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Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter

Mittwoch den 1. Juli 1938

Aus Technik und Wissenschaft

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Lio -iaekvoet raw klattovitrer Urteil

Dom 3. bis 20. Juni standen in Kattowitz 119 Mitglieder eines illegalen Verbandes, des­sen Ziel die Lostrennung Ostoberschlesiens von Polen gewesen sein soll, vor Gericht. Bei den Angeklagten handelte es sich zumeist um An­gehörige der deutschen Volksgruppe; jedoch be­fanden sich auch einige Personen darunter, die sich zum polnischen Volkstum bekannten. 99' An- geklagte wurden zu Kerkerstrasen zwischen ein­einhalb und zehn Jahren verurteilt. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Dieser Prozeß ist überhaupt nur zu ver­stehen. wenn man die grausame Tra­gödie der Arbeitslosigkeit kennt, von der die deutsche Volksgruppe in Ostober­schlesien seit Jahren heimgesucht wird. Es ist nicht eine politische Absicht, sondern eine soziale Hoffnung gewesen, die diese mehr als hundert deut­schen Volksgenossen in ein Abenteuer ver­strickt hat. durch das sie jetzt auf die Anklage­bank und in den Kerker gebracht worden stnd. Das Bild der zermürbenden Armut und des ausweglosen Elends, das aus der Ver­handlung vor Gericht entstand, war erschüt- ternd: Josef Zajonc fünf Jahre arbeits­los; Otto Bernecker fünf Jahre arbeitslos; Paul Blinda vier Jahre arbeitslos; Johann Dzienziol sieben Jahre arbeitslos; Oswald Pusch fünf Jahre arbeitslos. Und immer wieder hieß es: arbeitslos. Und immer wieder hörte man: vier Kinder und 23 Zloty Unfallrente im Monat; sieben Kinder und 13 Zloty Unterstützung im Monat.

Man kann diesen vom Schicksal gezeich­neten Menschen schon glauben, wenn sie sagen, daß sienichtsanderesalsend- lich wieder durch ihrer Hände Arbeit Brotverdienen wollten; und man kann es begreifen, daß nur einer zu kommen brauchte, der ihnen Arbeit versprach und da­bei von allerlei ..guten Beziehungen" zu er­zählen verstand, um sie in seine Netze zu locken. Daß sie diesem mit viel Wichtigtuerei gegebenen Versprechen einmal geglaubt haben, das ist ein Vorwurf, der letzten Endes aus die mit zurücksällt. die ihnen keine Arbeit geben konnten. Was an dem Kattowitzer Pro­zeß Politisch war. das hing mit der Person Paul Manjuras zusam­men. der im Frühjahr 1935 den ..Geheim­bund" ins Leben rief und ihn bis drei Tage vor der Liquidierung durch die Polnischen Behörden im Februar dieses Jahres geführt hat. Es ist sehr bedauerlich, daß Manjura nicht mehr Gelegenheit hatte, sich in öffent­licher Gerichtsverhandlung über Ursprung und Zweck seines ..Geheimbundes" zu äußern. Nach Angabe Polnischer Blätter hat Man­jura im Gefängnis Selbstmord verübt, in­dem er sich zunächst zwei Stiche ins Herz bei­gebracht und sich dann am Gitter seiner Zelle aufgehängt hat. Nach allem, was man von ihm während der Gerichtsverhandlung ge­hört hat. muß man es als völlig unglaub­würdig bezeichnen, daß Idealismus oder Ueberzeugung die Triebfedern seines Han­delns gewesen sein sollen. Es steht jedenfalls fest, daß dieser Mann, der vorgab, den deut­schen Volksgenossen Arbeit verschaffen zu Wollen und Ostoberschlesien von Polen los­reißen zu können polnischer Auf­ständischer war: Manjura hat sich so­wohl am ersten wie am dritten oberfchlesi- schen Aufstand beteiligt.

