Sette S - Nr. 138
Der «Gesellschafter
Montag, den 18. Juni 1931.
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KreisiWU- des NS.-Lehrerblllldes
am 13. Juni im Seminarfestsaal in Nagold
Eine überaus reichhaltige Tagesordnung bot die Tagung am 13. Juni. Nachdem Studienrat Schmid, Seminarlehrer Roth und Lehrer Hummel-Wildberg den ersten Satz, des Klaviertrios in O-dur von Josef Haydn in meisterhafter Weise zu Gehör gebracht hatten, eröffnte Kreisamtsleiter Vodamer die Tagung, indem er mit kurzen Worten auf die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Pläne der Regierung in Bezug auf die Schule und die Lehrer zu sprechen kam. Er und wir alle erhoffen uns aus diesen Absichten sehr viel für unsere Schule und für unser Volk. Er gab das Wort an den Fachberater für Werkunterricht und Volkskunst, Studienrat Beuttner, der in einem ausführlichen, von vielen Lichtbildern unterstützten Vortrag über „Volkskunst und die Möglichkeit ihres Wiederaufbaus" sprach. Man spürte es aus den Ausführungen des Redners, daß sie aus der Praxis des Lehrers herausgewachsen sind und für die Praxis des Lehrers bestimmt waren. Volkskunst ist nicht etwa die Kunst eines Thoma, eines Dürer oder eines Ludwig Richter. Volk heißt hier soviel wie der einfache Mann. Volkskunst ist die Kunst des einfachen Mannes, des Bauern und Handwerkers. Es gilt heute, die Volkskunst und diejenige des Künstlers wieder in Zusammenhang zu bringen, ohne dabei allzusehr in die Gefahr zu kommen, den Anschluß etwa bei der Antike zu suchen. Die Volkskunst ist sehr alt, so alt wie das Volk selbst. Einige schöne Proben altgermanischer Kunst sah man im Lichtbild teilweise bis 1860 o. Ehr. zurückreichend. Diese germanische Kunst kann sich ruhig mit den Anfängen griechischer Kunst messen. Line Fülle von Lichtbildern zeigte dann die Volkskunst der letzten Jahrhunderte. Schwarzwaldhäuser, Stuben, Kästen. Truhen, Teller und sonstiges Geschirr, sowie viele andere Eebrauchsgegenstände des täglichen Lebens waren da zu sehen. Auch Trachten wurden gezeigt und, was für die heutige Zeit besonders beachtenswert wäre, Proben alter Friedhofskunst. Leider sind fast alle diese Dinge heute nur noch im Museum zu sehen. Die echte Volkskunst bestand nie als Kunst für sich, sondern sie ist immer im Zusammenhang mit Gegenständen des täglichen Lebens. Wir hatten eine Volkskunst allgemein bis etwa zum Ende des letzten Jahrhunderts. Wo die Verstädterung noch nicht zu weit vorgeschritten ist. da besteht sie heute noch, z B. in abgelegenen Waldgegenden. Drei Gründe führte der Redner an, die in der Hauptsache für das Verschwinden dieser Kunst vorhanden feien: 1. Die Kunstindustrie ertötet jedes eigene Schaffen des Handwerkers. 2. Diesen Gestaltungen wurde der Boden, die Seele entzogen. Sitte und Brauch haben sich allmählich gelockert und sind dann verschwunden. 3. Ein Pessimismus hat die Leute ergriffen, der ihnen einredete, daß die Zeit für diese Dinge für immer vorbei sei. Recht interessant waren nun die Anregungen des Vortragenden, wie man wieder zu einer echten, vom Volk getragenen Kunst kommen könne. Auch der Schule sei hier eine wichtige Aufgabe gegeben, namentlich im Zeichen- und Handarbeitsunterricht. An Beispielen wurde gezeigt, wie man hier die Kräfte entwickeln und entfalten kann. Aber an alle auf den Dörfern ergehe der Ruf, sich von dem mehr und mehr abzuwenden, was die Stadt als sogenannte „Mode" auf das Land hinausbringe, wobei das Wort Mode nicht nur für die Kleidermode verstanden sein will. Wir kommen dem Willen unserer Regierung entgegen, wenn wir auf dem Dorfe wieder mehr die Kräfte der Vergangenheit zum Wort kommen lassen, die Kräfte, welche in Blut und Boden wurzeln.. — Der Kreisamtsleiter dankte herzlich für die Ausführungen. Mögen die Anregungen auf recht fruchtbaren Boden gefallen sein und mögen auch aus den Reihen der Nichtlehrer viele Mitarbeiter in dieser Hinsicht erstehen.
