Nr. 158

Freitag, 1v. Juli 1936

110. Jahrgang

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Schließfach Nr. SH

Britische Rotte bieivt im MMer

Nur Zurückführung auf den normalen Stand

London, 9. Juli.

Im Unterhaus stellte der Abgeordnete Mander (liberal) an den Ersten Seelord die Frage, wann er beabsichtige, die britische Flotte aus dem Mittelmeer zurückzuziehen.

Sir Samuel Hoare antwortete, es be­stünde nicht die Absicht, die britische Flotte aus dem Mittelmeer zurückzuziehen, aber es sei beabsichtigt, in sehr naher Zukunft die­jenigen Einheiten zu entlassen, die vorüber­gehend aus den Heimatgewässern und ande­ren Ueberseestationen entsandt worden seien.

Mander fragte hier ironisch, für welchen genauen Zweck die Flotte im Mittelmeer gehalten werde, da die Regierung doch nicht die Absicht habe, irgend eines ihrer Schiffe zuriskieren". Peter Macdonald (kon­servativ) fragte daraus, ob die britische Flotte nicht schon über dreihundert Jahre im Mittelmeer sei. Daraufhin erhob sich Hoare und sagte, er könne den Abgeordneten versichern, daß die britische Flotte wahr­scheinlich noch weitere drei Jahrhunderte im Mittelmeer bleiben werde. (Beifall der Regie­rungsmehrheit.)

Der Erste Lord der Admiralität hat mit dieser Mitteilung im Unterhaus bestätigt, daß die britische Flotte im Mittelmeer aus einen normalen Zustand zurückgeführt wer­den soll. Diese Maßnahme bedeutet, daß im Laufe der nächsten Wochen einige der vor Alexandrien und Malta liegenden Schiffe in die englischen Heimathäfen, nach Gibraltar sowie nach Neuseeland und Australien und Ostasien zurückkehren werden. Die nach Rück­kehr dieser Einheiten im Mittelmeer ver­bleibende Flotte wird jedoch voraussichtlich stärker sein, als die britische Flotte es vor dem Ausbruch des abessinischen Feldzuges war. Die gesamten Einrichtungen für die Unterbringung und Verpflegung einer grö­ßeren Flotte bleiben jedoch erhalten, so daß es unter Umständen leicht sein wird, die Flotte wieder im Mittelmeer zusammenzu­ziehen, falls dies erforderlich werden soll. Die von Hoare angekündigteDemobilisie­rung" der Flotte habe lediglich den Zweck, den Besatzungen den ihnen zustehenden Ur­laub zukommen zu lassen.

Gleich zwei Marne-Konferenzen?

Türkei bestehenden Kriegsgefahr und" hin­sichtlich der Beibehaltung der Meerengen- kommrssion. Die Frage der Völkerbunds­befugnisse wurde auf japanischen Antrag ver­tagt, da der japanische Vertreter noch nicht im Besitz endgültiger Anweisungen ist. In­zwischen soll der Technische Ausschuß aus Grund von sowjetrussischen und rumänischen Anregungen eine Formel ausarbeiten. Be­züglich der Meerengenkommission wurde das türkische Verlangen nach Aufhebung von den Mitgliedern der Balkan-Entente unterstützt. Es wird von einer Kompromißlösung ge­sprochen, die darin bestehen würde, daß ent­weder die konsularischen oder die diplomati­schen Vertreter der Unterzeichnerstaaten, die bisherigen Ausgaben der Meerengenkommis­sion übernehmen würden. Dre nächste Sitzung findet Donnerstagnachmittag statt.

Italien fordert Aufhebung der engl. Mittelmeerabmachungen

Nom, 9. Juli.

