Mittwoch, 25. April 1934
108. Jahrgang
Nr. 95
Bezugspreise: In der Stadt bezw. durch Agenten monatl. AM 1-50, durch die Post monatlich RMk. ii.40 einschl. 18 Pfg.Leförderungs-Gebühr zuzüglich 36 pfg.Zustellgebühr Einzelnummer 10 pfg. Bei höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. -
esLllfchakter
LIationalfoztalifiifGe Tageszeitung
Alleiniges Amtsblatt für sämtliche Behörden in Stadt und Oberamtsbezirk Nagold
§
Bilder vom Tage > Die deutsche Glocke - Hitlerjugend Echwabenland > Heimatland >> Sport vom Sonntag
Beilagen: Pflug und Scholle > Der deutsche Arbeiter Die deutsche Krau > Das deutsche Mädel - Brunnenstube
s Telegromm-Adreffe: „Gesellschafter" Nagold /x Gegr. 1821 §
Postscheckkonto: Stuttgart Nr. 10086 / Girokonto: Oberamtssparkaffe Nagold «82 / Lei gerichtl. Beitreibung, Konkursen usw. gelten die Bruttopreise
Fernsprecher SA. 42S / Marktstraße 14 / Schließfach ZS j
Anzeigenpreise: Oie i spalt. Millimeter-Zeile oder deren Raum 6 pfg., Familien-, Der- eins-Anz. u. Stellenges. Z pfg. Rekl. 18 pfg., Gammel-Anz. ZM/oAufschlag. » Für das Erscheinen von Anz. in bestimmt. Ausgaben und an besonderen. Plätzen,wie für telef.Aufiräge und Chiffre - Anzeigen wird keine Gewähr übernommen.
Württemberg arbeitslosenfrei bei richtiger Verteilung der Arbeitskräfte
Interessante Mitteilungen des Vorsitzenden des Arbeitsamts Stuttgart
Stuttgart, 24. April.
Wie Oberregierungsrat Dr. Iaeck, der Vorsitzende des Arbeitsamtes Stuttgart, mitteilt, könnte Württemberg bei richtiger Verteilung der Arbeitskräfte bereits arbeitslosenfrei sein. Ende März waren in Württemberg noch 26 32V Unterstützungsempfänger vorhanden. Die Landwirtschaft benötigt dringendst 13—2V OVO Arbeitskräfte — es liegen bereits ausländische Angebote vor — oder die Ernte ist gefährdet: der Freiwillige Arbeitsdienst braucht ebenfalls eine sehr grosse Anzahl von Arbeitsdienstwilligen, Industrie und Handwerk haben noch immer starken Bedarf nach Arbeitskräften und, Hausgehilfinnen sind fast nicht zu bekommen. Kino entsprechende Verteilung der Arbeitskräfte würde nicht nur die Arbeitslosigkeit in Württemberg für den Augenblick restlos beseitigen, es könnten sogar Notstandsarbei- tm und öffentliche Aufträge für Zeiten zu- cückgestettt werden, in denen konjunktur- vder saisonbedingt' Rückschläge eintrcten.
Nur noch ein Schritt zum Sieg
Von Oberregierungsrat Dr. I a c ck,
Vorsitzender des Arbeitsamts Stuttgart
LasebeMt vsn der ArbeitMlacht in
Die Situation wird im jetzigen Augenblick der Arbeitsschlacht vor allem durch dreierlei charakterisiert: durch den außerordentlichen Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft; die überaus günstige Beschäftignngslage in namhaften Zweigen der Industrie und des Handwerks; den Altersaufbau der jetzt noch vorhandenen Arbeitslosen.
Rechnerisch gesehen müßte eigentlich die Zahl in Württemberg ziemlich glatt ausgehen. Die Landwirtschaft benötigt dringendst etwa 15—20 000 Arbeitskräfte, vorhanden waren in Württemberg Ende März 1934 noch 26 320 Unterstützungsempfänger. Die Möglichkeiten für Notstandsarbeiten sind in Württemberg noch nicht erschöpft. Industrie und Handwerk haben immer noch Bedarf an Arbeitskräften; dringend benötigt werden in größerem Umfang Hausgehilfinnen; der Freiwillige Arbeitsdienst könnte sofort eine sehr große Anzahl Arbeitsdienstwilliger aufnehmen — kurz, die Arbeitslosigkeit in Württemberg könnte bei richtiger Verteilung der Arbeitskräfte zum mindesten für den Augenblick restlos beseitigt werden, ja, man könnte z. B. eine Reihe von Notstandsarbeiten und öffentlichen Aufträgen abbremsen und zurückstellen für die Zeiten, in denen unvermeidbare, konjunktnr- u»d saisonmäßig bedingte Rückschläge Auf- iangarbeiten besonders erwünscht erscheinen lassen.
