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Rr. 758

Mckrickten

Woher kommt das Kommißbrot?

Das Wort Kommißbrot, womit das Soldatenbrot bezeichnet wird, hat seinen Ur­sprung im Dreißigjährigen Krieg. Wollen­stem hatte Kommissionen eingesetzt, die die Soldaten mit Brot versorgen mußten. Die Soldaten nannten das Brot, das sie auf diese Weise bekamen, Kommissionsbrot. Dieser Ausdruck wurde in das kürzere und be­quemereKommißbrot" umgewandelt.

Trauring am Daumen

In einer früheren Zeit war es unver­brüchliche Sitte, daß man den Trauring am Daumen tragen mußte.

Was will der Kleine werden?

Ju Spanien ist noch immer der alte Brauch lebendig, die kleinen Knaben durch das Los entscheiden zu lassen, was sie wer­den wollen, wenn sie groß sind. Man legt zu dem Zweck fünf Gegenstände vor das Kind hin, und zwar ein Geldstück, ein Buch, eine Frucht, ein Kreuz und ein Messer. Welches der Gegenstände das Kind ergreift, ist entscheidend. Nimmt es das Geldstück, io wird es später Kaufmann: aus dem Knaben, der nach dem Buch greift, wird ein Gelehrter; wer das Obst nimmt, wird Bauer; das Kreuz ergreift der spätere Geistliche, und das Messer endlich gibt an, daß die Laufbahn des Soldaten gewählt werden wird.

Ije KMellung von Beerensüßmost

In den nächsten Tagen setzt die Johan­nisbeerernte ein. Bis jetzt wurden die Johannisbeeren von den Hausfrauen im all­gemeinen zu Gelee und Marmelade verar­beitet. Bei größerem Anfall im eigenen Gar­ten stellte man auch Wein her. Zur Süß- mostbereitung konnten sich jedoch nur wenige entschließen, und doch ist bei dieser Verwer­tung mit ganz wenig Zucker ein wirklich ge­sundes und durststillendes Getränk zu berei­ten. Im kleinen Haushalt kann leicht mit Hilfe des Dampfentsaftens ein guter Süß­most hergestellt werden. In einen Eindünst­kessel, der mit ungefähr 8 Zentimeter Was­ser angefüllt ist, wird eine breite 4 Liter hal­tende Schüssel gestellt, zum Saftauffangen. Ein Nesseltuch zum Filtrieren und ein grö­beres Tuch zum Halten der Früchte hängt man trichterförmig über die Schüssel in den Kessel. Beide Tücher werden am Kesselrand befestigt. 8 Pfund entkämmte Johannis­beeren werden mit 1 Pfund Zucker ver­mischt, in das Tuch verteilt. Ein starkes Pergamentpapier, das über den Kesselrand hinausreicht, wird über die Früchte gelegt und dann der Deckel aufgelegt, über deu die Tuchenden zusammengebunden werden. Der Kessel ist nun auf das Feuer zu stellen und sobald Dampf entweicht, braucht die Ent­lastung noch ungefähr IV- Stunden. Wäh­rend dieser Zeit sind die Flaschen vorzube­reiten, die gut gereinigt und vorgewärmt sein müssen. Der in der Schüssel gewonnene Saft muß heiß in die Flaschen gefüllt wer­den, und zwar so, daß die Flasche randvoll ist. Zum Verschluß nimmt man am zweck­mäßigsten dieGummikappe", die in den einschlägigen Geschäften überall zu erhalten ist. Die fertigen Flaschen stellt man in eine Kiste und überdeckt diese mit Tüchern. Die Abkühlung muß langsam geschehen. Der DampfentsasterSüßmostborn" aus Alumi­nium erleichtert diese Art Saftbereitung.

Immer mehr aber wird der Saft durch Pressen gewonnen. Kleine Süßmost-Pressen gibt es schon mit einem Korbinhalt von 5 Pfund an. Das Pressen wird erleichtert, wenn die Beeren vorher auf ungefähr 60 Grad erhitzt werden. Dabei flocken die schleimigen Pektionsstoffe aus, so daß ein leichteres Pressen möglich ist. Der Preß­kuchen wird noch einmal mit heißem Wasser höchstens eine halbe Stunde ausgelaugt und dann zum zweiten Male ausgepreßt. Da Beeren infolge ihres Säuregehaltes sowieso einen starken Wasserzusatz erhalten, kann die Wasserzugabe so bemessen sein, daß man von einem Zentner Beeren etwa 7080 Liter Süßmost erhält. Zucker, der vorher in wenig Wasser auszukochen ist. gibt man auf einen Liter fertiger Saftmischung 100 Gramm. Der sofortige Zusatz von Zucker und Wasser ist besser als die Mischung nach der Pressung. Es gibt eine harmonischere Mischung, der Saft wird geschmacklich besser. Der so gewonnene Saft bleibt zur Klärung noch einige Zeit stehen und wird dann aus Flaschen gefüllt. Hierzu eignen sich am besten Liter Weißweinflaschen, die ganz voll gefüllt werden. Eine gründliche Reini­gung ist vorher vorzunehmen.

