel Selterwasser dazugießt, daß das Getränk eine schöne Farbe bekommt. Man rührt mit einem langen Glaslöffel um oder trinkt auch durch ein Röhrchen, was be­sonders dann zu empfehlen ist. wenn man Wasser und Saft auf Eis gestellt hatte. An sehr heißen Tagen kann man auch noch kleine Stückchen Eis in die Gläser tun. Das Getränk hält sich dadurch länger kühl.

Zitronen- und Apfelsinensaft, je nach Ge- , schmack mit oder ohne Zucker, sind als Zu­tat ebenfalls sehr geeignet. Man kann in der Zeit der billigen Apfelsinen und Zi­tronen Zusätze bereiten, die sich längere Zeit halten und die man am besten in gut ver­korkten Flaschen bis zum Gebrauch auf­bewahrt. Besonders wohlschmeckend ist eine Apfelstnenschalenessenz, zu der man nur die Schale der Apfelsine verwendet Ein Bei­spiel: Die vünn abgeschälte Schale von zwölf Apfelsinen wird mit einem halben Liter Spiritus übergossen und bleibt fest: verschlossen drei Wochen lang stehen. Dann gießt man die Flüssigkeit ab und bewahrt sie in gut verkorkter Flasche auf. Wenn man diese Mischung mit Selterwasser verdünnt hat, kann man in jedes Glas noch eine Zi­tronenscheibe legen.

Auch für die Zeit der Bowlen sind Zu­sätze gut brauchbar. Man übergießi bei­spielsweise recht frischen Waldmeister, den man gut gewaschen und verlesen hat, mit etwas Wein und läßt ihn zugedeckt eine halbe Stunde ziehen. Dann läßt man die : Flüssigkeit durch ein Sieb laufen. Nun löst man in ein Sechzehntel Liter Master 60 Gramm Zucker (für eine Flasche Wein) auf und setzt diese Lösung dem Waldmeistsr- wein zu. Schließlich tut man den übrigen Wein hinzu und stellt die Bowle recht kalt. Kurz vor dem Gebrauch nimmt man etwas Selterwasser hinein. Auf eine Flasche Wein kommt dabei eine halbe Flasche Selterwasser.

Auch die Zeit der Erdbeeren ist nicht mehr fern, und eine Erdbeerbowle gehört durch­aus zu den schätzenswerten Dingen des Lebens. Ein halbes Pfund Erdbeeren (Walderdbeeren sind zwar aromatischer, aber es geht auch mit anderen) wird mit 150 Gramm Zucker gemischt und mit etwas Wein übergossen. Nach einiger Zeit gibt man zwei Flaschen Weißwein hinzu, stellt die Bowle recht kalt und mischt sie vor dem Gebrauch noch mit einer Flasche Selter­wasser. Auch Pfirsiche, die natürlich geschält werden, ergeben eine wohlschmeckende Bowl«.