Freitag, 15. Juni 1934
108. Jahrgang
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Das Neueste tu Kürze
Der Führer hatte gestern die erste Be- > Ihrechung mit Mussolini in Venedig. Der Empfang war ein außergewöhnlich herzlicher.
Reichsbankdirektor Dr. Schacht hat ein Transfermoratorium von einem halben Jahr bckanntgegeben.
Die Deutsche Lufthansa hat den ersten Llitzflugverkehr Berlin—Frankfurt—Köln- Hamburg eröffnet.
Der Reichsminister des Innern hat an- grordnet. daß künftig alle uniformierten Reichsbcamten das Hoheitsabzeichen zu tragen haben.
Von Alfred Rosenberg
Zu gleicher Zeit begannen zwei Frontkämpfer, jeder in seinem Lande, einen ungeheuren Kampf gegen die Mächte der Vergangenheit, die sich noch einmal zur Herrschaft über eine neue Gegenwart aufrichteten. Der eine knüpfte an die ehrwürdige Tradition des alten Rom an und holte sich ans dessen Ueberlieferung das Symbol härtester Staatlichkeit, um mit Hilfe seiner mschistischen Bewegung das auseinanderlaufende und der Anarchie fast preisgegebene italienische Volk zu neuer nationaler Einheit zusammenzuschmieden. Der andere sah sich nach einem furchtbaren Verrat marxi- Aschcr Kreise gemeinsam mit Millionen deut- 'cher Soldaten um die Früchte aller Opfer und allen Ringens gebracht. Er sah Verräter und volksfremde Parteien herrschen und formte in sich eine neue Zusammenschau aller jener Gedanken und Erlebnisse, die er uefer gefühlt hatte als alle anderen. Dies gab ihm den Mut, im unerschütterlichen Glauben an Deutschland einen nie gesehenen Weltkampf zu beginnen.
Aus den beiden großen Fronten des 19. Jahrhunderts, die sich beide feindlich gegenüberstanden, schuf er durch Wort und Lehre eine neue Gemeinschaft und sammelte um sich alle jene, die aus dem großen Erleben der deutschen Geschichte und aus den instinktmäßig erfaßten Bedingungen der Gegenwart eine große Zukunft mit zu erkämpfen gewillt waren.
Mussolini siegte beim ersten Ansturm auf den liberalen Staat und traf auf einen klugen Monarchen, der sich der lebenerneuernden Bewegung nicht entgegenstemmte. sondern den Führer der faschistischen Revolution zum Leiter des Staates berief. Als Adolf Hitler nach der Macht griff, um Deutschland zu retten, wurde dies von der Reaktion in München durch die Schüsse an der Feldherrnhalle beantwortet, und hier setzt ein anderes Lebensgesetz für unsere Bewegung ein als für den Faschismus. Mussolini konnte Volk und Staat vom «Besitz der Macht aus gestalten, Hitler mußte ^ mit dem deutschen Volk sich diese Macht durch ein achtjähriges Ringen erstreiten im Werben um die Seele eines jeden einzelnen Deutschen.
Faschismus und Nationalsozialismus, in der Richtung gegen das 19. Jahrhundert « gleichgerichtet, haben ihre eigenen, aus der Seele der italienischen und der deutschen Nation entsprungenen Impulse. >sie werden geformt von den verschiedenartigen Traditionen der beiden Völker, und der Ausbau beider Gedankenrichtungen in der jedem Volke entsprechenden Weise ist die große Aufgabe einer neuen Gestaltung Europas durch Nengebnrt einzelner Nationen.
Darüber hinaus aber stehen beide großen Führer vor der Ausgabe. Gesamt- curopa mitzubewahren vor der konununi- ltischen Zersetznngsarbeit und alle jene mit Mm Kampf anfzusordern, die guten Willens lind, dieser Zersetzung nicht Vorschub zu leisten. Tie kommunistische Internationale Hai gerade in den letzten Wochen geheime Anweisungen an ihre Zentren in Europa erlassen, ihre Politik überall ^ dahin einzurichten, zwischen Faschismus und « Nationalsozialismus Klüfte aufzureißen und das Ziel zu verfolgen, Italien und Deutsch-
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Jubelnder Empfang des deutschen Reichskanzlers in Venedig — Die ersten Besprechungen
in. Venedig. 14. Juni.
