Seite 6 Nr 28

Der Gesellschafter

Montag, den 28. Januar 1835

««kW W«'

MMM

L^^-rs>v7

SMWM schlügt t« SUveiz vor 6VVW Zuschamru verdient

So v-er b er Me rf tatte r

Vorbei! Wie oft schon wurde das Wort sttiert:Große Ereignisse werfen ihre Schat­ten voraus*, und doch auch diesmal wieder illustriert eS am besten die Stimmung, die schon die gange Woche vor dem Länderspiel in Stuttgart herrschte. Als schließlich am Samstag mehr und mehr Schweizer in Stuttgart eintrafen, als man überall schwei­zerische Laute und die kleinen roten Fahnen mit dem weißen Kreuz im Feld wahrnahm, da stieg die Stimmung auf den Höhepunkt. Es gab nur noch ein Thema: Fußball-Län­derspiel. Die deutsche Elf weilte ja schon seit einigen Tagen in Schwabens Metropole, mährend die Schweizer - Mannschaft am Samstag abend von einer begeisterten Men­schenmenge auf dem Hauptbahnhof begrüßt wurde. Am Samstag abend fand dann auch der Rad-Länderkampf Deutsch» landSchweiz vor ausverkauften Rän­gen in der Stuttgarter Stadthalle statt, den die Deulsclien überlegen mit 46:35 Punkten gewannen.

Am Sonntag morgen wurde die Schweizer- Mannschaft von der Stadt Stuttgart durch Oberbürgermeister Dr. Strölin und an­schließend von der württembergischen Regie­rung durch Reichsstatthalte Murr begrüßt. Während am Samstag die Sonne über Stuttgart lachte, wölbte sich am Sonntag grauer Schneehimmel über den leicht ver­schneiten Dächern. Aber das alles konnte die Stimmung der Mafien nicht beeinflußen. Un­unterbrochen liefen Sonderzüge und auf allen Straßen Omnibusse mit erwartungsvoll ge­spannten Menschen ein. Die reichbeflaggten Straßen hatten dauernd Hochbetrieb, kurz, ganz Stuttgart stand im Zeichen des Länder- stsiels. Don 10 Uhr ab strömten die Menschen vier Adolf-Hitler-Kampfbahn zu.

Me Organisation klappte tadellos

Straßenbahn und Polizei arbeiteten Hand « Hand und man darf an dieser Stelle sagen, daß Stuttgart seinen Auftrag für die Durchführung des Länderspiels in jeder Weise hervorragend erfüllt hat.

Gegen 12 Uhr war das weite Oval der Adolf-Hitler-Kampfbahn schon voll besetzt. Kopf an Kopf standen die Menschen, stunden­lang in hervorragender Disziplin. Das Spiel­feld zeigte einen leichten Schneeüberzug. Die farbenfrohen deutschen und schweizerischen Fahnen flatterten im Wind und im Hinter­grund grüßten die schneebedeckten Berge des Neckartals. Wirklich ein Anblick von faszi­nierender Schönheit und seltsamem Reiz. Die Vorspiele mußten ausfallen, da sonst das Spielfeld darunter gelitten und nicht mehr den internationalen Bestimmungen entspro­chen hätte. Aber daß man sich auch auf an­dere Weise die Zeit vertreiben kann, zeigte DFB.-Gauführer Ritzen, der unter Mit- Wirkung eines HJ.-Singchores zum Ge- meinschaftsgesang aufrief und siehe da, nach einigen Versuchen schallte aus 50 000 Kehlen machtvoll ein Volkslied nach dem anderen über den Platz. Dazwischen hin­ein musizierte eine Reichswehrkapelle und als gar das Züricher Kinder-Hand- Harmonika-Orchester m schmuckem

«M

klrrorero rettet

Lüne rassige kampksreae vor clem 8 ekwe!rer kor. Gelmer tiat geflankt, 8 iMing springt trock, aber vor ibm boxt Uer 8 cb>vei 2 er porbüter Uen tt»U ins beltl rurüek. Wir seben von links naed recbts: l.ekner lOtscblcl.), Mr?.ororv < 8 obw.), in> Ilintergrunct klinelli < 8 cbw.t, 8 ikkling lvscblkl.) unä Uokweclger Vtscblil.)

blauweißem Treß um den Platz marschierte, da kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Aus der Tribüne hatten sich in der Zwischenzeit zahlreiche Ehrengäste eingefunden, unter denen wir u. a. bemerkten:

Ministerpräsident Mergenthaler, In­nenminister Schmid, der bad. Minister­präsident Köhler, der bad. Innenminister Pslaumer, Graf von der Schule n-

schen Fußball- und Leichtathletikverbandes Eichner, der Präsident des Schwedischen Verbandes Johannson u. a. bei.