Wirklich eine Freude war es für jeden, Stu- disnrat Gilt enger über sein Amt als Fachberater für Heimatkunde sprechen zu hören. Je
der hatte hier wie beim vorhergehenden Vortrag das Gefühl, daß es dem Kreisamtsleiter gelungen ist, die rechten Männer auf den rechten Platz zu stellen. Heute schon freuen wir uns aus die für Juli anqekündigte Führung durch das Würmtal.
Nach kurzen geschäftlichen Bemerkungen der Kollegen Traub, Kempf und Rohlinge r sprach Kollege Drißne r-Schönbronn über seine Erlebnisse auf einer Radfahrt ins Saargebiet. Das Glück war ihm hold, indem es ihn gerade an dem Tag ins Saargebiet brachte, an dem der 13. Januar als Abstimmungstag bekannt wurde. Er erlebte so unmittelbar die Freude der Saarländer mit und konnte nicht genug erzählen davon, wie die Saarländer dieser Freude durch Beflaggen ihrer Häuser in den Reichsfarben sichtbaren Ausdruck verliehen. Die ärmlichsten Bergarbeiterhäuschen hätten Flaggenschmuck gezeigt. Bei seinem Aufenthalt in Homburg kam gerade der Landesleiter der „Deutschen Front" im Saargebiet Pirro von
den Verhandlungen aus Genf zurück und er konnte Zeuge sein des begeisterten Empfangs desselben durch seine Landsleute. Ueberall im Saargebiet sei die Stimmung die gleiche. Ein vereinzeltes „Rot Front", das ihm und seinen Reisegenossen wohl wegen ihrer Hakenkreuzwimpel an den Rädern zuqerufen worden sei. hätten sie mit einem kräftigen „Heil Hitler!" erwidert. Die Leute sehnen sich mit allen Fasern ihres Herzens heim ins Reich und hätten eine große Freude, wenn sie jemand aus dem Reiche besuche und ihnen so seine Anteilnahme an ihrem Schicksal bezeuge. Die Leser wird es noch besonders interessieren, daß die Saarkinder, die Lber Weihnachten bei uns waren, viel viel Gutes von Nagold und Umgebung und von ihren Pflegeeltern erzählt haben. Die Kinder und ihre Eltern seien des Lobes voll Lber die bei uns genossene Gastfreundschaft. Einige Photographien ergänzten den spannenden Reisebericht.
Die beiden weiteren Sätze des Klaviertrios von Haydn gaben der arbeitsreichen Tagung eine schönen Abschluß.
Kreisamtsleiter Vodamer brachte allen Mitwirkenden den Dank der Versammlung zum Ausdruck und schloß mit einem Sieg-Heil auf unseren Führer.
Liederabend im Seminariestsaal
Was hätte wohl Hugo Wolf gesagt, wenn sein Name auf dem Programm unmittelbar neben dem des Johannes Brahms gestanden bätte, wie das in dem Liederabend der Fall war, der am letzten Donnerstag im Seminar- sestsaal stattgefunden hat? Wolf hätte sich vermutlich ungehemmt Luft gemacht und sestgestellt, daß es hier an einer klaren Einsicht in die Rangordnungen fehle. Wenn er aber d'e Rhapsodie von Brahms gehört hätte, so würde er bei seinem Willen zur Sachlichkeit sofort zugegeben haben, daß es sich hier um ein Werk von außerordentlichen Eigenschaften handelt, besonders wenn er es so schön gesungen gehört hätte, wie es am letzten Donners tag dank der Bemühung der Sängerin des Abends der Fall war. Ls sind nun Jahrzehnte verflossen, seitdem die beiden Meister, die sich zu Lebzeiten in Wien feindselig gegenüberstanden, gestorben sind. Und auch die Parteien auf beiden Seiten haben sich beruhigt. Die Erkenntnis hat sich eingestellt, daß beide Komvonisten sich gegenseitig nicht ausschließen müssen, und daß der eine den andern ergänzen kann.