Zn Wirklichkeit stehen wir aber augenblicklich an einem äußerst kritischen Punkt. Gelingt es nicht, alle Kreise zur selbstlosen und dem Gemeinnutz allein Verantwortlichen Mitarbeit zu bringen, so wird das Bild folgendermaßen sein: die Landwirtschaft erhält die gewünschten Arbeitslüste nicht, so daß sie entweder zu ausländische» Arbeitskräften greifen muß — diesbezügliche Anträge liegen schon vor — oder die Ernte ist gefährdet; der Freiwillige Arbeitsdienst erhält die benötigten Kräfte ebenfalls nicht, weil keine da sind; Hausgehilfinnen sind nicht zu bekommen; die meist verheirateten und älteren Arbeitslosen dagegen bekommen keine Arbeit und Industrie und Handwerk saugen überall die noch irgendwie auftreibbaren jungen Kräfte, insbesondere auch aus der Landwirtschaft, vollends an. Der weitere Fortgang der ckrbeitsschlcicht käme damit ins Stocken. Kommen aus konjunkturellen und saison- mäßigen Gründen oder etwa aus anderen Schwierigkeiten Rückschläge, die zu Entlassungen führen, so werden entweder weitere altere Arbeitskräfte in den Jndustriegebie- stn oder frisch Zugezogene entlassen und dämmst die Heere der Arbeitslosen in den Groß
städten und Industriezentren wieder empfindlich'vergrößert. Die Landwirtschaft hat aber nicht einmal die nötigsten Arbeitskräfte.
Gebt dsx LMMMsf! brr jungen KMe?
Von der Arbeitsschlacht aus gesehen mutz folgendes geschehen: I. alle männlichen und weiblichen jugendlichen Arbeitskräfte bis zu 25 Jahren, soweit sie nicht als Spezialkräfte unentbehrlich sind und soweit sie landwirtschaftliche Arbeiten verrichten können oder auch nur körperlich hierzu geeignet sind, müssen, ganz gleichgültig, ob sie aus der Stadt oder w m Land stammen, derLandwirtschaft zu geführt werden. Ein Mangel an Arbeitskräften darf nie auf Kosten der Landwirtschaft gehen- Arbeiten in Industrie und Handwerk können, abgesehen voit Reichsaustrügen und vom Export, in weitgehendem Umfange gestreckt werden, wenn auf allen Seiten der gute Wille vorhanden ist.
M Wem MösMaMm- aber HMe in des AM!
2. In die dadurch freiwredcnden Arbeitsplätze müssen außer den Jugendlichen, die schon durch Teilnahme an der Landhilfe oder am Freiwilligen Arbeitsdienst ein Jahr Dienst an der Gemeinschaft geleistet haben, die alteren und verheirateten Arbeitslosen ausgenommen werden. Gerade unter den über 40 Jahre alten Arbeitslosen — und sie machen bei einer Reihe von Berufsgruppen mehr als 50 Prozent aus — befinden sich noch wertvolle Arbeitskräfte. Da sie wissen, um was es geht, sind sie meist viel zuverlässiger und mit ihrer Arbeitsstätte verbundener, so daß die rein aus tariflichen Gründen entstandene, unglückselige Einstellung gegenüber den älteren Arbeitskräften im Blick aus die Güte der Arbeitsleistung durchaus unberechtigt ist. Mag dies übrigens sein, wie es will, sicher ist, daß die letzte und so den vollen Erfolg entscheidende Phase der Arbeitsschlacht der Kamps für die Eingliederung der älteren Arbeitslosen ist.
Warum immer nur daß „AlenWM chen vom Land ?
3. In diesem Zusammenhana muß ein ein-
ormgucyer Appell an die großstädtische Hausfrau gerichtet werden. Daß sie am liebsten Hausgehilfinnen vom Lande hat, ist verständlich. Aber so begreiflich dieses Suchen auch ist — für den Augenblick unterstützt die Hausfrau damit das in seiner Wirkung geradezu selbstmörderische Herausziehen aller Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft. Und wer die großen Zusammenhänge sieht, der muß sich sagen, daß jetzt nicht der Persönliche Wunsch der einzelnen Hausfrau, so verständlich er im Einzelfall ist, entscheiden darf, sondern nur das Bedürfnis der Gesamtheit. Es gibt unter den unter 40 Jahre alten Frauen so viele zuverlässige, willige und auch arbeitsfähige, daß sich in Zeiten, in denen jeder so restlos ain Gelingen des Ganzen mithelfen muß. die Hausfrau vorübergehend dieses -Opfer wohl bringen und eine ältere über 40 Jahre alte Hausgehilfin oder eine Lauffrau oder aber eine junge Anfängerin oder ein Lehrmädchen ans der Großstadt einstellen kann.
