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Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Montag, den 8. Zuli 1938
Greiser liest den Merlm» tie rM«
Unerhörte Zwischenfälle — Die Danziger Frage als Ablenkungsmittel
KI. Senf, 5. Juli.
SS ist in der letzten Zeit in Senf und liberall in der Welt außerordentlich diel über das Ansehen des Völkerbundes gesprochen und geschrieben worden. Seinen schwersten Ansehensverlust hat der Völkerbund aber am Samstag erlitten, als er, um die Weltöffentlichkeit von den nach ziemlich uninteressanten Reden gefaßten Beschluß auf Aufhebung der Sanktionen gegen Italien — für den 44 Staaten stimmten, während einzig und allein Abessinien für die Aufrechterhaltung sich erklärte — abzulenken, nach alter Gewohnheit die Danziger Frage auf die Tagesordnung stellte. Sachliche Gründe waren nicht vorhanden. Wenn man es trotzdem getan hat und sogar soweit gegangen ist, de» Präsidenten des Danziger Senats, Greiser, nach Genf zu zitieren, so hat man damit vor aller Oesfentlichkeit eingestanden, daß der Völkerbund die vor den Wirklichkeiten des Völkerlebens nicht zu verteidigende Saatskonstruktion der Freien Stadt Danzig vor allem dazu braucht, sich aus unbequemen Lagen ziehen zu können.
Dieses in der Nachnovember-Zcit bewährte Wittel hat diesmal versagt. Wenn man es in Genf noch nicht gewußt haben sollte, so hat man es am Samstag erfahren, daß das Staatsoberhaupt der Freien Stadt Danzig nationalsozialistisch ist. Mit einer Deutlichkeit, die wohltuend absticht von de» rednerischen Leisetreterei der übrigen Genfer Delegierten, hat Senatspräsident Greiser Abrechnung gehalten mit dem Kommissar des Völkerbundes in Danzig, einem Herrn Lester, der seine Aufgabe darin zu sehen scheint, Anwalt der letzten Reste einer Opposition zu sein, die mit dem Danziger Volkswillen aber schon gar nichts zu tun hat.
Man war in Genf peinlich berührt, daß sich Senatspräsident Greiser nicht daraus beschränkte, an den Buchstaben des Lesterschen Berichtes herumzumäkeln, sondern die Danziger Frage als solche berührte. Die Peinlichkeit für die Herren Völkerbundsdelegierten erhöhte! sich noch dadurch, daß sie die letzten Tage mit Geschwätz über die Reformen des Völkerbundes ausgefüllt hatten, daß aber einzig und allein S e n a t s p r äsi d e n t Greiser wirklich praktische Vorschläge für die Reform dieses Bundes gemacht hat. Wir haben durchaus Verständnis dafür, daß es den Delegierten des Völkerbundes unangenehm ist, wenn man ihren Beauftragten als Unruhestifter bezeichnet und den Vertreter einer Bewegung, die den Versailler Völkerbund ablehnt, als den Mann anerkennen muß, der diesen Unruheherd beseitigt hat. Auf dem kleinen Danziger Raum hat es sich ebenso deutlich wie anderswo gezeigt, daß der Völkerbund in seiner jetzigen Form eher friedenshindernd wirkt und daß dort, wo man ihn übersieht, der Friede viel besser gesichert werden kann.
