Ms. 78
Dienstag, 2. April 1935
!Ü 6 . Jahrgang
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Eine „Friedensrede" Herriots
Wie er das deutsch-französische Verhältnis sieht
Paris, 1. April.
Staatsminister Hcrriot hielt am Sonntag als Borsitzender der Radikalsozialistischen Partei der dem Schlnßessen des Landespartei- tagcs in Ly o n eine innen- und außenpolitische Rede, die in einer Bertrauenskundgebnng für Ministerpräsident Flandin ausklang.
Herriot behandelte zuerst die innenpolitische Lage. Die außenpolitische Lage sei besorgniserregender als die innere Lage. Die Urheber der Panikstimmung arbeiteten nicht nur an der Effektenbörse, sondern überall und versuchten,
die Franzosen einznschüchtern. Es wäre falsch, der öffentlichen Meinung die Schwierigkeiten der Gegenwart zu verschweigen. Es wäre aber ein noch größerer Fehler, sie zu übertreiben. Damit ging Herriot auf das deutsch-französische Verhältnis über, wobei er meinte, Frankreich habe auf gewisse Hoffnungen verzichten müssen, die es Deutschland gegenüber gehegt habe, Herriot verflieg sich sogar zu der Behauptung, daß das republikanische Frankreich Gegenstand eines zunehmenden Hetzfeldzuges (?!) sei, der den Versuch unternommen hätte, die Alliierten des großen Krieges, die die „Freunde des Friedens" geblieben seien, zu trennen (?). Nach einem Hinweis ans die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland fuhr Herriot fort: Trotz unserer Enttäuschung werden wir keine aggressiven Worte gegen Deutschland richten, gegen ein großes, arbeitsames Volk, das entschieden das Recht auf die Würde und Sicherheit hat, gegen eine Nation, der wir im Jahre 1932 ein „völlig befriedigendes Regime" angeboten haben, gegen ein Land, mit dem wir gern freundschaftlich im Rahmen des Völkerbundes zusammenarbeiten würden. Aber entgegen der Ansicht mancher Leute haben wir kein Mittel, diesem Volke den Beitritt zu einer internationalen Organisation aufzuzwingen. Es ist Herr seines Geschickes. Wenn es, Wie es scheint, nicht bereit ist, in eine Zusammenarbeit (?) einzutreten, kann es uns nicht daran hindern, daß wir uns von uns aus daran beteiligen. Seine Entschließungen und seine Kommentare haben den Vorteil, die Lage zu klären und Entscheidungen herbeizuführen.
Wenn Deutschland es annimmt, sich an der internationalen Zusammenarbeit zu beteiligen, so ist das die beste Lösung. Wenn Deutschland es ablehnt, wird uns nichts das Recht nehmen, Pakte der gegenseitigen Unterstützung zu unterzeichnen, nicht etwa reine Wortspiele, die keinen Wert hätten, sondern Pakte, die gegenseitige Garantien sicherstellen, nicht etwa Militärbündnisse nach der Art der Vortriegsbünd- nisse, sondern regionale Abkommen, die allen offen bleiben, die sich an ihnen beteiligen wollen, um ihren guten Willen zu beweisen. Warum sollte das Regime von Locarno, das im Westen gut ist, nicht ebenso gut im Osten sein? Natürlich will ich, daß diese Pakte nicht nur Deutschland offen stehen, sondern auch senem Polen, für das Frankreich sein Blut hergegeben hat.
Meimes Konsistorium im Vatikan
Rom, I. April.
Nach zweijähriger Unterbrechung hat Papst Pius XI. am Montagvormittag wieder ein geheimes Konsistorium abgehalten. Das Kardinalkollegium hat der Heiligsprechung der beiden englischen Seligen Fisher und M oore und der Berufung von Kardinal-Staatssekretär Pacelli zum Kardinalkämmerer der Heiligen Römischen Kirche zugestimmt. Nach Ernennung verschiedener Bischöfe, darunter des Erzbischofs Hinsley für Westminster wurde vom Papst das öffentliche Konsistorium auf kommenden Donnerstag einberufen.
