Nr. 110
Dienstag, 15. Mai 1934
108. Jahrgang
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Saarfrage im Vordergrund
Beginn der Tagung im Bölkerbundsrat
Genf, 14. Mai.
Zur Tagung des Völkerbundsrales sind die Abordnungen der 15 im Rate vertretenen Länder schon ziemlich vollständig eingetrof- ^ fen. In der Wandelhalle des Völkerbundes, die seit vielen Wochen verödet war, sah man , zum ersten Male wieder ein lebhafteres Bild. Die Saarfrage ist in den letzten Wochen schnell in den Vordergrund der europäischen Politik gerückt. Die an dieser Frage besonders interessierten Kreise sind daher hier durch Abordnungen oder Beobachter vertreten. Tie Abgesandten der deutschen Front werden noch im Laufe dieses Tages vollzählig hier eintrefsen. Neben den alten Führern der Laarbevölkerung, unter denen Kommerzienrat Röchling besonders bekannt ist. wird diesmal auch der Führer der deutschen Front, Pirro, in Genf anwesend sein.
Sie geheime Tagung
desVölkerbundsrateshatum l0,30 Uhr begonnen. Den Vorsitz führt der frühere portugiesische Minister Vasconvellos.
Der Völkerbundsrat beschloß in seiner geheimen Sitzung, sowohl die Klage der deutschen Volksgruppe in Polen wegen ungerech- > ter Handhabung der Zulassung für den j Alkoholausschank, als auch die Klage Ungarns wegen der Zwischenfälle an der nn- Kirisch-südslawischen Grenze auf seine nächste Sitzung zu verschieben. Dabei steht es noch nicht fest, ob eine außerordentliche Tagung schon bald, etwa im Juni, stattfinden wird, wie es der ungarische Vertreter bei dieser Gelegenheit angeregt hak. oder ob alles bis zur großen Septembertagung des Rates verschoben werden wird.
Um 11.30 Uhr wurde
hie öffentliche Sitzung
des Völkerbundsrates eröffnet. Barthou, Baron Aloisi und Eden waren wie in der geheimen Sitzung als Vertreter der Großmächte anwesend. Der Rat erledigte im Eiltempo einige kleinere Fragen. Die Berichte fanden einstimmige Annahme. Die nächste Sitzung des Völkerbundsrates findet morgen um 10.30 Uhr statt.
Denkschrift der Deutschen Front an den Mkerbundsrat
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^ Die deutsche Front im Saargebiet hat sich infolge der gegenwärtigen politischen Lage veranlaßt gesehen, dem hohen Rat des Völkerbundes eine Denkschrift zu übersenden, in der der Standpunkt des deutschen Volkes m der Saar zur Frage der Abstimmung and der Zukunft des Saargebietes noch einmal zusammenfassend dargelegt wird. Die Denkschrift, die die Unterschriften des Leiters der deutschen Front, Pirro, sowie der Führer der Fraktion „Deutsche Front" des saarländischen Landesrates, Levacher, Röchling, Kiefer, trägt, ist am Montag in Gens überreicht worden.
Im Eingang der Denkschrift heißt es zunächst u. a.: Die Führung der Deutschen Front hat in wiederholten Eingaben an den hohen Rat des Völkerbundes zum Ansdruck ««bracht, daß hinter ihr die erdrückende Mehrheit der Saarbevölkerung steht. Diese Tatsache ist bestritten worden; insbesondere haben Delegationen, die außerhalb der deutschen Front stehen, in Genf immer wieder behauptet, sie hätten eine große Anhängerschaft. Am 6. Mai 1934 ist in Zweibrücken die Zahl der Mitglieder der Deutschen Front bekanntgegeben worden; sie beträgt jetzt schon über 455 000. Die Zahl der Abstimmungsberechtigten kann mangels genügender statistischer Unterlagen (der hohe Rat hat die Offenlegung des Abstimmungsmaterials bisher nicht beschlossen) noch nicht genau angegeben werden. Die in der Deutschen oront zusammengesaßten Abstimmungsberechtigten machen mehr als 93 v. Hundert der gesamten stimmberechtigten Bevölkerung im Saargebiet aus.
