^eitc 6 Nr. 258
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Mittwoch, den 4. November 1838
Neu- undAmbau derWurtt.LanLsslparkasse
Tie Württ. Landes- sparmsse in Stuti - gart, am Stadtgarieu, hat anschließend an ibr oisheriges Verwaltungsgebäude einen Neubau erstellt, der dieser Tage bezogen worden ist. TaS bisherige Gebäude wurde dem Neubau angepaßt, so daß beide eine geschlossene Einheit bilden.
Der Erweiterungsbau war dringend notwendig, um dein ständig wachsenden Geschäftsverkehr der Württ. Landessparkasse,
Sie zusammen mit ihren WO Zweigstellen im gan- -en Lande über 215 WO Einleger und einen Ein- lagenvestand von über 122 Millionen Reichsmark zu betreuen hak, ui erhöhtem Maße gerecht werden zu können. Tie schwierige Aufgabe wurde von den Architekten P. E h m ann und A. Ttaiger in Reutlingen in vorbildlicher Weise gelöst. Vor allem die Schalterhalle, das Herz der Sparkasse, ist in einen Hellen, lichten Geschäftsraum umgewandelt worden. An den Wänden vefinden sich von Kunstmaler Glücker, Stuttgart, angebrachte bunte Fresken württembergischer Städte. Auch die übrigen Räume vereinigen in glücklicher
Bild: Eiscnschint
Form die Grundsätze gediegener Zweckmäßigkeit und der Schönheit der Arbeit. Selbstverständlich fehlen auch nicht moderne Tresore, Lüftungs- und Luftschntzanlage
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Der Fackelzug der Hunderttausend durch die „Linden"
Der Schluß des ersten Festtages des Gaues Berlin der NSDAP, war ein Fackelzuq sämtlicher Formationen der Bewegung und ihrer Gliederungen, an dem sich etwa 100 OOÜ Mann beteiligten. s Weltbild. M.j
Msse macht» eag am die Brost-
Kuriose Ernährungslehren früherer Zeiten Von dl. v. II o g e u
Daß die Ansichten über gesunde und zweck- ! mäßige Nahrung in früheren Jahrhunderten ! erheblich von der unserer jetzigen Zeit ab- ! wichen, wird niemand wundernehmen. Daß ! es aber am Ausgange des Mittelalters sogar
> hochangesehene Aerzte und medizinische ! Schriftsteller gab, die es für notwendig hiel- i ten. das Publikum vor dem Genuß der i meisten Obst- und Gemüsearten zu warnen, j weil sie diese für gesundheitsschädlich an- ! sahen, dürfte wohl weniger bekannt sein.
^ Der „Spiegel der Arznei"
! In dem ersten, von einem deutschen Ge-
> lehrten in deutscher Sprache geschriebenen ' Buch, dem „Spiegel der Arznei", dessen erste z Auflage im Jahre 1518 erschien, macht uns ! der Verfasser, Tr. Laurentius Fries aus ^ Colmar, neben der Beschreibung aller be- ! kannten Krankheitep und den Methoden ! ihrer Heilung auch mit seinen Ansichten über ! Wert und Unwert der einzelnen Nahrungs- ! mittel, wie sie der Kenntnis der damaligen s Wissenschaft entsprach, bekannt. Da lesen wir j denn, daß Fleisch, Brot und Eier „gemeinig- ! lich gute Speisen" seien, daß man aber die i Früchte möglichst wenig zur Er- j n ä h r u n g h e r a n z i e h e n möge, weil sie ! „viel Ueberslüssigkeiten machen und wenig ^ Nutz geben". Allenfalls könne man sie gel- ! ten lassen, um „Verstopfung des Bauchs" zu j beheben oder aber, um Lust zu anderen i Speisen zu erwecken.