Indes am Morgen des Donnerstag aus dem Flugplatz M ü n ch c n - O b e r w i e s e n f e l d die zwei Flugzeuge bei strahlendem Wetter starteten, die Adolf Hitler und seine Begleitung, ven Reichsaußenminister Freiherrn vonNeu- rath, Neichsprestcchef Dr. Dietrich, Adjutanten Brückner, Oberführer Schaub, Ministerialrat Thomson vom Auswärtig»« Amt sowie Legationsrat von Kotze über die Alpen nach Venedig tragen sollten, rüstete Italien zum Empfang des Staatsmannes, der ob der Äehnlichkeit des geführten Kampfes und der angestrebten Ziele wie kein anderer im Lande des Faschismus volkstümlich ist.
Der Führer des neuen Italien, Benito Mussolini, hatte sich bereits Mittwoch nachmittag, begleitet vom Staatssekretär des Auswärtigen, Surich, und vom Pressechef Conte Ciano, einem Schwiegersohn des Duce, von Riccione nach Stra in die Villa Pisani begeben, unterwegs überall stürmisch begrüßt von der Bevölkerung, und in diesem prachtvoll eingerichteter» berühmten Patrizierhaus Venedigs, das aus dem 17. Jahrhundert stammt, Wohnung genommen. Nicht nur wertvollste Kunstschätzc, auch historische Erinnerungen birgt diese in einem prachtvollen Garten gelegene Villa, die zum Empfang des Führers der Deutschen auf das herrlichste geschmückt wurde.
Auch die Stadt Veneoig hat ihren schönsten Schmuck angelegt. Fahnen und Girlanden gaben der alten Dogenstadt ein festliches Aussehen. Die Presse würdigt in spaltenlangen Aufsätzen nicht nur die Bedeutung dieser Zusammenkunft, sondern auch Adolf Hitler und sein Werk eingehendst. „Das italienische Volk grüßt in Venedig den erlauchten Gast, den Führer des großen Deutschland", schreibt „Po- Polo d'Jtalia", und „Stampa": „Die Völker fühlen, daß es sich in Venedig nicht um eines der gewöhnlichen Ministertreffsen handle. Nein, zwei große Führer der Kriegsgeneration kommen zu sammen, die in der augenblicklichen Verwirrung die Wege des Friedens weisen können."
land zu verfeinden und auseinander zu bringen. Nebenher sind natürlich auch andere : Kräfte am Werke, die Richtung eines neu- i geborenen, befriedeten Europas zu ändern, der imperialistischen Denkungsart der Welt ! vor 1914 wieder znm Siege zu verhelfen und f mit künstlichen Bündnissen einzelne Natio- f nen durch finanziellen und sonstigen Truck ! zu zwingen, sich gegen das neu erwachte ! Deutschland einzustellen, i Alle diese Fragen werden in den Gesprä- j chen zwischen den beiden großen Staats- ! männern wohl behandelt werden, und Wege ! werden gesucht, um aus den: höchsten Ver- f intwortungsbewußtsein für das Lebens- f notwendige der eigenen Nation und für die j Lebensnotwendigkeiten des ganzen Europas jeraus sich über das Erforderliche zu einigen. Ueber die Reise des Führers sind die ungewöhnlichsten Kombinationen bereits in ! -er deutschfeindlichen Hetzpresse erschienen, ! m einer Presse, die ihre sogenannte Freiheit ! nicht dazu benutzt, um die Fragen Europas ! nner friedlichen Lösung entgegenzusühren, sondern nur, um ihren Geldgebern zu neuen Geschäften zu verhelfen und das Verhältnis zwischen den Nationen zu vergiften.
All diese Verdächtigungen einer wutersüll- len, sterbenden Welt werden an den beiden schon geschichtlichen Persönlichkeiten Hitlers und Mussolinis abgleiten. Vielmehr richten sich die Blicke aller gutmeinenden europäischen Völker und ihrer verständnisbereiten Führer voll Hoffnung auf die Unterredung zwischen dem Führer des Faschismus und dem Führer des Nationalsozialismus. Das erwachte Deutschland aber grüßt seinen Führer und Volkskanzler besonders auch in diesen Tagen und steht einmütig wie immer und entschlossener denn je zu jedem seiner Entschlüsse und weiß, daß niemals Deutschlands Schicksal in besseren Händen ruhte, als in den Händen Adolf Hitlers.
