Leite 8 - Nr. 131
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
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Höchste Auszeichnung aus der Reichsnährstandsschau
Die vom Reichsnährstand als „Leistungsschau der deutschen Milchwirtschaft" im Rahmen der S. Reichsnährstandsausstellung veranstaltete milch- wirtschaftliche Ausstellung wies mit 5536 Proben, 'darunter 2036 Proben Milch, Rahm und Molkereidauerwaren, 2106 Butter- und 1410, Käseproben von allen bisherigen Ausstellungen die stärkste Beschickung auf. Von den aus dem Gebiet des Milchwirtschaftsverbandes Württemberg insgesamt eingesandten 166 Proben von Milch und Milcherzeugnissen konnten nicht weniger als 51,2 Proz. erste Preise, 29,5 Proz. zweite Preise und 12,6 Prozent Anerkennungen, zusammen 63,3 Prozent Preise und Anerkennungen zugeteilt werden. Der Milchwirtschastsverband Württemberg hat damit von allen deutschen Milchwirtschastsverbänden am besten abgeschnitten. Ehrenpreise und erste Preise konnten nachstehenden Betrieben zuerkannt werden:
Gruppe I Rohmilch
Klasse1:Vorzugsmilch. ErstcPreise: Gutswirtschast der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim-, Wilh. Hahn, Waldeckhof. Klasse 2: Markenmilch. Ehrenpreise: Domäne Bauhof, Sigmaringen; A. Heitherker, Hofgut Bernau: Jakob Schule, Gutspächter, Hosgut Obertalfingen. Erste Preise: Gutsverwaltung der Südd. Zuckerfabrik AG., Güterinspektion Heil- chronn, Altböllingen: Gutsverwaltung der Südd. Zuckerfabrik AG. Stuttgart, Böblingen: Hans Sauer, Gutspächter, Schloßgut Böfingen bei Ulm; spritz Kühnle, Crailsheim; Matthäus Eberhardt, Gutspächter, Hosgut Deizisau: Otto Linderich, Hornstadt; Jobannes Schöllhorn, Gutspächter, Ehrenstein; Landesökonomierat Dr. Laher, Acker- bäuschule, Ellwangen-Jagst; Milchverwertungsgenossenschaft EGmbH., Gerlingen; Robert Kelterer, Hausen: Gutsverwaltung der Südd. Zuckerfabrik AG., tzeilbronn: Gutsverwaltung der Südd. .Zuckerfabrik AG., Güterinspektion Heilbronn, Hipfelhof: Albert Ehinger, Hohenstein: Hermann Hagenbucher, Klingenberg: Gebr. Deuschle, Schloßgut Köngen; Württ. Milchverwertung AG., Korn- westheim: Otto Jäger, Gut Lindenhof: Georg Auchter, Neßlau; Dr. Franck, Hof Oberlimpurg; Städt. Gutsverwaltung Oerlingen: Emil Giebler, Gutspächter, Römerhof; Milchverwertungs- genoffenfchaft GmbH., Roßwälden; Dr. Rudolf Barth, Schafhof-Kupferzell; Otto Braeuninger, Hofgut Sirnau: Otto Linderich, Staufeneck; I. M. Voithsche Gutsverwaltung Talhof,- Georg Keller, Theurershof; Martin Röscheisen, Bauer. Türkheim; Johannes Ruhland, Türkheim,- Wilhelm Goll, Papiermühle, Tuttlingen; Wilhelm Bühl, Bauer, Hof Wcidpnfeld; Freiherr I. v, Raßler, Schloß Weiteuburg: Fürst!. Fürstenberg. Gutsver- waltuug Werenwag; Jakob Ihle, Wittingen. Klasse 3: Rohe Trinkmilch. Ehrenpreis: Hospitalverwaltung Rottenburg a. N.
