1Ü9. Jahrgang
18. Februar 1935
Nr. 42
Dienstag, 18. Februar 1935
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Md Rhr. v. Neurath auch LouiW kinMen?
„Daily Mail" über die britischen Vorschläge
London, 18. Februar.
Die britische Regierung hat dein diplomatischen Mitarbeiter des „Daily Mail" zufolge beschlossen, unverzüglich mit der deutschen Regierung über den vorgeschlageneu Fünfmächte- Luftvertrag und andere die Rüstungsbegrenzung und Deutschlands Rückkehr in den Völkerbund berührende Fragen zu verhandeln. Als Ergebnis der Besprechungen, die während des Wochenendes zwischen den Mitgliedern des englischen Kabinetts geführt wurden, werde vermutlich Freiherr v. Neurath in absehbarer Zeit in London eingeladen werden. Die britische Regierung arbeite an endgültigen Vorschlägen, die sie Anfang dieser Woche der französischen Regierung unterbreiten werde. Dies entspreche den mir Flandin und Laval bei ihrem Londoner Besuch getroffenen Abmachungen. Die britischen Minister seien zwar enttäuscht darüber, daß die deutsche Antwort aus die englisch-französische Erklärung mit Ausnahme des Luftpaktes nur in sehr unbestimmter Form eingche. Sie glaubten aber, daß im Laufe der Verhandlungen der Umkreis der Besprechungen genügend erweitert werden könne, um eine freimütige Prüfung der Fragen der Gleichheit und der Rückkehr Deutschlands in den Völkerbund einzuschließen. Bon dem britischen Botschafter in Paris werde dieser Tage ein Bericht über die Aufnahme der deutschen Antwort in Paris erwartet.
Die Einstellung Frankreichs in englischer Beleuchtung
..News Chronicle" nennt es iu einem Leitaufsatz befriedigend, daß die französische Regierung gegenüber der deutschen Antwort mehr Vertrauen und größere Vernunft zeige, als die Mehrheit der Pariser Zeitungen. Es wäre der britischen Regierung schwer gefallen, dem deutschen Wunsch nach direkten Verhandlungen zwischen London und Paris zu entsprechen, wenn die französische Negierung entschieden dagegen gewesen wäre. Die französische Regierung sei anscheinend durchaus bereit, die englisch-deutschen Besprechungen nach Absendung einer Antwort auf die deutsche Erwiderung als wünschenswert anzuerkennen. Der wesentliche Inhalt dieser Antwort würde vermutlich in eine» Ersuchen um größere Klarheit hinsichtlich Deutschlands Haltung in den Punkten bestehen, die die deutsche Note im Dunklen lasse. Man brauche nicht anzunehmen, daß Deutschlands Ziel sei. zwischen Großbritannien und Frankreich Zwietracht zu säen.
SsrMtige Prüfung der deutschen Antwort in London
London, 18. Februar.
Wie der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet, werden während der nächsten 48 Stunden die britischen Minister Konferenzen abhalten, um die deutsche Antwort auf die englisch-französische Erklärung unter sich zu erörtern. Die französische Regierung wird, wie verlautet, keinen Einwand gegen unmittelbare englisch-deutsche Besprechungen über den vorgeschlagenen Lustpakt erheben.
Sie sei damit bemüht, eine umfassende Vereinbarung mit Deutschland zustande zu bringen. Es darf aber erwartet werden, daß die französische Regierung anregen wird, vor allem die englisch-französische Auffassung über den Lustpakt genauer festzulegen. Es ist klar, daß engkisch-deutsche Besprechungen bessere Aussicht haben würden, wenn sie sich aus eine klarere Vorstellung von dem zu erreichenden Ziel gründen würden. Die Form der Besprechungen ist noch nicht festgesetzt. Man glaubt, daß ein Besuch des britischen oder französischen Außenministers in Berlin sich natürlicher ergeben werde, wenn die deutsche Regierung Zeit gehabt habe, die Prüfung des gesamten Inhaltes der Londoner Erklärung zu beendigen.
Im übrigen glaubt „Daily Telegraph"
melden zu können, daß in London im Jitter- esse praktischer Ergebnisse der Verhandlungen -n ihrem jetzigen Stadium der Besuch vines deutschen Regierung? Mitglied es in London für zweck- mäßiger gehnlten nxwde.
Skötzm iülüeilsche ll««- «humiM io Asriti
Vermutungen französischer Blätter
Paris, 18. Februar.
