Nr. 127

Dienstag, 3. Juni 1934

108. Jahrgang

er GeseUtcli alter

Bezugspreise: In der Stadt dczw. durch Agenten monatl. HM. 1.50, durch die Post monatlich NMl. 1.40 einscht. 18 pfg.Äeförderunas-Gebühr

zuzüglich 56 Pfg.Zustellgebllhr Einzelnummer 10 Pfg. Sei höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder auf Rückzah­lung des Bezugspreises. -

-lationalsorialiiMrhe Lasesrettuns

Alleiniges Amtsblatt für sämtliche Behörden in Stadt und Kreis Nagold

Regelmäßige Beilagen: Pflug und «Scholle - Oer deutsche Arbeiter > Die deutsche Krau - Brunnenflube

Telegramm-Adresse:Gesellschafter" Nagold//Gegr. 1821 j

Bilder vom Tage > Oie deutsche Glocke - Hitlerjugend «Schwabenland-Heimatland - «Sport vom «Sonntag

§ Fernsprecher SA. 429 / Marktstraße 14 / Schließfach SS

Postscheckkonto: Stuttgart Nr. 10086 / Girokonto: Kreissparkaffe Nagold 882 / Bei gerichtlicher Beitreibung, Konkursen usw. gelten die Bruttopreise

Anzeigenpreise : Die i spalt. Millimeter-Zeile oder deren Raum 6 pfg., Familien-, Vereins-, amtliche Anzeigen und Stellengesuche S pfg., Rekl. 18 pfg. . Für das Er­scheinen von Anz. in bestimmt. Ausgaben und an besonderen Plätzen, wie für telef.Aufträ'ge und Chiffre - Anzeigen wird keine Gewähr übernommen.

Sas Remste m Kürze

Reichsminister Dr. Goebbels sprach aus -er Tagung der Reichskammer der bilden­den Künste in München über das Verhält­nis des Nationalsozialismus zur modernen Kunst.

Der Reichspräsident hat eine Neufassung derPflichten des deutschen Soldaten" er­lassen.

Das österreichische Konzentrationslager Wölkersdorf ist durch Militär besetzt worden.

Die Saarvereinbarung in Genf ist ein­stimmig angenommen worden.

Tie 18. Internationale Arbeitskonferenz wurde gestern in Genf eröffnet.

Tie Abrüstungskonferenz fristet noch im­mer ihr Dasein in Genf. Sie wurde gestern durch neue russische Vorschläge etwas belebt.

Aus Amerika werden große Schäden in­folge der langen Trockenheit gemeldet.

In der großen tschechischen Schuhfabrik Lat a ist ein Großfeuer ausgebrochen, wo­durch 2V0Ü Arbeiter brotlos wurden.

In Berlin begann gestern der Prozeß gegen die Mörder der Polizeihauptleute Anlauf und Lenk. 13 Kommunisten sind angeklagt.

Aus allen Teilen Württembergs werden schwere Hagelschläge und Ueberschwemmun- em gemeldet.

Frankreich

vor einer neuen Krise

ZI. Paris, 4. Juni.

Wenn nicht alle Anzeichen trügen, steht Frankreich vor einer neuen innerpoli­tischen Krise, die vielleicht schwerer sein wird als die vom Februar. Bekanntlich haben die Frontkämpferverbände der Regie­rung Doumergne, in der sie durch den Pen- iionsminister Rivolet vertreten sind, befristete Bedingungen gestellt, die in der Hauptsache aus der Forderung nach restloser und ein­wandfreier Erledigung des Stavisky-Skan- dals bestehen.

Wie dieser Forderung nachgekommen wurde, ist bekannt. Die Untersuchung inStavisk Y-A ngelegenheiten ver- sandet allmählich und selbst in dem stets nach sensationellen Skandalen neugierigen Paris kümmert sich kaum ein Mensch mehr nm den sogenannten parlamentarischen Un­tersuchungsausschuß, weil selbst poli­tisch gleichgültige Menschen zur lleb e r z e u g u n g g e l a n g t sind,daß einFreimaurer dem andern kein Auge a u s h a ck t.

Am Sonntag haben nun zahlreiche Tagungen der Frontkämpfer- Verbände stattgefunden, auf denen der Pensionsminister Rivolet vergebens die Regierung zu verteidigen versuchte. Auch feine Argumente vermochten die Massen nicht M überzeugen, daß die Regierung imstande ist. den ungeheuren Korruptionssumpf von den Abwässern zu befreien.

