Seite 5 — Nr. 101
Der Gesellschafter
Donnerstag, den 3. Mai 1SS4
Derfaffungstag in Oesterreich
Blamage siir Dollfuß — Feierlicher Protest der nationalen Parteien gegen die Vergewaltigung des deutsch-österreichischen Volkes Keine Rcchtsgiiltigkeit der neuen österreichischen Verfassung
«k. Wien, 1. Mai. >
Während im Deutschen Reich am Tag der ! nationalen Arbeit das ganze Volk sich mit ! einer in der Welt unerhörten Begeisterung zu seinem Führer Adolf Hitler bekannte, hat in Oesterreich Bundeskanzler Dr. Dollfuß einen Staatsstreich vollzogen, der seinesgleichen in der Welt suchen muß. Da das österreichische Konkordat aus Wunsch des Papstes nach den bestehenden Gesetzen in Kraft gesetzt werden mußte, hat der Bundeskanzler, der sich die Komödie erlaubt, die neue österreichische Verfassung mit den Worten einzuleiten: „Im Namen Gottes des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht", eine Parlamentssitzung veranstaltet, die nicht nur nicht beschlußfähig war, sondern auch überhaupt keine Meinung äußern durste. In dreißig Minuten haben Parlament und Verfassungsausschuß vierhunderteinundsiebzig Notverordnungen und das einhundertachtzig Paragraphen umfas- sende Verfass ungswerk erledigt, ohne auch nur die Möglichkeit einer Beratung zu haben, ohne abstimmen zu dürfen und — vor allem — beschlußfähig zu sein. Der österreichische Nationalrat hat verfassungsmäßig 165 Mitglieder; anwesend waren in der Sitzung am Montag — der gegen je Ke 8 Recht und Gesetz die Veröffentlichung des Verfassungswerkes im Bundesgesetzblatt vorausgegangen ist, — knapp 70 Abgeordnete, also weniger als die Hälfte, ein Umstand der die österreichischen „Diktatoren" nicht kümmerte, wenn auch da- bei das Oberhaupt der katholischen Kirche beschwindelt wurde.
Und doch ist die Sitzung nicht nach den Wünschen der gegenwärtigen Machthaber in Oesterreich abgelausen. Die Großdeutsche Volkspartei, deren Ver- gangenheit sie als Zwitterding zwischen dev entsprechenden reichsdeutschen Parteier Deutschnationale bis Demokraten erscheinen ließ, hat in feierlicher Form oor aller Well gegen die Gewaltherrschaft des klerikalfaschi- stischen Systems in Oesterreich Protest er- hoben. Sie hat die Einberufung der Sitzung durch den Abgeordneten der steierischen Lan. deshanptstadt' Dr. Hampel als verfaß sungswidrig erklären lassen und voir Bundespräsidenten die sofortige Ausschreibung von Neuwahlen verlangt.
Obwohl die Polizei die Veröffentlichung dieser geschäftsordnungsmäßigen Erklärung die nach österreichischem Recht als immur betrachtet werden muß. verboten hat, gal der Führer der Großdeutschen Volkspartei Dr. HepPer in der Schlußsitzung nochmals eine feierliche Verwahrung gegen die Gewaltherrschaft des Systems Dr. Dollfuß ab. iv der es u. a. heißt."
„Wir erheben feierlich vor unserem Volk, vor der ganzen Welt Einspruch gegen ein Regime, das, ohne über eine Mehrheit des Volkes in diesem Staat zu verfügen, sich über ein Jahr außerhalb der Verfassung gestellt hat und mit Gewalt und Bajonetten den wahren Volkswillen zu beugen versuchte."
' Im weiteren wird Einspruch erhoben gegen die maßlose Verfolgung unschuldiger Menschen, gegen die willkürliche Vernichtung von Existenzen, gegen das System der Konzentration Zlaaer und aegen das nieder
trächtige Denunziantentum. Die Sitzung wird als illegal bezeichnet und die Negierung gewarnt, diesen Weg weiterzugehen, weil dadurch die staatsrechtliche internationale Vertragsfähigkeit gefährdet ist: „Niemals wird ein autoritäres System zum Wohle eines Volkes und Staates gedeihen können, wenn eine Minderheit der Mehrheit mit Gewalt ihren Willen aufzwingen will. Die Bundesregierung wird die nationale Bevölkerung Oesterreichs nicht zur Ueberzeu- gung bringen können, daß sie die Mehrheit des Volkes hinter sich hat, solange dies nicht durch eine sreie Volksabstimmung bewiesen wird."