Der Beschluß des großen Faschistischen Rates. einige Milizbataillone nach Ostafrika zu entsenden und nötigenfalls weitere Milizabteilungen aiifzu bieten. wird in Paris als die Einleitung zu einer militärischen Aktion größeren Stils in Afrika aufgefatzt. die über den Rah- men einer reinen Verteidigungsmaßnahme hinausgehen könne und auch als der Beweis für die Entschlossenheit des Duce, die regulären Truppen im Hinblick auf etwaige Verwickelungen in Mitteleuropa im Mutterland zu belasten. So, schreibt der ..Matin" u. a.: Italien wird die Hilfsquellen der Landesverteidigung des Mutterlandes in keiner Weise schwächen. Aber die nach dieser Richtung geplanten Maßnahmen scheinen gerade in einer weitergehenden Mobilisierung zu bestehen. Alles in allem erscheinen die Beratungen des großen Faschistischen Rates als die Bestätigung eines wohlüberlegten Beschlusses Italiens. Der Rahmen der Verteidigungsmaßnahmer scheint bereits überschritten zu sein. Die bis jetzt in Abrede gestellten Truppenverschiebungen werben nun amtlich zugegeben und dfe Mobilmachung wird verstärkt. Rom ist entschlossen, von Addis Abeba eine Wiedergutmachung zu verlangen und läßt sogar eine ausgedehntere spätere Aktion in Afrika für seine Sicherheit und seine koloniale Ausbreitung durchblicken.
„Ere Nouvelle" und andere radikalsozialistische Blätter bemühen sich, die Dinge so erscheinen zu lasten, als ob die-Inanspruchnahme Italiens durch die Vorgänge in Afrika eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber einer angeblichen Gefahr von Zwischenfällen in Europa notwendig mache.
Die marxistische Presse läuft Sturm gegen den italienischen Imperialismus.
Rom gegen eine falsche Auslegung des Schlußkonttnuniqu'-s des großen faschistischen Aales
Die von einigen französischen Zeitungen dem Schlnßkommunique des Großen faschistischen Rates gegebene Auslegung. Rom wolle nach Ostajrika nur faschistische Miliz entsenden. uno das eigentliche Heer im Hinblick auf die allgemeine Lage in Europa in Italien belasten, wird von unterrichteter ita- lieni'cher Seite alsvollkommen will-
k ü r l i ch b e z e i ch net und a u sd rü ek - l ich d e m e n t i e r t. Nichts aus dem Wort» laut des erwähnten Schlußkommnniques könne diese Gerüchte rechtfertigen. Die in der letzten Woche mobilisierten zwei italienischen Divisionen, so wird weiter erklärt, seien ausschließlich für die italienischen Kolonien in Ostasrika ^stimmt, wenn auch über den , Zeitpunkt ihrer Verschiffung noch nichts be- , kannt sei.
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Murr Anschlag aus sülmn-en Kommunisten
Moskau. 18. Februar.
Am Sonntag wurde wieder ein Revolveranschlag auf einen führenden Kommunisten einer Kollektivwirtschaft verübt. Der Kommunist namens Burlakow wurde schwer verletzt. An seinem Auskommen wird gezweifelt. Es wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen.
Bekanntlich war erst kürzlich der Kom-
! munist Medkow bei einem Anschlag getötet ! worden. Drei Bauern, die des Mordes an ! Medkow beschuldigt werden, waren kurz vor ! oem Anschlag aus Burlakow verhaftet ! worden.
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! »es Slmrodkvmmens
! R o IN. 18. Februar.
^ Die Unterzeichnung der Abkommen über die Rückgliederung des Saargebiets an das Reich hat in Neapel in Gegenwart des Vorsitzende« des Dreieransschuffes, Baron Aloisi, statt- gesunden.
Baron Aloisi dautte den beteiligten Organisationen für die geleistete Arbeit. Botschafter vonHassel stattete den wärmsten Dank für die Mitarbeit der italienischen Herren ab. Seinen Ausführungen schloß sich der französische Botschafter Chambruu an.
Nostrmkehr mit dem Saarland
—vom 18. Februar an
Berlin, 18. Februar.
Inländische Zahlungsmittel dürfen vom 18. Februar an nach dem Saarland versandt werden. Postanweisungen, Postaufträge und Postnachnahmen find bis zu den innerdeutschen Höchstbeträgen zugelassen und in der Reichsmarkwährung auszustellen. Da die Zollgrenze gegen das Saar- ! land schon zetzt sortsällt,' brauchen den Paketen und den bisher zollpflichtigen Brief- sendungen die sonst üblichen Zollpapiere usw. : nicht mehr beigefügt zu werden. Im übrigen j
Sa§ Neueste tu
Englische Blätter melde», daß eine Einladung des deutschen Reichsantzenministers nach London bevorstehe.
Die vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilten Frauen wurden am Montag früh hingerichtet.
Weite Teile Deutschlands sind von verheerenden Stürmen heimgesucht worden, die beträchtlichen Schaden anrichteten.
Die Unterzeichnung des Saarabkommens hat in Neapel programmgemäß stattgefnn- den.
In Stuttgart ereignete sich infolge eine« Rohrbruches ein schweres Gasnnglnck, de» drei Menschen eben zum Opfer sielen.
iGevühren. Austandssormblätter usw.) bleiben die bisherigen Vorschriften bis zum 28. Februar in Geltung.
Wegen der völligen Gleichschaltung deS Verkehrs mit dem Saarland vom 1. März an wird besondere Mitteiluna ergehen.
Man interveniert in Rom
Rom, 18. Februar.