Zum Sterilisieren (Entkeimen) wird ent- weder der Waschkessel oder ein großer Einmach, topf verwendet. In diesen wird Flasche an Flasche gestellt. Der Kessel ist so mit Wasser zu füllen, daß es bis 5 Zentimeter unter dem Flaschenrand zu stehen kommt. Auf die Er- hitzung des Wassers ist besonders zu achten. Die Temperatur darf 75 Grad nicht überste^ gen. Hur genauen Kontrolle bedient man sich des Flaschenthermometers, der in eine Flasche gesteckt wird, und die Erhitzung des Saftes genau anzeigt. Bei 72 Grad Saftwärme müssen die Flaschen sofort aus dem Kessel genommen Werden. Der Verschluß erfolgt sofort mit den

Ragolder TagvlattDer lüejetljchafter'

Donnerstag, de» 11. Juli 1835

schon genannten Gummikappen. Langsa­mes Äbkühlen, der in einer gut zugedeck- ten Kiste gestellten Flaschen, verbürgt den guten Erfolg.

Beim Dampfentsaften werden für andere Beerenarten zur Süßmostbereitung fol­gende Mengen Zucker gegeben: Brombeeren: 10 Pfund Früchte 300 Gr. Zucker; Erdbeeren: 10 Pfund Früchte 400 Gr. Zucker; Heidel­beeren: 10 Pfund Früchte 350 Gr. Zucker; schwarze Johannisbeeren: 10 Pfund Früchte 500 Gr. Zucker; Stachelbeeren: 10 Pfund Früchte 400 bis 600 Gr. Zucker; Sauerkirschen: 10 Pfund Früchte 350 Gr. Zucker. Der Zucker muß bei allen Fruchtarten 2 Stunden vor dem Entsaften mit den Früchten vermengt werden.

Weitere Auskunft über Süßmostherstellung erteilt auf Anfrage die Geschäftsstelle des Württembergischen Landesobstbauvereins in Stuttgart, Marienstraße 29.

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n. Or.

Unsere kurrgeseliiellte:

Von Paul Sachsenmaier

Und ich nehme mal keines auf meinen Hof!" sagte der Niedbauer barsch.Die weni­gen Wochen würden mich grau machen!"

Aber Niedbauer. wir haben schon jetzt fünf Häuser für Ferienkinder im Ort. und Ihr. Ihr seid der reichste Bauer auf der ganzen Gemarkung und ohne Kinder."

Das hat nichts zu sagen, Herr Lehrer. Für mich sorgt auch niemand, und die Lüädtler, die sollen selbst für ihre Kinder aufkommeu."

Nun, nun, Heinrich, bin ich denn nie­mand?" sagte hierüber lachend die Bäuerin. Sorge ich denn gar nicht für dich?"

Der Riedbauer brummte etwas für sich, was als Mißbilligung oder auch als Gegen- teil aufgefaßt werden konnte.Tut was ihr wollt!" sagte er wirsch zu seinem Weibe und verschwand grußlos hinter der Stall­türe.

Allein der Lehrer kannte schon seine Bauern und ihre Schädel und wußte mit ihnen umzugehen. Wohl wollten sie von dem neumodischen Zeug", wie sie es nannten, nicht viel wissen, aber innerlich waren sie doch ganz anderer Gesinnung.

Auch die Bäuerin hatte weder ja noch nein gesagt, wenn sie auch recht gern die beiden Geschwister für einige Wochen aus deu Hof genommen hätte. Sie liebte Kinder, und hatte oft traurige Stunden, weil ihr solche versagt blieben. Aber der Bauer. . .

Und doch kam die Zeit, wo Hans und seine Schwester dem Niedhofe zugingen. Die Sonne strahlte über die weite Landschaft, und die beiden Kinder wußten kaum, wohin sie die Augen gleichzeitia wenden sollten.

! Und dann lag der große Hof vor ihnen, das ^ Wohnhaus, die Scheune, die Stallungen i lind nebenan der Weiher.

Sieh nur, Hans!" sagte Anne und deu- ! tete nach dem Anwesen, l Aber der Bruder gab keine Antwort, er ! war zu sehr mit sich und deu Erlebnissen der § nächsten Wochen beschäftigt. Wie hatte er - sich doch längst auf diese Ferienzeit gefreut!