Immer näher rückte die Zeit des Spielbe­ginns, nochmals verkürzt durch Vorführun­gen von Smttgarter Jugend-Fußballern, die unter Anleitung ihres Trainers Paffen, Stoppen und ähnliches zeigten. Dann bil­deten sie Spalier und Punkt zwei Uhr springt

W MW

S««

MM

MH

zum Schuß, der Ball geht vorbei und dann ist Halbzeit. Die begeisterte Menge jubelt den Spielern zu, als sie in ihre Kabinen gingen. Deutschland führt 2:0.

Nach der Pause

Nach dem Wechsel geht Jaeck vom Anspiel weg durch, flankt prächtig zur Mitte, wo Pvretti bereitsteht Kopsball, knapp vor­bei. Dann übernimmt Deutschland daS Kom­mando und drängt die Schweizer völlig in ihre Hälfte zurück. Die deutschen Flügel wer­den stark eingesetzt, beide sind gut in Fahrt und io ist es unausbleiblich, daß weitere Tore fallen. Zuerst allerdings schießt Conen, der mit einer Lehner-Flanke ans Halblinks ge­laufen ist. ans Außennetz, dann steht Lehner frei, aus zehn Metern schießt er scharf, aber unplaziert, so daß der Ball eine leichte Beute des Torhüters wird. Die Schweizer Verteidi­gung und insbesondere Minelli kämpft mit Heldenmut. Endlich hat auch die Schweiz wieder einmal eine Chance, ja es war viel­leicht die größte des ganzen Spieles. Tarn Abegglen, der exzellente Techniker, flankt vors Tor. Buchloh kann den Ball nicht erreichen, aber weder Frigerio noch Poretti sind zur Stelle, der Ball geht ins Aus. Schon im Gegenstoß flankt Kobierski weit nach rechts.

veutseklanüs siezreteve LIt

Von links. Ooiavrunnsr wietllok, kovsvscwer, 6 r»inlied, (tonen, (.ebner, 8 ikkling, Lusck, 8 türbck, Kobierski .rovei. In, KUntersr«»a Nie extra tür ärsse, 8 oiet erriebtete üolrtribnne

bürg als Vertreter des Reichssportführers, Oberbürgermeister Dr. Strölin, Wehr­kreiskommandeur Generalleutnant Geher, der schweizerische Konsul Sutter, Polizei­präsident Klaiber, Polizeidir. Dreher, stellv. Gauleiter Schmidt, der württemb. Wirtschaftsminister Dr. Lehnich, der Ge- bietssührer Sundermann der HI. usw. Von Sportführern wohnten dem Spiel der Landesbeauftragte Dr. Klett, fein Stell­vertreter Häußler, Bundesführer L i n- nema n n vom DFB., Dr. Schlicker von der FIFA., der Präsident des Schweizeri-

die Schweizer Mannschaft intz Feld. Weiße Hosen, roter Treß, mit dem Schweizer Kreuz auf der Brust, meist dunkelhaarige straffe Gestalten. Die Schweizer Fähnchen winken. Kuhglocken läuten, dann intoniert die Ka­pelle die Schweizer Nationalhymne. Die Zu- schauer entbieten den Deutschen Gruß, aber als die Deutschen kommen, da bricht Helle Begeisterung los. Mächtig klingt das Deutschland, und Horst-Wessel»Lied auf. Dann stellen sich die Spielführer Goldbrun- ner-Deutschland und Minelli-Schweiz dem französischen Schiedsrichter Leclerque vor.