Der gewaltige Eindruck, den die Rede des Senatspräsidenten hervorries, kann auch nicht verwischt werden durch Zwischenfälle, die offensichtlich von jüdischer Seite inszeniert wurden. Muß es schon als fauler Witz bezeichnet werden, daß man Greiser beim Betreten des Völkerbundspalastes Schwierigkeiten machte und das damit begründete, daß man „besondere Vorsichtsmaßnahmen für Greiser" geschaffen hätte, so war es einSkandal. daß Greiser während seiner Rede wiederholt von der Pressetribüne aus durch beleidigende Zwi- schenrufe unterbrochen wurde. Diese Kundgebungen verstärkten sich, als der Danziger Senatspräsident sich vom Präsidenten des Rates und vom Polnischen Außenminister mit dem deutschen Gruß verabschiedete. Außerhalb des Sitzungssaales glaubte ein Klüngel von Pressevertretern und Tribünenbesuchern den Versuch wagen zu können, Senatspräsident Greiser tätlich anzugreifen. Den Verantwortlichen Beamten des Völkerbundes — aber auch nur ihnen — schien dabei die Luft zu dick geworden zu sein, weil sie an Greiser das für einen Nationalsozialisten unerhörte Ansinnen stellten, den Völkerbundspalast durch eine Hintertür zu verlaßen. Greiser gab mit eiserner Ruhe zur Antwort: „Ich bin durch den Haupteingang in dieses Gebäude hereingekommen und werde es auch auf jeden Fall wieder durch den Haupteingang verlassen." Er blieb dann noch etwa 10 Minuten in den Wandelgängen und verließ dann die Stätte einer der größten Blamagen der Genfer Einrichtung durch den Hauptausgang.
In Danzig hat die Rede des Senatspräsidenten ungeheure Begeisterung hervorgerufen, insbesondere jene Stelle, in der er eine Volksabstimmung über den Völkerbunds- ksmmissar vorschlug. Die Danziger Bevölkerung und damit aber auch das gesamte deutsche Volk wollen, daß an der Ostgrenze des Reiches Frieden herrsche und wollen sich auf keinen Fall durch die Machenschaften eines nicht sach- Kch amtierenden Völkerbundskommissars um diesen Frieden bringen lassen.
Wir bringen im Nachstehenden die Rede des Senatspräsidenten Greiser im Wortlaut:
„Als ich in der Nacht zum Freitag die Nachsicht erhielt, baß der Rat des Völkerbundes den Beschluß gefaßt hätte, die Er- ledigung Danziger Fragen auf die Tagesordnung dieser Ratssitzung zu setzen, war
ich, was ich ehrlich betonen möchte, in höch- stem Maße über diesen Beschluß erstaunt, mit mir, besten bin ich gewiß, die gesamte Danziger Bevölkerung, als deren Vertreter ich die Ehre habe, hier zu stehen. Es ist das erstemal in der Geschichte des Verhältnisses der Freien Stadt Danzig zum Völkerbund, daß solche Fragen mit sonderbarer Eile auf die Tagesordnung gesetzt worden sind. Be- sonders eigenartig erscheint es jedoch, daß die Presse der Opposition in Danzig den Bericht des Herren Hohen Kommissars eher zur Kenntnis bekommen har als die Danziger Negierung.
Bei dieser Handhabung der Danziger Frage darf der Rat sich nicht wundern, wenn in der Oesfentlichkeit wieder, wie schon einmal. der Eindruck entsteht, dasi diese Danziger Frage wiederum von der unangenehmen Erledigung anderer Zusammenhänge ablenken solle. Ich habe den vorliegenden Bericht des Kommissars leider erst setzt in Genf bei meiner Ankunft zur Kenntnis nehmen können und muß sagen, daß mein Erstaunen über diesen Bericht noch größer ist als über den Natsbeschluß. Ich bin also gewissermaßen gezwungen, aus dem Stegreif zu diesen Dingen Stellung zu nehmen.
Aus diesem Grunde dürfen Sie es mir, meine Herren, auch nicht verwehren, daß ich vor aller Oesfentlichkeit, weniger aus juristischen und völkerrechtlichen Erwägungen heraus zu Ihnen spreche, sondern mehr aus dem tiefen Herzen der anständigen Danziger Bevölkerung, die zu führen mir das Schicksal als eine hohe und schöne Aufgabe anvertraut hat. Der Bericht des Herrn Kommissars setzt mich schon deshalb besonders in Erstaunen, weil Herr Lester mir noch vor wenigen Tagen bei unserer letzten gemeinsamen Unterredung in Gegen- wart von Zeugen seiner Genugtuung darüber Ausdruck gegeben hat, daß die Regierung Maß- nahmen veranlaßt hat, welche auch seiner Meinung nach die einzigen richtigen seien, um eine weitere ruhige und friedliche Entwicklung in Danzig zu gewährleiste:,.