Aus dem im Laufe des Prozesses behandel­ten Material geht hervor, daß die pol­nische Polizei über die Existenz des Geheimbundes früher als irgendeine reichsdeutfche Stelle unterrichtet war. Wie einer der An­geklagten. der alsInformator" eines Poli­zeispitzels darüber ja Bescheid wissen muß. bei feiner Vernehmung mehrfach betont hat. war die polnische Polizei über die Organi­sation schon zu einer Zeit unterrichtet, als diese erst etwa zehn Personen umfaßte; die Frage des Angeklagten, warum die Organi­zation nicht damals schon liquidiert worden sei. ist vom Vorsitzenden des Gerichts zwei­mal als unzulässig abgelehnt worden. Diese Tatsache verdient festgehalten zu werden. Alle reich sdeutschen Stellen, die später von Manjuras Tätigkeit, einem inzwi­schen in Ostoberschlesien viel besprochenen Geheimnis", hörten, verhielten sich durchaus korrekt, wie es Sinn und Wortlaut der deutsch-polnischen Verträge entspricht. Es ist unter diesen Umständen völlig unverständlich, wie der Kri­minalbeamte Ucher. der nach eigener Aussage die ihm von den Spitzeln zugehenden Berichte «jemals auf ihre Zuverlässigkeit geprüft hat. eS wagen kann, zu sagen, er sei zu der An­sicht gekommen,daß die reichsdeutschen Be­hörden an der Organisation Manjuras sehr engagiert gewesen seien und den Auftrag zu ihrer Gründung erteilt hätten". Was für die reichsdeutschen Stellen gilt.,gilt auch für die

Das gewaltigste Bauwerk der Reichshauptstadt Der Neubau der Reichsbank in Berlin wird nach seiner Fertigstellung das größte Bauwert der Reichshauptstadt sein. Der Neubau vom Mühlendamm gesehen. (Presse-Photo. M.s

bestehenden Teutschtumsorganisatiouen m Polen: sie haben, was einwandfrei feststeht, in keiner Beziehung zu Manfura gestanden.

Ein trübes Kapitel im Kattowitzer Prozeß sind die Belastungszeugen gewesen. Man kann sicher sein, daß jeder Pole, der nur ein wenig menschliches Mitgefühl mit der materiellen und seelischen Not der ohne Wissen und Willen in ein Politisches Aben­teuer geratenen Angeklagten aufzubringen vermag, es als peinlich und ent­ehrend empfinden mußte, daß hier das Leben von mehr als 500 Men­schen (der Angeklagten und ihrer An­gehörigen) zerstört wird, weil ein paar Spitzel und Agenten von zweifelhafter Glaub­würdigkeit belastend über sie ausgesagt haben. Man kann dem polnischen Verteidiger, einem Polen, nur Recht geben, wenn er sagte, daß die Konfidentenarbeit wohl für die Information der Polizei und für die Untersuchung ansreichend wäre, daß sie aber niemals als Beweis für die Schuld der An­geklagten gewertet werden könne. Man muß seststellen. daß die Ehre, die den Konfidenten durch die hohe Bewertung ihrer Aussagen vom Gericht zuteil geworden ist. das Ansehen der lokalen Gerichtsbarkeit keineswegs zu heben vermag. Es muß nochmals gesagt wer­den: die deutschen Volksgenossen, die in Kattowitz vor Gericht standen, haben, als sie dem Bunde Manjuras beitraten, nicht das Bewußtsein und noch weniger die Absicht ge­habt. eine dem polnischen Staate feindliche Politik zu betreiben; sie haben überhaupt keine Politik treiben wollen. Sie haben Arbeit gewollt sonst nichts! Bei einiger Ueber- legung sollte man meinen müßte auch ein ans die Sicherheit seines Staates stark bedachter Pole zu der Einsicht gelangen, daß Menschen, mit denen man einen Aufstand machen will, von einer anderen politischen Aktivität beseelt sein müssen, als die An­geklagten des Kattowitzer Prozesses, und daß

Das Reliefbild kennt man längst. Es tritt in Erscheinung bei Benutzung des Stereoskops, in dem ein Doppelbild zum Betrachten auf­gestellt ist. Da das Doppelbild mit zwei Objektiven ausgenommen wurde, deren Ab­stand demjenigen der beiden Augen ent­spricht. gewinnt man den Eindruck der Pla­stischen Darstellung. In Paris ist dem Relief- bild jetzt der

