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Samstag, 2. 2uni 1934
108. Jahrgang
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Jas Neueste in Klirre
Die Genfer Besprechungen über die Saar- ftage haben nun zu einer Einigung geführt. Die Abstimmung wird am 13. Januar 1935 stattfinden.
In England rechnet man mit einem baldigen Ende der Abrüstungskonferenz. Simon hat nach einer vergeblichen Aussprache mit Barthou Genf verlassen. Die Gruppe der 6 neutralen Mächte hat einen neuen Vorschlag eingebracht.
Bei der Jahresfeier der Verkündigung der deutschen Rechtsfront in Hamburg hielt Reichsjustizkommissar Dr. Frank eine Programmatische Rede.
Fürst Von Pleß hat an den Völkerbund zwei weitere Beschwerden gerichtet.
Aus Rumänien kommen ernste Meldungen über eine bevorstehende Umwälzung. Elf Garnisonen haben bei der Regierung die sofortige Auflösung aller Parteien gefordert.
In Elbing brach ein furchtbarer Brand aus. 359 Arbeiter sind brotlos geworden.
Die Reichspost teilt mit, daß sich die Zahl der Rundfunkhörer aus 5,4 Millionen er- höht hat.
Zum Verständnis der WeltpolMK
Der englische Außenminister Simon hat //! Genf offen zum Ausdruck gebracht, daß er die neue Entwicklung der französischen Kontinenkalvolitik nur mit großer Bestürzung aufnehmen könne. Die gesamte englische Presse, auch die seither frankreichfreundliche ist wie auf einen unhörbaren Befehl hin umgeschwenkt und lehnt sowohl die Vorschläge des Herrn Litwi- now als auch die Einkreisungspolitik BarthouS ab. In England ist die Erinnerung an den Tag lebendig, an dem derselbe Herr Barthou, bereits damals a!S Minister der französischen Republik, führenden Anteil hatte am Zustandekommen der russisch-französischen MilitärKonvention. DaS sind, kaum sollte man eS für möglich halten, jetzt genau 40 Iahre her. And wieder einmal bestimmt der gleiche Herr Barthou den Gang der französischen Politik, als lüge nicht dazwischen der Weltkrieg und die ungeheuerliche Zerrüttung aller weltwirtschaftlichen Zusammenhänge. Hier wird der Grund zum englischen Mißtrauen kenntlich.
Die Hauptlriebfeder der englischen Politik seit dem Ausgang des Weltkrieges ist der Wille, sich auS einer jeden neuen europäischen Verwicklung, die zum Kriege führen muß, fernzuhaltsn. Man darf niemals vergessen, daß zum erstenmal in der ganzen englischen Geschichte diesmal im Weltkrieg England unmittelbar die Blüle seiner jungen Mannschaft > opfern mußte, um daS Imperium zu erhol- ! ten. Der französische und der russische ! FesilandSdegen gegen daS aufstrebende j Deutschland hatten 1914 nicht mehr auS- , gereicht. England mußte persönlich in j Aktion treten, und eS gibt kaum eine i Familie der seit Jahrhunderten herrschen- ^ den Oberschicht, die nicht im Krieg einen oder mehrere Söhne an der Somme oder in Flandern hätte zum Opfer bringen müssen. Der Gewinn dieses BlutopferS aber erwies sich in der Nachkriegszeit als ein höchst kümmerlicher. Zwar war der deutsche Konkurrent auSgeschaltet, dafür ober begann Frankreich Europa zu be
herrschen, machte sich Rußland zur größten imperialistischen Macht Asiens, trat Japan mit seinen ostasiatischen und seiner Dumping-Politik auf den Plan, waren die farbigen Völker erwacht und hatten zu allem Asberflutz die großen britischen Kronländer ein Maß von Selbständigkeit gewonnen, daS reichssprengend wirken mußte, wenn das englische Mutterland erneut in kriegerische Festlandsverwicklungen gezogen würde. England kämpft heute nicht mehr gegen die deutsche Melt- wirtschastSgeltung, sondern umdenBe- stand seines Imperiums. Nur von diesem Gesichtspunkt auS kann die englische Politik beurteilt werden.