Die Erklärungen, die Baldwin am Mitt­woch im Unterhaus über die Flottenab­machungen Englands im Mittelmeer abgab, finden in italienischen Politischen Kreisen große Beachtung. Man glaubt, daß sie den Weg für eine noch weitcrgehcnde und viel­leicht sogar endgültige Klärung dieser Frage anbahnen können. Das halbamtlicheGior- nale d'Jtalia" ist der Meinung, daß man mit densymptomatischen Erklärungen" Baldwins die Mittelmeerabmachungen Eng­lands infolge der Aufhebung der Sanktionen als automatisch verfallen betrachten könne. Es sei offensichtlich, daß nach dem Widerruf der Sanktionen auch jeder Anlaß eines ita­lienischen Gegenstoßes und damit auch der Abwehr einer italienischen Drohung ver­schwunden sei. Italien nehme von diesen Erklärungen Kenntnis, warte aber vorerst ab, ob sic auch in greifbare Tatsachen um­gesetzt werden würden. Die politische Einstel­lung Italiens könne sich nur nach Tatsachen richten. Das sei, so schreibt das Blatt, im vorliegenden Fall besonders auch deswegen angebracht, weil die fraglichen Flottenab­machungen eine durch nichts gerechtfertigte italienfeindliche Tendenz hätten, die im

' Widerspruch zur traditionellen italienisch- ! englischen Freundschaft im Mittelmeer um> j zu den Freundschastsverträgen Italiens mit Frankreich, Griechenland und der Türkei stehe. Ueberdies würde dadurch auch das Sy­stem des Gleichgewichtes im Mittelmeer zu Ungunsten Italiens gestört,

Militärische Nachtragshaushalte Großbritanniens

London, S. Juki.

Donnerstag wurden in London die Zahlen der militärischen Ergänzungshaushalte be­kanntgegeben. Danach fordert die britische Negierung die Bewilligung von weiteren 19 652 000 Pfund Sterling zusätzlich zu den im Mai bereits angeforderten 10,3 Mil­lionen Pfund für die Flotte, von denen auf die Flotte 1 059 000, auf das Heer 6,6 Millionen, auf die Luftwaffe 11,7 Millionen und für Munitionsfabriken 293 000 Pfund Sterling entfallen.

Aus den Mitteln des Nachtragshaushaltes für die Flotte sollen zusätzlich gebaut wer­den: zwei 5000-Tonnen-Kreuzer, ein Torpedo- bootsführer, acht Zerstörer, ein Flugzeug- j Mutterschiff und vier U-Boote, so daß das Flottenbauprogramm für 1936 sieben Kreu- ! zer, achtzehn Torpedoboote, bzw. Flottillen- sührer, zwei Flugzeugmutterschiffe und acht U-Boote umfaßt. Von den für das Heer be­stimmten Mitteln werden rund eine Million Pfund zur Beschaffung von Werkzeugen für die Waffenerzeugung gebraucht. Im Zusam­menhang mit dem abessinischen Feldzug braucht das Heer 1250 000 Pfund, die Un­ruhen in Palästina haben bis jetzt 45 000 Pfund gekostet. Die Heimatluftflotte (ohne Marineluftwaffe) soll auf 1750 Frontflug­zeuge, der Personalstand auf 55 000 Köpfe gebracht werden.

Wieder Friedensdienfi im Mitkelmeer

Wie wir erfahren, hat die britische Re- gierung die Absicht, die britische Mittelmeer­flotte umgehend auf den normalen Zustand zurückzuführen. Dies besagt, daß der Zu­stand der Mobilisierung aufgehoben und der normale Friedensdienst wieder durchgesührt wird. Es wird hervorgehoben, daß dies in der Hauptsache im Interesse der Mannschaf­ten und Offiziere, die im mobilen Zustand einen sehr harten Dienst gehabt hätten, liege. Zugleich wird eine gewisse Verminderung in der Stärke der Biittelmeerflotte erfolgen.

Brüssel, 9. Juli.

Die Note der belgischen Regierung, mit der Italien zur Teilnahme an den Locarno-Be­sprechungen Brüssel eingeladen wird, ist am Mittwoch in Rom eingetrofsen. Italien be­hält sich seine Stellungnahme im Hinblick auf die ungeklärte Lage im Mittelmeer noch vor und Prüft zur Zeit die Note.

