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-eite 7 Nr. 143
Der Keselljchaiter
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In Sarajevo, der Hauptstadt des „Reichslandes" Bosnien-Herzegowina, flattern ' die Fahnen. Die Manöver der 1. und 48. Division sind beendet, in strammer Haltung waren die Gebirgsbataillone inBadJlidze vor dem Erzherzog-Thronfolger FranzFer- dinand und seiner Gemahlin, der Herzogin Söphie von Hohenberg, defiliert. Jetzt begab sich der Erbe des Habsburger-Thrones in Sie Stadt, um die Huldigung der bosnischen Notabelu entgegenzunehmen. Menschen stauen sich in den Straßen, durch die die Wagenkolonne des hohen Paares kommen mußte.
Es ist sehr heiß. Und es liegt — woher mag das nur kommen? — eine nervöse Unruhe über der Menge, nervöse Unruhe auch über dem Gefolge des Thronfolgers. Oberstleutnant Merizzi, der Adjutant Franz Ferdinands, weiß sie nicht zu deuten.
Me vergebliche Warnung
Unwillkürlich muß er an die vertraulichen Mitteilungen denken, die dem Thronfolger
aus den 28. Sunt 1914
kreitaq, den 29. Juni 193t
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Der durcvlöeverls und dlutdurotitrLnLts >Vsk5en- roelc des ermordeten l'kronkolZers
schon vor der Abreise nach Bosnien zugekommen waren. Drohungen, daß die serbischen Nationalisten etwas vorbereiteten, Warnungen, der Thronfolger möge nicht nach Bosnien kommen. Im Reichsfinanzministerium, dem die Verwaltung der Reichslande oblag, hatte man dazu gelacht.
Merizzi mußte jetzt auch lächeln. Was konnte denn passieren? Jugendliche Heißsporne, die sich wichtig machten, hatten Dummheiten geschwätzt. Nun, die Polizei wird ihnen diese Dummheiten schon austreiben! Und dann, konnten es die „subversiven Elemente" angesichts dieses Jubels überhaupt wagen-
Die erste Bombe
Der Adjutant konnte den Satz nicht zu Ende 'denken. Plötzlich, gerade als sie auf den Appel- Kai eingehogen waren, flog etwas Dunkles, Hartes, gegen den Wagen, in dem der Thronfolger, die Herzogin und der Landeskommandant von Bosnien, Exzellenz Potiorek, saßen. Eine harte, scharfe Armbewegung des
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Thronfolgers-ein Krachen-
Oberstleutnant Merizzi liegt in seinem Blute.
Polizisten schlagen mit blanken Säbeln auf einen Mann ein, der sich vergebens über die Kaimauer zu retten versucht hatte. Als er überwältigt ist, ruft der Attentäter Cabri- novic über die tobende Menge hinweg: „Ja sam Srbsko, ja sam junak!" (Ich bin Serbe — ichbi nein Held!)
„Es ist empörend"
Der Thronfolger hatte sofort nach dem Attentat Anweisung gegeben, zum Rathaus zu fahren. Dort hatten die Spitzen der Behörden und die bosnischen Notabelu bereits gewartet. Als der Bürgermeister, der dem Wagen des Thronfolgerpaares vorausgefahren war, zur Begrüßungsrede ansetzen wollte, fuhr ihn Franz Ferdinand an: „Es ist empörend, ich komme nach Sarajevo und werde mit Bomben empfangen!"
Die Begrüßungszeremonie wird abgekürzt. Dann befiehlt der Thronfolger, ins Garnisonspital zu fahren, wo Oberstleutnant Merizzi liegt. Er will den Schwerverletzten besuchen. War es Zufall, war es Schicksal, daß er selbst die Anweisung gab, wieder über den Appel- Kai zu fahren, statt durch die Stadt, wie es vorgesehen war? '
„Franzi, ich fahr' mik Dir!"
Herzogin Sophie von Hohenberg hätte eigentlich in den Konak fahren sollen. Aber jetzt, nach dem Anschlag, weigert sie sich. Sie
will ihren Gemahl begleiten. „Franzl, ich fahr' mit Dir!" erklärt sie, jeden weiteren Widerspruch erstickend.
Graf Harrach, der zweite Adjutant, nimmt auf dem Trittbrett des erzherzoglichen Wagens Platz. Er will den Thronfolger mit dem Leibe decken, wenn noch etwas geschehen sollte.
Der Bürgermeister von Sarajevo fährt voraus. Und biegt mit seinem Wagen, ganz gegen die Anweisung des Thronfolaers, statt auf den jetzt menschenleeren Appel-Kai in die belebte Franz-Josef-Straße ein. Exzellenz Potiorek macht den Lenker aufmerksam. Die Wagenkolonne hält einen Augenblick, schiebt sich langsam zurück-
Die zwei ersten Schüsse
Und gleichzeitig schiebt sich zwischen den Schultern zweier feztragender Mohammedaner der dunkle Lauf eines Revolvers vor. Zwei harte Schüsse peitschen durch die Luft — die Herzogin sinkt zusammen, der Thronfolger greift nach dem Hals-
„Haben Kaiserliche Hoheit Schmerzen?"
fragt Graf Harrach. „Nein--—" dann
sinkt auch der Erzherzog zusammen. Blur sickert auf seinen blauen Generalswaffenrock.