Dr. Foppa forderte dann die sofortige Durchführung einer freien Volksabstimmung und appellierte an den Bundespräsidenten, der in dieser Frage vor Gott und Volk die Verantwortung trägt. Er legte aber auch ein leidenschaftliches Be-
kk. Berlin, 1. Mai.
Montag wurde ein neuer Schritt zur Durchführung der Reichsreform vollzogen. Der Reichspräsident hat in einem Erlasse die Errichtung eines Reichsmini- steriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung — Angelegenheiten, die bisher Sache der Länder waren — vollzogen und auf Vorschlag des Reichskanzlers Adolf Hitler den preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Bernhard Rust, einen der ältesten nationalsozialistischen Kämpfer, ernannt.
In der amtlichen Verlautbarung, die von dieser Ernennung Mitteilung macht, wird gleichzeitig ein Briefwechsel zwischen dem Preußischen Ministerpräsidenten und dem Reichskanzler veröffentlicht, in dem Ministerpräsident Hermann Göring vorschlägt, gleichzeitig mit der Ernennung Rusts zum Reichsunterrichtsminister den Neichsinnen- minister Dr. Frick mit der Wahrnehmung der Geschäfte des preußischen Ministers des Innern zu beauftragen.
„Ich kann mir kaum eine Maßnahme denken." so begründet Ministerpräsident Gö- ring seinen Vorschlag, „die besser als diese geeignet wäre, der Reichserneuerung von Preußen her weiterhin den Weg zu bereiten".
Auf diesen Vorschlag hat Reichskanzler Adolf Hitler den Reübsinnenminister mit der Wahrnehmung der Geschäfte des preußischen Innenministers beauftragt und am 1. Mai an den Ministerpräsidenten Göring folgendes Schreiben gerichtet:
„Mein lieber Göring!
Bereits am 17. März d. I. haben Sie mir den Vorschlag unterbreitet, den Reichsminister des Innern, Herrn Dr. Frick, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des preußisckien Ministers des Innern zu beauftragen. Sie selbst haben dabei, im Interesse des großen Werkes der Reichsreform, Ihre eigene sper
re ich znr deutschen Station av und erklärte, daß eine Verteidigung der wahren Selbständigkeit Oesterreichs nur möglich ist mit der Rückendeckung des deutschen Reiches. Er schloß mit den Worten:
„Wir grüßen in dieser Entscheidung die Stunde mit dem Bekenntnis unserer Treue und leidenschaftlichen Liebe zu unserer österreichischen Heimat trotz aller Not, doch frohen Mutes unsere Brüder im Deutschen Reich und geloben, auf unserem völkischen Vorposten auszuharren, bis die letzte Forderung des österreichischen Volkes erfüllt ist: Keine Lösung der österreichischen Frage ohne das Deutsche Reich, keine Lösung des mitteleuropäischen Problems ohne Deutschland."
Die Unterzeichnung -es Konkordats
Bundespräsident M i k l a s hat am 1. Mai, 5 Minuten nach Mitternacht, als ersten Staatsakt im Rahmen der neuen Verfassung das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl ratifiziert. Hierauf wird sogleich der Austausch der Ratifikationsurkunden zwischen Bundeskanzler Dr. Dollfuß und dem apostolischen Nuntius Msgr. Sabilia, durchgeführt. Die beiden Akte werden im Arbeitszimmer des Bundespräsidenten in feierlicher Weise vollzogen.
ton zurückstellend, den Wunsch geäußert, von Ihrem Amt als preußischer Staatsminister und Minister des Innern entbunden zu werden.