Neben Wolf und Brahms stand Schubert mit einiaen Liedern, die bei uns selten gehört worden sind (Romanze, Gleichen am Spinnrad und „Rastlose Liebe"). Der Abschluß der ersten Eruvve bildete das anmutige Ständchen für Alt, Männerchor und Klavier nach einem Gedicht von Grillparzer. Wolf war mit Liedern Eichendorffs vertreten sFreund, Verschwiegene Liebe, Nachtzauber, Heimweh). Sind „Verschwiegene Liebe" und „Nachtzauber" eher Lieder für den kleinen Kreis, so verfehlen „Freund" und „Heimweh" nie ihre Wirkung im Konzertsaal. Von Brahms endlich wurden gesungen „Feldeinsamkeit", „Nachtigall" und „Von ewiger Liebe". Am Schluß stand die Rhapsodie für Alt, Männerchor und Klavier.
Zum Singen gehört eine Stimme, so hörte ich einmal den Vesuäier eines Konzertes sagen, in dem Ludwig Wllllner gesungen hatte; er wollte damit Wüllner tadeln. Diesen Satz finde ich nun vor allem dann bestätigt, wenn dis Forderung jenes Zuhörers so gut erfüllt ist, wie es am letzten Donnerstag der Fall war.
Frau Keim verfügt Lber eine Stimme mit außerordentlichen Eigenschaften. Eine natürliche Anlage ist durch vielseitige Ausbildung mächtig gefördert worden. Das Piano der Sängerin ist von einem Wohllaut, der den Zuhörer ohne weiteres gewinnt, das Forte überrascht durch Glanz und Fülle. Eine solche Stimme gehorcht auch den leisesten Regungen des Verstandes und des Gemüts, und in ungezählten Einzelheiten wirkte ihr Zauber auf die Anwesenden; umgekehrt überraschten manche Lieder durch die Geschlossenheit der Gestaltung im Ganzen. Da
war gleich die Romanze von Schubert; ganz im Piano gehalten, sozusagen in einer Art von geheimnisvollem Dämmerzustand, sammelte sie ohne weiteres die Zuhörer zu einer Einheit. Das Lied Eretchens am Spinnrad schloß sich an, ein Bild einer aufgewühlten Seele, den Ueber- gang bildend zu der „Rastlosen Liebe", die gleichsam als ein einziger mächtiger Sturm der Leidenschaft vorüberbrauste. Durch Feinsinn im Einzelnen waren die Lieder von Wolf ausgezeichnet. Dem sehr schön gesungenen Lied von dem Freund wäre ein breiterer Schluß zu gönnen gewesen. Die schwierige Aufgabe, die Brahms in der Rhapsodie der Sängerin stellte, wurde hervorragend gut gelöst.
Fräulein Hildegard Jenne begleitete schön; Ständchen Heimweh. „Meine Liebe ist grün" und Rhapsodie mögen mit besonderer Auszeich- ^ nung genannt sein.
Der Männerchor des Seminars sang unter der Leitung des Verfassers dieser Zeilen.
Die beiden Künstlerinnen ernteten reichen Beifall. Nach dem „Heimweh" von Wolf, das zündende Wirkung ausübte, trafen Rlumensven- den ein. Nach dem letzten Lied von Brahms erfreuten die Künstlerinnen die Zuhörer mit einer Dreingabe.
Der Besuch war etwas bester als bei früheren ähnlichen Veranstaltungen, doch immer noch so. daß in unserem kleinen Saal mehr Leute Platz gefunden hätten. Wir wollen es einmal aussprechen, daß wir es schwer haben, die Einrichtungen aufrecht zu erhalten, mit denen wir uns bemühen, dem deutschen Geiste dienstbar zu sein. Wir wissen es. und wer wüßte es nicht, in welcher Not und Bedrängnis wir alle heute stehen. Aber die Nöte des geistigen Lebens sind nicht geringer. Möge dieser Ruf bei denen nicht ungehört verhallen, die uns helfen können.
Ein MviMiandieNillil!
Schenkt euren Kindern Freude — schickt sie in das Schwimmbad.'
