Nr. 169
Donnerstag, 23. Juli 1936
110. Jahrgang
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Schließfach Nr. 1
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Konzentrischer Bormarsch auf Madrid
Madrid, 22. Juli
Im Laufe des Dienstag ist in der Bür- gerkricgslage in Spanien eine Wendung cingetreten. die den Augenblick der Entscheidung näher rückt. Nach Meldungen aus britischer, französischer und portugiesischer Quelle und Berichten des Aufständischen- Scnders Sevilla haben die im Norden operierenden aufständischen Truppen San Sebastian besetzt. Die Zivilgouverneure von San Sebastian und Navarra sind n a ch Frankreich geflohen. Die Volksfront- Hochburg Ir u n ist umzingelt; der marxistische Befehlshaber von Jrun ist ebenfalls nach Frankreich abgereist.
Während die Negierung unbestritten noch Herr der Lage in Madrid ist und alle besorgniserregenden Nachrichten aus dem Norden dementiert, hat sic bereits zugegeben, daß die von Süden her vorrückenden Aus- ständischen bereits Toledo, SO Kilometer südlich von Madrid, erreicht haben. In drei starken Kolonnen marschieren die Aufständischen auf die Hauptstadt zu, die bereits in Verteidigungszustand gesetzt wird. Man rechnet damit, daß es in den nächsten Tagen vor den Toren der Hauptstadt zur Entscheidungsschlacht kommen wird. In Madrid soll nach Berichten aus französischer Quelle Panik herrschen.
Flüchtlinge berichten
Um Mitternacht meldet Havas aus Hen- daye, daß auf der französischen Seite der Grenze völlige Ruhe herrsche. Aus sicherer Quelle erfahre man, daß in der französischen Hafenstadt Bayonne etwa 30 Anhänger der spanischen Volksfront gelandet seien, die sofort entwaffnet wurden. Der französische Ueber- wachungsdienst zu Wasser und zu Land ist bedeutend verstärkt worden. Gruppen der aus Bordeaux mit dem Schnellzug eingetroffenen feldmarschmäßig ausgerüsteten mobilen Garde wurden zur Verstärkung eingesetzt.
Ueber die Lage in Nordspanien meldet Havas aus Bayonne, daß 400 Aufständische, von Katalonien kommend, den Bidasioa-Fluß entlang vorrückten. Die Kommunisten hätten, um den Vormarsch der Aufständischen zu hindern, die Brücke von Enderlaza. die Navarra von Quipuzcoa trennt, in die Luft gesprengt. Die Truppen hätten daraufhin an einer anderen Stelle den Fluß überschritten und erwarteten nun weitere Verstärkungen. Am Dienstag abend haben Kraftwagen der Volksfront etwa 50 Engländer mit Frauen und Kindern und Gepäck bis zur Mitte der internationalen Brücke von Behobie gebracht, um sie aus französisches Gebiet zu überführen. Nach einer Havasmeldnng aus Hendahe scheinen sich die Gerüchte von Erfolgen der Aufstän- dischen im Nordwesten Spaniens zu bestätigen.
An der Grenze bei Hendaye sollen sich spanische Grenzwachen und Zollbeamten aus die Seite der Aufständischen geschlagen haben. Die ließen nur noch Anhänger der Aufständischen über die Grenze nach Frankreich, wiesen aber Volksfrontleute zurück, die vor allem nach der Einnahme von San Sebastian durch die Aufständischen in Scharen nach Frankreich flüchten wollten. Vor allem machten Zollwächterpatrouillen Jagd aus flüchtende Kommunisten, die auf Bergpfaden nach Frankreich zu entkommen versuchten. Die Einwohner von Hendaye hätten heftige Schießereien ans der Gegend von Jrnn gehört. Man habe den Eindruck, daß nach der erfolgreichen Einnahme von San Sebastian die Aufständischen Herr der Lage in Nordwest-Spanien sind.
