Leite 8 - Nr. 257
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter
Dienstag, den 3. November 1!M
Sie und alle andern 66 Millionen Verbraucher- und vor allem die Nurverbraucher, die noch nicht arbeitsfähigen Kinder, von denen wir in jeder Familie wenigstens drei oder vier brauchen, wenn anders der biologische Bestand unseres Volkes und die Sicherheit seiner Wirtschaftsplanung in kommender Zeit gewährleistet sein soll, sind eine wirtschaftslenkende Großmacht.
Nehmen Sie bloß einmal an, wir entschlossen uns von einem Tag zum andern auf verschiedenen Luxus zu verzichten, keine Grape Fruit s, Datteln, Malaga-, Madeira-, Tarra- gona-, Samosweine, keine Kosmetika, silberne Uhren und andere Luxusartikel mehr aus dem Ausland zu kaufen! Es würden mit einem Schlag große Mengen Devisen frei. Sie könnten für andere, für das Volkswohl viel wichtigere Zwecke, etwa für den Einkauf vvn Fetten oder andern unentbehrlichen Rohstoffen verwendet werden.
Unsere Korken für Wein-, Likör- Fruchtsaftflaschen usw. beziehen wir seit Jahrzehnten aus Spanien. Dort tobt sich gegenwärtig der Bolschewismus aus und keine Korklieferung aus Spanien ist möglich. Nun ist vor wenigen Tagen in Berlin eine Fabrik eröffnet worden, die einen vollwertigen Ersatz für den Flaschenkorken herstellt. Das ist ein Stopfen aus Pappelholz, der genau so gut ist wie der Korkstopfen. Aber das verwendete Material ist deutsch, der beschäftigte Arbeiter auch und wir sparen im Jahr für 7 Millionen RM. Devisen.
Und was hülfe es, wenn unsere Ernährungsbasis voll und ganz gesichert wäre, wenn wir nicht nur
ISS Prozent an Brot, Kartoffeln, Zucker, beinahe auch Fleisch ans Eigenem hätte», wenn auch die noch fehlenden etwa 10 Prozent an Eier« und die fehlende«
4S Prozent an Fette» von unserer Land» Wirtschaft hervorgebracht wnrden,
aber nun verstünden es unsere Hausmütter nicht, zur rechten Zeit die rechten Lebensmittel einzukaufen, eine gute Borratswirtschaft zu treiben, an Fetten und vielem anderen zu sparen und aus allen vorhandenen deutschen Lebensmitteln gesunde und schmackhafte Speisen zu bereiten.
Oder wir wären so weit, daß unsere Kleidung aus Eigenem gesichert wäre. Nun aber könnten unsere Schneider und Schneiderinnen und unsere Mädchen und Frauen mit dem neuen Material nicht richtig umgehen.
Dann hätten alle wirtschaftlichen Maßnahmen nur den halben Wert. Der Verbraucher wäre nicht richtig mitgekommen. Es hätte ihm an einer gründlichen Umschulung gefehlt.
Sie können übrigens ganz beruhigt sein: unsere deutsche Findigkeit, unsere Ingenieure und Chemiker sind schon viel weiter mit der Erzeugung „künstlicher" Rohstoffe, als Sie glauben. In wenigen Jahren z. B. haben wir unfern Bestand an Schafen und unsere Anbaufläche für Flachs, Hans und Lein vervielfacht.
I» großen Mengen find Bekleidungsstücke ans einem Gemisch von Wolle oder Baumwolle mit Kunstfaser in Gebrauch »nd man ist damit zufrieden. Autoreifen ans künstlichem Kautschuk haben sich auch schon in der Praxis bewährt. Deutsche Motortreibstoffe ans Kohle nehmen immer mehr zu.
Diele von uns müssen gleichsam wieder »auf die Schulbank", damit sie richtig wirtschaften und so wie cs für den Wohlstand des ganzen Volkes gut ist, richtig verbrauchen lernen.
Und für diese „Schulbank" des deutschen Verbrauchers hat der amtlich beauftragte „Reichsausschuß für volkswirtschaftliche Aufklärung" eine Reihe von guten und kurzweiligen „Schulheften" geschaffen. Jedermann sollte sie kennen und tüchtig lesen. Mann und Frau. Es sind sehr kluge Hefte für Leute, die es zu etwas bringen wollen und die sich ihr Leben leicht machen wollen. Es ist gut, daß diese Hefte („Gut Kochen!" „Gut Wirtschaften!" „Gut Backen!" „Guter Rat für Haus und Küche!" „Hausfrau und Volkswirtschaft!" „Deutsche Werkstoffes usw.) überall zu haben find: bei den Frauenschaften, den Dienststellen des Frauenamtes der Arbeitsfront, des Mttttcrdienstes usw. Sie kosten über 3V Seiten stark OLO RM.