^ Doch wie würden sie ausgenommen wer- l den? Die andern Kinder waren von der Bahn meist abgeholt worden; doch ihnen ! hatte man nur den Weg gezeigt und für eine ! kleine Strecke einen Schüler mitgegeben. Ob der Bauer wohl grob und die Bäuerin un­freundlich war?

Allein der Riedbauer machte gute Miene zu dieser Bereicherung seines Hauswesens. Er fragte die Kinder sogleich, woher sie kämen, wie es bei ihnen zu Hause wäre und ob sie denn gern aufs Land gekommen seien. Und die Bäuerin stellte eine Schüssel Eier­haber auf deu Tisch, hieß die Kinder zu­greifen und sah immer wieder neu in die schmalen Gesichter ihrer Gäste.

Wir wollen bei der Arbeit mithelfen," sagte nun während des Essens Hans zum Niedbauern,und nicht unnütz herumlun­gern."

Der Bauer lachte hierüoer und meinte: Solch schmale Finger könnten kaum was an­laugen, und sie sollten sich nur recht gut erholen.

Doch eines Abends sprach er zu seinem Weibe:Der Hans ist ein anstelliger Junge. Er geht mir gar rüstig an die Hand."

..So eraebt es auch mir mit seiner Schwe­

ster. Das Mädchen schafft mir manche Erleich­terung."

Und zwei Wochen später:Ich mag den Knaben nimmer entbeyren. Ich werde ihn sehr vermissen, wenn er wieder weg ist."

Bei mir ist's nicht anders. Ich liebe die beiden, und mir bangt vor ihrem Abschied."

Dabei dachten der Riedbauer und sein Weib an die Veränderung bei sich selbst und auf dem Hof seit der Ankunft der Ferienkiuder. Wie vertraut waren ihnen doch die Hellen Worte der beiden geworden und wie lieb ihre fröh­lichen Lieder. Selbst der brummige Martin, der alte Knecht, erfreute sich an dem Tun der Geschwister, die wie Blumen in der Sonne, auf dem Riedhofe heranwuchsen.

Doch eines Tages kam wieder der Lehrer vom Dorf, um die Gäste des Bauern heim­zuholen.

Ich will sie behalten," antwortete der Ried­bauer auf die Erkundigungen des Lehrers. Sie sind uns lieb geworden während der Zeit."

Behalten . . .?" Der Lehrer staunte über dies Wort. Der Riedbauer begehrte, die Kin­der für immer bei sich zu haben, der, welcher sich vor einigen Wochen noch sträubte, sie auf­zunehmen.

Aber das geht doch nicht! Die Kinder müssen doch wieder heim zu ihren Eltern. Die Ferienzeit ist vorbei."

Der Hans und die Anne haben nur noch eine Mutter, und die kommt morgen auf den Riedhof."

Und Ihr wollt sie behalten?"

So ist es. Ich will sie behalten alle drei!"

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Unlei vieler Ruvrik. vt« wir alle 14 Tage oervltentttchen- werden «awIHLe bet un» ctngevenSca Schriftproben einer genauen ararcholugilchen Prüfung anierrogen and ,war gegen die geringe Gebühr von 7d Mennig >o Briefmarken Die Schristvroben Müllen immerhin steilen Umfallen und

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E. H. I. Warum Sie Ihrem reizbaren Freund nicht näher kommen? Nun, die­ser ist überhaupt kein Mensch des ..Näher­kommens". hat einen harten Willen, noch schrofferen Ehrgeiz und rücksichtslose Selbst, betonung. Wo wollen Sie da mit Ihrem kleinen weichen Frauenherzen hin? Doch nicht etwa sich anpassen? Vielleicht mit dem Bekenntnis: seit ich ihn gesehen Nein! Einem Menschen dieser Art ist mit Hingabe

nicht gedient. Vor allem braucht er je­mand, dem er von seinen ehrgeizigen Plänen erzählen kann, und Menschen, die seine wirkungsvollen Formen schätzen. Aber man kann fast immer nur rein willensmäßig mit ihm Verkehren, denn Hingabe und Teil­nahme an irgendwelche Gemütswerte findet er sehr lächerlich und unbrauchbar. Bei ihm wird alles mit einer ziemlich knöchernen Berechnung vom Verstand aus erledigt, und einfach zur Seite geschoben, was nicht in diese Rechnung Paßt. Sicher denkt Ihr Freund, sich damit den Lebenserfolg ver­traglich zu sichern; doch was nützt der zähe Wille, wenn dann die Hingabe fehlt? Wohl soll man seine Arbeit einteilen, aber man soll doch nicht allein den Erfolg kühl berechnen. Mit Selbstbetonung schafft man es nicht. Bei solch einer übertriebenen An­maßung kommt Ihr Freund nicht zum Ziel, und der reizbare Eigensinn treibt ihn erst recht in eine Sackgasse.