Ter einzige Vorteil, den die Regierung Toumergue für sich in Rechnung stellen kaum ist die U n e i n i g k e i t der verschiede- neu Frontkämpferverbände. Diese Uneinigkeit in den Methoden verhindert aber nicht die allgemeine Unzufrieden­heit. Nun, nach der außenpolitischen Ab­senkung durch die Saar- und Abrüstungs- stW, aber machen sich die innerpolitischen Spannungen neuerdings sehr stark bemerk­bar und man braucht gerade nicht Prophet tu fein, um für die nächsten Wochen eine Picht ganz einfache Lage der Re­gierung Doumergue vorauszusagen. 2b allerdings die innerpolitische Krise mit fixer weiteren Einschaltung der Frontkämp­fer gelöst werden kann, muß der Entwicklung der nächsten Wochen Vorbehalten bleiben.

Göring am RieberrWn

Ehrenbürger von Dinslaken und Emmerich Emmerich, 4. Juni.

Ministerpräsident Göring war am Sonn­ig einer Einladung des Gaues Essen der -1SDAP. gefolgt, des niederrheinischen wildes, dem er besonders verbunden ist,

denn seine Borfahren lebten in Emme­rich, der letzten deutschen Stadt am Rhein.

Am Sonntagnachmittag gegen 14.30 Uhr traf der Ministerpräsident mit seiner Beglei­tung auf dem Flughafen Essen-Mülheim ein. In schneller Fahrt ging es dann durch Mülheim, Oberhausen, Walsum, nach Dinslaken. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Kunde von dem Kommen Hermann Görings. dem getreuen Paladin des Führers, verbrei- l tet und überall, in allen Städten und Dör­fern bildeten SA.. NSBO.. HI. und BbM. sowie riesige Menschenmengen dichtes Spa­lier. Dinslaken hatte ein festliches Ge­wand angelegt. In kurzen Ansprachen wür­digten Kreisleiter und Bürgermeister die Verdienste des neuen Ehrenbürgers ihrer Stadt um die Erneuerung Preußens und des Reiches, feierten ihn als den getreuen > Mitkämpfer des Führers und den Retter Preußens.

Weiter ging cs in schneller Fahrt durch die mächtigen Baumreihen der alten Heer­straßen nach Wesel. Immer wieder durch­brach hier die jubelnde Menge die Sperr­ketten. Bald ist Emmerich erreicht, das mit diesem Festtag die 700-Jahrfeier seiner Stadterhebung beschließt. Prächtig geschmückt sind auch hier die Straßen und Gassen. Ganz Emmerich ist auf den Beinen und kaum ist für die Wagen des Ministerpräsidenten und seiner Begleitung ein Durchkommen möglich.

Herzlich begrüßte der Bürgermeister der Stadt auf dem Marktplatz den neuen Ehren­bürger, dem er den Dank der Bürger Em- merickis und das Gelöbnis treuer Pflicht­

erfüllung in nationalsozialistischem Geiste versicherte.

Zeigt und beweist", rief Ministerpräsi­dent Göring den Bürgern und Bauern entgegen,daß Ihr Nationalsozialisten seid, daß es heute in Deutschland nur noch Na­tionalsozialisten gibt, nur noch Deutsche, die sich in dieser Weltanschauung des National­sozialismus zusammenfinden, die ihr Vater­land aus dieser Weltanschauung heraus ver­teidigen werden."

Jubelnde Menschen begrüßten ihn, als er u kurzer Rast zu dem einstmaligen Besitz einer Vorfahren, dem Hause Hess ent. fuhr.

Inzwischen waren aus dem weiten von hohen Fahnenmasten umsäumten Feld am Speelberg vor den Toren der Stadt die Arbeiter und Bauern zu Tausenden und aber Tausenden zu einer großen Greuzland- kundgebung ausmarschiert. Scharf wandte sich der Ministerpräsident u. a. gegen die Miesmacher und Kritikaster. Wir haben ihnen eine eindeutige Warnung zu geben. Wir dulden nicht, daß das deutsche Volk aufs neue beunruhigt wird. Der Beruf des ewigen Kritikers ist wohl der unanständigste aller Berufe. Keine Kritik und keine Nör­gelei wird das Fundament unseres Glau­bens an Deutschland, an seine Zukunft und an seinen Führer zerstören können.

Einsieg-Heil" auf Volk, Vaterland und Führer schloß diese Kundgebung, die viel­tausendstimmig ausklang mit dem Horst- Wessel-Lied und dem Deutschlandlied.