Gruppe H Erhitzte Milch
Klasse 4—6: Ehrenpreis: Bezirksmilch- verwcrtung E. G. m. b. H., Ludwigsburg. Erste Preise: Milchversorgung Pforzheim GmbH., Pforzheim: Württ. Milchverwertung AG., Hauptbetrieb Stuttgart: Milchversorgung EGmbH., Eßlingen a. N.: Württ. Milchverwertuug AG., Göppingen: Württ. Milchverwertung AG . Milchwcrk Schwäb. Gmünd; Milchverwertungsgenossenschaft Schwab. Hall und Umgebung EGmbH., Schwäb. Hall: Bezirksmilchverwertung EGmbH.. Tübingen. L. Schlagrahm. Ehrenpreis: Württ. Milch- Verwertung AG., Milchwerk Göppingen. Erste Preise: Bezirksmilchverwertung GmbH., Ludwigsburg; Württ. Milchverwertung AG., Milchwerk Schwäb. Gmünd: Württ. Milchverwertung AG., Hauptbetrieb Stuttgart. 6. Milchmischgetränke (Kakao und schokoladehaltige Milchgetränke). Ehrenpreis: Bezirksmilchverwertung GmbH., Ludwigsburg. Erste Preise: Milchversorgung Eßlingen a. N.-. Württ. Milch- Verwertung AG., Milchwerk Schwäb. Gmünd; Milchversorgung Ulm a. D. II Butter: n) Ungesalzene deutsche Markenbutter.
Ehrenpreise: Zentral»,vOece, Joh. Kuhn, Nottenburg a. N.; Württ. Milchverwertung AG., Hauptbetrieb Stuttgart. Erste Preise: Württ. Milchverwertung AG., Milchwerk Schwäb. Gmünd; Molkereigenossenschaft Böhringen: Milchverwer- tuugsgenossenschaft Bretzfeld und Umgebung, Bretz- selb in Württ.: Molkereigenossenschaft Bühlerzell; Bezirksmolkerei Mergentheim, Sitz Elpersheim; Bezirksmilchverwertung Geislingen a. St.; Molkereigenossenschaft Gerabronn; Milchversorgung Heilbronn a. N.; Dampsmolkerei Jngelfingen; Ge- uossenschaftsmolkerei Langenau; Molkerei Maus- darf, Inh. Gebr. Grund, Mäusdorf; Molkereigenossenschaft Sulz; Gebr. Bilger, Oberschwäb. Zentralmolkerei Ulm a. D.; Milchversorgung Ulm. b) Deutsche feine Molkereibutter. Erste Preise: Molkereigenossenschaft Kupser- zell: Milchverkaussgenvssenschast Lauphenn.
kl. Molkcrcidauerwaren. Zwei Erste Preise: Württ. Milchverwertung AG., Hauptbetrieb Stuttgart. l'. Käse. Erste Preise: Anton Nehm. Käsereibesitzer, Pflnmmern, Post Riedlingen, drei Erste Preise); Joseph Egle, Molkerei Dellmeusin- gen; Milchverwertungsgenossenschaft Schwäb. Hall. K. Sauermilch-und Speisequark. Erste Preise: Württ. Milchverwertung AG., Hauptbetrieb Stuttgart; Württ. Milchverwertung AG., Milchwerk Göppingen (Speisequark); H. K. und E, Riepen- Hausen, Jgersheim (Sauermilchquark), 2 Erste Preise.
Ein vollständiges Verzeichnis der Preisträger ist in Folge 23 des „Wochenblatts der Landesbauernschaft Württemberg" veröffentlicht.
Zuchthaus wegen Amtsunterschlaguns
Heilbronn, 5. Juni. Ein schlechtes Vorbild für seine Gemeinde war der heute 42 Jahre alte frühere Bürgermeister von Lehrensteinsfeld. Als Ortsvorsteher hatte er auch die Beiträge für Invalidenversicherung einzuziehen. Er tat aber das Geld nicht in eine besondere Kasse, sondern in die Amtskasse, in der er auch sein Gehalt hatte. So verlor ei- allmählich den Ueberblick über den Stand der Kasse. Da er außerdem gegen andere zu weich war und für sie Aufwendungen machte, die seine Verhältnisse überstiegen, ging er dazu über, Versicherungsgelder z u unterschlagen.