Die Arbeitsschlacht kann und muß gelingen. Sie kann es aber nur, wenn allseits wirkliche Opfer für die Gemeinschaft gebracht werden. In den marxistischen Zeiten wurde das furchtbare und verbrecherische Wort vom ,.B e r n f s t o d" der über 40 Jahre Alten geprägt. Tie letzte schwerste Phase der Arbeitsschtacht muß beweisen, daß im nationalsozialistischen Staat für alle Volksgenossen D a s e i n s m ö g l i ch k e i t geschaffen wird.
Im März sogar um 720 WO Arbeitslose weniger!
Krankenkaffen melden um 130 OVO Neueinstellungen mehr als die Arbeitsämter
ktz. Berlin, 24. April.
Bekanntlich haben die Arbeitsämter im März einen Rückgang der Zahl der von ihnen betreuten Arbeitslosen um 574 000 gemeldet. Diese Zahl erhöht sich nun auf 719 688 durch die Anmeldung von Neubeschäftigten bei den Pflicht-Krankenkassen-
Daraus ergibt sich, daß die Arbeitsschlacht auch die sogenannte unsichtbare Arbeitslosig- keit erfaßt, d. h. jene Arbeitslosen, die aus irgendwelchen Gründen nicht bei der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits. losenversicherung gemeldet sind.
Dieser erfreuliche Erfolg der Arbeitsschlacht im März beweist, mit welcher Wucht der Ansturm gegen die Arbeitslosigkeit vorwärtsgetrieben wird.
SrHMchte gesell 3mns Wna-PMik
Englische Vorstellungen in Tokio - USA. besteht auf dem Grundsatz der „offenen Tür"
London, 24. April.
Die japanische Darlegung über die Politik Japans im Fernen Osten, die hier allgemein als Kontrollanspruch über Chinas Außenpolitik ausgelegt worden ist, hat im Parlament zu einer großen Zahl von Anfragen geführt.
Da Sir John Simon nicht jede Anfrage einzeln beantworten konnte oder wollte, faßte er sechs Anfragen zusammen und teilte mit, daß er den Wortlaut der Uebersetzung der Mitteilung des Wortführers des japanischen Außenministeriums an die japanische Presse im amtlichen Bericht in Umlaut testen werde. Simon erklärte Ürner:
„Diese Erklärung scheint eingegeben zu sein durch die Besorgnis vor gewissen Gefahren für den Frieden, für gute Beziehungen zwischen China und Japan oder für die Unversehrtheit Chinas, die sich aus gewissen Handlungen anderer Mächte in China ergeben könnten. Keine dieser Gefahren brauche befürchtet zu werden infolge der Politik der britischen Regierung, die tatsächlich darauf hinzielt, sie zu vermeiden. Andererseits sind der Charakter der Erklärung und gewisse Einzelheiten, wie z. B. die Bezugnahme auf Einwendungen gegen finanzielle Unterstützung an China so beschaffen, daß ich es für- notwendig gehalten habe, mich mit der japanischen Regierung in Verbindung zu setzen, um den Standpunkt der britischen Regierung klarzustellen."
Den Ausführungen Simons folgten wei
tere Fragen. Ein Mitglied wollte wissen, ob eine Beratung mit den anderen Unterzeichnern des Neun - Mächte - Paktes erfolgen werde. Ein anderes Mitglied fragte, ob ein Gedankenaustausch mit den Vereinigten Staaten stattfinden werde. Simon wich diesen Anfragen aus, indem er feststellte, seine Erklärung habe die Entwicklung bis zum gegenwärtigen Augenblick dargelegt. Auch diese Aeußerungen Simons konnten die Mitglieder des Unterhauses nicht völlig befriedigen, die zum Teil für direkte Vorstellungen gegenüber Japan ohne Umweg über Washington eintraten. Simon erhob sich noch einmal zu einer Schlußantwort und stellte fest, daß vorläufig der richtige Weg die erfolgte „freundschaftliche Mitteilung" an die japanische Regierung sei.
Auch in einer anderen Frage trat das Problem einer Parallel-Aktion Großbritanniens und Amerikas im Fernen Osten in Erscheinung, als Simon einem Unterhausmit- glied mitteilte. er wisse nichts davon, daß die Vereinigten Staaten die Anerkennung Mandschukuos beabsichtigten. Dieses Gerücht sei in Washington amtlich in Abrede gestellt worden.