Letzter Rettungsversuch in Genf

Henderson reist nach Berlin

Genf, 4. Juni.

Wie um 17 Uhr aus der noch andauern­den Geheimsitzung des Abrüstungspräsidiums bekannt wird, hat der Präsident der Ab­rüstungskonferenz, Henderson, eine Ent­schließung vorgeschlagen, durch welche das Präsidium den Auftrag erhält, zunächst alle weiteren Schritte zu tun, um die Konferenz zu retten. In erster Linie komme es dabei darauf an, Deutschland durch Ver­handlungen wieder in die Kon­ferenz zurückzuführen, andernfalls sei die Lage aussichtslos. Henderson sollsich bereiterklärt haben, zu diesem Zweck selbst nach Berlin zu fahren.

Wie man hört, hat Außenminister Bar­thou nähere Auskünfte darüber verlangt, aus welchem Grunde man diesen Schritt gegenüber Deutschland schon jetzt und im gegenwärtigen Stadium zu tun beabsichtige. Daß Frankreich an sich bereit sei, mit Deutsch­land sich nach Möglichkeit zu verständigen, habe man heute aus der Erledigung der Saarfrage erkennen können. Barthou fragte weiter, ob etwa das Präsidium der Abrüstungskonferenz nach Berlin fahren wolle; er würde dann jedenfalls nicht mit- sahren. Derartige Reisen hätten keinen Zweck, ohne daß man dabei etwas Bestimmtes in der Tasche mitbringe. Herr Eden sei durch die verschiedensten Hauptstädte gefahren, aber ohne jeden Erfolg. Man könne sehr gut hier in Genf jetzr weiter arbeiten. Es lägen eine Menge wertvoller Vorschläge vor (hier verweist Barthou offenbar auf neue russische Vorschläge). Er sei gegen eine Vertagung.

Sie neuen ruUKen Vorschläge

Die russische Abordnung hat am Montag nachmittag dem Präsidium der Abrüstungs­konferenz folgende Entschließung vorgelegt:

Der Hauptausschuß beschließt:

1. sofort die unterbrochenen Arbeiten für das Studium der vorliegenden Vorschläge für Verträge gegenseitiger Hilfeleistung, so­wie für die Begriffsbestimmung des Angrei­fers wieder aufzunehmen;

2. der Konferenz zu empfehlen, als Voll­konferenz zusammeuzutreten wegen der ganz besonderen Wichtigkeit, die in der gegen­wärtigen Stunde einer erweiterten und un­unterbrochenen Organisation und der Auf­rechterhaltung des Friedens zukommt. Fer- ner soll die ununterbrochene Fortdauer der

Konferenz für die Herabsetzung und Begren­zung der Rüstungen erklärt werden, indem man ihr gleichzeitig den Auftrag gibt, die Konferenz umzunennen mit den folgenden Zielen:

u) die Fortsetzung der Arbeiten mit dem Ziele zu versuchen, eine Verständigung über ein Abkommen zur Herabsetzung und Begrenzung der Rüstungen zu er­reichen.

b) eine Verständigung und die Annahme von Entscheidungen und von Maßnah­men herbeizuführen, die neue Sicher- beitsbürgschaften schaffen,

e) a le Vorkehrungen zu beschließen, die geeignet sind, einer bewaffneten Aus- einaudersetzuna vorzubeugen.

ck) die Kontrolle der Ausführung des Ab­kommens und der Entscheidungen der Konferenz zu sichern,

e) die Konsultation bei einer Möglichkeit der Verletzung der internationalen Verträge im Hinblick auf die Aufrecht­erhaltung des Friedens herbei- zusühren.

Der Wechsel des Namens der Konferenz wird in keiner Weise die vorher bestehenden Beziehungen zwischen der Konferenz und dem Völkerbund berühren.

3. Das Präsidium der Konferenz zu be­auftragen, die Geschäftsordnung zu Prüfen in Uebereinstimmung mit der Erweiterung ihrer Aufgaben und sie nach ihrer Abände­rung einer Prüfung durch die Vollkonferenz zu unterwerfen.

EWM tmmjgert Saar- kommuMen die Em§M

London, 4. Juni.

Die englischen Behörden haben dem Saar- kommunisten Kur» Thomas die Einreise nach England verweigert. Als Thomas an der englischen Küste von Newhaven ein- lras. wurde er von den Einreisebeamien wie­der zurückgeichickl. Tlmma- Zollte als Ver freier der Saar" an einer Versammlung deS sogenannten Unterstützungsausschufses für die Opfer des Faschismus teilnehmen. Der Präsident des Ausschusses protestierte gegen diese Einreiseverweigerung und teilte mit. daß Thomas seinen englischen Zuhörern in­teressante Einzelheiten über seine neuerliche Unterredung mit Thälmann hätte berichten können.