In der Nacht zum Mittwoch sind in Hendaye. wie „Havas" weiter meldet, zwei Polizeibeamte aus der Leibgarde des Gouverneurs von Pampelona heimlich über die Grenze gekommen. Sie seien sofort den Gar- darmerieposten zugeführt worden und hätten dort die Mitteilung gemacht, daß sich die aufständischen Truppen, die von Pampelona her kamen, am Samstag abend der Stadt
! gestürzt ist, gelegen gewesen sein. Außerdem l gehören zu den Leitern des Ausstandes die ! Generale von Marokko und Südspanien, Ge- i neral Molla in Nordwestspanien und General ! Godes, der in Barcelona den Mißerfolg er- i- litten hat. Das Ziel der Aufständischen ist ; nach einer „Havas"-Meldung eine vorüber- ! gehende Diktatur, unter der Neuwahlen zu : einer korporativen Volksvertretung durch- ^ geführt werden sollen.
General Sanjurjo 's
General Jose Sanjurjo. der Führer des mißglückten Monarchistenputsches vom Jahre 1932. ist tödlich verunglückt. Er wollte sich von Portugal, wo er im Exil lebte, nach Spanien begeben, um sich an dem neuen Aufstand zu beteiligen. Das Flugzeug stürzte jedoch ab und geriet in Brand, so daß der 61jährige General ums Leben kam. General Sanjurjo vollbrachte seine größte Waffentat. als er im marokkanischen Krieg die Bergfeste Abd ei Krims erstürmte. (Scherl-Bilderdienst. M.)
San Sebastian bemächtigt hätten, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Carabinieri hätten sich sofort unterworfen, wodurch unnützes Blutvergießen vermieden werden konnte.
Auf Fragen über die Fortschritte der aufständischen Bewegung, erklärten die beiden Polizeibeamten, daß nach ihrer Kenntnis die Aufständischen die Provinzen Saragossa, Navarra, Jaca, Guypuzcoa mit Ausnahme von Jrun und einigen anderer Städte an der Grenze, ferner noch die Provinzen Vittoria, Burgos und Valladolid in ihrer Gewalt hätten.
Neue Unruhen in Barcelona
Auf französischem Gebiet sind zahlreiche führende Marxisten eingetrosfen. Der regte- rungstreue Kreuzer „Don Jaime I." ist von einem Flugzeug der Aufständischen bombar- diert worden. Ein Hilferuf der Besatzung an die Madrider Regierung soll damit beantwortet worden sein, daß die Regierung keine Hilfe schicken könne. In Barcelona ist es erneut zu Unruhen gekommen. Hier scheinen die Kommunisten die Macht in der Hand zu haben; der Präsident der katalo- nischen Genexalidad, Companys, wurde von ihnen abgesetzt. Französische Dampfer haben die zur sogenannten „Arbeiter-Olympiade" nach Spanien gekommenen französischen Sportler wieder abholen müssen. Nach französischen Berichten sind in Barcelona alle Kirchen mit Ausnahme der Kathedrale in Brand gesteckt worden.
Der Aufständischen - Sender Sevilla hat Verlautbart, daß in den von den Aufständischen besetzten Gebieten die Arbeiter aller wichtigen Betriebe der Militärgerichtsbarkeit unterstellt werden. Wer sich bis heute früh nicht an seinem Arbeitsplatz einfindet, wird streng bestraft. Die Syndikate (Gewerkschaf- ten) werden aufgelöst. Die Aufständischen haben sich des 16 OOO-Tonnen-Kreuzers „Pri- mero" bemächtnigt und ihn nach Vigo ge- führt. Aus Marokko landen immer neue Truppen in Südspanien, die die Aufständischen verstärken.
Die britische Admiralität hat das erste Kreuzergeschwader im Mittelmeer angewiesen, je einen Kreuzer nach Barcelona, Palma di Mallorca und Teneriffa zu entsenden. Auch die Ver. Staaten haben zwei Kriegsschiffe nach Spanien beordert.
Die Leitung des Aufstandes soll in den Händen des Generals Sanjurjo, der auf dem Fluge von Lissabon nach Spanien ab-
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Belege des Wirtschastsaufbalies
Berlin, 21. Juli.