In rasender Fahrt geht es zum Konak. Aerzte eilen heran — sie kommen zu spät. Franz Ferdinand hat die Kugel die Halsschlagader durchschlagen, Sophie von Hohenberg wurde in den Unterleib getroffen.
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Josef-Straße aber droht die Menge den jungen Gymnasiasten Gavrillo Princip zu lynchen. „Es geschah für Euch, Ihr Serben!" ruft er noch einmal, als ihn die Polizisten wegbringeu.
Ob er geschossen hätte, wenn er gewußt hätte, von welchen geheimen Mächten seine glühende Liebe zu seinem Volke mißbraucht wurde, wenn er gewußt hätte, welch millionenfaches Echo seine Schüsse aus- lösen werden?
Piraten am Hoang-Ho
Das Schicksal des Dampfers „Shuntien" / Wong Peh Mai wird verhaftet
Wieder bat das Treiben der berüchtigten chinesischen Piraten die Welt in Aufreauna versetzt. Die Gefangennabme von fünf Engländern, darunter zwei Offizieren der königlichen Luftflotte, bat zur Absenduna einer scharfen englischen Note an die Nanking-Negierung geführt. England fordert die lofortige Gefangennabme der schuldigen Piraten. Auch Japan bat sich dem englischen Protcit an- geschlosscn.
Wie wir bereits meldeten, ist der englische Dampfer „Shuntien" vor einigen Tagen von chinesischen Piraten überfallen worden. Die Piraten waren in Tientsin in der Maske von Passagieren an Bord des Dampfers „Shun- tien" gegangen; noch am Abend des selben Tages ergriffen sie von dem Schiss Besitz und nahmen Kurs aus die Hoangho-Mündung. Dort wurden sie von fünf Dschunken erwartet. 25 Mannschaften, Offiziere und Fahrgäste sind von den Banditen entführt worden.
Unter den Gefangenen befinden sich zwei englische Fliegerofnziere, der Leiter einer großen englischen Versicherungsgesellschaft in
L-changhai, der zweite Offizier und der dritte Ingenieur der „Shuntien", ein Japaner sowie 20 Chinesen.
Panzerschiffe gegen Dschunken
Inzwischen sind alle Hebel in Bewegung gesetzt worden, um die schuldigen chinesischen Piraten ausfindig zu machen. Die Engländer haben alles aufgeboten, um den chinesischen Verbrechern ein für allemal das Handwerk zu legen. Vier englische Zerstörer sind abkommandiert worden, um den Schlupfwinkel der Seeräuber aufzustöbern. Auch die chinesische Negierung hat bereits Truppen ausgeboten, um die Piraten zu verfolgen. Die Nanking-Negierung wird von allen Seiten bestürmt, dem Piratenunwesen in den chinesischen Gewässern ein Ende zu bereiten.
Auch die Japaner beteiligen sich an der Suche nach den Verbrechern. Ter japanische Kreuzer „Tschifu" ist nach der Hoangho- Mündung entsandt worden, mit der Weisung, an der Suche nach den Piraten und
den von ihnen entführten Schisssossizierev und Passagieren teilzunehmen.
Menschenraub in Schanghai
EZ ist sehr fraglich, ob es den vereinigten Bemühungen der Engländer, Japaner und Amerikaner gelingen wird, die chinesischen Piraten zu finden. Dieses verbrecherische Gesindel betreibt sein unsauberes Handwerk seit undenklichen Zeiten. Es vergeht kaum ein Jahr, ohne daß man von einer aufsehenerregenden Entführung erfährt. Besonders in Schanghai blüht der M e n s ch e n r a u b. Immer wieder kommt es vor. daß friedliche Bürger auf offener Straße überfallen und gefangen genommen werden. Sie erlangen nich; mehr die Freiheit, bis ein hohes Lösegeld bereitgestellt wird.
Die chinesischen Piraten haben es beson- ders auf englische Offiziere und chinesisch? Bankiers abgesehen. Sie verlangen gewöhn- lich für die Freilassung ihrer Gefangenen die unglaublichsten Summen. Wie oft kommt es- in Schanghai vor. Saß irgend ein Europäer wie gewöhnlich in sein Büro fährt, ohne an etwas Schlimmes zu denken, und Vötzlich von einem Fremden mit vorgehal- mem levolvcr gezwungen wird, in ein ver-
ugies Auto za steige».
Besonders gefährlich sind jene Piraten, welche die europäischen Schiffe unsicher machen. Sie lösen eine Fahrkarte, wie jeder andere auch. Niemand würde in ihnen Verbrecher vermuten, die ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn es sich darum handelt, einen wohlhabenden Passagier zu berauben. Die chinesischen Piraten verstehen es glänzend, sich hinter der Maske eines harmlosen, friedlichen Bürgers zu verbergen. Man hält sie oft für liebenswürdige, wohlerzogene Menschen, man Plaudert mit ihnen und schließt Freundschaften, ohne die geringste Ahnung zu haben, wie rücksichtslos und gefährlich diese Gesellen werden können.