Keine Angst, daß es auf dieser Schulbank langweilig -ügeht. Wir lernen jo fröhlich nnd guter Dinge z« sein nnd in Kamerad- kLakt mit den anderen das Leben zu meistern.
Zeichnungen (4) k. N-kusch.
L^s kst cka Lsrner. cksn ckrs Wk>ksc/ra//ttchen kirnte „kn erster Linke" etwas anZeLen, weit er kn cker Lrrea?an§ stekit ocker eine ,M/rrsn-ke Kokke" aks skann ckes Hsatens ocker ckes Sastwsrtes s/,kekt. lVkr akke skncklVkrtsaba/ter, knckenr wkr »nser tck^kkebesl^erid verrkebten Vorsorgen nnck verdranaben. ll/kr akke steten kn cker Lront «ker Arbeit kn erster Linke' Lire S §ro-Sen H,nrdoke unseres t'okLes, ckke Nst'eZe aks §knnbkkck seiner Lrnc/rtdarLekt, cker Hsaten aks ^ekaben cker varsorAencken «nck orcknsncken dlrck/ke seiner -irdekt, ckas Leitwert aks knbetzrkA^ seines llst'kkens s« Lcbats «nck Lickreran^ sinek knr t/rancks genommen eknbektkkc/ter /.usckrack seines Mkkens aas eigener ktra/t sein Leben sa ora'nen anck aa/sudaaen.
lVas u»cs Wo/ü> Wt> auLgeüen
Für uns Deutsche soll „Volkswirtschaft" eine wirkliche Wirtschaft für das Volk sein — eine Wirtschaft also, in der Erzeuger und Verbraucher richtig aufeinander abgestimmt sind. Unser wirtschaftliches Ziel ist, die Lebenskräfte der 66 Millionen Deutschen zu stärken, ihre Kaufkraft zu heben.
Dafür ist die wesentliche Steigerung des gesamten Volkseinkommens in den letzten Jahren ein deutlicher Beweis. Dementsprechend hat sich bei uns auch die Kaufkraft der Haushalte, durch die schätzungsweise der Volkseinkünfte gehen, von 1933 bis 1935 um 6—7 Prozent erhöht. Um welche Ausgabensummen es sich dabei handelt, ersieht man aus der Tatsache, daß durch die Hand unserer Hausfrauen etwa 46 Milliarden Mark jährlich gehen. Amtliche Erhebungen über die
wirtschaftlich verfeuern: es brennt rasch an, hält lange die Glut, das Bedienen von Ofen und Herd ist denkbar angenehm und einfach. Die Bevorzugung des Braunkohlenbriketts im Haushalt konnte natürlich nicht ohne Einfluß auf die allgemeine Entwickelung unserer Brennstoffwirtschaft, ja unserer Gesamtwirtschaft bleiben.
Wie cker
au/ ckre L?2errZ7r/r§ wr>Lk/
Auf den Braunkohlengruben arbeiten neuzeitliche Fürder- und Verarbeitungsanlagen, damit der wertvolle Rohstoff Kohle am wirtschaftlichsten gewonnen werden kann. Die Brikettierung hat sich im Laufe der Zeit immer mehr verbessert. Der Absatz für Sie häusliche Wärmewirtschaft ist die beste Gewähr für eine gedeihliche Entwicklung.
A/76 /Tr-N'SkT-L' sh/»
- -- MS
Lo srs/tt es aus, wenn in /ecksni L/ausSatt am Lage um eine Leireibs öroi vsrckttdL 4,1 ziii- kionen Tonnen /(arto/kein ven-ierben, soviel wie -iie ganre poururersc/re k(arlo//eiennte. km ganzen vererben /ü, kEiiarcken Lebensmittel, ckas ist 3 mal me/rr als ckie Lreeagung gans Ost/menFens anck entspricht cksr Lumme, /ür Nie wir Lebensmittel ein/übren müssen/
Verteilung der S a u s h a lta u s g a- ben bei einem Jahreseinkommen bis zu 2506 RM. in Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenhaushalten zeigen folgendes Bild:
Nahrungs- und Genußmittel 48 Proz., Wohnungsuriete, Hausrat u. a. m. 15 Proz., Bekleidung und Wäsche 10 Proz., Heizung u. Beleuchtung 4—5 Proz., sonstige Ausgaben für Versicherungen, Beiträge, Körperpflege, Vergnügungen u. ä. 22. Proz.