Das dem belgischen Außenminister Spaak nahestehende Brüsseler Marxisten - Organ Peuple" glaubt zu wissen, daß die Konfe­renz wahrscheinlich am 22. und 23. Juli stattfinden, aber nicht den Charakter einer eigentlichen Konferenz haben werde. Es soll vielmehr die Lage besprochen werden, die sich aus der Aufhebung der Sanktionen gegen Italien ergeben hat, um Italien die Füh­lungnahme mit den Mitunterzeichnern des Locarno-Vertrages wieder zu ermöglichen. Keineswegs soll die gemeinsame Haltung der Rest-Locarno-Mächte gegenüber dem Deut­schen Reich auf dieser Besprechung bestimmt werden. Im Gegenteil denke man schon jetzt an die Einberufung einer zweiten Konferenz, auf der gewisse Punkte der deutschen Denk­schrift vom 7. März einer eingehenden Prü­fung unterzogen werden sollen.

Reue MeinungsverWedenhetteu iu Montreux

Montreux, 9. Juli.

Unter Zurückstellung des Artikels 16, über den noch keine Einigung erzielt ist, hat die Meerengenkonferenz am DonnerstaKwrmit- tag die Beratung des englischen Entwurfs fortgesetzt. Bei den wichtigen Bestimmungen ergaben sich Meinungsverschiedenheiten, be­sonders hinsichtlich der Anrufung des Völker­bundes im Falle einer nach Meinuna der

Programm der kommliuiWen Iuterllatimlk

Vor der nächsten Offensive?

, NZ. Amsterdam, 9. Juli.

! Am 30. Juni, so berichten verschiedene niederländische Blätter übereinstimmend, ! fand in Breda in Südholland eine Ge­heimkonferenz der kommunistischen Inter­nationale statt, an der 60 Delegierte aus fast allen Ländern teilnahmen.Standaard" erklärt, daß dieser KriegsratderWelt- cevolution zur Vorbereitung einer großen Aktion gedient habe, die Ende September oder Anfang Oktober vom Stapel laufen soll. Als Ausgangspunkt dieser Offensive seien ent­weder das Elsaß oder Eupe n»M almedy geplant.

Dagblad voor Noordbrabant" undTijd" berichten gleichlautend über das Programm, das auf diesem Konzil der Weltrevolution rm Auftrag Moskaus verkündet wurde. Die entsprechenden Richtlinien wurden darnach rn einem Rundschreiben der 3. Jnternatio- nale an die kommunistischen Organisationen m Westeuropa bekanntgegeben. Diese lauten: 1. Zunächst sind alle Kräfte auf die Zer­setzung d e r V er w a l t u n g s o r g a n e : des bürgerlich-liberalen Staates durch Be- seitigung der faschistischen Elemente aus dem ! Heer«, der Verwaltung und der Polizei zu I konzentrieren. 2. Die revolutionäre Organi- . sation des Proletariats und der Ar b ei t e r.

! Sturm truppen ist mit allen Mitteln . »u verstärken. 3. Die Sozialisten und

Mitglieder anderer Parteien müssen nach und nach aus der Führung der Volksfront entfernt werden, an ihre Stelle haben Führer der revolutionären Sturmtruppen zu treten. 4. Durch Orga­nisation von Streikbewegungen muß das Wirtschaftssystem des Kapitalismus untergraben werden.

DieTijd" verweist in ihrem Kommentar aus die enge Zusammenarbeit der meder­ländischen und belgischen Kommunisten. Bei dem Streik in Borinage seien bekannt­lich von den belgischen Behörden wiederholt niederländische Agitatoren festgestellt wor­den. Während der belgische Sicherheitsdienst in letzter Zeit die ausländischen Kommu­nisten schärfer überwache, würden es di« niederländischen Behörden an der erforder­lichen Strenge gegenüber den Aufwieglern fehlen lassen. Wiederholt hätten aus diesem Grunde in letzter Zeit in Holland illegale Zusammenkünfte kommunistischer Agitatoren stattgefunden. Bei der Konferenz von Breda, über die der niederländische Sicherheitsdienst überhaupt nicht informiert gewesen sei, sei das Leitmotiv sämtlicher Referenten der Sah gewesen, daß sich noch niemals eine derart günstige Gelegenheit zur Konzentration der Kräfte für die Einleitung einerGeneral- Probe der Weltrevolution" geboten habe wie gerade jetzt.