„Nein, mein Heinz darf nicht schwimmen gehen, er erkältet sich zu leicht . . ."
„Nein, Lieschen friert so leicht im Wasser.."
„Ach, Hänschen ist doch erst 10 Jahre, da darf er noch nicht schwimmen lernen ..."
Wer hat nicht diese Aussprüche schon gehört? Und dabei möchten Heinz, Lieschen und Hänschen gar zu gern mit den anderen Kindern in das Bad gehen und mit ihnen dort tollen und schwimmen. Ja, neulich hat Hänschen schon ein bissel geschwindelt — er war mit Max baden
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Zeitroman von Helmut Messerschmidt
Urheber-Rechtsschutz für die deutsche Ausgabe:
Drei Quellen-Verlag, Königsbrück (Sa.)
26. Fortsetzung
Seitdem hieß Bredenkamp im Schacht „der Lehrer". Dieser Spitzname setzte sich besonders fest, als nach ein paar Tagen durchsickerte, daß er wirklich stellenloser Lehrer war.
So gern ihn die Kumpels damit neckten, so sehr hatten sie auch Hochachtung vor ihm, daß er sich nicht scheute, sich ihnen gleichzustellen und die Bergarbeit ihm nicht zu gering erschien.
Auch der Steiger hatte seine Freude an ihm und stellte ihn bald an einen ruhigeren Platz. Nun mußte er die Förderhaspel bedienen, eine Preßluftmaschiene, die beladene kleine Holzteckel eine bergige Strecke hinauf- zog. Kamen die Wagen oben auf dem „Bremsberg" an, dann mußte ihr Inhalt in untenstehende größere Wagen gekippt werden.
Hier hatte er es besser. Wenn der Steiger dorüberkam, blieb er meist ein wenig bei dem „Lehrer" stehen und plauderte mit ihm.
Einmal kam er sehr eilig und rief schon bon weitem:
„Lehrer! Lehrer! Sagen Sie mir doch bitte einmal, in welche zoologische Ordnung der Grubenhund gehört."
Bredenkamp lachte und gab zurück: „Das weiß ich wirklich nicht, da muß ich erst mal nn Brehm nachschlagen!"
Tag für Tag wanderte Heinrich Bredenkamp, die Kaffeekanne auf dem Rücken, zur Zeche.
Jede Schicht entfernte ihn mehr von seinem früheren Jnteressenkreis. Bis allmählich alles, Lehrbücher und schulische Arbeit, Pädagogik und Methodik, hinter ihm versank, als wäre es nur ein flüchtiges Erlebnis gewesen, das keine nachhaltigen Eindrücke hinterlassen
Er war Bergmann unter Bergleuten ge- hatte. worden.
Sein eigentlicher Beruf hing nur noch als Spitzname an ihm.
*
Auf dem Gute Schulte-Diekhoven ging alles seinen alten Gang. DaS .Gut war verhältnismäßig gering belastet gewesen und verzeichnete daher nur einen ganz unwesentlichen Jnflationsgewinn. Dafür war aber auch das beträchtliche Barvermögen, das der alte Bauer hinterlassen hatte, restlos der Inflation zum Opfer gefallen.
Verloren war auch das Spargeld des jungen Bauern. Er mußte mit dem Erlös seiner nur unter bedeutendem Preisnachlaß zu veräußernden Ernte erst einmal das Gut sanieren.
Hannas Muttererbe war ebenfalls aufgezehrt. Das Geld war mündelsicher angelegt und hatte eine sehr gute Mitgift dargestellt. Jetzt war es hin.
Hanna machte sich nichts daraus. Aber ihrem Vater ging der Verlust sehr nahe. Er fürchtete, daß das Gut stark gefährdet werden könnte, nun keine Reserven mehr vorhanden waren.
Vorläufig schien es ja noch so, als wenn Sorgen unbegründet seien. Die Getreide- und Kartoffelpreise zogen langsam und stetig an.
Wohl war es schwer, landwirtschaftliche Erzeugnisse abzusetzen, aber die Markttendenz wies doch wenigstens hoffnungsvoll in die Zukunft. So hatte Schulte-Dieckhoven auch keine Bedenken, seine Verpflichtungen mit Wechseln einzulösen.
