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Amstellung auf bodenständige Werkstoffe
Die gegenwärtigen Störungen der weltwirtschaftlichen Beziehungen drängen auch unser Volk zu einer immer stärkeren Besinnung auf die eigenen Kräfte. Das Ziel der deutschen Wirtschaft heißt: Umstellung auf bodenständige Werkstoffe. Der Weg zu diesem Ziel ist bereits auf vielen Teilgebieten beschulten. Den Anstoß dazu gaben die unheilvollen Wirkungen des Versailler Diktates mit seiner Tendenz, die deutsche Wirt- fchaftsmacht zu vernichten. Kaum begann sich die Wirtschaft von diesem Knebelungsvertrage einigermaßen zu erholen, als der kurzen Periode der Aufwärtsentwicklung ein jäher Abstieg folgte. Das Ausland, das durch seine Zwangsmaßnahmen unsere Ausfuhr lähmte und damit ein Haupthindernis für die Entwicklung des Welthandels schuf, traf durch diese Sperrmaßnahmen allerdings auch sich selbst. Da es den Willen Deutschlands, seine Schulden mit Waren zu bezahlen, ignorierte, mußten sich Deutschlands Wirtschaft und Industrie nach neuen Wegen umsehsn, ihren Rohstoffbedarf zu decken. Heute ist es so, daß dasselbe Ausland, das vorher die Absperrmaßnahmen traf, Deutschland die Schuld für die unheilvollen Folgen einer isolierenden Weltwirtschafts- Politik zuschieben will. Daneben geht das Bemühen, die deutschen Waren, die jetzt für die früher vom Ausland eingeführten Produkte vorhanden sind, als minderwertigen Ersatz zu diffamieren.
Aus der Geschichte nichts gelernt
Es scheint so, als ob man aus der Geschichte der Wirtschaft überhaupt nichts gelernt hätte. Wie wäre es sonst möglich, daß das Beispiel der Kontinentalsperre durch Napoleon 1808, die eigentlich zur Begründung der chemischen Industrie führte, so wenig zum Nachdenken angeregt hat, daß im zwanzigsten Jahrhundert wiederum die Sperre eines großen europäischen Landes erfolgen konnte. Denn wie auch nach Aufhebung der Kontinentalsperre der Import in voller Stärke nicht wieder einsetzte, sondern Europa auf die Einfuhr von Rohstoffen, deren Produktion es inzwischen gelernt hatte, verzichtete, so steht es heute mit der deutschen Wirtschaft. Sie ist durch die Weigerung anderer Staaten, deutsche Erzeugnisse in ausreichendem Maße abzunehmen, in eine ähnliche Zwangslage gekommen wie die Wirtschaft des Festlandes zur Zeit der Kontinentalsperre. Wie sich damals aus den Maßnahmen gegen Engländ ein Schritt von geschichtlichem Ausmaß ergab, so wird durch die Beengung Deutschlands auch heute eine entscheidende Wendung auf die Entwicklung der Rohstoffmärkte ausgeübt. Denn das ist sicher: Alles was Deutschland in der Herstellung von Werkstoffen zulernt, macht es unabhängiger und auf die Dauer freier von allem Rohstoffimport.
Die Bemühungen des Auslandes, die deutschen Waren als minderwertig in Mißkredit zu bringen und bei den neuen Rohstoffen von Ersatzware zu sprechen, sind allzu verständlich. Aber es lassen sich leicht Beispiele
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anführen, die dieses Geschwätz widerlegen. Die Erkenntnis, daß die neuen Werkstoffe die ehemaligen Rohstoffe aus dem Ausland vollständig ersetzen, hat sich infolge der Qualität dieses Werkstoffes bei uns in weitem Maße durchgesetzt, und sie setzt sich von Tag zu Tag mehr durch.
Eisen und Stahl als Beispiel
Aus vielen Gebieten des Wirtschaftslebens ist der Werkstoff sogar schon unentbehrlich geworden. Denken wir beispielsweise an die Metallwirtschaft, bei der die Einsrbrän- kung der Verwendung von Kupier. Zinn und Legierungen Zeugnis davon ablegr. Statt der genannten Stoffe verwendet man jetzt vornehmlich Eisen und Stahl, Unter ciahl ist dabei „alles schon ohne Nachbebandlung schmiedbare Eisen" zu verstehen. Der Anteil des ausländischen Rohstoffes am Fertigerzeugnis Stahl betrügt nur etwa 7 Prozent. Der Stahl ist also mit Recht als ausgesprochen deutscher Werkstoff zu bezeichnen.