Dazu fügtStandaard" hinzu, daß Breda

schon lange ein gefährliches kommunistisches Zentrum sei, in dem mindestens 20 bekannte Agitatoren ihren Wohnsitz hätten. Ueber- haupt sei ganz Nor^brabant ein Herd kom­munistischer Umtriebe

Mm denWrtliimntartsmas

82 . Athen, 9. Juli.

Die innenpolitischen Spannungen in Griechenland sind im Zusammenhang mit den Verfassungsreformplänen der Regierung in den letzten Wochen stark gestiegen und durch Ausschreitungen streikender Tabak­arbeiter verschärft worden. Man beschäftigt sich eingehend mit der Frage einer weitrei­chenden Abkehr vom parlamentarischen Sy­stem und dessen Ersatz durch ein von Parla­ment und Parteien völlig unabhängiges autoritäres Regime.

Eine der treibenden Kräfte ist der bekannte General Plastiras, der Führer der Revolu­tion im Jahre 1923, der in den letzten Tagen ganz offen, die Einführung der Diktatur durch die Regierung gefordert hat,weil nur eine ehrliche und aufrichtige Diktatur das Land vor der völligen Zerrüttung bewahren kann, in die es der gefährliche Kampf der politi- scheu Parteien zu führen droht". General Plastiras steht mit dieser Ansicht nicht allein: Auch der ehemalige Minister ArgyropouloS hat ebenfalls in den letzten Tagen eindring­lich eine Beschränkung des Parlarnentsein- flusses gefordert; die derzeitige Parlament«, rische Verfassung Griechenlands sei lediglich eine theoretische Nachahmung ausländischer Verfassungen. Das griechische Volk habe nie für eine Partei, sondern immer nur für einen verantwortlichen Führer gestimmt.

Lknd Bruder Epivdair schmuggelte

Cleve. 9. Juli

Im Petrusheimprozeß in Cleve sagte der aus der Strafanstalt in Koblenz vorgeführte, frühere Franziskanerbruder Eduard Bayer als Zeuge aus, daß er in Waldbreitbach von den Schmuggelgeschäften des Bruders Sigisbert, die einoffenes Ge­heimnis" waren, gehört hat, ebenso davon, daß Sigisbert insgesamt 40 000 holländische Gulden nach Holland schassen ließ. Der frühere Generalökonom der Franziskaner­bruderschaft Otto Goertler, genannt Bruder Epiphan, der aus dem Zucht­haus in Brandenburg an der Havel, wo er eine zehnjährige Zuchthausstrafe verbüßt, vorgeführt wurde, erklärte, daß ihm Dr. Hofius den Rat gegeben hat, zunächst die holländischen Schuldverschreibungen von 400 000 Mark abzustoßen. Die Gelder hat er zum Teil selbst über die Grenze gebracht. Die weitere Vernehmung zeigte das rück­sichtslose Verhalten Bruder Epiphans, der die anderen Brüder oftmals veranlaßte, sich gegen das Gesetz zu vergehen und Gelder über die Grenze zu bringen.

Am Donnerstag, dem 9. Verhandlungstag im großen Schmuggel- und Devisen- Prozetz gegen die Franziskaner, brüder vom Petrusheim u. a. wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Den letzten Punkt der Beweisaufnahme bildeten einige. Sachverständigengutachten. Ein Zeuge gad vauu noch zu Protokoll, daß er nächtliche Transporte zu dem Clever Lager der Firma Leuw bemerkt habe, die sich aber als reguläre Ferntransporte erklärten, die in Zeiten des Hochbetriebs Verspätung gehabt haben dürften. Es wurden dann mehrere Beweisanträge der Verteidigung besprochen, worauf die Be­weisaufnahme und die Sitzung geschlossen wurden.

Zweimal zum Lobe verurteilt

Mainz, 9. Juli.

In dem Mainzer Gistmordprvzeß wurde Donnerstag abend das Urteil verkündet. Die Angeklagte Frieda Katharina Vogler wurde des zweifachen Verbrechens des Mordes und des zweifachen versuchten Mordes schuldig be- fundeu und demgemäß zweimal zum Tcde verurteilt. Für die beiden Mordversuche erhielt sie eine Gesamtzuchthausstrase von 15 Jahren. Außerdem wurden ihr die bürgerlichen Ehren­rechte auf Lebenszeit aberkannt,