Damit die Landesversicherungsanstalt nicht darauf kommen sollte, vernichtete er Quittungskarten, stellte dafür neue aus mit falschen Ausstellungs- und Verwendbarkeitsdaten, auch fingierte er Aufrechnungsbescheinigungen, auf denen er falsche Aufrechnungsdaten einsetzte. Er wurde daher von der Großen Strafkammer des Landgerichts Heilbronn wegen A m t s u n t e r sch l a g u n g und Urkundenfälschung zu IV 2 Jahren Zuchthaus und 200 M. Geldstrafe verurteilt. Die Höhe der unterschlagenen Versicherungsgelder wurde für die Jahre 1928 bis 1932 auf 2439 NM. be- rechnet.
Devisen-
Vorschriften für den Postverkehr
Nach den neuen Vorschriften der Neichs- stelle für Devisenbewirtschaftung ist die Freigrenze von 10 NM. für gewisse weitere Zahlungszwecke aufgehoben worden. Wer Zahlungen innerhalb dieser Freigrenze nach dem Ausland leisten will, muß fortan eine vor- gedrnckte „Devisenrechtliche Erklärung" unterschreiben, daß die Zahlung aus seinen eigenen Mitteln erfolgt und daß sie keinem der in der „Erklärung" aufgesührten Zwecke dient, für die eine Ausnutzung der Freigrenze verboten ist. Den Zahlungszweck muß der Absender in der „Erklärung" angeben; das Formblatt hat er in Uebereinstimmung mit der Unterschrift in seinem gleichzeitig vorzulegenden Reisepaß zu unterschreiben. Ein
Dienstag, den 8. Juni igzx
Formblatt zur devisenrechtlichen Erklärung erhält der Postbenutzer kostenlos bei jedem Postamt. Von Postagenturen und Poststellen werden diese Formblätter nicht vorrätig ge- halten, bei Bedarf werden sie beim zuständigen Postamt angefordert.
Postagenturen und Poststellen nehmen Zahlungen nach dem Ausland, und zwar sowohl genehmigungsfreie als auch genehmigungspflichtige, nicht mehr selbst an.. Sie übersenden jedoch die bei ihnen eingereichten Auslandspostanweisungen und Wertsendungen — bei Freigrenzen,zahlnngen mit dem Reisepaß und der deoisenrechtlichen Erklärung des Einzahlers, bei genehmigungspflichtigen Zahlungen mit der Devisengenehmigung oder -bescheinignng — dem zuständigen Postamt zur Prüfung und weiteren Behandlung. Den Paß oder die nicht voll aus- aennßte Devisengenehmigung oder -bescheini. gung erhält der Absender gegebenenscills in gebührenfreiem Einschreibebrief zurück. Will er die Einsendung dieser Papiere vermeiden, so muß er die Zahlung unmittelbar bei einem Postamt vornehmen oder vornehmen lassen.
P 0 sts ck> e ck k u n d e n, die aus ihrem
Postscheckkonto unter die Tevisenfreigrem- fallende Ueberweisungen oder Barzahlnnaen leisten, die Einsendung ihres Reisepasses q» das Postscheckamt aber vermeiden wolle,, können den Auftrag aber mit dem Neisepqi und der deviseinechtlichen Erklärung eben- falls einem Posta in t zur Eintragung dxz Vermerkes vorlegen oder vorlegen lassen. 9p, Verkehr mit dem Ausland dürfen künftig «mch inländische Scheidemünzen nicht mehr versandt werden. ^
Humor
Plisch war zum Essen eingeladen. Es wurden ihm Lendenschnitten vorqesetzt. aber fix sahen nur so aus. denn tatsächlich waren sie so zäh wie Sohlleder. Plisch kaute wacker, aber schließlich half das auch nichts und so schielte er hilfesuchend in die Gegend.
Plötzlich sah er. schräg hinter sich, einen Hund sitzen. Heimlich, ungesehen, warf er ihm da- Fleisch zu. Als die Hausfrau noch ein StA auflegte, ging es den gleichen Weg.
Nach Tisch jedoch stellte sich leider heraus, das der Hund aus Stofs war.
Ich bitte um Auskunft .
Briefkasten de» »Sesellfchafters-
Unter Mete, Sillblit vervuentllchen wir die aus unserem Leserkreis an dt« Redaktion aertckitete» >„,' ,".2. I'.". isfaaen «ft leweils die UM.Abonnementraatlluns betzulesen, ternsr Rückporto. tallS
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Kür die ertkttten «»Sküntte übernimmt die Redaktion nur bte oretzaetebltib« Verantwort«»«.