. Zur Frage der Abstimmung heißt es dann u> der Denkschrift u. a.: Die Deutschen d,es
Saargebietes haben, wie dies bei allen Völkern der Fall ist, über ihre völkische Zugehörigkeit in dem Augenblick schon entschieden. da sie als Kinder ihrer deutschen Mütter das Licht der Welt erblickten. Eine Volksabstimmung darüber, ob die Saarländer zu Deutschland oder nicht zu Deutschland wollen, bedeute an sich eine Mißachtung und Geringschätzung des Saarvolkes. Die Deutsche Front und somit die Deutschen an der Saar wollen sich einer Volksabstimmung gewiß nicht entziehen. Sie hätten aber gewünscht, daß das Angebot des deutschen Reichskanzlers, die Saarfrage aus friedlichem Wege zu lösen, von der Gegenseite angenommen worden wäre. Durch diesen friedlichen Akt hätte der Weg frei gemacht werden können zu einer endlichen Aussöhnung der beiden großen Nachbarvölker.
Die Denkschrift geht sodann auf die Berichte des Präsidenten der Saarregierung
London, 14. Mai.
In der Montagsitzung des englischen Unterhauses wurden an den Staatssekretär des Aeußern, Sir John Simon, mehrere Anfragen gerichtet.
Auf die Frage über die „Anerkennung s z a h l u n g e n" an die Vereinigten Staaten erwiderte der Staatssekretär, daß der GeneralstaatsanwalL der Vereinigten Staaten seiner Ansicht dahin Ausdrück gegeben habe, Großbritannien gehöre auf Grund seiner Anerkennungszahlungen nicht zu den in Verzug geratenen Schuldnern des Johnson-Gesetzes.
Ein Unterhausmitglied fragte, ob Simon bekannt sei, daß die japanische Regierung weiter ihre Mandatsrechte über die Karolinen- und Marschall-Jnseln ausübt. Simon bejahte diese Frage. Der Fragesteller wollte weiter wissen, ob der Völkerbund schon einen Beschluß gefaßt habe über die künftige Gestaltung dieses Mandats, wenn Japan endgültig seine Verbindung zum Völkerbund löst. Simon erklärte, so viel er wisse, habe niemals eine Erörterung über diese Angelegenheit im Völkerbund stattgefunden.
Auf mehrere Fragen, ob er mitteilen könne, welche Maßnahmen er angesichts der Vorstellungen der S a a r k o m in i s s i o n beini Völkerbundsrat. diesem vorzuschlagcn beabsichtige, um die Einwohner des Saargebiets vor unangemessenem Druck auswärtiger Stellen zu schützen und die Autorität der Saarkommission anfrechtzuerhalten, erklärte der Staatssekretär, daß die gesamte Frage vom Völkerbundsrat in die Hände eines Dreierausschusses gelegt worden sei, und daß dieser Ausschuß bereits einen vorläufigen Bericht dem Rat unterbreitet habe. Soweit er unterrichtet sei, werde der Ausschuß den endgültigen Bericht noch im Verlauf dieser Woche fertigstellen. Er könne, so schloß Simon, keine weitere Erklärung über diese Frage abgeben, bevor sich der in Genf befindliche Ausschuß tatsächlich damit befaßt.
Auf eine Anfrage über die Ausfuhr von Flugzeugmotoren nach Deutschland erwiderte Sir John Simon, daß nach Artikel 198 des Versailler Vertrages und der Vereinbarung vom 22. Mai 1926 Deutschland sich verpflichtet hat. die Einfuhr von Flugzeugen zu verhindern, die in irgendeiner Weise bewaffnet mit Geschützteilen oder sonst für Kriegszwecke ausgerüstet werden könnten. Diese Verpflichtung verbiete jedoch nicht die deutsche Einfuhr von Flugzeugteilen im allgemeinen.
