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Nr. 132
Mittwoch, 10. Juni 1936
110. Jahrgang
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Kattonalf-riattftifche LaseSzei<««s
Alleiniges Amlsblati für in Stadt u. Kreis Nagold
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Schließfach Nr. ZS
ktlon »ertivtete» Rückporto, falls
Verantwortung.
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Paris, 9. Juni
Eine Mitteilung des marxistischen Gewerkschaftsverbandes von Montagabend vertritt die Auffassung, daß die Erhöhung der Mindestlohnsätze um 15 v. H. in manchen Gegenden Nicht ausreichend sein wird. Gleichzeitig liefen im Laufe des Montag i m- mer neue Meldungen von neuen Streiks und Fabrikbesetzungen ein. In Le Havre und Umgebung allein legten 3000 Arbeiter in sieben Betrieben die Arbeit nieder. In Reims und der C h a m- pagne liegen alle Betriebe still; 8000 Arbeiter haben den Ausstand begonnen. In St. Omer sind die Malzfabriken und Brauereien, in P o r t d e B o u c die Werftwerkstätten besetzt worden. In B o u l o g n e- sur-mer haben Transportarbeiter und Kohlenarbeiter die Arbeit niedergelegt; in Paris haben die 300 Angestellten zweier großer Versicherungsgesellschaften die Büros besetzt. In Marseille sind erneut 800 Arbeiter in den Ausstand getreten; hier drohen Eisenbahner, Bank- und Börsen- - angestellte, Schlächter, in Paris die Gaswerksbeamten mit Forderungen. In Waren- Häusern und Einheitspreisgeschäften ist man am Montag zu keiner Einigung gelangt; die Verhandlungen werden heute fortgesetzt.
Paris, 9. Juni.
Die Einigungsverhandlungeii in der Pariser Metallindustrie machen nicht die erhofften Fortschritte. Die Arbeitnehmer halten in gewissen Fällen die Zugeständ- riisse noch für ungenügend. In den Renaultwerken streiken noch etwa 32 000 Arbeiter. Bei Citroen hatten die Verhandlungen kein Ergebnis. In Lava leite (Bosch-Werke), wo die Arbeit am Samstag wieder ausgenommen worden war, sind die Arbeiter erneut in den Ausstand getreten und haben die Betriebe besetzt. Der Streik der Bauarbeiter ist vollständig. Die Streikbewegung hat außerdem auf die Angestellten der Versicherungs- Gesellschaften, die Schneidergehilfen und eine Reihe von Kaffeehäusern übergegriffen. Verhandlungen sind überall im Gange. In den großen Warenhäusern wird weitergestreikt. Die Angestellten halten die angebotenen Gehaltserhöhungen für ungenügend. Die Stallgehilsen der großen Rennställe haben nun auch ihre Forderungen eingereichl, die binnen 48 Stunden beantwortet werden sollen.
In der Provinz hat sich der Streik ebenfalls weiter ausgedehnt. In Nordfrankreich sind mehrere große Baumwollspinnereien von den Arbeitern besetzt worden. In Rouen streiken die Arbeiter der Gasanstalt. Die Stadt war in der Nacht ohne Beleuchtung. Die Müllabfuhr konnte am Dienstag ebenfalls nicht durchgeführt werden, da auch hier gestreikt wird. Außerdem befürchtet man eine Ausdehnung des Streiks auf die Angestellten der S t ra ß e n ba h n. In Bor- deaux sind die Arbeiter zahlreicher Werften in den Ausstand getreten. Man befürch- et, daß sich auch die chemische In du- stri e der Streikbewegung anschließt.
I Auf der anderen Seite konnte sowohl in Paris und Umgebung, als auch in der Pro- vinz in verschiedenen Betrieben eine endgültige Einigung erzielt und die Arbeit wieder ausgenommen werden. Im großen und ganzen übertrifst die Zahl der neuen Streiks aber bei weitem die der beendeten. Zwischen den Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer in der Kohlenindustrie ist in Paris eine Einigung erzielt worden.