Seine Tochter arbeitete still und mit nie nachlassendem Flciße im Hause und in der Wirtschaft. Als Heinrich Bredenkamp sein Lehrerexamen bestanden hatte, da sang sie seit langer Zeit zum ersten Male wieder durch das ganze Haus. Seitdem er ihr aber ein Paar Wochen später bei ihrem regelmäßigen Sonntagstreffen erzählt hatte, daß ihm kein anderer Weg als der ins Kohlenbergwerk geblieben sei, war aller Frohsinn wieder geschwunden.
Sie klammerte sich an die Hoffnung, daß diese Beschäftigung nur vorübergehend sein würde und war insgeheim stolz auf Bredenkamp, daß er lieber ins Bergwerk ging, als der Mutter rur Last ru fallen. Und dock fühlte sie sich von Sorgen .bedrückt: denn es war selbstverständlich, daß ihr Vater in ihre Verbindung mit einem Bergmann unter keinen Umständen einwilligen würde.
Hanna wurde zwanzig Jahre alt. Aus ihrem bäuerlichen Bekanntenkreis hoben sich bereits verschiedene Gestalten ab, die sich sichtlich um ihre Gunst bemühten. Sie war die einzige Tochter Schulte-Dieckhovens und die Erbin des Hofes, auf dem noch die alten Schultenvorrechte lagen. Das Gut war eines der größten im Bezirk, und wenn es augenblicklich nichts abwarf, so lag das an den Zeitverhältnissen und war keine Ausnahme. Es hatte Krieg und Inflation, an anderen Bauerngütern gemessen, verhältnismäßig gut überstanden.
Einen dieser Bewerber sah Schulte-Dieck- Loven aern kommen: den zweiten Sohn des
und gar nicht bei seinem Freunde Ewald, ach, wenn das seine Mutter wüßte....
Leider gibt es derartige Fälle in Hülle und Fülle. Leider hat die ängstliche Mutter nicht erkannt, warum sich ihr Junge so leicht erkältet — weil er vor jedem Luftzug vorsichtig bewahrt wird. Sonne. Luft und Wasser sind noch immer die besten Aerzte. Natürlich darf man nicht im Bad Herumsitzen, man muß schwimmen. Nicht nur paddeln, die Glieder müssen ordentlich bewegt, die Gelenke gelockert werden. Dann weitet sich die Brust, die Augen werden klar — aus dem stillen verpimpelten Jungen wird ein strammer Kerl, das Mädchen ist nicht mehr ein Geschöpf wie Mondschein und Milch — es wird ein gesundes Mädel.
Gehen Sie in ein Bad und schauen Sie sich die Jungen und Mädels an, die in den Vereinen richtig üben. Da gibt es keine Duckmäuser, keine feigen Burschen, die sich herumdrücken. Da wird getollt und gesprungen, da herrscht Kameradschaftsgeist in reinster Form. Da hilft nicht die Geldbörse des Vaters, da fördert keine Protektion. In der Badehose sind sie alle gleich, sind Menschen, die stolz aus ihre gesunden Glieder sind. Nur ein Mensch, der gelernt hat, seine Glieder zu stählen, der weiß, was er leisten kann, wenn er gesund ist — der wird sich hüten, seinen Körper durch Ausschweifungen zugrundezurichten.
Gewiß, kostet es Ueberwindung, zum erstenmal vom Dreimeterbrett herunterzuspringen. Sicher gibt es einen Muskelkater, wenn das Training so war, wie es sein muß. Aber kommt denn ein Mensch im Leben weiter, wenn er zagt und zittert. Schädigen wir nicht unsere Lieblinge, wenn wir ihnen nicht die Härte geben, die sie im Leben so dringend brauchen. Nirgends kann man freudiger sein als im Bade, frei von allen hemmenden Kleidern, in denen ein Riß ein Unglück ist, in denen ein Fleck Tränenströme auslöst. Hier sind die Kinder Menschen, hier können sie es sein.