Diesen Ihren Wünschen bin ich nunmehr nachgekommen. Ich übersende Ihnen die Urkunde über die Entlassung aus Ihrem Amt als preußischer Staatsminister und Minister des Innern. Dabei drängt es mich. Ihnen meinen aufrichtigen und herzlichen Dank für alles auszusprechen, was Sie in diesem Amte geleistet haben. Mit Recht haben Sie selbst darauf hingewiefen, daß die in der Preu- ßischen Verwaltung des Innern gelegenen besonderen Aufgaben, deren Lösung ich Ihnen bei Beginn der nationalsozialistischen Revolution übertragen hatte, von Ihnen inzwischen erfüllt worden sind. Sie haben diese Aufgaben mit ganz besonderer Umsicht und Tatkraft gelöst. Wenn Sie nunmehr unter Verbleibung in Ihrem Amte als preußischer Ministerpräsident, entsprechend Ihrem eigenen Wunsche, als preußischer Minister des Innern ausscheiden und Ihren Platz dem Reichsminister des Innern, Herrn n„'-"r i-'V P-r. durch, entsprechend Ihren eigenen Wünschen, die großen Ziele der Reichsreform in besonders geeigneter Weise gefördert werden.
In herzlicher Freundschaft und dankbarer Würdigung Ihr Adolf Hitler."
Partei- und SA.-Milglie-schaft ruhen
während des Dienstes in der Wehrmacht VerNn, 1. Mai.
Der Reichswehrminister hat eine Asnde» rung der Ergänzungsbestimmungen für die Wehrmacht verfügt. Darnach ruht für Frei- willige, die Mitglieder der NSDAP, oder Angehörige der SA. waren, während der Zu- gehörigkeit zur Wehrmacht die Mitglied- schuft bei der NSDAP, und der SA. Die Freiwilligen sind beim Diensteintritt hierüber zu unterrichten und anzuweisen, ihren
kenntnrs des,deutsichen Oegter-
Mer SAitt zur Reichsresom
Errichtung eines Neichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung — Reichsinnenminister übernimmt die Geschäfte des preußischen Ministers des Innern
Partei- und Dieüststellen hiervon Mellmng zu machen.
Kurze Auslandsnachrichten
Die Schweizerische Diskontbank in Genf mußte Montag ihre Schalter schließen. Die Bank hätte durch einen Zuschuß des Kantons Genf von 5 Millionen und durch eine eidgenössische Hilfe von 15 Millionen Franken saniert werden sollen. Da jedoch der sozialistische Staatsrat Genfs den vom Großen Rat des Kantons bereits bewilligten Zuschuß nicht genehmigt hat, so wird auch die eidgenössische Hilfe unterbleiben.
Ins geistige JeiWiit W Ritimiseintig
Buchpreis des Reichspropagandaministerium kür Richard Euringer, Filmpreis für den Film „Flüchtlinge" Reichspropagandaminister Dr.
Goebbels spricht
In der Festsitzung der Reichskulturkammer zum 1. Mai hielt Reichspropagandaminister Dr. Goebbels eine Ansprache an den Führer und die Festgäste, in der er vom Wort des Führers ausging: „Sie müssen sich wieder gegenseitig achten lernen, der Arbeiter der Faust und umgekehrt Denn keiner bestünde ohne den andern. Aus ihnen beiden wird sich wieder einmal herauskristallisieren der neue Mensch." Was damals Ahnung und Wunsch war, ist heute bereits Wirklichkeit geworden: Dasschaffende Deutschland hat sich in einen Männerbund dersei- nesgleichen in der Geschichte sucht, zusammengeschlossen.
Dr. Goebbels teilte dann mit, daß er zum ersten Male den im Vorjahre eingesetzten Preis für das beste Buch und das beste Filmwerk zu verteilen habe. Der 12 000-Mark-Preis für das beste Buch erhält Richard Euringer — ein Deutschösterreicher — für das Werk „Deutsche Passion 193 3". Der Filmpreis wurde dem Film „Flüchtlinge" der Universum-Film-AG. (Spielleiter Gustav Ucicky) verliehen. Er ist ein Wanderpreis in Gestalt einer Schöpfung des deutschen Kunsthandwerks.
Beide preisgekrönte Werke haben in sich Geist und Wesen des neuen Deutschland.
Anschaffung von Schulbüchern
Aus Verlegerkreisen wird mitgeteilt, daß der Absatz der Schulbücher in diesem Frühjahr weit hrnter dem in früheren Jahren üblichen Um- fang zurückbleibe und daß dieser Rückgang zur Entlassung von Arbeitern führen müsse. Bei Eltern und Schülern scheine die Meinung zu bestehen, daß noch im Laufe des Schuljahres 1934-35 neue Schulbücher eingeführt werden und daß deshalb Zurückhaltung in der Anschaffung der bis jetzt gebräuchlichen Bücher geboten sei;. Diese Meinung ist irrig. Im Schuljahr 1934-35 werden auf keinen Fall die bisher eingeführten Schulbücher durch neue ersetzt werden.