Die Neichssteuereinnahmen im Monat Juni 1936 999,5 gegen 767,7 Millionen Reichsmark im Juni 1935, sind also u m rund 234,8 Millionen Reichsmark höher. Im ersten Vierteljahr 1936 (1. April bis 30. Juni 1936) betragen die Reichssteuereinnahmen 2527,9 (4- 414,9)
Millionen Reichsmark, und zwar Besitz- und Verkehrssteuern 1693,1 (4- 349,4) Millionen, Zölle und Verbrauchssteuern 834,8 (4- 65,5) Millionen. Deutlicher zeigt sich wohl nirgends der Erfolg der gewaltigen Aufbauarbeit des nationalsozialistischen Staates)
Gericht über die Sünder der Geschichte
Erster Eindruck des „Frankenburger Würfelspiels"
Berlin, 21. Juli.
Auf der Dietrich-Eckart-Bühne im olympischen Gelände sind die Proben zu Eberhard Wolfgang Möllers „Frankenburger Würfelspiel" soweit fortgeschritten, daß es möglich ist, einen ersten gewaltigen Eindruck von der Kraft und Wir- kung der neuartigen Dichtung, die sich im Spiel mit der neuen Bühne zur Einheit ver- bindet, zu gewinnen.
Seit 8 Tagen wird mit voller Besetzung geprobt. Mehrere hundert Mann des Arbeitsdienstes haben sich für die Massenszenen zur Verfügung gestellt. Insgesamt werden zusammen mit den Chören über 1200 Menschen den Bühnenraum füllen, um vor einer Gemeinschaft von 20 000 Miterlebenden das gleichnishafte Spiel vom Gericht der Geaenwart über Sünder der Geschichte darzustellen. Mathias Wiemann und Werner Pleister geben als Spielleiter der neuartigen dramatischen Dichtung ein eigenes und starkes Gepräge; indem die Regisseure die Chöre gegen die Massenszenen und gegen die Soloszenen absetzen und in verschiedene Gattungen einteilen, die in die Musik von Paul Höfer mit einbezogen werden, ergeben sich für die Theaterpraxis im Freien vollkommen neue Ge- s i ch t s p u n k t e. Generalmusikdirektor Schulz-Dornburg stellt seine verschiedenen Blasorchester in einzelnen Gruppen um Bühne und Zuschauerraum herum und im umgebenden Wald auf.
Die Sturmglocken des 30jährigen Kriege? läuten über die Not der Bauern dahin und die Obrigkeit wird vor das jüngste Gericht gerufen — vor das Gericht der Gegenwart, an dem die 20 000 im gewaltigen Rund der Zuschauerreihen teilnehmen werden. — Die Uraufführung des „Frankenburger Würfel- spiels" findet gleichzeitig mit der Eröffnung der Dietrich-Eckart-Bühne am 2. August im Rahmen der Olympischen Spiele statt.
Me SMe der Lebensfreude
Deutschlands»»^, überträgt groß« de» Hamburger Weltkongresses
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Hamburg, 22. Juli
Der Welthafen Hamburg, daS Tor der Meer«, steht vom 23. bis 30. Juli mit all set- neu Schiffen, DockS, Maschinen und Menen im Zeichen deS großen „Weltkongresse? sreizeit und Erholung". Wie der „An- (Berlin) berichtet, fährt der Reichssender Hamburg für den Deutschlandsender, dessen Programm in diesen Tagen über all« deutschen Sender geht, eine Reihe wichtiger Uebertragungen durch, hie den Eindruck vie
ler gewaltigen Weltkundgebung der Lebensfreude wiedergeben werden.
Das Volksfest der Nationen
Nach den Uebertragungen der Eröffnungsfeierlichkeiten des Weltkongresses und der Eröffnung der Ausstellung „Freizeit und Erholung" im Hamburger Zoo (am 23. Juli, 10 und 15 Uhr) bringt der zweite Tag (Freitag, 24. Juli, 20.10 Uhr) unter dem Titel „Volksfest der Natio- n e n" ein Farbenspiel völkischer Musiken. Die Sendung wird zeigen, wie die Komponisten der verschiedenen Länder ihr volkstümliches Material gestalten.