Die Ankunft
Schon lange vor der Ankunft des deutschen Reichskanzlers, um 8 Uhr morgens, verließ Mussoliniin großer Galauniform mit den Herren seines Gefolges Villa Pisani und fuhr im Motorboot durch den Canal Grande zum Flugplatz San Nicolo am Lido. An den Ufern stauten sich bereits Tausende und aber Tausende, die den Duce stürmisch begrüßten. Um 9 Uhr, eine Stunde vor Ankunft des deutschen Reichskanzlers, war Mussolini bereits am , Flugfelde und unterhielt sich eingehend mit dem s deutschen Botschafter von Hassel.
Die Fahnen Italiens und des neuen Deutsch- s lands flatterten von allen Gebäuden und l Masten. Torpedoboote legten auf dem ganzen ! Wasserweg vom Flughafen bis zum Grandhotel, wo der Führer Wohnung nehmen wird, an, in Weißen Paradeuniformen traten die . Marinemannschaften an Deck an. Auf dem Flugfeld selbst marschierten die Ehrenformationen aller Waffengattungen auf, Infanterie im Stahlhelm, Artillerie, Kolonialtruppen, Marine- und Fliegertruppen. Flugzeugstaffeln hoben sich in die Luft und flogen den deutschen Flugzeugen entgegen.
Die große Flugzeughalle war für das Flugzeug des Führers ausgeräumt worden. Von oer Stirnseite der Halle grüßte die Hakenkreuz-
> sahne, flankiert von der Trikolore mit dem Lik- ! rorenbündel.
Kurz nach 10 Uhr wurde das Brausen der , Motoren vernehmbar, nach einer Schleife über I dem Lido senkten sich die beiden Flugzeuge und s landeten. Mussolini stand wenige Schritte vom Flugzeug „Jmmelmann" entfernt, umgeben von den Würdenträgern des italienischen Staates und der faschistischen Partei. Als erster verließ Adolf Hitler, gefolgt vom Reichsaußenminister, Freiherr» von Neurath, das Flugzeug, indes die Militärkapelle das Deutschlandlied intonierte. Der Führer trat auf Mussolini zu.
Beide Männer drückten sich die Hand und sahen sich fest in die Augen
Dann klang das Horst-Wessel-Lied auf. Beide Staatsmänner, gefolgt vom faschistischen Parteisekretär Starace und dem Generalstabschef der Miliz, Teru - zi, schritten die Front der Ehrenformationen unter den Klängen der j Giovinezza ab.
Mussolini führte darauf den deutschen Reichskanzler zur Motorbootsflottille. Beide nahmen im ersten Motorboot Platz und fuhren an der Spitze der Flottille, im Boote stehend ! and von den Massen immer aufs Neue beju- i belt, durch die große Lagune an der Torpedo- z bootslottille vorbei, deren Besatzung die Ehren- s bezeugung leistete.
s Am Grandhotel verabschiedete sich der ! Führer von Mussolini, der am Piazala Romano den Kraftwagen bestieg und zur Villa Pisani weiterfuhr.
Den Jubel und die Begeisterung, die die italienische Bevölkerung beim Anblick der bei- ven großen Führer erfaßten, zu schildern, ist man kaum imstande. Immer wieder brausten auf dem ganzen Wege Rufe „Evivva il Duce! Lvivva Hitlers!" auf, begleitet von brausendem Händeklatschen.
In der Villa Pisani
Als der Führer um 12 Uhr zum Anlegeplatz schritt, um zur Piazale Romano zu fahren und von dort die Fahrt nach Villa Pisani im Kraftwagen sortzusctzen, wurde er neuerdings Mittelpunkt stürmischer Ovationen. Zahlreiche Deutsche warteten auf der Piazale Romano und huldigten dem Führe, der Deutschen. Wo immer das Motorboot des Reichskanzlers sichtbar wurde, heulten alle Sirenen zum Gruß.