Da unsere Eisenbilanz außerdem so aktiv ist, daß wir durch ausgeführte Eisenerzeug
Stand der Stahlgewinn',ngs- und Bearbeitungstechnik gab die Leipziger Frühjahrsmesse. Auf der Sonderausstellung der Beratungsstelle für Stahlverwendung, Düsseldorf, wurde in Leipzig allen Besuchern, insbesondere Architekten und Baufachleuten, gedrängt aber doch anschaulich die vielseitige Möglichkeit der Stahlverwendung vorqesührt. Man darf überzeugt sein, daß diese Ausstellung dem Heimstoff Stahl viele neue Freunde erobert hat, und daß durch die steigende Verwendung von Stahl auf diesem Gebiet der Weg zur Befreiung der deutschen Wirtschaft vom Ausland fortgesetzt wird.
Kunstseide gegen Naturseide
Aber nicht allein in der Metallwirtschaft gibt es zahlreiche Beispiele dafür, daß ein zweck
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Deutsche Erdölförderung Lurch Erbohruug neuer Quellen
Gleiche Fortschritte wie von der Textilwirtschaft sind vom Mineralölmarkt zu berichten. Die Erdölförderung durch Lrboh- rung neuer Quellen in Deutschland, die Verwendung von Braunkohle und die damit zusammenhängende Herstellung von synthetischem Benzin und die zunehmende Verwendung von gasförmigen Treibmitteln von Holz und von Kohle werden uns hoffentlich auch hier in absehbarer Zeit von Auslandsprodukten völlig unabhängig machen. Auch Versuche, Neuöl durch Aufbereitungsverfahren zu gewinnen, find gelungen. Mineralöle aller Art werden heute nach ihrem Gebrauch in Dieselmotoren, Turbinen, Krast-- wagen und Transformatoren nicht mehr achtlos weggefchüttet, sondern im Interesse einer sparsamen Kraftstoffwirtschaft gesammelt und durch Regenerierung wieder gebrauchsfähig gemacht. In Pommern zum Beispiel hat man mit diesem Aufbereitungsverfahren, durch das sich Volks- und privat- wirtschaftliche Ersparnisse von 40 bis 50 Prozent des Oelbedarfs erreichen lassen, die besten Erfahrungen gemacht. Es hat sich gezeigt, daß durch chemisches Verfahren erneuertes Oel gleichen Wert wie Neuöl har.
nisse erhebliche Devisenüberschüsse erzielen, ist die möglichst häufige Verwendung des Stahls als Heimstoff also auch unter einem zweiten Gesichtspunkt volkswirtschaftlich empfehlenswert.
Den Techniker freilich stellt die verstärkte Verwendung oder die Neueinführung eines bestimmten Werkstoffes häufig vor schwierige Aufgaben. Das ist auch bei der Bearbeitung und Verwendung von Stahl der Fall, Stahl und Eisen besitzen nützlich in mancher Hinsicht einzigartige Eigenschaften. Man denke zum Beispiel an die Härte, Festigkeit, Elastizität und ihre Fähigkeit, auch der größten Hitze zu widerstehen. Die deutsche Technik hat es verstanden, diese Eigenschaften zu besonderen Leistungen zu entwickeln. Sie ist in der Lage, der Eifenob erstäche ein dauerhaftes, schönes Aussehen zu geben und es gegen Zerstörung durch Rosten, Einfluß von Wasser. Luft, Gasen und chemischen Stoffen zu schützen. Die mit einem Fachausdruck als Korrosionsschutz- Verfahren bezeichnete Behandlung des Eisens und Stahles besitzt noch einen besonderen Vorzug: Sie macht es möglich, allen Gegenständen aus Stahl jedes gewünschte Aussehen, jede Farbe und Tönung zu geben. Das Können der deutschen Technik auf diesem Gebiet ist eine weitere Ursache dafür, daß der Heimstoff Stahl heute überall in steigendem Umfang Verwendung findet und auch in zahlreiche Gebiete eindringt, wo bisher die Verwendung anderer Werkstoffe üblich war- zum Beispiel gebraucht man den Stahl für Beschläge, Ausbauteile aller Art, Eeländergitter, Rohrleitungen, Bottiche, Fässer, Verkleidungen, Spültische, Wannen, Geschirre, Schanksäulen, bei Rohren, Platten. Gestellen, Schildern, Buchstaben und vor allem im modernen Ladendau, Schaufensterausbau und in der Außenreklame üblichen Teilen.