Hans Th.: Recht einfach, solide und hand­fest schreibt Frau Gemahlin. Gewiß, sie steckt sehr bis zur Nase im nützlichen Ge­wand. ist niemals abgeschwächt an Mut, und auch die Vergnügungssucht erscheint nicht gerade üppig. Aber immer auf­geräumt sind die Zimmer, und Frau Else trägt stets gediegene Arbeitsschürzen, eine gutgehende Uhr. und immer die volle Ber. antwortlichkeit. Wohl sind die Gefühle hart und haben gar nichts Ueberraschendes. aber sie sind auch treu und wortkarg, und beides ist doch viel wert. Mag sein, daß Sie selbst stch mit Ihren reichlichen Träumen etwas > vereinsamt fühlen! Dennoch ist es auch wieder gut so wenn daheim kräftig für die Bedürfnisse des Alltages gekocht wird, wäh­rend Sie sich aut Mondscheinwegen ergehen. Seien Sie froh, daß jemand tür Sie da ist. der immer so unverdrossen die Stunden und Stimmungen ausgleicht, der zufrieden und gescheit ist. und dabei io stark in der Ausdauer! Ihre Besorgns. daß die eigenen zarten Regsamkeiten aus Mangel an ge­eigneter Pflege da zu schaden kommen, ist unbegründet. Denn. Sie brauchen immer einmal eine rauhere Lust, und sinnvoll ab- ' gemessene Kaltwasserbehandlung ist ganz heilsam iür Sie.

N. H. I. Mein liebes Nirchen! Das Te- spinnst Ihrer Lebensform ist sehr zart und verträgt keine rauhe Alltagswitterung. Abee, Sie laufen doch schon eine ganze Weile in der Weltgeschichte herum: nur das Selbst- bewußtsein ist scheint? noch nicht einmal geboren, und die ganze Art des Lebens ein- sach schlecht im Gange. Das Gefühl der Un- bedeutendheit liegt schwer auf Ihnen. Warum sehen Sie sich denn so gar klein im Ver­hältnis zur Umwelt! Schon dadurch machen Sie sich ja das eigene Wachstum so schwer. Sie müssen einmal bedenken: alle Anlagen eines Menschen sind im Grunde genommen unbedeutend, wenn nicht Mut und Fleiß tapfer und hingehend etwas damit anstellen. Man muß nur nicht immer so ergeben und zaghaft darauf warten, daß etwas Außer- ordentliches komme. Ein kecker Geist sieht ja überall Gelegenheiten, findet da etwa? zu helfen und dort etwas zu lernen, sieht stets Möglichkeiten, sich irgendwo mitten hinein zu stellen. Sie könnten sehr viel Liebe empfangen, wenn Sie wollten. Nur wüsten Sie erst einmal über die Kleinmütig­keit hinauswachsen. Später werden Sie es dann aar nicht mehr verstehen können, daß Sie selbst mitten drin gesteckt haben. DaS Glück muß man nicht immer da suchen wol­len. wo es uns verlaßen hat: man darf nicht nach Verlorenem zurückgehen, sondern muß Neues und Unbekanntes aufnehmen.

Walter Z. Eine duldsame Natur stnd Sie nicht, mein Herr! Doch Sie haben eine reiche Bielfältigkeit des Geistes, stnd ganz feinsinnig und seelisch sehr eindrucksfähig. Durch die scharfen und auch streitbaren kri- tischen Neigungen ist allerdings die Harmo­nie des Wesens recht aestört: eS wird einem nicht gerade wohl in Ihrer Näbe. wenn Sie so angreifend von Ihrer geistigen Ueber- legenheit und Herrschsucht Gebrauch machen. Aber ich glaube, daß auch Ihnen selbst gar nicht wohl dabei ist. denn Sie sind ja auch mit sich nicht Freund, leiden unter dem Mangel an seelischer und aeistiaer Ruhe, und unter der erregbaren Eindrucksfähiakeit den Borgäuaen der Umwelt geaenüber. Im­mer treibt Sie Ihr geistiger Ehrgeiz neuen Fragen entgegen und der ruhelose Wider- spruch, gleich nach kurzer Begeisterung, wie-

der zur Verneinung. Das ist bei aller In­telligenz doch kein gutes Leben: es dient, trotz der Feinsühligkeit und Zuneigungs­kraft, dennoch nicht der Gemeinschaft. Alles menschlich Liebenswerte ist wohl da. e? sprechen auch weder eitle noch eigensüchtige Wünsche aus Ihren Schriftlinien, aber alles läuft io »nrastig ab. Nichts ist gefestigt in Ihnen, kein starker Wille und auch kein warmes Gefühl, doch die ruhelosen, denken- den und empfindenden Kräfte suchen immer wieder nach neuen Erregungen.

Peler Schlich.