Nach dieser Unterredung hat auch tatsächlich die Lage in Danzig keinerlei Veränderung erfahren. Jeder Danziger Staatsbürger gehl weiterhin friedlich seiner Beschäftigung nach und kümmert sich bei dem schönen Wetter an dem Ostseestrand kaum um Politik. Wenn in seinem Bericht davon die Rede ist, daß die Tatsache der Verweigerung eines Besuches des Kommandanten eines deutschen Kriegsschiffes be, dem Herrn Hohen Kommissar Erwähnuna finden muß, so kann ich dazu sagen, daß ich volles Verständnis dafür habe. Wenn diese Tatsache die Mitglieder des VölkerbundSrates interessiert, so auch die Freie Stadt Danzig, und mich hat diese Tatsache in höchstem Maße interessiert- Die Danziger Regierung jedoch oder den Präsidenten des Senats hiermit irgendwie in Verbindung zu bringen, scheint mir aber vollkommen falscki am Platze zu sein. Als Chef der Dorniger Regiernna muß icb Sie schon bitten, Ihr Erstaunen hierüber an eine Adresse zu richten, die in Berlin Wohl aufzufinden sein dürfte.
Als Nationalsozialist und Deutscher
möchte ich ebenso ehrlich meiner Meinung dahingehend Ausdruck geben, daß man sich nach der taktlosen Handlungsweise des Herrn Kommissars bei dem letzten deutschen Kriegsschisfbesuch im vorigen Jahre über das Unterbleiben des Besuches des Kommandanten des Kreuzers „Leipzig" nicht weiter zu wundern braucht. Daß im Anschluß an diesen Vorfall naturgemäß das Für und Wider untersucht worden ist. ist wohl eine Selbstverständlichkeit. Genau so gut aber, wie die Danziger Regierung geduldet hat, daß den Parteien, die sich in negativem Sinne hierzu eingestellt haben, genügend Spielraum zur Veröffentlichung ihrer Gedankengänge gegeben wurde, mußte sie selbstverständlich dem Politischen Führer der die Regierung verfassungsmäßig tragenden nationalsozialistischen Partei, Herrn Gauleiter Förster, das Recht geben, den seit langer Zeit empörten Herzen dieser übergroßen Mehrheit der Danziger Bevölkerung Luft zu machen. Wenn die auch so oft hier vom Rat geforderte Meinungsfreiheit in Wort und Schrift überhaupt eine demokratische Bedeutung haben soll, so kann ich nicht mehr sagen, als daß der Wunsch des Völkerbundsrates, die Danziger Verfassung solle nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geist nach beachtet werden, in diesem Falle realisiert worden ist.