Gens, 4. Juni.

Um 12.40 Uhr am Montag mittag nahm der Völkerbundsrat die ihm vorgelegte Ent­schließung über die Saarabstimmung ohne jede Abänderung einstimmig an.

Die Sitzung begann gegen 12 Uhr. Nach einleitenden Worten des Präsidenten berich­tete der Vorsitzende des Dreierkomitees, A l o i s i. dem Rat. Er rühmte die Verstän- diaungsbereitsrbait Deutschlands und Frank­reichs. die diese Einigung erst ermöglich! Hütten.

Sodann sprach Außenminister Barthou. Er wies zunächst auf die Bedeutung der Fest­setzung des Datums hin und unterstrich die Verständigungsbereitschaft der beiden Regie­rungen. die sich bei den Verhandlungen ge­zeigt habe.

Barthou führte dann im einzelnen die für die Saarbevölkerung festgelegten Garantien auf. Er bezog sich dabei auf die von ihm und dem deutschen Außenminister abgegebenen Erklärungen. Hier fügte er aber hinzu, daß zu den Erklärungen noch Ausführungs­garantien hätten hinzutreten müssen. Bar­thou sagte dann, daß die Erklärungen sich zu­nächst nur auf die Abstimmungsberechtigten bezogen. Der Rat habe aber die Möglichkeit, ihre Ausdehnung auf alle Einwohner de? Saargebietes zu beschließen. Ueber die Trag­weite der Verpflichtungen des Rates in dieser Hinsicht könnten keine Zweifel bestehen.

Barthou betonte dann weiter, daß die Au­torität der Negierungskommission des Saar­gebietes unbedingt gewahrt bleiben müsse. Die Regierungskommission müsse jederzeit auf die Unterstützung des Rates zählen kön­nen. Von jetzt an gebe es im Saargebiet keine Entschuldigung mehr für Gewaltakte und Bedrückungen. Drohungen, Reden und Rundfunksendungen (Straßburger Sender!), die die Gemüter erregten und aus deren Ge­fahr die Regierungskömmission hingewiesen habe, müßten in Zukunft unterbleiben.

Der Vertreter Englands, Eden, hatte den Bemerkungen Barthous nicht viel hinzuzu­fügen. Er wies darauf hin, daß der Rat das Rechte habe, die für die Abstimmungsberech­tigten erreichten Garantien auf alle Einwoh­ner des Saargebietes auszudchnen. Wenn, wie er hoffe, das Dreier-Komitee seine Funk­tionen weiter behalte, so werde es zweifellos zu gegebener Zeit in der Lage sein, Vor­schläge zu machen, ans Grund deren allen Einwohnern des Saargebietes angemessen» Garantien gegeben werden könnten

Verfrühte Gerüchte

über Anerkennung der Sowjetunion durch die Kleine Entente

London, 4. Juni.

Eine Reutermeldung aus Genf besagt, es seien am Sonntag Gerüchte im Umlauf ge­wesen, daß die Vertreter der Kleinen Entente und Sowjetrußlands am heutigen Montag über gegenseitige Anerkennung und Auf­nahme diplomatischer Beziehungen verhau- deln würde. Ein Vertreter der Kleinen En- tente habe aber am Abend erklärt, diese Er­wartungen seien verfrüht. Die Verhandlun­gen mit Sowjetrußland hätten gute Fort- schritte gemacht. Es gebe aber noch einige ungeregelte Punkte zwischen Sowjetrußland und Rumänien einerseits und Sowjetrußland und Südslawien andererseits. Die ganze An­gelegenheit werde bei der nächsten Konferenz der Länder der Kleinen Entente Ende dieses Monats erörtert werden.

MlWchjfMer Kongreß tn Me« verboten

Athen, 4. Juni.

Die griechische Regierung hat die Tagung des antifaschistischen Kongresses in Athen verboten. Seit dem frühen Morgen hiel­ten Polizei und Feuerwehr alle Straßenzüge zum Versammlungsort besetzt, wo die Kom­munisten, allerdings vergeblich, versuchten, die Tagung zu eröffnen. Bei einem Zusam­menstoß mit der Polizei wurden 4 Perso- neu durch Schüsse verletzt. Di» Polizei nahm 300 V e r h a f t u n g e n vor.