Der Kultminister hat die Schulvorstände ersucht, darüber zu Wachen, daß die vorgeschriebenen Schulbücher von den Schülern angeschafft werden. Ein ordnungsmäßiger Unterricht ist nur möglich, wenn diese Pücher sich un Besitz der Schüler befinden. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muß auch auf dem Gebiet des Schulbücherverlags gefördert werden.
DerümgeHHee
Ein Volksroman aus Schwaben Von Zdenko von Kraft 50s
Pfeffer blinzelte ins Licht und schien sich für die Ansicht des Schwanenwirts, wenigstens soweit sie seine eigene Person betraf, nicht im mindesten zu interessieren. Im Gegenteil: Als Christian Kühnle nach dem ersten Ansturm der Atem ausging, fragte er nur gelassen, ob das alles sei, was er über ihn wisse, oder ob er vielleicht noch mehr zu sagen habe.
Herr Kühnle spürte plötzlich den genossenen Schnaps in den Füßen. Schwerfällig klotzte er auf die Bank neben dem Ofen nieder und blies die Luft von sich. „Pfeffer", ächzte er. „du bist doch der größte Halunk', wo mir vorgekommen ist! Jetzet Hab' ich wirklich geglaubt, daß ich fünftausend Gulden schon in der Tasch' hätt', und da treibst mit mir altem Mann so schandbarlich Schind- lnder, daß mich schier der Schlag treffen könnt'!"
„Christian", entgegnete Pfeffer mit immer gleichbleibender Freundlichkeit, „laß der Wahrheit die Ehr'! Die fünftausend Gulden hast wirklich in der Tasch'! Denn, was ich dir g'sagt Hab', ist durchaus kein Possen nit: Der Eberhard nimmt dein Bürbele auch mit fünfzehntausend!"
„Herkulanum! Und wenn ich's ihm nit geb'k"
„Tu gibst sie ihm, Schwaneuwirt!"
„Nein!"
„Doch!"
„Daß ich narret wär'! Grad jetzet noch extra, wo mir der Alte den Geist g'setzt hat in mein Haus?" . _
„Christian sei nit dumm! Der Geist, wo dir vom Jungen hineing'setzt worden ist, den kriegst fein noch viel schwerer wieder raus'!"
„Ich Hab' andre Plän' mit dem Mädle — sell weißt!"
„Die legst aufs Eis, daß sie nit schimmelig werden . . ."
„Ich wüßt' einen Mann für sie, dem's im Hosensack nur so von Dukaten klimpert... Und außerdem, du Simpel: Als ob der Alte verzichten tät' — der Amtmann!"
„Dem, Schwanenwirt, kannst jetzet mehr als einen Daumen auf die Augen" drücken, wenn er muckt!"
Herr Kühnle fand für einen Augenblick keine Entgegnung. Stumpf starrte er auf die Bodenbretter, auf denen der abendliche Sonnenschein langsam schräger und rötlicher wurde. „Der Herr Pfarrer sagt, ich könnt' ihn klagen . . ."
„DaS könntst freilich, Christian. Aber wie wär's daun nachher? Nachbarn bleibt ihr trotzdem — du und er. Und Amtmann bleibt er auch. Wenn du dir ein G'spcnst eintun willst, das dir deine Wirtschaft zugrund' richtet für ewige Zeit, dann such nur deine Händel mit dem Nuofs! Das aber sag' ich dir: Mit den fünftausend Gulden bezahlst dann vielleicht grab den Advokaten!"
Der Wirt kratzte sich hinter beiden Ohrmuscheln gleichzeitig. „Aber — Himmel- Stuagart — Pfeffer: Er kann doch gar nix tun gegen mich? Ich Hab' ein sauberes Ge- wissen. Jch bin nie nit in andrer Leut' Häuser als abg'schiednc Seel' umeinander geknappt. Ich bin ein rechtschaffener Mann!"