Die Tatsache, daß die Danziger Regierung hier zum zweiten Male im Verlauf eines Jahres sozusagen vor der Weltöffentlichkeit zur Rechenschaft gezogen wird, legt mir die Verpflichtung auf, einmal grundsätzlich auf alle Fragen, die die Freie Stadt Danzig be- wegen, einzugehen. Dabei möchte ich betonen, daß ich mich Vox meinem eigenen Gewissen zu der Pflicht durchgerungen habe, hier einmal nicht als Beauftragter toter Buchstaben und theoretischer Paragraphen zu sprechen, sondern
als Regent
von 400 000 deutschen Menschen»
die ihr Schicksal nicht auf alle Ewigkeit an den Völkerbund ketten wollen und die Ideologie dieses Instituts letzten Endes gar nicht
verstehen, sondern die durch Blut und Rasse ru das deutsche Volk gebunden, ihre Herzen eine andere Sprache sprechen lassen, als die durch eine wesensfremde Verfassung ein- zeengte. Die Danziger Bevölkerung hat mit mir den Eindruck, daß ihre Heimat Danzig nicht aus den Gründen vom Mutterland ab- zetrennt worden ist, die man in der Weltöffentlichkeit immer wieder behauptet. Warum erfolgte denn überhaupt die Abtrennung? Tie Republik Polen wollte einen freien Zugang zum Meer haben, welcher ihr durch den Danziger Hasen gewährleistet wurde. Das neuerstandene Polen hat diesen ungehinderten Zugang zum Meer erhalten. Wie ich ausdrücklich und laut betonen möchte, erhebt das polnische Volk diesen Anspruch zu Recht. Wenn es aber allein nur um diesen Zugang zum Meere zu tun gewesen wäre, hätte inan za unsere Heimat Danzig nicht von Deutschland abzutrennen brauchen. Wenn aus Danzig trotzdem ein sogenannter Freistaat ge- macht worden ist. dann möchte man fast annehmen. daß dieses geschah, um im Osten Europas einen dauernden Herd der Unruhe und der Reibung zwischen Deutschland und Polen zu besitzen. Neben dem Fehlen vieler Hoheitsrechte, die einem selbständigen Staat zukommen, hat es der Völkerbund bisher unterlassen, dieser Freien Stadt Danzig in irgendeiner Form praktisch zu Helsen.
Weder politisch noch wirtschaftlich hat die Danziger Bevölkerung von seiten des Völkerbundes irgendwelche Vorteile zu spüren bekommen. Die Danziger Bevölkerung muß im Gegenteil sogar jährlich mehrere Millionen Danziger Gulden an Zinsen aufbringen für die zwischen dem Völkerbund und der Freien Stadt gemachten Finanztransaktionen. Weiterhin wird es in der Danziger Oesfentlichkeit als unerträglich empfunden, daß die Höhe der Unterhaltung des Kommissars des Völkerbundes, der seine Einnahmen in Gold und Devisen erhält, in einem krassen Mißverhältnis zu der wirtschaftlichen Notlage der Gesamt- bevölkernng steht. Diese Tatsache kann auch dadurch nicht abgeschwächt werden, daß die Hälfte dieses Aufwandes von der Republik Polen getragen wird.
Tie Danziger Regierung konnte bis setzt nicht feststellen, daß sich der Völkerbund Sorgen um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit gemacht hätte. Ich konnte zu meinem Bedauern weiterhin nicht wahrnehmen, daß der Völkerbund einen Beitrag zur Beseitigung der wirtschaftlichen Not und des Elends geleistet hätte. Ich konnte schließlich auch noch nicht feststellen, daß der Völkerbund uns irgendwelche Ratschläge zur Ankurbelung der Wirtschaft gegeben hätte. Alle diese Sorgen lasten ausschließlich auf den Schultern der Danziger Regierung. Die Regierung allein wird von der Bevölkerung dafür verantwortlich gemacht, daß sie Arbeit und Brot erhält. Die nationalsozialistische Regierung hat sich in den vergangenen drei Jahren mit allen ihren Kräften bemüht, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Es ist ihr auch im Rahmen des Möglichen gelungen. Ich persönlich bin davon überzeugt, daß die Regierung noch viel mehr zum Wohle der Gesamtbevölkerung hätte leisten können, weüu sie nicht dauernd durch
die Tätigkeit des Herrn Lester
von dieser wichtigen Aufgabe abgelenkt worden wäre. Innerlich drohte Danzig als kleinster Staat Europas in diesen vielen Krisenjahren wirtschaftlich zusammenzubrechen. Aeußerlich waren Zank und Streit mit Polen bis zur Negierungsübernahme durch uns Tagesordnungspunkte auf allen Sitzungen des Völkerbundsrates. Die Freie Stadt Danzig galt als ein Ferment der Unruhe. Man nannte sie auch selbst in den Kreisen des Völkerbundes das Pulverfaß im Osten Europas. Ein kleiner Funke hätte genügt, nicht nur dieses Pulverfaß zur Explosion zu bringen, sondern darüber hinaus auch Zusammenstöße zu erzeugen, die stark genug gewesen wären, Europa neu zu erschüttern.