In der Kammersitzung am Dienstagnach- mittag, die nur 30 Minuten dauerte, brachte Ministerpräsident Leon Blum nach einer kurzen Erklärung über den Verlauf der Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern die angekündigten Gesetzesvor- >agen ein und beantragte die Einsetzung eines besonderen Ausschusses von 33 Abgeordneten W ihrer Prüfung. Er stellte in Aussicht, daß sich bereits am Donnerstag die Vollversammlung der Kammer mit den Gesetzen befassen kerbe. Die Mehrheit der Kammer beschloß,
Schwierigkeiten
den Vorschlag des Ministerpräsidenten anzunehmen.
Litauische WrlamMMMSkn
Kowno, 9. Juni.
Am Dienstag begannen in Litauen und im Memelgebiet die auf zwei Tage anbe- raumten Wahlen der 49 Abgeordneten für das nach zehnjähriger Pause neu einberufcne litauische Parlament. Unter den im Memelland zur Wahl zugelassenen 144 Kandidaten befinden sich 6 Memelländer und 2 Julien; drei weitere memelländische Kandidaten sind bekanntlich kurz vor der Wahl von den Litauern aus der Liste gestrichen worben, einer der 6 verbliebenen Kandidaten be. findet sich in Hast. Die Kandidaten sind ausschließlich von den Selbstverwaltungen ausgestellt und setzen sich zu über 90 Prozent aus Anhängern der Regierungspartei zusammen. Die 85 Abgeordneten des letzten litauischen Sejm, der bald nach dem Umsturz von Dezember 1926 aufgelöst wurde, verteilten sich auf die damals noch bestehenden Parteien wie folgt: Christliche Demokraten 30, Volkssozialisten (Demokraten) 22, Sozialdemokraten 15, Memelländer 6, Polen 4, Tautininkai (jetzige Regierungspartei) 3, darunter der jetzige Staatspräsident Sme- tvna und der in Haft befindliche frühere Ministerpräsident Woldemaras, Juden 3, Bauernpartei 2, Deutsche 1.
Nach dem neuen Wahlgesetz sind politische Parteigruppierungen nicht mehr zulässig, so daß das Ergebnis der jetzigen Wahlen keinen Vergleich mit den letzten litauischen Wahlen zuläßt. Es interessiert deshalb im Lande an dem Ergebnis auch nur die Wahlbeteiligung und nicht die personelle Zusammensetzung der 49 Abgeordneten, deren politische Nich- tung bereits mit der Aufstellung der Kan- didaten von vornherein festgelegt ist.
gerüstete Polizei konnte die Angreifer jedoch Zurückschlagen. Allgemein macht sich jetzt ein schärferes Durchgreifen der britischen Truppen bemerkbar. Nachdem in den letzten Tagen weitere Militärverstärkungen eingetroffen sind, liegen jetzt zwei Brigaden in Palästina. Zum erstenmal wurde jetzt auch eine größere arabische Stadt, Jenin, mit einer Kollektivstrafe bedacht. Die auferlegte Buße beträgt 550 Pfund. Das arabische Komitee ist durch die Verbannung der Mehrzahl seiner Mitglieder in seiner Tätigkeit fast lahmgelegt. — Amt- lich wird mitgeteilt, daß alle Gerüchte, nach denen der Oberkommissar von Palästina die jüdische Einwanderung unterbrechen wolle, unzutreffend sind.
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.(Archiv
Italienische Regierung «mgebildet
Graf Ciano Außenminister — Suvich zurückgetreten
Rom, 9. Juni.
KatbolikenboiMt ln Norbtrland §
Belfast, 9. Juni. !
Während des Wochenendes kam es in : Fintona (Grafschaft Throne) zu schweren ! katholikenfeindlichen Ausschreitungen. Eine Gruppe junger Männer aus Belfast zog un- ! ter Absingen von Liedern der Orangisten - lärmend durch die Straßen. Dabei wurden > mehrere junge Katholiken angegriffen. Sie flüchteten in eine alte Mühle, die umzingelt wurde. Kurz darauf fielen mehrere Schüsse. Die Polizei verhaftete zwei Männer und eine Frau, bei der in der Handtasche öin Revolver gefunden wurde, aus dem kurz vorher geschossen worden war. Vor dem Polizeirevier sammelte sich eine größere Menschenmenge, die stürmisch die Freilassung der drei Verhafteten verlangte.