DieS muß ausdrücklich festgestelit werden gegenüber allen Schwärmern, die da alauben, England sei plötzlich deutschfreundlich geworden. Die Vernichtung Deutschlands in Gestalt einer neuen M"skoili>nq ya^t ni^t in den englischen Generalplan der Welt- reichsverleidigung. Noch im vergangenen Jahr hegten England und die Bereinigten Staaten den Plan, sich durch ein Entgegenkommen gegenüber Rußland im Sowjetstaate eine Schutzmacht vor Japan zu schaffen. Heute aber spielt Frankreich den Vermittler zwischen Japan und Rußland, — eine Tatsache, die in der deutschen Presse bisher kaum erkannt worden ist, obwohl derSchwer- punkt der großen Wellpolitik heute im Fernen Osten liegt — und hilft damit Rußland, seine lm äußersten Osiasten frei werdende Macht auf anderen Schauplätzen der Weltpolitik einzusetzen. Man darf niemals vergessen, daß zum russischen Bündnisblock auch die Türkei und neuerdings wieder einmal Bulgarien gehören. Schon wird die Dardanellenfrage wieder akut, schon beginnt der Gedanke der marxistischen Weilrevo- lution einem neuen Panslawismus Platz zu machen.
Die Situation verschärft sich naturgemäß durch eine Ausdehnung des ru s fisch enBlockesaufFrank- r e i ch und damit die Kleine Entente, die zwar gerne auS den Basallenfesseln heraus möchte, die aber angesichts der russisch-französischen Zange schnellstens wieder in die französische Linie einschwenken wird.
Aehnlich liegt der Fall in Polen. Pil- sudski ist mit englischer Hilfe 1926 zur Macht gekommen. Er ist nicht der Mann Frankreichs, und noch weniger der Mann Rußlands. Auch Polen wird die Zange zu spüren bekommen. England aber sieht bereits eine viel größere Gefahr am Horizont auftauchen, als sie Deutschland vor 1914 je darstelite. Nochmals einen Wcck- sengang zu tun, widerstrebt dem englischen Volk. Somit will man auf alle Fülle einen Ausgleich der Gegensätze erreichen, somit möchte man die Abrüstungskonferenz doch noch zu einem wenn auch bescheidenen Erfolge führen, somit möchte man sich einen durch Reformen elastischer gemachten Völkerbund erhalten, der kriegerische Konflikle im Keime ersticken soll. Frankreich jedoch möchte gerade aus dem Völkerbund erneut ein Werkzeug seiner reinen Machl- politik machen, eS schreckt nicht vor kriegerischen Drohungen zurück, und schließlich bemüht eS sich augenblicklich darum, Italien durch Versprechungen, die nur aus Kosten Englands gehen, auS der
engen Abhängigkeit von England zu lösen.
Gewitterwolken überall. Wetterleuchten am Horizont deS englischen Imperiums, und dazu allenthalben im Imperium selbst ein unterirdisches Kochen und Brodeln wie die Vorboten eines Erdbebens. England aber ist kriegSmüde. ES will verteidigen und nicht mehr angreifen. Seine Jugend ist eher pazifistisch als kriegerisch. Man versteht daS nationalsozialistische Deutschland nicht im mindesten. aber man begreift doch, daß ein
starkes Deutschland heute ein natürliche» Gegengewicht gegen die französisch - russische Bedrohung wäre. Somit verficht der englische Außenminister in Gens eine Politik, die, wenn sie auch nicht bewußt für Deutschland getrieben wird, doch Doiissk4,>(ind D:D„ke kommen muß. Der Nichtarier Simon befindet sich hier in einer etwas tragischen Lage. Aber er entscheidet sich, wie sich Lord Raconsfield JSraelit nicht anders entschieden hätte: Englandzuerst!
BkMüis dritter KW ill Ms
Vergebliches Frühstück bei Barthou — Sir Simon reist ab
Ii!. Genf, 1. Juni.
Die letzte Rede Barthous im Hauptaus- schiiß der Abrüstungskonferenz und ihre Folgewirkungen haben nunmehr wohl auch jene Optimisten, die noch immer daran glaubten, daß eine Veranstaltung des Völkerbundes wie die Abrüstungskonferenz einen Erfolg bringen würde, überzeugt, daß gerade der geeichte Schützer des Völkerbundes, Frankreich, das feierlich gegebene Abrüstungsversprechen einzulösen, auf keinen Fall gewillt ist.
Dementsprechend war auch Freitag früh die Stimmung in Genf außerordentlich p e s f i m i st i i ch. Nirgends zeigte sich auch nur die geringste Möglichkeit, die Kluft, die zwischen den Auffassungen Sir Simons und Barthous herrscht, zu überbrücken oder auch nur zu verengern. Wohl wurden eine Reihe von Kompromißlösungen in Erwägung gezogen: So von den Trabanten Frankreichs der Vorschlag, den bisher kaum bemerkten politischen Ausschuß der Konferenz mit dem Studium der Sicherheitsfrage zu beauftragen, um solcherart die Konferenz bis September am Leben erhalten zu können. Aussicht hat dieser Plan kaum, da ihm die kategorische Erklärung Simons entgegensteht, daß Großbritannien kein Intereise an einem nur formalen Weiterbestand der Konferenz hat.