Relieffilm

gefolgt allerdings in einem Sinne, der mehr als helfslösung aufzufassen bleibt. Jmmerh der Pariser Versuch nicht ohne

besonderen Reiz. Das französische Lichtbild­theater versieht jeden Besucher mit einer Stereoskopbrille, die durchaus den Eindruck des plastischen Films vvrtänscht. Beim Ver­lassen des Theaters werden die Stereoskop­brillen wieder abgegeben. Tie benutzten Bril­len unterzieht man alltäglich einer gründ­lichen hygienischen Reinigung und, mit einer besonderen Schntzpackung versehen, händigt man die gereinigten Brillen den neuen Be­suchern ans. '

Kunstgummi aus Petroleum

Versuche, die von Dr. Nostler und V. Mehner im Wiener Ersten Chemischen Universitätslaboratorium angestellt wurden, haben den Beweis geliefert, daß sich aus Rasfinativnsrückständen der Erdölindustrie Stosie gewinnen lassen, die technisch verwert­bar sind. Es handelt sich vorzugsweise um Produkte, die der Kunststoff-, der Gummi- und Lackindustrie als Hilfsstoffe zugute kommen.

Rundfunk auf dem Meeresgrund

Die alte Anschauung, daß die Rundfunk­wellen keine Möglichkeit haben, in den Boden

die stärkste Reaktion, die dieser Prozeß Her­vorrufen muß. nur ein tiefes Mitgefühl mit den Verurteilten und ihren dem bitteren Elend Preisgegebenen Frauen sein kann.

Daß in der Polnischen Presse kein Raum für solch menschliches Empfinden ist. ist be­trüblich. Man hofft auf deutscher Seite doch. Qaß die kürzlichen Verhandlungen über die llrteilsfällung berücksichtigt worden. Die Sühne für feine Tat müsse aber unbeschadet der Anerkennung seiner ehrenhaften Gesin­nung erfolgen.

Tie Angaben des zweiten Angeklagten Bande, daß ihn Rauchschwaden der Vor­spannlokomotive so behindert hätten, daß er das Vorsignal nicht habe sehen können, sieht das Gericht durch die Beweisaufnahme als widerlegt an. Es mag sich eine gewisse Rauchentwicklung gezeigt haben, aber diese sei nicht so stark gewesen, daß Bande das Signal nicht hätte sehen können. Auch habe er nach Neberfahrung des Signals nicht alles getan, was er hätte tun müssen, um einen Unfall zu verhindern.

Die Strafhöhe wurde darnach be­messen, daß Dechant die Hauptschuld trage. Bande aber unzweifelhaft als Mitschuldiger zu betrachten sei. Dabei kann er nicht die Entschuldigungen des Dechant sür sich gel­tend machen, daß er von irgendeiner Seite von der Erfüllung seiner Pflicht, die Strecke zu beobachten, abgelenkt wurde. Zugute sei ihm zu halten, daß er eine geachtete Persön­lichkeit sei. die mit der Ausführung von Ver-

einzndringen. hat sich als nicht stichhaltig er- wiesen. Von Versuchen her. die in den tief- sten Bergwerksschächten angestellt wurden, weiß man, daß selbst in erheblicher Erden- tiefe der Rundfunkempfang keinen Schwierig­keiten begegnet. Eine wertvolle Ergänzung zu diesen Beobachtungen liefert neuerdings ein Versuch, der der italienischen Marine m danken ist. In der Adria stieg ein Untersee­boot bis ans den Meeresgrund. Als man in dieser Tiefe das Rundfunkgerät auf Empfang einstellte, ergab sich überraschenderweise, daß selbst hier die L-endnngen der Rundfunk­station Nom völlig einwandfrei zu hören waren. Wiewohl man den Empfang über mehrere Stunden ausdehnte, trat keine irgendwie geartete Störung ein.