Der SmeWnr rollt

Die Schweiz hat Wahl. Deutschland den An­stoß. Deutschland kommt sofort mit seinem rechten Flügel vor und Lehner erzwingt die erste Ecke. Der Ball wird gewehrt und schon muß Buchloh einen scharfen Schuß des schweizer Halbrechten und ehemaligen Karls­ruher Spieler Poretti wehren. Er macht dies mit solcher Sicherheit, daß die deutschen Zu­schauer erleichtert aufatmen, denn der blonde Junge aus dem Ruhrgebiet scheint heute in Form zu sein. Aber schon wieder steht die Schweiz vor dem deutschen Tor. Stührck, der rechte deutsche Back, fährt dazwischen und wehrt zur Ecke. Auch sie wird abgeschlagen und im Gegenangriff kommt Lehner an seinem Läufer vorbei, aber auch hier kann Minelli zum Eckball abwehren. Der Ball kommt schön herein, Conen springt hoch, köpft ins Eck . . . doch das war Bizzo- zero, der geschmeidige Torhüter, aus Lu­gano! Wie ein Panther schnellt er hoch und reißt den Ballherunter. Jubelnder Beifall der Schweizer Schlachten­bummler. Schon jetzt macht sich eine leichte Ueberlegenheit der Deutschen bemerkbar. Ins­besondere der rechte Flügel wird immer wie­der eingesetzt und da ist es dann Sifsling. der einen Bombenschuß losläßt. Schon glaubt man an Tor. als Weiler, der Standardver­teidiger der Schweiz, hochspringt, den Ball aus der Gefahrenzone köpft. Die Schweizer Läuferreihe ist im Zuspiel recht schwach, und als schließlich Jaccard eine Vorlage an Po­retti gibt, da fährt Goldbrunner, der deutsche Mittelläufer, dazwischen und lenkt zur Ecke. Die deutsche Mannschaft bleibt konsequent beim IV-System, so daß Goldbrunner immer auf gleicher Höhe mit seiner Verteidigung steht. Das ist auch vorerst nötig, denn Busch- Duisburg, der im letzten Augenblick für de:: Hamburger Schwartz aufgestellt wurde, findet sich noch gar nicht zurecht. Und wieder ist der deutsche Sturm im Angriff. Rohwedder, der ganz groß aufgelegt ist. läuft mit dem Ball zur- Mitte und läßt aus 20 Metern eine Bombe los. die Bizzozero mit knapper Not über den Kasten lenken kann. Aber auch die Schweiz stößt links immer wieder vor. Jaeck, der schwarze Basler Flügelstürmer, macht Stührck schwer zu schaffen. Der Hamburger stellt jedoch seinen Mann in hervorragender Weise und wehri mit Kopf und Fuß gleich sicher ab. Die deutschen Außenläufer Gräm­lich und der Berliner Appel kommen lang­sam aber sicher in Fahrt und werfen ihren Sturm immer wieder nach vorne. Deutsch­land erzwingt mehrere Ecken, eine davon findet Grämlich zum Nachschuß bereit, der

jedoch an einem Schweizer Spieler abprallt. Gleich darauf serviert er Lehner eine genaue Vorlage, der Augsburger rast die Linie ent­lang und schießt aus dem Lauf mit voller Wucht ins untere Eck. Aber wie von der Sehne geschnellt, wirft sich der Schweizer Hüter und erntet für die prachtvolle Leistung lebhaften Beifall. Die Schweizer Anhänger versuchen, ihre Mannschaft durch den charak­teristischen KampfrufHopp Schwyz" anzufeuern. Als aber der schnelle Schweizer Mittelstürmer Frigerio eine wundervolle Rechtsflanke freistehend verfehlt, machen diese Kampfrufe einem enttäuschtenOh" Platz. Gleich darauf köpft Amado aus nächster Nähe, aber Buchloh hält sicher und als Farn Abegglen, der kleine Liebling der Schweizer, bei einem Eckball um den Bruchteil einer Sekunde zu spät kommt, da ahnt man schon, daß mit diesem Schweizer Sturm nicht viel zu wollen ist. Auf der Gegenseite setzt Conen eine Gramlich-Vorlage neben den Kasten und ein Kobierski-Schuß prallt an einem Schwei­zer ab. Und wieder spielt Grämlich seinen Flügel wundervoll frei. Vorlage.