Damit sind gute Anhaltspunkte für den durchschnittlichen Haushaltsverbrauch gegeben, wenn auch naturgemäß solche Angaben nicht für alle Verhältnisse, für jeden Haushalt und für jeden Ort gelten werden. An sich sind diese Zahlen aber in mancher Hinsicht außerordentlich beachtlich.
Greifen wir einmal eine Zahl heraus, und zwar die bei unseren Witterungs- und Einkommensverhältnissen sehr wichtige über die Ausgaben für Heizung und Beleuchtung, um die Rückwirkung des Verbrauchs auf die Erzeugung festzustellen. Vier bis fünf v. H. des Haushaltsgeldes werden im allgemeinen für häusliche Wärme einschl. Licht ausgegeben. Scheint dieser Anteil auch verhältnismäßig niedrig, so geht doch der häusliche Brennstoffverbrauch in die vielen Millionen Tonnen Kohle. Annähernd 30 v. H. des gesamten deutschen Kohlenverbrauchs geht in den Hausbrand und es werden für Brennstoffe schätzungsweise 2 Milliarden Mark von den Hausfrauen ausgegeben. Am Hausbrand- oerbrauch hat wiederum das Braunkohlenbrikett den größten Anteil, weil es infolge feiner verschiedenen Annehmlichkeiten sehr begehrt ist. In alle» häuslichen Feuerstätten, im Küchenherd, im Zimmerofen, imWarmwaffer- bereiter und Waschkessel, läßt es sich gleich
Erst dadurch ist die deutsche Braunkohle in die Lage versetzt worden, auch auf anderen Gebieten des einheimischen Wirtschaftsaufbaues ihre Energie einzusetzen und große Zukunftsaufgaben anzupacken. Ist es doch gerade die Braunkohle, die außer zur Erzeugung von elektrischem Strom infolge ihrer besonderen Eignung zur Gewinnung einheimischer Treibstoffe in weitestem Umfange herangezogen wird. Bereits heute sind im Rahmen des Aufbauwerkes der Reichsregierung die entsprechenden Anlagen errichtet und in Gang gesetzt: weitere werden in Kürze erstehen.
Aber damit nicht genug. Technik und Wissenschaft haben in feuerungstechnischer Hinsicht alles getan, um Herde und Oefen zu bauen, in denen der wertvolle Rohstoff unter größter Ausnutzung seines Wärmeinhalts brennt. In gleichem Sinne wirken die Gerätehersteller, die Schornsteinfeger, die technischen Abteilungen der brennstoffbringenden Industrie u. a. m., damit alle Erfahrungen und Erkenntnisse aus Theorie und Praxis berücksichtigt werden. Fachliche Beratung und Belehrung wird allenthalben gegeben, um vor allem die Hausfrau über bas richtige Bedienen, d. h. sparsame Heizen und das rechtzeitige Nachsehenlassen und Ausbefsern von Herb und Ofen aufzuklären.
Die Neubeschaffung an häuslichen Feuerstätten wird für das Jahr 1934 aus 4 StS 8 v. H. geschätzt. Dies macht einen jährlichen Zugang von etwa 2 Millionen Heizgeräten für festen Brennstoff. Bei einem mittlere» Anschaffungspreis von 100 RM. Feuerstätte ergibt dies einen jährlichen Neubeschaffungswert von 200 Millionen Mark.
All diese Zahlen geben einen Begriff von der Großmacht: BerbrauL
/ür 2SS SSO Oattak'
Kürzlich konnte man lesen, daß die amerikanische Tänzerin Fay Marbe nicht nur ihre Beine mit 1 Million Dollar, sondern auch ihr Lächeln mit 250 000 Dollar „gegen Unfall" versichern ließ. Daß ein Artist eine Versicherung auf 76 000 Dollar einging, die zahlbar werden, wenn seine Nase ihre fingerähnliche Gelenkigkeit „durch Alter, Krankheit oder Unfall" verliert. Ein junger Ehemann, dessen Frau guter Hoffnung war, wurde gegen die Geburt von Zwillingen versichert. Was ihrer Kollegin, die ihren betörenden Augenaufschlag versichern ließ, recht war, das war der Hollywooder Filmschauspielerin GraceRidger billig, die ihr blendend schönes Gebiß versicherte. Und einem Schlagersänger wäre es beinahe geglückt, seinen schlechten Dialekt, der ihn volkstümlich gemacht hat, zu „versichern".