Völlig ergebnislos scheint ein Fr üb stück verlausen zu sein, das der französische Außenminister Barthou Sir i in o n gab. Unmittelbar nach diesem Frühstück wurde von der britischen Anordnung mitgcteilt, daß Sir Simon Genf verlassen werde. Nur ganz neue Tatsachen könnten, so erklärt man, diesen Entschluß des britischen Außenministers rückgängig machen
LsAer VsvLli Andersens
Zu Beginn der Hauptausschußsitznng wies Cenderson aus die äußerst kritische Lage oer Konferenz hin, die bedenklicher sei als jemals seit Beginn der Konferenz. Die Schwierigkeiten könnten nicht durch Reden überwunden werden. Er schlage deshalb vor. nach Anhörung der für die Sitzung vor- aemerkten Redner Beck (Polen) und Sandler (Schweden) die Aussprache bis Dienstag zu vertagen. Während des Wochenendes hätten die Mitglieder des Hauptausschusses Zeit, über eine Lösung nachzndenken.
Bezeichnend war. daß sich an dem Beifall, der Hendcrson gezollt wurde. Barthon nicht beteiligte.
Beck geaen Mnstnow
Der erste Redner der Frcitagsitzung, der polnische Außenminister Beck, lehnte m seinen Erklärungen die Vorschläge des russischen Anßenkommissars Litwinow ab. Polen war zu Beginn der Konferenz der Ansicht, daß die Konferenz das Ziel habe, eine Bearenznna und Verminderung der >
Rüstungen zu erreichen. Unter diesem Gesichtspunkte habe Polen seither eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben vermis- oen. Damit habe Polen seinen Willen bewiesen, zu dem hauptsächlichsten Ziel der Konferenz beantragen.
Schars wendete sich Deck gegen die Versuche, in die Konferenz Fragen hereinzutragen, die mit dem klaren Abrüstungsziel nichts zu tun haben. Konkrete Ergebnisse könnten nur erzielt werden, wenn man sich mit den Problemen beschäftigt, die geeignet find, die einstimmige Zustimmung aller Staaten zu finden.
Zum Schlüsse erklärte Beck namens seiner Regierung: „Indem ich die leitende Idee, die die polnische Regierung von Beginn der Konferenz an beseelt hat, wieder aufnehme, kann ich versichern, daß Polen auf dem Gebiet der Verminderung und Begrenzung der Rüstungen alle Maßnahmen annehmen wird, die einen allgemeinen Charakter haben und die auf alle Staaten angewendet werden."
Neutrale EeM Mäckte Gruppe macht neuen Vorschlag
Nach dem chinesischen Delegierten Wellington Koo, der ein System der Sicherheit forderte, sprach für die neutrale Sechs-Mächte- Gruppe der schwedische Außenminister Sandler. Er stellte eine allgemeine Aufrüstung in der ganzen Welt fest und erklärte, daß die Konferenz diese tatsächliche Aufrüstung mindestens regulieren müsse. Die Abrüstung wäre das beste Mittel, um die Gleichberechtigung herzustellen. Es müsse ein entscheidender Schritt zur kontrollierten Gleichheit getan werden.
Schweden könne keine neuen Sicherheitsverpflichtungen übernehmen, wenn nicht tatsächliche Abrüstungsmaßnahmen eingeleitet würden. Nur eine allgemeine Abrüstung würde Sicherheit für alle bringen.
Tann verlas Sandler eine gemeinsame Erklärung der Regierungen Dänemarks» der Niederlande, Norwegens» Schwedens, der Schweiz und Spaniens, in der betont wird, daß diese Länder an dem Grundsatz der Abrüstung» Sicherheit und Gleichberechtigung sesthalten. Es wird daher vorgeschlagen:
Einsetzung eines Sonderausschusses zur Prüfung der Frage der Ausführungssicherheiten,
Prüfung der Frage einer wirksamen Kontrolle der privaten und staatlichenWaffenerzeugung und des Waffenhandels durch das Präsidium, und
Herstellung eines Vertragsentwurfes über das Verbot des chemischen Krieges, die Offenlegung der Nüstnnas- ausgaben, Kontrolle des Waffenhandels und
Heute uteud spricht WirtschastMiutster Pg. Ir. Lehuich
Nagolder! Erscheint in Massen!