Jahre hindurch hat man überall und auch hier im Völkerbund nach Auswegen gesucht, diesen gefährlichen Zündstoff aus dem Pulverfaß Danzig zu entfernen. Leider hat der Völkerbund diese Auswege nicht gesunden. Erst zwei Mäner mußten kommen, die es kraft ihrer Persönlichkeit und kraft ihrer Autorität und insbesondere kraft der Größe ihres ehrlichen Wollens fertig brachten, innerhalb kürzester Frist alle Konfliktstoffe zu beseitigen, Ruhe und Ordnung in die Dinge hineinzubringen und eine sichere Entwicke- lung für die Zukunft zu gewährleisten. Adolf Hitler, der anerkannte Führer des Deutschen Volkes, und Joses Pil- sudski, der große und ehrwürdige Marschall Polens. Beide Soldaten sind unvoreingenommen und geradlinig in ihrem Wesen. Wahrlich, zwei Männer, so überragend unter den Großen der Welt, daß ich es wohl verstehen kann, wenn andere Völker sie um diese Führer beneiden.
Ist es da ein Wunder, meine Herren, daß auch wir in Danzig als Deutsche unter Deut- schen, welche die Existenz und die Größe Polens nicht negieren, sondern betonen, alsbald den richtigen Weg zur Beseitigung die- ser düsteren Atmosphäre fanden? Mit Stolz möchte ich Ihnen und der gesamten Welt ins Gedächtnis zurückrufen, daß wir National
sozialisten in Danzig es gewesen pno, me auf Wunsch unseres Führers Adolf Hitler ohne jeden Hohen Kommissar und ohne internationale Instanzen in direkter und freimütiger Aussprache mit Polen die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, daß das Pulver aus dem Pulverfaß Europas schnell und sicher entfernt werden konnte.
Aus dem Ferment der Unruhe ist durch die Tätigkeit unserer Regierung ein ruhender Pol geworden und eine beispielhafte Tat für die Verständigungsmöglichkeit unter den Völkern vollbracht worden. Diese Tatsache mußte gerade von Ihnen, meine Herren Mit- glieder des Hohen Rates, nicht nur anerkannt, sondern so gewürdigt werden, daß hieraus für meine Regierung die Möglichkeit entsteht, niemals wieder in Danzig einen Herd der Unruhe entstehen zu lassen, der Ihnen Aerger bereiten könnte.
Alle Kommissare, welche vor ihrem jetzigen Vertreter in Danzig tätig gewesen sind, werden Ihnen zugeben müssen, daß sie wegen des Danzig-polnischen Verhältnisses oft schwere Sorgen hatten. Ihnen, meine Herren. und Ihrem Kommissar diese Sorge abzunehmen. war für die Danziger Regierung, die sich bekanntlich lopal zur Einhaltung aller Verträge verpflichtet hat, vornehmste Aufgabe. Die Danziger Bevölkerung versteht es aber beim besten Willen nicht, wenn man diese hohe Aufgabe mißachtet. Anstatt meine Regierung zur Erhaltung und zur Vervollkommnung dieses positiven Beitrags zur internationalen Verständigung zu unterstützen. muß ich zu meinem großen Bedauern bemerken, wie in den letzten zwei Jahren immer mehr geradezu
mit der Lupe nach Pulverkörnchen gesucht
wird, die durch die Sonne der Weltöffentlichkeit vor dem Vvlkerbundsrat angezündet werden sollen. Es wäre wahrlich besser, schon zu Hause mit einem Glas Wasser diese Körnchen unschädlich zu machen. Es darf daher auch im Hinblick auf die letzten Ereignisse nicht wundernehmen, daß die Regierung gezwungen sein könnte, dem dringenden Wunsch der Bevölkerung nachzugeben, bei Fortsetzung dieser Methoden die Beziehungen zum Volker- bundskommissar einer Nachprüfung zu unterziehen.