Rk-r -ks Papstes gegen den Krieg
Rom, 1. April.
In seiner Ansprache im Geheimen Konsistorium wandte sich Papst Pius XI. der „furchtbaren wirtschaftlichen, politischen und besonders moralischen Krise" zu, von der die Menschheit henngesucht sei und gab seiner tiefen Trauer über die „noch verhängnisvolleren folgen, die für die Zukunft be
fürchtet werden", Ausdruck. Während die Schäden des letzten europäischen Krieges noch nicht überwunden seien, so führte der Papst weiter aus, verdunkeln bereits neue Gewitterwolken den Horizont. Unwillkürlich tauchten vor dem Gedächtnis die Worte Christi über Kriegslärm und Heimsuchungen, über Teuerungen aus. Bezugnehmend aut den „überall verbreiteten Kriegslärm", der alle errege und bedrücke, bezeichnete der Papst einen neuen Krieg als ein furchtbares Verbrechen.
Er könne nicht glauben, daß jene, denen das Glück und der Wohlstand der Völker am Herzen liegen müsse, nicht nur ihre eigene Nation, sondern einen großen Teil der Menschheit zum Blutbad treiben und der Vernichtung und dem Ruin preisgeben. Soviel wolle er zur moralischen Unmöglichkeit jedes neuen Krieges sagen.
Darüber hinaus sei er aber mit vielen anderen auch der Meinung, daß in den gegenwärtigen, außerordentlich schweren Zeiten auch materiell und Physisch ein Krieg ihm ebenso unmöglich erscheine.
„Wicht -er litauischen Regierung
Sir John Simon
über den Schritt der Signatar,nächte London, 1. April.
Im Unterhaus wurde der Außenminister Montag nachmittag gefragt, welcher Natur die Intervention gewesen sei, die England gemeinsam mit den anderen Unterzeichnermächten des Memel- statuts unternommen habe.
Außenminister Sir John Simon erwiderte: Wie bereits in der Antwort am 18. März zum Ausdruck gebracht worden ist, sind kürzlich durch die englische Regierung, die französische Regierung und die italienische Regierung bei der litauischen Regierung Vorstellungen erhoben worden. Im Verlaus dieser Vorstellungen ist die litauische Regierung dahin unterrichtet worden, daß die gegenwärtige Lage im Memelgebiet, in dem sich kein Direktorium befindet, das das Vertrauen des Landtages besitzt, unvereinbar ist mit dem Grundsatz der dem Memelgebiet durch das Statut gewährleisteten Autonomie, und daß es die Pflicht der litauischen Regierung ist, diesen Zustand unverzüglich zu beenden.
Ser erste Lag
-er ungarischen Reichstagswahlen
" Budapest, l. April.
Ter Sonntag mar der erste Abstimmungstag für die ungarischen Reichstagswahlen. Vis Mitternacht waren folgende Ergebnisse bekannt: Die Partei der nationalen Einheit erhielt 133 Mandate, die Klein- la n d w i r t ep a r t e i 16. die Christliche Wirtschaftsvar tei 2 und die Nationalsozialistische Partei 1 Mandat. 11 Mandate sielen den Parteilosen zu. In weiteren 11 Bezirken ist Stichwahl erforderlich. Von den zur Der- gebung gelangenden 245 Mandaten ist somit bereits die Entscheidung über 163 gefallen. Die Partei der nationalen Einheit besitzt be. reits nach dem ersten Wahltage mehr als die Hälfte sämtlicher Abgeordnetensitze.
Merkwürdige Wahlniederlage
des Deutschtums
Im Verlause des gestrigen ersten Wahltages der ungarischen Parlamentswahlen sind die vier Wahlkandidaten der ungar- ländischen Schwaben. Dr. Kußbach, der Generalsekretär des ungarländischen deutschen Volksbildungsvereins (UBD.), Dr. Basch, der Redakteur Török und der Kandidat Teppert bei den Wahlen unterlegen. Die Wahlbehörden erklären, daß die deutschen Kandidaten nicht die notwendige Stimmenmehrheit erhalten haben.