Ein Mitglied fragte hierauf, ob angesichts der Besorgnisse der französischen Regierung über den großen Umfang von Flugzeugmaterial, das nach Deutschland gehe, Schritte getan würden, um zu verhindern, daß das eingeführte Material in Militärflugzeuge umaewandelt wird. Auf eine weitere An-
Knox ein, in denen von ..Terrormaßnahmen der Deutschen Front" und „Putschpläne" gesprochen wird. Die Deutsche Front weist in ihrer Denkschrift darauf hin, daß ihr nicht unbekannt sei. daß Präsident Knox Mittel und Wege suche, die Notwendigkeit internationaler Hilfspolizei zu beweisen. Zu die- ser Beweisführung wären Terrorakte die ge eignetsten Mittel. Die Deutsche Front lehne jedoch jeden Terror ab und verlange von ihren Mitgliedern strengste Disziplin, insbesondere die genaueste Beobachtung der saarländischen Gesetze.
Die angeblichen „Putschpläne" werden mit der Bemerkung zurückgewiesen, daß die Mitglieder der Deutschen Front nicht so töricht seien, ihre sichere Rückkehr zum Deutschen Reich Anfang 1935 dadurch zu gefährden, daß sie wenige Monate vor diesem Termin einen lächerlichen Putsch in Szene setzen.
Zirm Schluß der Denkschrift wird darauf bingewiesen, daß die Saarregierung 32 Organe der Deutschen Front auf insgesamt 367 Tage verboten habe, während in der gleichen Zeit — seit Mai 1933 — nur 3 Sevaratistenblätter auf zusammen 30 Tage verboten wurden.
rage über einen deutschen Auftrag in England auf Lieferung von 80 Armstrong-Sid- deley-Flugzeugmotören bestätigte Simon die Nichtigkeit dieser Aufträge und erklärte, der französische Botschafter habe vor kurzem die Aufmerksamkeit der britischen Regierung aus diese Aufträge gelenkt, deren Erfüllung jedoch nicht in Widerspruch zu den Bedingungen der m Frage kommenden internationalen Wafsenverträge stehe; es sei beabsichtigt. den französischen Botschafter auf die'- Tatsache hinzuwcisen.
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Rcichsminister Eltz von Rübenach über die Bedeutung des neuen Kanals
Cosel (Schlesien), 14. Mai.
Am Montag abend fand die feierliche Grundsteinlegung für den Adols-Hitler-Kanal im Beisein des Stellvertreters des Führers. Reichsministers Rudolf Heß, statt. Auf einer großen Tribüne, deren Hintergrund das Hoheitszeichen auf rotem Grunde schmückte, nahmen die Ehrengäste Aufstellung. Vor den Tribünen hatten sich die am Kanalbau beschäftigten Arbeiter in ihrer Arbeitskleidung mit ihren Werkzeugen Postiert. Rechts und links der Tribüne hatten die Formationen der SA. und der Unter- gliederungen der Bewegung sowie des Arbeitsdienstes Aufstellung genommen, deren Fahnenabordnungen die Tribüne flankierten. Außer dem Stellvertreter des Führers und dem Reichsverkehrsminister Freiherr Eltz von Rübenach nahm eine große Zahl von Ehrengästen teil, darunter Gauleiter und Oberpräsident Hellmilt Brückner.
Aer Festakt
Glockengeläute und Sirenengeheul leiteten den Festakt ein. Nachdem der Reichsminister Rudolf Heß die Urkunde der Grundsteinlegung im Namen des Führers unterzeichnet hatte, sprach Gauleiter und Oberpräsident Hellmut Brückner als Chef der Oderstrombauverwaltung und im Namen Schlesiens Begrüßungsworte.
Die Bedeutung des Kanals
Hierauf nahm Reichsverkehrsminister Freiherr Eltz von Rübenach das Wort. Er führte nach einem geschichtlichen Rückblick u. a. aus: „Das Werk, das wir heute beginnen, und das bestimmt ist, durch Verbesserung des Verkehrs Schlesien zu stützen und zu stärken, ist jm besonderen Maße ge-
! Aas NtllM in Kürze
In Cosel fand die feierliche Einweihung Des Adols-Hitler-Kanals statt, bei der Reichsminister Eltz von Rübenach die Bedeutung dieses Kanals für Schlesien erklärte.