Die Hauptsendung des deutschen Rundfunks bringt der Samstag, 25. Juli, 20.10 Uhr, mit einer Riesenveranstaltung in der Hanseatenhalle. „W ir schlagen die Brücke" ist der Titel der Sendung, mit dem die Idee der ganzen Veranstaltung gekennzeichnet ist. Frohes Volk aus aller Wett erscheint zum gemeinsamen Feierabend in der Hanseatenhalle; 20 000 Zuschauer wohnen den Darbietungen bei. Volksgruppen aus den meisten Länder« Europas und aus allen deutschen Gauen werden vor dem Mikrophon erscheinen.
Am Sonntag, 26. Juli, werden um 11.80 Uhr Bilder und Eindrücke vom großen Festzug, dem Olympiafestzug des deutschen Volkes, übertragen. Der Sonntag klingt abends aus in ein funkisch gestaltetes großes Potpourri. Um 20 Uhr wiÄ unter dem Titel „Freut euch des Lebens" eine Folge heimatlicher Musik aus allen deutschen Gauen in Lied, Tanz- und Orchestermusik geboten werden. Der Montan. 27. ^culi. ist der „Tag der Jugend". Die Abendsendung um 20.15 Uhr heißt „Laßt doch der Jugend ihren Lauf".
Symphonie der Völker
Zum erstenmal werden in dieser großen Rundfunksenduna aus Anlaß des Weltkongresses für Freizeit und Erholung in der Hanseatenhalle zu Hamburg ausländische Gruppen mit deutschen Bolkstumsgruppen gemischt vor dem Mikrophon stehen. Ebenso wie die deutschen Gruppen nach einem Plan, den der Berliner Spielleiter Leopold Hainisch ausgearbeitet hat, in vier Säulen — „Nord", „Süd", „West", „Ost" — aufmarschieren, werden auch die ausländischen Gruppen eingeteilt sein. Auf der Riesenbühne der Hanseatenhalle, die für 3000 Teilnehmer besonders eingerichtet wurde, stehen neben dem Norddeutschen die Vertreter aus Dänemark, England, Norwegen, Irland, Schweden und Holland, neben den Süddeutschen die Gruppen aus Griechenland und Italien, neben den Westdeutschen die Teilnehmer aus Belgien und Frankreich, und neben den Ostdeutschen die Bulgaren, Rumänen, Jugoslawen, Polen. Ungarn und Oesterreicher. Eine Gruppe aus China, ein zwölf Mann starkes Laienorchester, ist neben den Hamburgern aufgebaut und symbolisiert Hamburg als „Tor zur Welt".
SlWviM LiMßglUt
Her Soolierberiekterstutter tter dl8. Presse ereätilt eine vakre vezebeudeit
Wenn ich von des Tages Last und Hitze ausruhe und mich auf dem Balkon dem süßen Nichtstun hingebe, werde ich in diesem harmlosen Vergnügen immer und immer nieder durch einen im Nebenhause wohnenden unangenehmen Zeitgenossen gestört.
Das heißt, daS war bis gestern der Fall, denn da hat sich etwas ereignet, was ihn in unserer Straße für alle Zeiten dem tödlichen Gelächter preisgegeben hat, einem — um es im Angesicht der Olympischen Spiele auf „griechisch" zu sagen — wahrhaft homerischen Gelächter.
Die Sache war folgendermaßen: Besagter unangenehmer Zeitgenosse ist in der ganzen Gegend als schrecklicher Schürzenjäger bekannt, und wenn er kein Geld zum AuSgehen hat (das ist meistens der Fall!) liegt »r den ganzen Tag am Fenster und äugt mit seinem Feldstecher überall hin, wo sich ein weibliches Wesen blicken läßt. Und mit allerhand Men- kende versucht er dann krampfhaft, bi« Ans-