Erste Aussprache zwischen Hitler und Mussolini
! Tie erste Aussprache zwischen dem Führer ^ und Mussolini fand in der Villa Reale in
> Stra statt. Vom Piazzale Romano ging die ^ Fahrt über die große Autostraße nach Fisina ! und von dort entlang dem Brcntakanal bis ! Stra. Diese Fahrt vermag ein Bild zu geben
von italienischer Volkspsychose und von dem Geist, mit dem das italienische Volk an sei
nem Führer hängt, mit dem es aber auch den Führer des deutschen Volkes achtet. AuS allen Fenstern hing die grün-weiß-rote Trikolore mit dem Liktvrenbündel. Ueber die Straßen waren immer wieder in Riescn- schrift die Worte geschrieben: Duce, Duce. Duce! und an verschiedenen Stellen „Hitler!" An den Häusern klebten große Plakate, die zehn-, zwanzig- und dreißigmal die Worte trugen: „Duce, Duce, Duce!", eine Form der Begeisterung, die sich nicht nur auf einen Mann, sondern auch aus einen Begriff, ans ein Wort mit aller Intensität konzentriert. In den kleinen Orten trat gerade die Balilla an, um auf der Rückfahrt des Führers Spa- lier zu bilden und ihn zu begrüßen. Dann trafen wir eine lange Kvlonne von Jung- saschisten, die riesige, fünf Meter große Plakate mit dem Kops Mussolinis mit sich führten. und die bei unserem Erscheinen in Beifallsklatschen und laute Rufe: „Es lebe Deutschland" auSbrachen.
Schloß Stra ist ein zweistöckiger, breiter, weißer Bau, von einem großen Park um geben, hinter dem sich durch eine Grünfläche ein langes, schmales, kanalartiges Wasser decken zieht. Das Ganze wird abgeschlossen durch ein niedriges Orangecicgebäude.
Als der Führer, der unterwegs immer wieder von der Bevölkerung und faschistischen Abteilungen begrüßt wurde, an der Villa Stra eintraf, ging ihm Mussolini entgegen und begrüßte ihn; dann schritten Mussolini und der Führer durch die weite Halle des Schlosses hinaus in den Park, den der Führer zunächst besichtigte. Nach dem Essen gegen 3 Uhr begann die erste große historische Unterredung zwischen den Führern der beiden großen Völker.
Ueber die erste Unterredung Hitlers mit Mussolini in Stra wird folgendes amiiich bckanntgegeben:
..Der Chef der italienische» Negierung Hai dem deutschen Reichskanzler heute ein Frühstück in der Villa Pisani in Stra gegeben Nach dem Frühstück haben die beiden Regie rnngschesS eine über zweistündige Unterredung gehabt. Tie Unterredung wird morgen fortgesetzt werden.
Wie wir dazu noch erfahren, fand dic Unterredung unter vier Augen statt. Aus der Rückfahrt blieb der Führer mit seinem Motorboot etwaZ zurück, um noch das berühmte Conöottiere-Denkmal des Colleoni zu besichtigen. Er tras kurz nach 0-6 Uhr im Hotel iKi-nndss >>in. Nacb8^ni 9N»nnMn vor
her der Duce auf dem Canale Grande das deutsche Standquartier Passiert hatte.
An dem Frühstück in Stra nahmen u. a.' teil: der Senator und frühere Parteisekretär Giurati, der Staatssekretär Suvich, der Parteisekretär Starace, der italienische Botschafter in Berlin, Cerruti, Baron Aloisi und andere hohe Staats- und Parteibeamte. Auf deutscher Leite waren anwesend: Außenminister von Neurath, der deutsche Botschafter in Rom, von Hassell, Gruppenführer Brückner, Pressechef Dr. Dietrich und andere. Ferner trafen Geheimrat Aschmann, Pressechef im Auswärtigen Amt, im Flugzeug von Berlin kommend, in Venedig ein.
Pariser Stimmen zu Hitlers Unterredung mit Mussolini
Die Begegnung Hitler-Mussolini bildet das Tagesgespräch der Pariser politischen Kreise und nimmt neben der Warschauer Reise des Reichsministers Dr. Goebbels auch die Aufmerksamkeit der Presse vollauf in Anspruch. Ein ganzes Heer französischer Berichterstatter hat sich nach Venedig begeben. Schon darin kommt die Bedeutung zum Ausdruck, die nian auch hier der Zusammenkunft beimißt, obwohl man sich nach Kräften bemüht, ihre möglichen Ergebnisse als mehr als fraglich hinzustellen. Im übrigen ergehen sich die Blätter in einem allgemeinen Rätselraten und in Mutmaßungen, so der „Paris Midi", besten Sonderberichterstatter schreibt: „Zweifellos haben wir es mit einem Versuch ähnlich dem Viererpakt oder dem Donaupakt zu tun. Die ganze. Tragweite zu ermessen, ist vorläufig noch sehr;