Nach japanischer amtlicher Mitteilung hat der japanische Botschafter in Rom, S ugrmn- r a. eine längere Besprechung mit Staatssekretär Snvich gehabt, die dem italienisch-abes- stnischcn Konflikt galt. Der Botschafter Japan? hat in dieser Besprechung der italienischen Regierung den japanischen Standpunkt zur Kcnntni - gebracht und die Hon-
MM öStt Md- Md MittkldeutMlld
Berlin, 18. Februar.
Der orkanartige Sturm, von dem ganz Deutschland in der Nacht zum Sonntag und während des Sonntages heimgesucht wurde, hat außer zahlreichen Sachschäden und Verkehrsstörungen auch mehrere Todesopfer gefordert. In Breslau wurde am Sonntag vormittag eine Verkäuferin auf dem Ring von einem herabfallenden Mauer stück erschlagen. Bei Halle wurde ein fünfjähriger Junge, der auf einer Wiese am Stadtrand abgebrochenes Astwerk sammelte, von einem um stürzenden Baum begraben und auf der Stelle getötet. In der Dewa-Heirn- Kolonie im Mülheimer Stadtteil Dümpten wurden so schwere Verwüstungen angerichtet. daß 36 Familien mit etwa 200 Personen zum großen Teil wohnungslos geworden sind. Zwei Personen mußten mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Im Thüringer Wald war am Samstag der Postautobusverkehr von Friedrichroda nach Finsterbergen unmöglich, da die Straße von etwa 70 vom Sturm gefällten Bäumen gesperrt war. Im Bezirk der Reichsbahndirektion Dresden wurden durch den Sturm verschiedentlich Störungen im Zugverkehr verursacht.
Schornstein erschlägt Feuerwehrmann
In den frühen Morgenstunden des Sonntags verursachte ein ungewöhnlich starker Sturm zahlreiche schwere Schäden in allen Teilen von Berlin. Mehrere Bäume wurden entwurzelt. In der Innenstadt stürzte ein Baugerüst ein. Verkehrsunfälle, die glücklicherweise glimpflich verlaufen und. ereigneten sich auch infolge des Sturmes.
Am frühen Nachmittag setzte der Sturm mit erneuter Heftigkeit ein. In Berlin- Schmargendors wurde der Schornstein eines Privathauses umgerissen. Bei den Aufräumungsarveiten durch die sofort herbeigerufene Feuerwehr stürzte ein anderer Schornstein ein. Durch die fallenden Trümmer wurde der 55jährige Feuerwehrmann Paul Becker so schwer verletzt, daß er kurz nach seiner Einlieferung in das Mar» tin-Liither-Kraukenhaus verstarb.
Nordsee-Schiffsverkehr ruht
Der schwere West sturm, der Samstag nachmittag wieder über dem ganzen
norddeutschen Küstengebiet und der See tobte, wütete auch am Sonntag weiter. Er richtete in Hamburg und Umgegend erheblichen Gebäude- und Baumschaden an. Die Bewohner des Hafens haben sich auf Hochwassergefahr vorbereitet. In der Nordsee ruht fast der gesamte Schiffsverkehr. Bei Cuxhaven sind'zahlreiche Schiffe vor Anker gegangen, um besseres Wetter abzuwarten. Auch aus der Nnterelbe warten die Fahrzeuge aller Größen und Nationalitäten.
Störungen und Schäden in Sachse«
In der Nacht zum Sonntag raste ein orkanartiger Sturm über Leipzig hinweg, der schweren Schaden anrichtete. Vielfach stürzten Schornsteine ein. Dächer wurden abgedeckt. Scheunen wurden eingedrückt und zahlreiche Bäume entwurzelt. In einem Grundstück der Berliner Straße durchbrach ein Schornsteinkops des Vorderhauses, der auf das Dach des Hinterhauses geschleudert wurde, das Dach und die Decke des obersten Stockwerkes und stürzte in eine Wohnung. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Das 35mal 7 Meter große Dach eines Schuppens der Maschinenfabrik Kirchner und Co. AG. wurde durch den Sturm abgedeckt. Am Bahnhof Knauthain stürzte ein Lichtmast über die Straße. Ein Kraftwagen fuhr dagegen. Dabei wurde eine Person verletzt. Im Stra- ßenbahnhos Leutzsch waren mehrere Bäume auf das Oberleitungsnetz gestürzt. Der Straßenbahnbetrieb konnte daher nur mit Verspätung ausgenommen werden. Auch Schaufenster wurden eingedrückt. Die gesamte Feuerwehr war von 3 Uhr morgens an alarmiert, um die Verkehrshindernisse zu beseitigen. Erst um 11'/- Uhr mittags rückte das letzte Fahrzeug wieder ein.
Auch in der näheren und weiteren Umgebung wütete der Sturm, namentlich im Muldetal unterhalb von Wurzen. Hier wurde im Arbeitslager Canitz durch die Gewalt des Sturmes das 60 Meter lange und 12MeterbreiteDach des Lagergebäudes über die 80 Meter entfernt liegende Dorfstraße hinweg gegen die gegenüberliegenden Häuser geschleudert. Personen kamen auch hier nickst zu Schaden. Die Fernsprech» und zahlreiche Ü berlandleitungen wurden vielfach zerstört.