Holz bester als Federstahl

Sehr interessante Ergebniste lieferten neuere Forschungen, die sich mit der Festig­keit des Holzes befaßten. Man fand, daß Holz, auf das Gewicht bezogen, über eure Festigkeit verfügt, die drei- bis viermal über derjenigen des Stahles liegt. Was die so­genannteReißlänge" angeht, reicht nicht einmal der allerbeste Federstahl an die Güte des Holzes heran. Die Reißlänge ermittelt man bekanntlich durch einen frei ausgehäng­ten Draht. Man gibt dem Draht eine so große Länge, bis das Eigengewicht des Drahtes zum Riß führt. Beim Kupfer tritt der Riß bereits bei einer Länge von 4000 Meter auf, während Federstahl, ;e nach Güte, erst bei 15 000 bis 22 000 Meter zu reißen beginnt. Soll diese Wirkung jedoch bei Holz eintreten, dann ist eine Länge von 29 000 bis l 30 000 Meter erforderlich. Beträchtlich größer freilich sind die Leistungen beim Flachs. Hier sind gar 75 000 Meter Länge nötig, bis das Eigengewicht zum Riß führt.

trauensauftrügen beauftragt wurde. Das Ge­richt erkannte deshalb aus eine Strafe, die es ihm unter Umständen erlaubt, im Dienst weiter zu verbleiben. Darüber allerdings stehe die letzte Entscheidung einer anderen Behörde zu.

9er Jank der ReKtswahrer

Zur Verleihung des Hoheitszeichens Stuttgart. 29. Juni.

Die Justizpressestelle Stuttgart teilt mit: Der Erlaß des Führers und Reichskanzlers vom 19. Juni 1936. durch welchen den Rich­tern. Staatsanwälten und sonstigen zum Tragen einer Amtstracht verpflichteten Be­amten der Neichsjustizverwaltung das auf der rechten Seite der Robe anzubringende Hoheitszeichen verliehen wurde, hat in allen Kreisen der deutschen Justiz größte Begeisterung und freudigste Dankbarkeit ans­gelöst. Diesen Gefühlen gab die Gedenk- und Feierstunde, die am 29. Juni im Schwur­gerichtssaal des Landgerichts Stuttgart auf Veranlassung des Oberlandesgerichtsprüsi- dentcn und des Generalstaatsanwalts im Beisein sämtlicher Beamten und Angestellten der Stuttgarter Justizbehörden stattfand, er­hebenden Ausdruck.

Im Mittelpunkt der Feier stand die An­sprache des Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. stirer. Er führte u. a. aus: Die Verleihung des Hoheitszeichens stellt eine große Auszeichnung dar und ist eine Aner­kennung unseres Strebens. als deutsche Rechtswahrer unsere Pflicht im national­sozialistischen Staat zu tun.

Durch die Verleihung des Hoheitszeichens treten die deutschen Rechtswahrer neben die übrigen Träger des Hoheitszeichens, die politischen Soldaten des Führers und die Wehrmacht. Jede Anerkennung und Aus­zeichnung verpflichtet. Dies gilt in ganz be­sonderer Weise auch für die Verleihung des Hoheitszeichens an uns deutsche Nechtswah- rer. Das Hoheitszeichen des neuen Reichs auf unserer Robe soll uns bei unserer täg­lichen Berufsarbeit daran mahnen, das in uns gesetzte Vertrauen stets von neuem zu rechtfertigen und uns in gesteigertem Maße dem großen Aufbauwerke hinzugeben, an dem wir Rechtswahrer des Dritten Reiches Mitarbeiten dürfen. Stets wollen wir uns bei unseren Entscheidungen vor Augen hal­ten, daß das Recht nicht um seiner selbst willen da ist. sondern um des Volkes willen, um des Volkes willen, in dem wir ' selbst wurzeln und zu dem wir gehören. In Dankbarkeit gedenken wir heute des Führers, der uns diese Auszeichnung verliehen hat. Mit dem Gefühl der Dankbarkeit verbinden wir das erneute Gelöbnis unwandelbarer Treue. Ich darf mich für ermächtigt halten, den Herrn Reichsminister der Justiz zu bit­ten. die Dankbarkeit und das Treuegelöbnis der Nechtswahrer des Oberlandesgerichts­bezirks Stuttgart dem Führer und Reichs­kanzler zu übermitteln.

Die Abreise des Negus nach Genf

Halle Selassie auf dem Londoner Victoria Bahnhof vor seiner Abreise nach Genf. In seiner Begleitung befinden sich Sohn und Tochter. (Presse-Photo. M.)

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