Das „Darmgegicht"
Birnen z. B. seien schädlich, denn — sie ' machen das „Darmgegicht". Pflaumen sind in allen Arten zu meiden, weil sie dem Ma- ! gen und der Leber schaden. Mit Pfirsichen i muß man sehr vorsichtig sein, denn sie „fau-
> len leichtlich im Magen" und sind unverdaulich. Es ist da allerdings eine Ausnahme
> zuzulassen, denn: „Auf die Pfirsiche sollst du i alleweg trinkeck einen Trunk guten Weins, j derselbig benimmt ihnen die Schädlichkeit!"
> Dies war vermutlich der Anfang zur Ein- j führung der heute noch so beliebten Pfirsich- ! bowle!
! Vor Nüssen wird besonders gewarnt, denn:
^ „sie beschädigen die Verdauung des Magens.
machen eng um die Brust, machen j auch viel Würmer in den Därmen!" Blau könne sie allenfalls als Gegengift zu Zeiten ! der Pestilenz gebrauchen, und zwar mit Rau- s ten und Salz gemischt. Oel, das aus Nüssen s gepreßt, bringt großen gesundheitlichen ! Schaden. Haselnüsse, oft gegessen, machen ! „Schmerzen des Haupts". Aber die südlichen Früchte werden empfohlen: Wein- ! trauben, weil sie „viel Nahrung geben wie i keine andere Frucht". Rosinen, weil sie „Ma- ? gen- und Leber stärken". Auch den Kapern.
! die Dr. Fries zu den Früchten rechnet, ist er ! sehr geneigt und ereifert sich darüber, daß sie in Deutschland so wenig Anklang fänden. — denn „die Leute. Arme sowohl wie Reiche, halten nichts auf die Ding, die ihnen gut seind, gleich als die Schweine!"
^ Das krübe Geblüt
Aber auch die meisten Gemüse und Hülsen- srüchte schienen gefahrdrohend. So liest man: „Linsen sind dem Magen, den Augen, dem Hauptgeäder schädlich, machen dickes und
I trübes Geblüt". Daß in vielen Gegenden ! Deutschlands der Haferbrei eine io bevorzugte Stellung einnahin und die Hnuptiiay- i rung der dortigen Leute darstellte, wird mit ! Entrüstung erwähnt, denn „H a ser i st e i n j Speis der u n v e r n ü nstige n T i e r . und nit der Menschen". Mangold, „w man's ! stetig ißt, macht stechenden Schmerz im Leib", i Bvrree „ist dem Gesicht nit gut", Rettich I „schadet dem Haupt, den Augen und den j Zähnen". Zwiebeln gar: „sind schwer ver.
I baulich, schaden dem Haupt, den Augen, deni Gedächtnis und machen unsinnig"! Kraut ist „ein auserlesen böse Speise, unverdaulich und macht bösi Blut"! Vernichtend ist das Urteil über „Schwammen und Pfefferlinge, von etlichen für eine gute Speis gehalten", denn sie „sind fürwahr den Menschen ein Gift"!
Allen diesen gefährlichen Speisen gegenüber muß nun natürlich das Fleisch in seinen mannigfachsten Formen besonderes Lob erhalten. Wie man aber zu dessen Empfehlung zu hören bekommt, berührt den heutigen Fleischesser doch recht eigentümlich, ja könnte eher zum Vegetarismus anreizen. Laurentius Fries beginnt seine Lobeshymne über das Schweinefleisch nämlich mit folgenden Betrachtungen, denen ex durch Bezugnahme auf berühmte griechische und arabische Aerzte besonderen Nachdruck zu verleihen sucht:
Prima wie Menschenfleisch...
„Averros lobt das Schweinefleisch und spricht: Es ist das beste Fleisch. — denn es ist dem Menschensleisch fast gleich!" Und weiter: „Galenos sagt, daß kein Fleisch des Menschen Fleisch so gleicht als Schweinefleisch und daß Menschen verkauft worden seien — als Schweinefleisch und dafür gegessen worden . . . Auch sagt Conviliator, — daß bei Florenz ein Wirt gewesen, der , Hab die Güst zu Tod geschlagen, sie gemetzt j und für schweinin Fleisch verkauft. Haben ^ da alle Menschen desselbigen schweinin Fleisch s wollen essen!"