Selbst die größten Vorsichtsmaßregeln helfen nichts. Man hat alles versucht, um sich vor den chinesischen Piraten zu schützen. So fahren zum Beispiel alle Schiffe von Sin- gapore bis Schanghai unter militärischer Bewachung. Die Mafchinenräume sind vergittert, die Handelsdschunken von Macao sind sogar gepanzert, und viele Schiffe führen mehrere Maschinengewehre mit sich. Aber die chinesischen Piraten sind schlauer und raffinierter, als man glauben möchte. Sie verüben ihre Greueltaten nach einem genau ausgearbeiteten strategischen Plan. Ihr Benehmen ist sehr zurückhaltend und unauffällig, bis sie ihre harmlose Maske Plötzlich abwerfen.
Ueberfall unter den Kanonen der Engländer
Schon vor einem Jahr ereignete sich ein sensationeller Vorfall, der an den Ueberfall auf die „Shuntien" erinnert. Damals wurde der dänische Passagier- und Frachtdampfcr „D i e d r i ch s e n" zwei Stunden von der Reede von Hongkong entfernt, in Reichweite englischer S ch i f f s g e s ch ü tz e von chinesischen Seeräubern überfallen. Mir Waffengewalt wurde der Kapitän gezwungen, einen Schlupfwinkel in der Bias-Bay anznlaufen, wo die Piraten das Schiff in aller Ruhe ausplünderten. Sie nahmen drei Passagiere erster Klasse mit, um wie üblich ein hohes Löfegeld zu erpressen, und entflohen auf ihren Dschunken.
Die Schiffsbesatznng hatte gar keine Möglichkeit. sich zur Wehr zu setzen, da sie plötzlich überrumpelt wurde. Der Erste Offizier des Schiffes trat den Verbrechern furchtlos entgegen und forderte sie auf, sich unverzüglich zu entfernen. Tie Antwort war ein wohlgezielter Schuß in die Brust des Offiziers.
Der Kapitän wurde gezwungen, sämtliche Wünsche der Piraten zu erfüllen. Als die Besatzung Hilfe herbeiholen wollte, hatten die Chinesen längst alle Apparate vernichtet: die Funkkabine war besetzt, die Sendeanlagen waren zerstört. Niemand vermochte die Verbrecher daran zu hindern, das Schiff auszuplündern. Bargeld. Schmucksachen und Wertgegenstände wurden an Bord kleiner Dschunken gebracht.
Im November des vergangenen Jahres überfielen chinesische Piraten den französischen Dampfer „Kommandant Henri Vivier" auf der Fahrt von Hongkong nach Haiphong. Es gelang ihnen, vier reiche Chinesen zu entführen und tausend Pfund bar mitzunehmen. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen sah sich der zweite Offizier, der sich am Stene' befand, plötzlich von mehreren Piraten umringt, die ihn überwältigten.
Eine gefährliche Frau
Manche werden sich vielleicht noch an d'-- aufsehenerregende Verhaftung der chinen- scheu Bandenführerin Wong Peh Mal erinnern, di? im vergangenen Jahr erfolgte. Die 22jährige Wong Peh Mai. auf deren Eraviknna 20 0N0 aus-'^'eb? wäre'.'
gehörte zu den gefährlichsten Bandenführe- rinnen Chinas, e-ie nahm einmal acht Kauf- lcnte gefangen, die sich auf einer Geschäftsreise nach L-changhai befanden. Nach altbewährter chinesischer Tradition hatten sich auf dem Schiff sieben Banditen als Fahrgäste eingefchlichen. Es gelang der chinesischen Bandcnführerin, von den Verwandten der Gesangcnen ein Lvsegeld von rund 270 000 Dollars zu erhalten.
Sie beging die Unvorsichtigkeit, unverklei- dct in Schanghai Einkäufe zu besorgen. Ein früheres Mitglied ihrer Bande, das von der chinesischen Polizei gekauft worden war, erblickte sie in einem Friseurgeschäft und alar- inierte die Geheimpolizei und Wong Peh Mai wurde sofort verhaftet.
Die chinesischen Piraten, welche den englischen Dampfer „Shuntien" überfallen haben, fordern nicht weniger als 100000 Dollar Lösegeld. England ist entschlossen, alle Mittel anzuwenden, um den Piraten das Handwerk zu legen. Wir dürfen mit Recht gespannt sein, welches Ende diese sensationelle Angelegenheit nehmen wird.
Mit Bazillen gegen Hunde
In Australien und besonders in Queensland werden die wilden Hunde, die Dingos, nicht mit Wohlwollen betrachtet, und zwar hat man in den letzten fünfzig Jahren insgesamt mehr als eine Million Pfund an Kopfprämien für getötete Dingos ausbezahlt, da die Hunde die Rinder angreisen und also großen Schaden anrichten. Man hat trotzdem aber die Hunde nicht zu vermindern geschweige denn auszurotten vermocht. Es ist jetzt vorgeschlagen worden, die räubernden Dingoscharen mit StauPebaMen zu infizieren. um sie auf diese Weise auszurotten.