De/" „Frau" L/usruus
Wie kommt es aber, daß im Lande der „unbegrenzten Möglichkeiten" Millionen und Abermillionen für solche Nichtigkeiten eingesetzt werden? Solche Versicherungen werden nicht abgeschloffen, weil dort die Versicherungsgesellschaften nach anderen Grundsätzen arbeiten, sondern weil man sie als besonders wirksame Reklamemittel ansieht.
Es gilt als sensationell, wenn das Lächeln der Fay Marbe mit 250 000 Dollar „versichert" wird?
Man schreibt darüber und spricht davon.
Die amerikanischen Versicherungsgesellschaften schreiben schlimmstenfalls den Verlust, der unter Umständen bei einer solchen „Versicherung" eintritt, über das Konto Wcr- bungskosten ab.
Wetten sind das, Sie die Versicherungsgesellschaften da eingehen, sehr gefährliche Wetten, die oft genug von Spitzbuben und Schwindlern höchst geschickt ausgenutzt werden. Alles Ausdruck einer ungesunden Wirtschaft, in der Millionen von Dollar volkswirtschaftlich völlig fehlgeleitct werden.
lVas ma/r ckas« sa§6» Hak
Vor allem dieses. Saß auch auf diese Art Sem amerikanisch-verlogenen „Ideal" Ser starken Persönlichkeit, l— „vom Zeitungsjunge« zum Stahlkönig" —) in einer falschen Art gehuldigt wird. Eine dumme und verkehrte Romantik, die das: „Aus eigener Kraft" einseitig individual i st i s ch versteht. Da kommen wir nicht mehr mit. Gerade auch in dieser Hinsicht ist Las von uns gewählte Beispiel aus Ser Versicherungswirtschaft lehrreich. Von einer echten Versicherung kann man nur Sann reden, wenn zu einem bestimmten volkswirtschaftlich oder volksbiologisch wertvollen Zweck eine Gefahrengemeinschaft gebildet worden ist.
So liegen doch die Dinge, wenn jemand bei einer der deutschen Privatversicherungsgesellschaften sein Leben versichert? Wann gerade ihn der Tod ereilen wird, ist in das Dunkel des unerforschlichen Schicksals gehüllt. Aber die Erfahrung lehrt. Saß die deutschen Menschen ein bestimmtes durchschnittliches Lebensalter zu erwarten haben und daß jährlich ein bestimmter Teil jeder Altersklasse stirbt. An Hand dieser Erfahrung, die in den sogenannten Sterblichkeitstafeln fcstgehalten wird, läßt sich berechnen, welche Geldsummen von allen Versicherten gemeinsam aufgebracht werden müssen, um das Risiko eines vorzeitigen Todes des Einzelnen auszugleichen. So ist die deutsche Privatversicherung aufgebaut auf dem sittlichen Grundsatz: „Einer für alle und alle für einen", und sie denkt nicht daran, auch nur im geringsten von diesem Grundsatz abzuweichen. Sie lehnt es ab, mit dem Gels, das die Gesamtheit der Versicherten zum Zwecke gegenseitige» Beistandes zusammenträgt, Wetten zugunsten eines Einzelnen abzuschließen. Deswegen also kann in Deutschland keine Tänzerin ihr Lächeln und keine Filmdiva ihre schlanke Linie versichern lasse».
Und mit diesem ethischen Grundgedanke« der Verbindung -es:
Aus eigener Kraft mit der Solidarität der zn gleichem Zweck verbundenen Mensche» zn einer Schutz- und Trntz- gemeinschast
hat das deutsche Privatversicherungswesen seinen großen Aufschwung genommen. ES ist ja oft genug betont worden, wie Sie in den vielen privaten Gesellschaften zur Versicherung von Hab und Gut, von Leben und Gesundheit angelegten Spargelder zu Riescu- summen anwachsen, die hinwiederum nutzbringend in dem nationalen Wirtschaftsaufbau sich auswirken. Aber wenigen ist bekannt, wie gerade der internationale Ausbau des deutschen Versicherungswesens auch dieWeltgeltung deutscher Wirtschaft gewährlei st et. 40 Prozent aller in Ser Welt getätigten Ver- fichernngsabschlüffe sind bei 11 deutschen Privatversicherungen rückversichert. Ein schöner Beweis dafür, wie durch die Jnternationali- tät eines deutschen Wirtschaftszweiges Devisen beschafft und dem Aufbau aus eigener Kraft zur Verfügung gestellt werde«.