Das kam mit so großer Ueberzeugung heraus, daß Pfeffer die Brauen hochzog und den Mund zum Pfeifen spitzte. Dann legte er sich ganz breit über den Tisch, langte sich die willenlose Hand des Wirtes herüber und sagte leise: „Guck, Christian: Das mag alles
sein, wie du sagst. Aber die Leut' haben eine böse Gosch' — du weißt? Da Hab' ich einmal — ist gar nit so lang her — im Wald hier- herum einen Mann kenneng'lernt. Wie hat er doch gleich g'heißen —? Wart einmal! Richtig: Schweigerle hat er g'heißen."
„Schwei — — ?!" Der Schwanenwirt schien an dem Rest des Wortes ersticken zu wollen.
„Ja, Christian, so hat er g'heißen! Und hat kein sauberes Handwerk g'habt. . . Wenn einer nachts so im Walde hernm- sucht, waS andre Leut' verloren haben, das ist nie ganz ehrbar, gelt?"
Herr Kühnle hat keinen Laut in der Kehle. Seine Antwort bestand darin, daß er mit beiden Händen, die merklich zitterten, dem Pfeffer zuwinkte, das Gespräch fallen zu lassen.
David aber verstand ihn nicht. „Schön, daß du darin mit mir einig bist, Christian. Diesen Schweigerle also Hab' ich getroffen. Es war selbigsmal, wenn du dich erinnerst, wo du mit deinem Mädle beim Brünnleswirt warst. . . Entsinnst dich noch? Auch ein gewisser Gögelmännle ist dabeig'wesen .. Kennst den vielleicht auch?"
„Gögelmännle?!"
^„No, also gut! Und da haben sie schon so Lachen g'schwützt über dich . . . Nur Gutes, Lchwanenwirt, das muß ich sagen!
. . . Daß du so viel Augen zugedrückt hast seinerzeit — und daß sie dir zur Dankbarkeit verpflichtet wären . . . Etwas von einem Galgen war auch dabei — ich hab's nicht fo recht verstanden als ehrlichen Mann . . . Und, kurz und gut, Christian, um eine knappe Sach' nit lang zu machen: Wenn's wirklich so ist, wie du sagst, daß dir niemand nix ankreiden kann — auch der Amtmann nit, der doch so allerhand Papierle hat in seinem Aktenschränkle —, dann rat'
ich dir freilich, mit ihm Händel anzufangen und nit nachzugeben, bis du deinen letzten Taler drang'setzt hast an deine Ehrlichkeit!" Pfeffer sprach immer lauter und lauter, so daß es bis in die Küche und auf die Straße hinausdrang.
Herr Kühnle aber verhielt sich ganz anders. Von Satz zu Satz bekam er einen dunk- leren Kopf, rückte dem langen David näher, hob vor ihm beschwörend die Hände auf, legte die Finger an seine Lippen und hielt ihm endlich mit Gewalt den Mnnd zu. so daß die letzten Laute nur noch ganz undeutlich, wie das Brummen einer Fliege unter der Käseglocke, zu hören waren. „Sei doch still, du Simpel!" ächzte er. „Braucht doch nit jeder zu hören, was wir zwei miteinander -" Er fuhr sich mit dem Nock
ärmel über die Stirn, die von schweiß über- ronnen war. „Ich versteh' ja kein Wörtle von alldem, was du zusammenschwätzt! Aber wenn du meinst . . . Ich bitt' dich um's Himmels willen, Pfeffer: Schwätz das nit weiter! Wenn du mir das versprichst-"
„Kriegt dein Mädle den Eberhard?"
Der Schwanenwirt würgte. Ihm war so himmelangst, daß ihn das klare Denken verließ. „Versprechen kann ich's grad nit, Pfeffer. Denn wenn der Antmann nit einwil- ligt-"
„Der —? Das laß dir keine Sorg' sein! Der g spensterlet dir ganz g'wiß nit mehr in deinem Geheg herum! Wenn das die Herren in Stuttgart zu hören kriegten, daß ein Königlicher Amtmann — —' Was meinst. Schwanenwirt?"
„Wenn aber dann wieder e r nit die Gosch hält?"
„Du sagst jetzet: „Ja!" Und dann halten wir sie alle zusammen! Soll's gelten?"
Fortsetzung folgt.