Zwischen Baden und Schwimmen ist ein Unterschied und Schwimmen und Schwimmen ist nicht dasselbe. Schwimmen macht erst Freude und bringt Gewinn, wenn es richtig gepflegt wird. Und hier liegt noch vieles iin argen. Wie in so vielen Fällen, will der neue Staat auch hier helfen und raten. Mit Unterstützung der parteiamtlichen Stellen und Behörden und unter Führung des Reichssportfiihrers rufen der Deutsche Schwimm-Verband, die Deutsche Turnerschaft, und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, die treue Hüterin an den deutschen Flüssen und Seen, zu einer großen Werbeaktion auf, die unter dem Mahnruf „Schwimme richtig!" steht. Vom 17. bis 24. Juni sollen Veranstaltungen, Kämpfe, Lehrgänge aufrütteln. Jeder Deutsche soll Schwimmer und Retter sein!
Der ersten deutschen Reichs-Schwimm-Woche ist der „Tag des unbekannten Schwimmers" als Abschluß gewidmet. Dieser Tag ist ein Appell an die Jugend, die noch abseits der großen Organisation für Leibesübungen steht. Niemand, der befähigt ist, sportlich etwas zu leisten, darf sich seinem Volk entziehen, wenn es Gastgeber sein will bei den größten Sportspielen, die bisher die Welt gesehen hat, Olympia 1936. Eine billige Werbeschrift „Schwimme richtig!" wird in die Hände jedes Jugendlichen gelangen, damit er sich vorbereiten kann zum Einsatz seiner ganzen Kraft.
Alle Mühen der großen Verbände werden aber erfolglos bleiben müssen wenn die Eltern nicht dem Rufe folgen: Schickt eure Kinder in das Schwimmbad!
Das soll und darf nicht ein Schlagwort sein. Das ist eine ernste Mahnung, die nicht ungehört verhallen darf. Lassen Sie recht früh mit dem Schwimmunterricht beginnen. Dann beobachten Sie still, unauffällig Ihre Pfleglinge, und Sie werden erstaunt sein, zu sehen, wie sie aufleben, wie aus ihnen ganz andere Menschen werden. Schauen Sie sich die Kinder in den Vereinen an. Das Herz wird Ihnen so stark vor Freude Hüpfen, daß sie aufjauchzen müssen, um vor Freude nicht zu ersticken. Ja, es sind Prachtskerle an Leib und Seele, die jungen Schwimmer und Schwimmerinnen.
Sorgen Sie dafür, daß Ihre Kinder ebenso werden. Es ist Ihre Pflicht, die Ihnen einst Freude geben wird.
Großbauern Herbrügge vom Rüttelskamp. Er lud ihn immer wieder ein und verbrachte manchen Abend mit dem sympathischen ftinf- undzwanzigjährigen Landwirt beim Kartenspiel.
Hanna saß dann gewöhnlich mit einer Handarbeit dabei, hörte die Männer reden von allen landwirtschaftlichen Fragen, dachte an einen, der tief unter der Ackerkrume wirkte, und schlug bei manchem heißen Blick Herbrügges die Augen nieder.
Wenn Herbrügge den Vater nicht antraf, setzte er sich zu Hanna. Sie hatte oft das unangenehme Gefühl, als käme der Vater mit Absicht später, und das machte sie unfreundlich.
Jetzt war Schulte-Dieckhoven nach dem Abendessen noch einmal in den Hof gegangen, als Ludger Herbrügge eintrat.
„Nu, habt ihr't Heu rein? Morgen gibt't Regen, der Wind schlägt um."
„Und das wissen Sie so genau?"
„Ich Hab mir eben den Wetterbericht im Radio angehürt. Die isländische Depression bewegt sich nach Südwesten, so daß wir in ihren Bereich kommen. Gleichzeitig kommt eine skandinavische Depression heran. Und die beiden Depressionen werden an ihrem Treffpunkt Störungen Hervorrufen ..."
„Wenn das nicht nur schon geschehen ist! Ich fühle mich bereits ganz deprimiert. Wenn zwei Depressionen gegencinanderprallen!"
„Im Ernst! Das Barometer fällt . . ."
„Dann geht unseres falsch. Drehen Sie doch mal bitte ein bißchen dran."
„Hanna, hören Sie mal! Warum necken Sie mich eigentlich immer? Oder soll ich daraus schließen: was sich liebt. . .?"
„Schließen Sie, was Sie wollen. Aber dieser Schluß ist ein Trugschluß."
(Soul«,un» folgt).