! Blau erfährt aus diesem „Spiegel der i Arznei" auch, daß man damals das M i l ch- ! trinken in vielen Krankheitszuständen ! s ü r g e s ä h r l i ch h i e l t, und^daß Butter ! ungekocht zu essen nur in der Schweiz und s in Holland üblich war. In Deutschland ! brauchte man sie nur zum Braten und. ! Kochen, durfte aber auch nicht zu viel an ! die Speisen tun, um die Tischgäste vor gro- ! ßem Schaden zu bewahren! — Wir moder- ! neu Menschen sind jetzt glücklich über solche mittelalterlichen Ernährungstheorien hinaus.
^ Tenn daß sie wenig berechtigt waren, zeigten ! ihre bedauerlichen „Erfolge" in Gestalt der
> vielen unheilbaren Krankheiten und der : großen Epidemien damaliger Zeit. Wie alle : Anschauungen in der Lebensführung mit der i Zeit eine gründliche Aenderung erfahren ^ haben, so ist man sich jetzt auch des großen . Nutzens einer abwechslungsreichen Kost, die j einheimisches Obst und Gemüse bevorzugt.
bewußt geworden, i
Ang/arr-lich - aber wahr
i O du weiches Richterhcrz!
Da lebt in Manchester ein gewisser ! William Croch, ein 71jähriger Herr, der
> früher einmal Lehrer gewesen ist. Man weiß ^ nicht, wie es kam, aber dieser Mr. Croch ist ! jedenfalls vom geraden Pfade der Tugend ab- ^ gewichen. Wenn es Abend wurde, begab er sich
Urheöerrechtsjchutz durch Berlagsanstalt Manz, München
12. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Guro verstand nicht, was Doktor Hofer mit großer Beredsamkeit darlegte, aber sie erkannte, daß man über sie sprach, und errötete leicht bis in die Stirne.
Nach mancherlei Rede und Gegenrede wandte sich Herr Hofer zu ihr, verbeugte sich und reichte ihr die Hand.
Da erkannte*sie, daß ihr Helfer sie zu verlassen beabsichtigte und in jähem Schrecken hob sie unwillkürlich, wie flehend, die Hände auf. Gleichzeitig erkannte sie aber, daß sie sich in einem Gasthofe befand, und sie dachte, daß dieser junge Mann ja doch nicht immerfort werde hier bleiben können — wie war sie froh, daß er es nicht tat! — und so bedankte sie sich mit rührender Kindlichkeit für seine Gut- heit und seine Hilfe.
Staunend hörten Wirt, Wirtin, Kinder, Kellnerin und Hausknecht die fremde Sprache.
Es war etwas in dieser Sprache, noch mehr aber in dem feinen Gestchtchen der Fremden, was zu ihren Gunsten sprach, was gewann und was weich machte.
Ein feines Kind! Wo mag das Land liegen, das so reizende Geschöpfe in die Welt schickt?
„Kommen Sie, kommen Sie", sagte Herr Alois Scherf- lingec gerührt, während der Arzt schon die teppichbelegte Treppe hinabging, und öffnete eine sauber und nett ausgestattete Gaststube.
„Kommen Sie herein, Fräulein", sagte auch Frau Anastasia und drängte ihren Mann weg, weil ihr dünkte, daß dies alles mehr Frauenangelegenheit sei, „ruhen Sie sich aus und morgen wollen wir weiter sehen!"
6 .
Gitta, die mittlere» wird verhört.
Der Gendarmeriekommandant Hesselbart in Heideburg saß mit aufgeknöpftem Uniformrock und schrieb an einer dienstlichen Meldung.
Er war nicht in rosiger Laune, denn die Arbeit ging nicht vonstatten.