Einen großzügigen Aeberblick über die Möglichkeiten, die die Verwendung von Stahl bietet, und über den augenblicklichen
mäßiger deutscher Werkstoff ausländische Produkte voll und ganz ersetzt. Auch aus vielen anderen Wirtschaftszweigen lasten sich dafür Beispiele anführen. — Noch vor zwei oder drei Jahren hielt man zum Beispiel die ausländischen Textilrohstoffe für unersetzlich, und 1932 wurden in Deutschland 690 000 000 Tonnen Textilien eingeführt. Heute ist es durch langjährige zähe Arbeit gelungen, künstlichen Fasern alle wünschenswerten Eigenschaften der früher eingesühr- ten Textilien zu geben. Noch vor etwa zehn Jahren verarbeiteten zum überwiegenden Teile die deutschen Seidenwebereien reine Seide: heute verwenden sie hauptsächlich „Kunstseide". Diese Tatsache ist einfach daraus zu erklären, daß der Werkstoff Kunstseide in Güte, Schönheit und Preiswürdigkeit durchaus nicht hinter der Naturseide zurücksteht. Die aus einem pflanzlichen Rohstoff hergestellte Kunstseide ist ein neuer Werkstoff, der die aus tierischem Rohstoff hergestellte Naturseide vollkommen ersetzt.
Wenn es uns noch gelingt,
Kunstseide und Stapelfasern auch für technische Artikel zu verwenden, zum Beispiel für die Bespannung der Flugzeuge, die Umwicklung elektrischer Drähte und Kabel, dann wird eines Tages der ausländische Rohstoff vollkommen vom deutschen Markt verschwunden sein. Leider verderben hier — Las gleiche ist bei synthetischem Gummi der Fall — unsinnige Schlagworte wie „Damenstrümpfe aus Kiefernholz" oder „der deutsche Wald als Seidenladen" den Ernst der Sache. Sie erwecken den falschen Eindruck, als ob es sich bei den deutschen Werkstoffen um Ersatzware handelt, wie wir sie aus den traurigen Kriegsjahren noch in Erinnerung haben. Diese oder ähnliche Redensarten find unberechtigt und für die deutsche Wirtschaft schädlich
Ueberlegungcn beim Einlauf
Wenn es uns restlos gelingen soll, von den sogenannten eingeführten Rohstoffen freizukommen, mutz jeder einzelne deutsche Haushalt beim Einkauf von Jndustrieerzeug- nisten die Ueberlegung anstellen, daß in jeder Ware außer dem Rohstoff auch noch Arbeitswerte und Kapitalwerte enthalten sind. Beim Kauf von ausländischen Rob- stoffen gehen dem deutschen Volksvermögen und dem deutschen Arbeiter auch noch der Ertrag des Arbeitsanteils und des Kapitalanteils verloren. Für je 6000 Mark, die statt für ausländische Rohstoffe für deutschen Werkstoff ausgegeben werden, kommt eine deutsche Arbeiterfamilie ein Jahr lang in
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Lohn und Brot. Und 6000 Mark find schnM zusammen. Wieviel Geld z. B. im Jahr 1938 täglich für die Einfuhr von Industrieerzeugnissen ausgegeben wurde, zeigt die vorstehende Zeichnung.
Wieviele Arbeiterfamilien hätten a« einem einzigen Tage alle ihre Not vergessen können, wenn hier statt ausländischer Rohstoffe deutsche Werkstoffe gekauft worden wären! — Unsere Wissenschaft und Industrie sind für den Rohstosfkampf ausreichend gerüstet, unsere Werkstoffe sind keine Ersatzware. an uns allen liegt es jetzt, die deutsche Wirtschaft frei zu machen.