Jm englischen Unterhaus kam es zu wiederholten Anfragen wegen des Saargebiets und der deutschen Lustmotorenankäuse. Simon gab beruhigende Erklärungen.
Der Völkerbundsrat hat seine Sitzungen begonnen. Jm Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Saarsrage.
Der französische Ministerpräsident leitete die Kammererössnung, die schwere Regierungssorgen zu lösen hat, mit einer Rundfunkansprache an das französische Volk ein,
Aus Tsitsikar werden gefährliche Grenzverletzungen zwischen Japan und Mandschu- kuo gemeldet, die Weiterungen nach sich ziehen werden.
In Poppenroth bei Bad Kissingen wurden durch ein Großfeuer 1VV Menschen obdachlos.
Der Versuch eines Segelflugzeugstarts vom „Graf Zeppelin" aus ist gut geglückt.
Bei Lünen in Westfalen ist ein SA.-Mann von einem Kommunisten erschossen worden. Der Mörder richtete sich selbst.
Reichsführer Dr. Stäbe! ist in den HNyrer- ring des VDA. berufen worden.
eignet, schon während der Bauausführung Segen auszustrahlen. Wird doch bei den umfangreichen Erdarbeiten vielen Tausenden von schaffenden Arbeitskräften auf Jahre hinaus Arbeitsgelegenheit gegeben. Der Kanal, zu welchem wir den Grundstein legen, isteinTeiljenesgrvßenWas- serstraßenbauprogramms, welches die preußische Regierung für das Flußgebiet der Oder aufgestellt und die Neichs- regierung erweitert hat. Das Programm der Preußischen Regierung knüpft an den Bau des Mittelland-Kauals an, der das Ruhrgebiet mit Berlin verbinden soll, und war dazu bestimmt, Schlesien einen Ausgleich für die Vorteile zu schaffen, welche der Mittel»- land-Kanal dem Westen bringen würde.
Schlesien Wird geholfen
Die Zusagen, welche Schlesien von der preußischen und später von der Reichsregierung erhalten hat, werden eingelöst. Die Neichsregierung wird es nicht zulassen, daß Oberschlesien in seinem Absatz von Kohle und Eisen von seinem natürlichen Markt in Berlin durch den Mittelland-Kanal verdrängt wird.
Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler war es Persönlich, welcher in seinem Weitblick den Befehl zum Beginn des Kanalbaues gegeben hat, und ihm wird in Treue und Dankbarkeit ein ewiges Denkmal gesetzt, indem dieser Kanal den Namen „Adols- Hitler-Kanal" tragen wird.
So bleibt der Name Adolf Hitler, unseres Retters und Befreiers aus Schmach und Knechtschaft, auf immer verbunden mit Scblesien und dem deutschen Osten, der deutsch ist und sich als ein untrennbares Glied fühlt im wiedererwachten einigen Deutschen Reiche."
Sie Mihesprüche
Mit den Worten „Der Arbeit? nor zur Wehr, Schlesien zum Verkehr, Adolf Hitler zur Ehr" mauerte der Minister die Urkunde in den Grundstein ein.
Hieraus ergriff Reichsminister Rudolf Heß den Hammer und vollzog die Hammerschläge mit dem Spruch: Diene dem Frieden, diene der Pflicht, so dienst du Deutschland.
Oberpräsident Hellmnt Brückner voll- sührte drei Hammerschläge mit den Worten: „Dies Land bleibt deutsch."
Rudolf Keß fpricht
Der Präsentiermarsch leitete zur Ansprache des Stellvertreters des -Tüllrers. Rudolf Heß, über. Er führte etwa aus;
„Das große Kanalwerk, das 40—50 Nt i l« lionen Tagewerke Arbeit und dem.
Fräse- und AntnmlW im engl. MterhW
Simon über die Saarfrage — Die deutschen Flugmotorenankäufe
werden wieder erörtert