Nachdem er todmüde von seiner langen Streife zurückgekehrt war, wäre es nicht mehr als recht und billig gewesen, sich an dem lockenden Stammtisch im „Grünen Baum" ein wenig zu erholen. Statt dessen mußte er sich wegen irgendeines liederlichen Kerls die Finger krumm schreiben.
Wütend tauchte er die Feder ein: Besagter Kehrwezel gab an, nicht der Täter zu sein ... und um besagte Zeit schon zu Hause... im Bette sich aufgehalten zu haben ...
... drillidrillidrilli...
„Himmeldonnerwetter!" Zornig warf Hesselbart die Feder weg. „Sonst fehlt nix. Sicher ist zum Feierabend noch was passiert!"
Drillidrillidrilli... meldete sich der Fernsprecher wieder.
„Ja doch! Verflixt! Ich kann doch nicht hexen!" Tönend stapfte er an den Apparat und nahm das Hörrohr. „Gendarmeriestelle Heideburg hier."
Eine erregte Männerstimme knasterte.
„Bringen Sie sie doch in den Ortsarrest", sagte Hesselbart verdrießlich.
Dann wieder die knasternde Stimme, noch erregter als zuvor.
„Ja, was Sie sagen?" Hesselbart staunte. „Wahrscheinlich stellt sie sich bloß..."
Noch einmal knasterte es aus dem Kästchen. -
„Ach, glauben Sie doch dem Mädel nicht!... Was soll ich denn machen? Das geht doch mich nichts an!... Betrug? Ach so! Nun meinetwegen, der Abend ist doch schon zum Teufel!... Hören Sie, Herr Fimpel, tun Sie mir den Gefallen... Ich komme gerade von der Streife zu
rück, ich bin hundsmüde... Also bitte schön, Sie können das Mädel schon zu mir bringen lassen, Sie haben ja Leute genug... Also einverstanden? Aber gelt, Sie schicken sie sogleich? ... Nicht daß es gar so spät wird, ich Hab' mein Tagwerk so wie so schon hinter mir, Herr Fimpel..."
Der Stationskommandant hängte das Hörrohr ein.
Seins Frau war eingetreten, brachte Wurst und Brv ein Glas Bier.
„Was gibt es denn schon wieder, Josef?"
Hesselbart warf zornig das angefangene Aktenstück zur Seite.
„An manchen Tagen ist's nicht zum Aushalten! Aber jetzt ist es mir einerlei, die Meldung bringe ich heute abend nicht mehr fertig... Telephonieren sie mir soeben vom Bahnhof, daß sie ein Mädel aufgegriffen haben, hat keine Fahrkarte, kein Geld, keinen Ausweis und versteht kein Wort Deutsch ... Das kann ja nett werden!"
Die Frau, hager und verblüht, sah verbittert aus, warf kurz und trocken ein:
„Morgen ist auch ein Tag. Kein Mensch kann von dir verlangen, daß du dich wegen einer fremden Landstreicherin kaputt machst. Sie sollen sie auf die Polizei bringen und so lange einsperren!"
„Habe ich auch gesagt... Aber die im Bahnhofe sind ganz verrückt. Sie behaupten steif und fest, es sei etwas Besseres."
„Kann ich mir denken. Alleinreisend, ohne Geld und ohne Ausweis. Alle besseren Damen reisen ohne Geld und ohne Fahrkarte!... Wär' es nur kein Mädel, ihr würdet alle keine Umstände machen ... Aber wie du willst!"
Verdrossen verließ sie die Stube und man hörte sie die ächzende Treppe zur ehelichen Wohnung hinaufsteigen.
Eilig machte sich Joses Hesselbart an das bescheidene Mahl. Er hatte es aber noch nicht halb beendet, als draußen auf der Straße Schritte hörbar wurden.
In den Augen des Stationskommandanten blitzte es hohnvoll auf.
(Fortsetzung folgt.)