In Kreisen des schwäbischen Deutschtums hat dieser völlig unerwartete Ausgang der gestrigen Wahlen B e st ü r z u n q und Er- r e a I! n a b e r v v r a e r >1 i c n. Nach der
geschlossenen Unterstützung, die die deutlchc-: Wahlkandidaten unter der schwäbischen Bevölkerung gefunden harten, konnte damit g-- rechnet werden, daß zum mindesten die beiden Spitzenkandidaten des schwäbischen Deutschtums, der Führer der ungarländischen Schwaben, Dr. Kußbach und der Generalsekretär des UBD.. Dr. Basch, mit großer Mehrheit gewählt werden würden. Die Werber der deutschen Kandidaten in den beiden Hauptbezirken wurden acht Tage vor den Wahlen aus den Bezirken behördlich ausgewiesen. In der ungarischen Presse wurde gleichfalls übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß angesichts der einmütigen Haltung des Schwabentums mit der Wahl der beiden Spitzenkandidaten ohne jeden Zweifel zu rechnen sei.
Infolge dieses Ausganges der Parlaments- Wahlen wird nunmehr das volksbewußts schwäbische Deutschtum im wesentlichen keine rwlksbewußte Vertretung im ungarländischen Parlament haben.
Ser große „Lan-tag"
-er Hollön-Wen Faschisten
Amsterdam, I. April.
Die holländische Hauptstadt steht in diesen Tagen im Zeichen des großen „Landtags" der holländischen nationalsozialistischen Bewegung. Schon im Lause des Samstags trafen die Teilnehmer in vielen Extrazügen in Amsterdam ein. 'Angesichts der drohenden Haltung der Marxisten hatte die Polizei um- iangreiche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.
Der Auftakt des großen „Landtages" bildete eine Kundgebung in der Automobil- ausstellungshalle am Samstagabend, an der etwa 16 000 Menschen teilnahmen. Der Führer der NSB., A. Mussert, legte in seiner politischen Programmrede einleitend dar, daß
Das Neueste ia Kürze
Ter Vcrsammlungsseldzug der DAF. für die Vertrauensratswahlen wurde mit einer Rede Dr. Lehs eröffnet.
Lordsiegelbewahrer Eden ist nunmehr nach Warschau unterwegs.
Simon betonte in einer Unterhauserklärung, daß Litauen die Pflicht habe, dem Memelstatnt Rechnung zu tragen.
Der Papst sprach sich in einer Rede vor dem Geheimen Konsistorium scharf gegen einen neuen Krieg aus.
seine Bewegung, als sie vor etwa drei Jahren gegründet wurde, mit Hohn und Spott empfangen worden sei. Dieser Spott habe sich inzwischen gelegt und sei von einem systematischen Terror abgelöst worden, der noch ständig im Zunehmen begriffen sei. Terror und Brotraub würden aber das schnelle Wachstum der Bewegung nicht aus- halten können. Ende 1932 habe man 1000 Mitglieder der NSB. gezählt, Ende 1933 bereits mehr als 15 000, Ende 1934 mehr als 3v 000 und im jetzigen Zeitpunkt sei die Zahl -iO OW schon erheblich überschritten. Neber all diesen Ziffern aber stehe der Geist, der dir Bewegung beseele und der sie dazu befähigen werde, die heute noch in Holland bestehende Zersplitterung in zahlreiche politische Parteien zu überwinden. Die nationalsozialistische Bewegung sei mich gerade zur rechten Zeit gekommen, denn die holländische Nation sei hart am Rande eines gefährlichen Abgrundes angelangt. Ein großer Teil des Volkes sei durch Marxismus vergiftet worden, während sich überall eine grenzenlose Gleichgültigkeit bemerkbar mache.
LorWel-em-m Eden kommt nach MW
Moskau, 1. April.