Kobierski tribbelt die Linie entlang, über- läuft Minelli. schiebt zu Conen und aus unmöglichem Winkel jagt dieser eine Flachbombe ins Eck. Unendlicher Jubel Deutschland führt 1:0.

Die Schweizer sind deprimiert und ver­geben zwei klare Chancen. Dann gehen die Deutschen wieder vor und die Schweizer Hintermannschaft muß schwere Arbeit leisten. Conen und Rohwedder schießen zweimal knapp vorbei. Sifsling verpaßt freistehend eine Hereingabe von Lehner und schließlich ist es wieder Rohwedder. der eine Ecke zwischen den Füßen des heraus­gelaufenen Torwarts am Kasten vorbeischiebt. Aber noch haben sich die deutschen Zuschauer nicht von der Enttäu­schung erholt, da wuchtet Conen in der Mitte durch, schiebt im letzten Augenblick den Ball auk Halblinks und

gegen Rohwedders Schutz war kein Kraut gewachsen. Unter den Beifallsrufen und dem Schwenken der Hakenkreuzfähnchen mutz Bizzozero zum zweiten Mal hinter sich greifen.

Vergeblich stürmt die Schweiz vom Anstoß weg vor, denn immer wieder ist es der blonde Wuschelkopf von Stührck, der auch in den gefährlichsten Situationen dazwischen fährt und die Schweizer Stürmer zum Ver zweifeln bringt. Noch einmal kommt Amado

Lehner schiebt das Leder zu Conen und aus dem Stand schießt dieser aus fünf­zehn Metern mit Wucht zum 3:0 unter die Latte.

Noch ist der Beifall nicht verrauscht, da kombiniert sich der rechte deutsche Flügel blendend durch. Sifsling steht frei vor dem Tor Schuß daneben. Nochmals reißt sich die Schweiz zusammen, aber der Sturm spielt zu zerfahren und vor allem mangelt es am Schießen. Dann wird Lehner von Weiler ini Strafraum reichlich hart gerempelt und im Gegenangriff rettet Stührck nach schönem

vss »rir gekülirlieli!

laeek, ctsr scbnelle 8 ebvveirer binkssnüsn, Vst Zsscbosssu, clocb scbon ist Uucblob <ts. In Uer nsekston 8 ekunUe tint er cien Nai! an sied gerissen Uie Lekakr ist gebannt

Schweizer Kombinationsspiel vor dem an­stürmenden Poretti. Gleich darauf Gedränge im deutschen Strafraum, Buchloh kommt nicht bei, aber Abegglen schießt daneben. Dann startet wieder Lehner. Der Schieds­richter Pfeift abseits, wohl die einzige strit­tige Entscheidung, die der hervorragende Franzose während des Spieles gefällt hat.

Aber schon wieder geht die rechte Seite durch und diesmal ist Lehner nicht zu halten. Sein Schuß stellt das Resultat in der 27. Minute der zweiten Halbzeit auf 4.0.

Noch einmal flackert der Kampfgeist der Eidgenossen auf, als Busch, der sich in der zweiten Halbzeit recht gut schlug, an der Strafraumlinie ein Faul verschuldete. Unter atemloser Spannung legt sich Jaccard. der Schweizer Mittelläufer, den Ball zu Recht. Die Deutschen bilden eine Mauer. Ganz leicht hebt Jaccard den Ball über diese hinweg.

Abegglen spurtet wieselflink herbei, steht drei Meter frei vor Vuchloh, da wirst sich Deutschlands Nationaltorhüter toll­kühn und faßt den Ball vor den Füßen des schußbereiten Schweizers.

Tosender Beifall belohnt diese Pracht­leistung. Dann wird Minelli bei einem Zusammenstoß mit Kobierski verletzt vom Platz getragen. Es sind noch 7 Minuten zu spielen. Beiderseits noch einige Vorstöße, die von den aufmerksamen Vertei­digern gestoppt werden. Dann 'pfeift der Schiedsrichter ab, die absperrende SA. kann die begeisterte Menge nur mit Mühe zurück­halten. Deutschland hat gesiegt, gesiegt in einem fairen Kamps und was das Schönste ist. der Sieg ist auch in dieser Höhe vollaufverdient. ^