Später fand in Fintona eine öffentliche Versammlung statt, in der der Gewerkschaftsführer Moore aus Belfast aufforderte, weder Katholiken zu beschäftigen, noch bei katholischen Kaufleuten zu kaufen. Auch die Grundstücksverkäufe an Katholiken muß- s ten eingestellt werden, da in Belfast schon zwei katholische Kirchen gebaut wurden. Allerdings, so fügte der Redner einschränkend hinzu, wisse man nicht, ob diese Kirchen jemals fertig würden.
Tie teilweise Umbildung der italienischen Regierung, von der bereits seit einigen Wochen gesprochen wurde, ist am Dienstagnach. mittag durch königliche Dekrete vollzogen s worden. Danach werden das Außenministe- § riuni, das Korporationsministerium und das Kolonialministerium, die seit Januar 1935 neben den Wehrmachtministerien und dem Innenministerium in Händen des italienischen Regierungschefs lagen, von Mussolini abgetreten. Der bisherige Propagandaminister Graf Galeazzo Ciano wird Außenminister. Der bisherige Staatssekretär im Korporationsministerium Lantini wird Korporationsminister und der Staatssekretär des Kolonialministeriums Lessona wird zum Kolonialminister befördert. Der bisherige Staatssekretär im Propagandaministerium Alsteri wird Propagandaminister. Gleichzeitig ist das Rücktrmsgesuch des bisherigen Staatssekretärs im Außenministerium Suvich vom König genehmigt worden. An seine Stelle tritt der derzeitige italienische Botschafter in Warschau Ba- st i a n i n i.
Mussolini hat an Suvich für seine vier- jährige Mitarbeit ein Handschreiben gerichtet und ihm einen hohen Vertrauensauftrag Vorbehalten.
Stttilumchr« io Aom
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Jerusalem, 9. Juni.
Der Täter des am Montag verübten Bombenattentats beim Jaffa-Tor in Jerusalem ist noch nicht ermittelt worden. Zwei von den 26 dabei mehr oder weniger schwer Verwundeten dürften kaum mit dem Leben davonkommen. — Eine Automobilkarawane, die auf dem Wege von Jericho nach Jerusalem war, wurde auf der Straße durch eine Steinbarrikade aufgehalten und im Augenblick ihres Anhaltens mit Gewehrschüssen überfallen. Es gelang den Wagen dann jedoch, zu entkommen. Auf die jüdische Kolonie Hatikwah wurde wiederum, diesmal von drei Seiten, ein Angriff unternommen. Mit Maschinengewehren aus
Warschau, 9. Juni.
Zu schweren Zusammenstößen zwischen streikenden Arbeitern und Polizisten kam eS am Montag in Thorn. Ein amtlicher Be- richt besagt, daß bei der Auslösung eines DemvnstrationSzugeS einige Teilnehmer verwundet wurden. Ein Mann, der schwere Verletzungen davongetragen hatte, ist gestorben. Vier Personen sind verhaftet. Die Untersuchung wird streng durchgesührt, um die Aufwiegler sestzustellen, die Unruhe unter die mit öffentlichen Arbeiten Beschäftigten zu tragen versuchen. Aus Privar- meldungen geht hervor, daß die Polizisten, die diesen Demonstrationszug auflösen wollten, mit Steinwürfen empfangen wurden und von der Schußwaffe Gebrauch machen musiten. Nack Mitteiluna von dieser Seite
seien auch Polizeibeamte verletzt worden. Tie Straßen sind jetzt durch verstärkte Patrouil» len gesichert. Die Ruhe scheint wieder her- gestellt zu sein.