In Danzig regiert seit mehr als drei Jahren eine nationalsozialistische Mehrbeit, welche zweimal in verfassungsmäßiger geheimer Wahl durch das Vertrauen der Bevölkerung bestätigt worden ist. Sie. meine Herren, die Sie diesen Hohen Rat des Völkerbundes bilden, bekennen sich zu den Gesetzen der Demokratie. Ich bekenne mich ebenfalls zu diesen Gesehen in der wahrhaftigen Bedeutung dieses Wortes. Demokratie bedeutet, daß der Wille einer Mehrheit nach Sitte und Gesetz zur Geltung gebracht werden soll. Dieser Wille der Mehrheit ist unmißverständlich und unanfechtbar zweimal für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei zum Ausdruck gekommen.
Das Benehmen des jetzigen Kommissars
in Danzig geht jedoch daraus hinaus, dieses Grundgesetz der Demokratie zu mißachten und einer'sich destruktiv betätigenden Minderheit. die in sich selbst zerrissen, und uneins ist, die Möglichkeit zu geben, die verfassungsmäßig geschaffene Mehrheit in schamlosester Weise zu terrorisieren.
Ich kann für mich und meine Negierung in Anspruch nehmen, den Willen des Völkerbundes jederzeit respektiert zu haben. Ich kann sogar, meine Herren, für mich in Anspruch nehmen, Ihren Willen und Ihren Beschlüssen auch dann Folge geleistet zu haben, wenn die Ausführung dieses Willens gegen meine eigene Ueberzeugung und gegen das gute und gesunde Gefühl der Danziger Bevölkerung sich wandte. Aber könnten Sie mir vielleicht, meine Herren, den Nachweis erbringen, daß ich auch nur in einer einzigen Sache Ihren Beschlüssen oder auch sogar nur Ihren Empfehlungen nicht Rechnung getragen hätte? Dieser kleinste Staat Europas, als dessen Vertreter ich hier schon mehrere Male vor dem grellen Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit gestanden habe, hat getan.was er tun konnte, ja, er hat sogar mehr getan, als er eigentlich hätte tun dürfen. Er hat immer wieder vorgeleistet, um seinen guten Willen zu zeigen, daß er mit dem Völkerbund ein gutes Verhältnis haben möchte. Ich kann mich bei dieser Feststellung auf viele Zeugen in der ganzen Welt be- rufen, insbesondere aber auch aus
zwei Zeugnisse»
die mir am meisten wert sind: Das Zeugnis der deutschen Reichsregie, rung und das Zeugnis der Polnischen Negierung.
Wenn aber, meine Herren, die nationalsozialistische Mehrheit der Danziger Bevölkerung, welche meine Negierung trägt, sehen muß, daß durch die Hilssstellung Ihres Kommissars — und dabei ist es gleichgültig, ob diese Hilfsstellung bewußt oder unbewußt geleistet wird — eine Minderheit sich das Recht nimmt, eine verfassungsmäßige Mehrheit zu terrorisieren, dann darf man sich nicht wundern, wenn auch der einsichtigste Mensch zu der Ueberzeugung kommt, daß hier das Grundgesetz der Demokratie zerorochen worden ist. Wenn die nationalsozialistische Mehrheit sich gegen diesen Terror einer Minderheit zur Wehr setzt, dann ist das für alle, die Danzigs Bevölkerung kennen und lieben, verständlich. Sie können ja auch schließlich nicht verlangen, meine Herren, daß ich als Regierungschef