Ps. in St. Frage: Kürzlich ist unsere Mutter draußen in einer Landgemeinde verstorben. Als wir Kinder, die sämtlich von auswärts kamen, zum Begräbnis dorthin fuhren, fanden wir bei unserer Ankunft gegen Mittag den Sarg schon verschlossen. Auf unsere Frage wurde uns erklärt, der Sarg sei schon um 8 Uhr vormittags geschlossen worden, und der betreffende Schreiner hätte jetzt keine Zeit, den Deckel nochmals zu öffnen. Ist eine solche Handlungsweise gegenüber den Angehörigen zulässig? — Antwort: Es gibt Fälle, besonders an Orten, wo eine frühzeitige Schließung des Sarges aus gesundheitspolizeilichen Gründen erfolgen muß. Ob eine solche Notwendigkeit hier vorlag. können wir nicht ohne weiteres beurteilen. War diese nicht gegeben, so wäre es eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Angehörigen, deren Kommen sicher bekannt war, wenn mit der Schließung des Sarges nicht bis zu ihrer Ankunft gewartet worden ist. Ihr Wunsch, dis verstorbene Mutter noch einmal zu sehen, Hütte unseres Erachtens unbedingt erfüllt werden müssen, wenn nicht gesundheitSpolizeiliche Gründe dagegen gesprochen hätten.
A. M. in F. Frage: Wie alt können Vögel werden? — Antwort: Ost wird bei Vögeln ein ganz ungewöhnlich hohes Lebensalter an- getrosfen, allerdings in der Behütung der Gefangenschaft, keineswegs in dieser Höhe bei den allen Gefahren und Unbilden ausgesetzten frei- lebenden Tieren. So wurde im Wiener Tiergarten ein großer Geier 101 Jahre, ein Goldadler sogar 104 Jahre im Käfig gehalten. Falke, Eule. Nabe, Schwan, Saatgans und Eiderente erreichen eben- falls ein Alter von 100 Jahren und mehr. Und von dem hohen Alter in der Gefangenschaft leben- der Papageien erzählen sogar mancherlei Lieder und Geschichten.
A. F. in M. Frage: Wieviel Lieder hat eigentlich Franz Schubert komponiert? — Ant- wort: Nach dem thematischen Katalog zu seinen Werken hat der Komponist, der, als er starb, das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, annähernd 600 Lieder geschrieben; es dürften aber in Wirklichkeit noch mehr sein! Allein etwa 100 Goethesche Lieder wurden von ihm vertont.
N. G. in G. Frage: Welches ist die älteste Schiffahrtsgesellschaft Deutschlands, — Antwort: Die älteste Schiffahrtsgesellschaft Deutschlands ist die Hamburg-Amerika-Linie. Die steht in der Reihe der Großreedereien der Welt
mit an erster Stelle. Im Jahre 1847 wurde sie i» Hamburg unter dem Namen „Hamburg-Amerika, »ische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft", abgekürz! „Hapag", gegründet, und eröffnete 1848 ihren Be. trieb mit drei Segelschiffen zwischen Hamburg und Neuhork. Heute ist sie wohl mit die mächtigste Schifsahrtsverbindung zwischen den Kontinenten, trotz des Niedergangs unmittelbar nach de« Krieg, dessen Schäden längst ausgeglichen find, zumal seit die Gesellschaft mit dem Bremer „Norddeutschen Lloyd", um den Wettstreit der Interessen zu beenden, im Jahre 1930 einen Vertrag von fünfzigjähriger Dauer schloß, durch den unter Wahrung der Selbständigkeit beider Unternehmungen, in der Bewirtschaftung ihrer Schifft eine volle Vereinigung der Interessen erfolgte.