Lordsiegelbewahrer Eden stattete am Sonntagabend mit seinen Begleitern dem Außenkommissariat noch einmal einen Besuch ab. Es fand nochmals eine Besprechung statt. Bor der Abreise besuchte Eden mit seinen Begleitern die Vorstellung im Großen Theater. In der Loge Edens sah man außer dem englischen auch den französischen, den italienischen und den türkischen Botschafter sowie den tschechoslowakischen Gesandten. Unmittelbar nach Schluß der Vorstellung begab sich Eden zum Bahnhof, um nach Warschau weiterzureisen. Mit dem gleichen Zuge fuhren auch die nach Moskau gekom- menen englischen und französischen Sonder- bericb'erstatter ab.
„Stalins Blick aus die Landkarte"
Der Sonderkorrespondent der „Times" in Moskau liest aus dem Kommunique über Edens Besprechungen eine Belebungder englisch-französisch-russischen Beziehungen heraus. Darüber hinaus weiß der Berichterstatter mit allerlei Intimitäten aus dem Zusammentreffen Edens mit Stalin auszuwarten, die nicht ohne Interesse sind. So soll nach Mitteilung von vertrauenswürdiger Seite Stalin an Eden die Frage gerichtet haben, ob er die Kriegsgefahr heute für größer oder geringer halte, als im Jahre 1914. Eden habe geantwortet, seiner Ansicht nach sei sie weniger groß. Stalin habe sich zur gegenteiligen Auffassung bekannt.
Der „Times"-Berichterstatter gibt auch die Darlegungen wieder, mit denen Stalin die Auffassung begründet haben soll. Sie der. dienen niedriger gehängt zu werde n. Stalin hat nämlich dem Blatt zufolge erklärt, cs habe 1914 nur eine Nation gegeben, deren Ausdehnungsbestrebungen die Kriegsgefahr heraufbeschworen, während es 1935 zwei Rationen gebe: Deutschland und Japan.
Der Frage der kommunistischen Propaganda sei, wen» sie bei den Besprechungen überhaupt erwähnt worden sei, keine übertriebene Bedeut««« beigemesie« worden Zu
dieser sehr charakteristischen Tatsache gibt der Berichterstatter als Begründung an im Jahre 1935 erscheine Krieg als eine größere Gefahr als eine Weltrevolution (!?)
Weiterhin Optimismus in Paris
Die Pariser Morgenpresse schwelgt anläßlich der Beendigung der englisch-russischen Besprechungen weiterhin in Optimismus. Man zeigt sich allgemein hoch erfreut darüber. daß die bisherigen englisch-sowjetrui- fischen Gegensätze, wenn auch noch nicht ganz verschwunden, so doch in den heikelsten Punkten überbrückt worden seien. Daraus zieht man die Schlußfolgerung, daß England nunmehr keinerlei Veranlassung mehr habe, de» Abschluß eines Ost-Locarno zu Hintertreiben oder durch eine ausgesprochene Angriffs-Haltung zu erschweren. Der Moskauer Sonderberichterstatter der Agentur „Havas" erklärt. es sei die übereinstimmende Auffassung zuständiger russischer Kreise, daß das Ergebnis der Moskauer Reise Edens de» vielen Erwartungen, die man daran geknüpft habe, in jeder Weise gerecht geworden sei. Die amtliche Schlußverlautbarung überschreite sogar die kühnsten Hoffnungen.
Mjnyr im -tr Sämiger Separatist«»
Bedeutsame Erklärung führender Deutsch, nationaler zur Volkstagswahl
Danzig, 1. April.
Die maßgebenden Führer des früheren Landesverbandes Danzig der DNVP. ver» öffentlichen folgende Erklärung: .Viele Anfragen unserer früheren Gesinnungsgenossen über unser Verhältnis als langjährige füh- rende Mitglieder der Deutschnationalea Volkspartei zu der neugegründeten „Natio- 'nalen Front" veranlassen uns zu folgender Erklärung: Die Deutschnationale Volkspartei ist nach Durchbruch der nationalen Erhebung vom 80. 1. 1933 im Deutschen Reiche und alsdann auch in Danzig durch einen Politischen Akt aufgelöst worden. Wir stehen auch heute noch zu den damals gegebenen Erklärungen. Seitdem hat niemand das Recht, sich im Wahlkampf auf die Deutschnationale Volks- Partei zu berufen. Für die AnbSnaer der