Das Warschauer Blatt „Tziennik Naro- dowy" weist auf die verstärkte Offensive der Kommunisten in Polen zur Schaffung einer Volksfront hin. Tie Ausgangspositionen seien von den Kommunisten bereits besetzt und ihre Attacke in Kürze zu erwarten. Eine Unterschätzung dieser Erscheinung, die immer mehr zum Zentralproblem des politischen Lebens werde, würde in ihren Folgen ber- derblich sein, da die Bedingungen in Polen der Entwicklung der kommunistischen Aktion sehr günstig wären. Polen habe vor allen, dreieinhalb Millionen Juden, bei denen die kommunistische Aktion gute Ausnahme fände. Gegen die kommunistische Gefahr könne nur eine einheitliche, tiefe, die Massen mir- reißende nationale Idee schützen.
Laguarbia auf dem Kriessyfad
Rcnyork, 9. Juni.
, Neuhvrks sattsam bekannter jüdischer Oberbürgermeister Lagnardia bereitet einen neuen Feldzug gegen den Antisemitis- mus vor. Sein Zorn richtet sich diesmal gegen Robert 8 d m ouds o u , einen Neu^ Yorker Truckereibesitzer, gegen den er Klage eingereicht bat wegen verbrecherischer Ver- leumduug und Auireizuug zu öffentlichem Ausruhr.
Edmoudson begann im Jahre 1934 juden- feindliche Schriften herzustellen, in denen er eiinlnßreiche jüdische Politiker angriff und ihre Machenschaften enthüllte. Seine Schriften sollen in etwa 5 Millionen Exemplaren in Amerika verbreitet sein. Die kürzlichen Enthüllungen über die Schwarze Legion in Detroit bezeichnet Edmondson als „ein von Juden ersonnenes Machwerk, um die Auf- merksamkeit der Oesfentlichkeit von der kommunistischen Wühlarbeit abzulenken". In der Annahme, daß sich der Beschuldigte aus da- Rede- und Pressesreiheitsgesetz berufen wird, das sogar Kommunisten gestattet, gegen die Negierung der Vereinigten Saaten Brandreden zu halten, hat Laguardia bekanntgegeben, daß er beabsichtigt, auf einen im Jahre 1732 entschiedenen Präzedenzfall VV» Nassenschmähung znrückzugreifen.
Sie Spitzen des vi. ZirternatiomM Gemeindekonsresseö beim Mm
Berlin, 9. Juni.
Der Führer und Reichskanzler empfing am Dienstag im Beisein von Neichsminist« Dr. Frick das Präsidium und die Delega- tionsführer des VI. Internationalen Gemeindekongresses sowie die Vorsitzenden und Präsidenten des Deutschen Gemeindetages. Der Präsident des Internationalen Gemeindeverbandes G. Blontagus H a rriS sprach namens der ausländischen üongreß- teilnebmer dem Führer den Dank dafür aus, daß sie Gelegenheit hatten, die Arbeit der deutschen Gemeinden und insbesondere die außerordentlich anschauliche Ausstellung „Die deutsche Gemeinde' kennenzulernen.
Der Führer gab in seiner Erwiderung unter Anerkennung der Arbeit des Internationalen Gemeindeverbandes der Hoffnung Ausdruck, daß die ausländischen Kongreßteilnehmer im Verlause des Kongressein Berlin und München einen möglichst tiefen Einblick in die Arbeit der deutschen Gemeinden erhalten mögen. Er richtete di« Bitte an sie, diese Eindrücke und Erfahrungen in ihren Ländern weiterzuvermitreln.
Vor dem Ende be- Kattdtvltzer Svchverratsprozesses
Gleiwitz, S. Juni.
Im Kattowitzer Hochverratsprozeß wurden am Dienstag weitere 30 Angeklagte vernommen. Die Aussagen brachten im allgemeine» nicht viel Neues. Die meisten von ihnen waren sich offenbar der Tragweite ihrer Handlungsweise nicht bewußt, als sie in t»u sogenannten Geheimbund Maniuras eintraten.
Am Mittwoch hofft man, mit dem VerhvI