I. T. in St. F r a g e: Was hat es eigentlich mil dem vielberufenen „Heu sieb er" auf sich. — Antwort: Heufieber oder Heuschnupfen ist eint Krankheit, die als Ausdruck der Ueberempfindlich- keit gegen die Pollen, den Blütenstaub gewisser Grasarten, auch einzelner Blütenpflanzen bei besonders dazu veranlagten Personen zur Zeit der Grasblüte, also meist im Juni und Juli auftritt, Es handelt sich dabei um eine fieberhafte Erkran- kung mit Katarrh der Nasenschleimhaut, der Augenbindehant und der oberen Luftwege, ist also mit Schnupfen, Augentränen, dauerndem, fast krampfartigen Niesen und oft sogar mit asthma- ähnlichen Anfällen verbunden. Die Krankheit wurde zum erstenmal im Jahre 1819 von dem englischen Arzt Bostock beschrieben. Sie befällt fast nur Stadtbewohner und fast nur Personen bis ungefähr um die Mitte des fünften Jahrzehnts. dabei durchschnittlich weit mehr Männer als Frauen. Das Leiden ist äußerst hartnäckig und kehrt jedes Jahr um die Blütezeit wieder. Ein absolut sicheres Heilmittel gibt eS noch heute dagegen nicht.
C. V. in St. Frage: Ist Richard Wagners grandiose Opernfigur des Walter Stolzing eigentlich historisch? — A n t w 0 r t: In den „Meistersingern" von Richard Wagner ist Walter Stolzing keine historische Figur. Dafür aber sind verschiedene Namen echt. z. B. Beckmesser. Hans Poltz, Konrad Nachtigall, Ulrich Eislinger, Hermann Oertel. Jedoch hat Wagner eben mir die Namen benutzt, im übrigen aber die Charaktere srei erschaffen. Die einzige wirklich historische Figur in dieser deutschesten aller Opern ist Hans- Sachs.
S. Eine Feriengeschichte - aus der Kinderlandverschickung der NSB.
Steppke versteht das zwar nicht ganz, er denkt sich das mit dem „Fell über dir Ohren ziehen" allzu wörtlich, aber die Erwachsenen reden manchmal so komische Sachen.
„Na, Steppke, nun spiel doch mal einen!" ermuntert die Bäuerin, als man ein Stück gefahren war. Da läßt sich der Steppke nicht lange nötigen, sondern zieht die neue Mundharmonika aus der Tasche und beginnt zu spielen, während hinter ihnen aus dem raschelnden Stroh des Wagenkastens das Quieken und Grunzen der kleinen Jolanthes klang, die so unter Sang und Klang ihr neues Quartier beziehen.
Die Tage gehen für Steppke viel z» -schnell dahin, viel zu rasch im Vergleich zu der großen und ungestümen Vorfreude. Steppke hatte noch ein schönes Geschichten- Luch mitgebracht, um darin zu lesen, wenn er einmal Langeweile hat, aber es bleibt «ar keine Zeit dazu, es gibt für ihn keine Langeweile, und als die Ferien zu Ende sind, packt er das Buch ungelesen wieder ein.
So schön ist dieser Landaufenthalt, ein Lachen und Tollen, tagaus, tagein, oft nur harsuß und im leichten Badeanzug. Der
duftige Sommersitz im schattigen Laüb- versteck des alten, krummen Apfelbaumes ist bald ein Räubernest, bald Schloß und Ritterburg, und die kleine Heide ist dann natürlich die Näuberbraut, die Prinzessin oder das- Ritterfräulein. Und Steppke, na, das versteht sich ganz selbstredend, ist bei diesen Spielen der dazugehörende Näuber- hauptmann, der Prinz oder kühne Ritter.
So verstreichen die sechs Ferienwochen ivie im Fluge. Mit jedem Tage, mit jedem Kalenderblättchen, das man abreißt, rückt die Trennung näher und ehe man sich überhaupt recht versieht, ist der Abschiedstag da. Wieder geht's mit Sang und Klang zu dem kleinen Bahnhof. Steppkes Stimme klingt heute merkwürdig belegt und längst nicht so hell und frisch wie sonst.
Auch die Pflegeeltern und Heide geben Steppke das Geleit. Er mutz tapfer an sich halten, um nicht einfach loszuheulen, aber er kann es nicht hindern, daß ihm zwei dicke Tränen langsam über die Backen kriechen, als sich der Zug in Bewegung setzt und man ihm noch einmal zuwinkt und Heide ruft: „Und im nächsten Jahre mußt du wieder chommen!" Auf der Heimfahrt ist Steppke noch immer mit seinen Gedanken auf dem Grvthenhof. Wie kurz waren diese sechs Wochen gewesen und sooo schön!
Der Abschied stimmte ein wenig traurig. Ms der Zug aber nach fünfstündiger Fahrt wieder auf dem großen Heimatbahnhofe einläuft, wo sich viele Menschen zur Begrüßung ihrer heimkehrenden Kinder eingefunden haben und Steppke auch seine Mutter stehen sieht, die ihrem heimkehrenden Jungen glückselig zunickt, da ist Steppkes kleiner Kummer schnell verflogen und jubelnd stürzt er in die Arme der Mutter.
„Ach, Mutti, Mutti, war bas schön!"
Und die Mutter fährt ihm mit der Hand glättend über den widerspenstigen Schopf und lächelt: „Ja, wir haben dich oft recht vermißt, Steppke, aber sein hast du
dich MMsgestiacht!" „Ja. eine ganze Menge zugenommen!" bestätigte Steppke. „Aber Junge, was für vieles Gepäck hast du denn?" staunt die Mutter.
Steppke lacht fröhlich:
„Alles von Grothes und alles zum Essen — Rauchwurst und ein Stück Schinken und einen ganzen Korb saftiger Birnen und sogar ein fettes Huhn hat mir Tante Grothe eingepackt. Und denk dir bloß. Mutti, zu Weihnachten wollen sie ein Schlachtefesti Paket schicken. O, Mutti. Grothes sind gut und Onkel Grothe sagt, wenn ich groß bin, kann ich auch ein Bauer werden. Und die Oma Grothe hat mir zwei Paar wollene Strümpfe für den Winter gestrickt." Das Erzählen will kein Ende nehmen an diesem Abend.
Ja, da war nun Steppke wieder daheim, braungebrannt wie ein kleiner Mulatte und vollgestopft mit landwirtschaftlichen Neuigkeiten.
„Weißt du, Mutti, daß es Kühe gibt, die Rinder heißen und daß der Mann von der Kuh Stier heißt?" Hat die Mutti schon einmal so wollige Schnuckenlämmer gekrault und so winzige kleine Ferkelchen mit niedlichen Ringelschwänzchen gesehen, die so rund sind und so rosig wie Marzipan?
Nein, gegen Steppkes umfangreiche Kenntnisse auf landwirtschaftlichem Gebiet ist absolut nicht mehr aufzukommen.
Steppke aber sagt mit strahlendem Gesicht:
„Die Kinderlandverschickung von der NSV. ist eine piekfeine Sache!".
Die Mutti nickt. Sie muß mit der Hand einmal verlegen über die Augen streichen, in denen es ein wenig feucht schimmert. „Daß es noch so gute, gute Menschen gibt!" sagt sie. „Wir können auch wohl Gott nicht genug banken, baß er uns zu rechter Stunde noch den rechten Führer schickte, der so gut ist und ein Herz
hat für die Armen und Aermsten, für die Kleinen und Kleinsten."
Steppke aber liegt an diesem Abend noch lange wach. Die Mutter kommt noch einmal leise an sein Bett, setzt sich zu ihm auf den Vettrand und nimmt seine kleine, feste, braune Jungenhand in die ihre.
„Weißt du, Steppke", sagte sie, „ich muß dir noch etwas sagen. Du wolltest doch immer ein Schwesterchen haben, nicht wahr?"'
„O ja, Mutti, bekomme ich eins?"
„Würdest du dich freuen, Steppke?"
„Na, und ob", lachte er, „aber bekomme ich wirklich ein Schwesterchen?"
»Ja, ja, Steppke, zu Weihnachten ist es wohl da!"
„O, Mutti, Mutti!" jubelt er und sitzt vor Freude plötzlich aufrecht im Bett, beide Arme um den Hals der Mutter schlingend. „Dann muß es Heide heißen, Mutti. Und ich glaube, Mutti, das Leben wirb noch einmal ganz schön. Dann ziehen wir alle aufs Land, du, der Vater, die kleine Heide und ich. O, Mutti!" — und mit einem glückseligen Lächeln schisst Steppke an diesem Abend ein.