Die freimütige Schilderung der japanischen Politik in China durch den japanischen Botschafter Saito hat auch in amerikanischen amtlichen Kreisen große Aufmerksamkeit erregt und dürfte im Kongreß den Anlaß einer größeren Aussprache geben. In Washington weist man darauf hin, daß im Nenn-Mächte-Pakt, der im Februar 1922 in
Jas ReriW in Kürze
Das Staatsministerium hat durch einen Erlaß die Bestimmungen zur Feier des 1. Mai bekanntgegeben.
Das Reichswirtschaftsministerium hat scharfe Maßnahmen zur Bekämpfung von Preiserhöhungen angekündigt. Ueberall werden Preiskontrollen durchgeführt Werden.
Wie der Vorsitzende des Stuttgarter Arbeitsamtes mitteilt, kann Württemberg in kürzester Zeit arbeitslosenfrei sein.
Nach den neuesten Zählungen beträgt die Zahl der Mitglieder der Deutschen Arbeitsfront bereits 30 Millionen.
Im Waltershausener Prozeß wurde gegen Liebig eine Strafe von 15 Jahren Zuchthaus beantragt.
Aus Oberitalien werden furchtbare Ho h- tvasferkatastrophen gemeldet.
Die ersten 110 Opfer der Senitzer Bergwerkskatastrophe sind begraben worden.
Washington abgeschlossen wurde, sich die Vereinigten Staaten, Japan und sechs andere Mächte freiwillig verpflichtet hätten. Chinas Souveränität, seine Unabhängigkeit, ferne räumliche und verwaltungsmäßige Unversehrtheit zu achten und in China keine Sonderrechte anzustreben, die den Grundsatz der offenen Tür für die Handelstreibenden aller Nationen verletzen würden. Man fügte in Washington hinzu, daß seit Beginn der Amtstätigkeit Roosevelts die amerikanische Regierung zwar in keiner Weise mehr zu den ostasiatischen Fragen Stellung genommen habe, daß dies aber keineswegs einen Verzicht auf den Grundsatz der offenen Tür, der von fundamentaler Bedeutung sei, gleich, komme. Dieser Grundsatz sei, wie Außenminister Stimson seinerzeit erklärt habe, neben der Monroe-Doktrin einer der Grundpfeiler der amerikanischen Außenpolitik.
Nie javanWe Gim-Nolitik
Berichtigende Erklärung der japanische« Regierung
Tokio, 24. April.
Das Kabinett ist heute vormittag zu einer Sitzung zusammengetreten, in der man sich offenbar mit den Rückwirkungen beschäftigt hat, die durch die offiziöse Verkündung einer Art ostasiatischen Monroe-Doktrin in der übrigen Welt ausgelöst worden sind. Es wurde nämlich nach Beendigung der Sitzung eine beruhigende amtliche Verlautbarung ausgegeben. Sie besagt:
Japan könnte es nicht widerspruchslos dulden, wenn aus anderen Ländern zur militärischen Verwendung bestimmte Flugzeuge und Massen nach China eingeführt werden. Von der Politik, die der Minister des Aus- wärtigen am 23. Januar in seiner großen R->de daraeleat bat. wird Jaran keineswegs äbgehen. Die japanische Regierung ist der Ansicht, daß es dem Frieden tm Fernen Osten sehr förderlich sein wird, wenn Japan im Geiste guter Nachbarschaft mit China zusammenarbeitet. Die nichtamtliche Erklärung, die vor einigen Tagen erfolgt ist, stellte nichts anderes dar als eine Erweiterung dieser Politik. Infolgedessen befindet sich der sachliche Inhalt dieser Erklärung nicht im Widerspruch mit dem Grundsatz, daß allen Mächten in China nach dem Prinzip der Offenen Tür gleiche Möglichkeiten geboten sind. Auch wird mit dieser Erklärung keineswegs die Unversehrtheit des chinesischen Gebiets angetastet. Die japanische Regierung hat nichts einzuwenden, und wird auch in Zukunft nichts einwenden, wenn die Mächte China eine Hilfe ohne politische Hintergründe angedeihen lassen, so etwa in Gestalt der Verwendung der aus der Boxer-Entschädigung zur Verfügung stehenden Summen oder in Gestalt wirtschaftlicher Verhandlungen ohne politischen Hintergrund. Kulturelle Hilfeleistung an China wird von der japani- schen Negierung durchaus willkommen geheißen. Indessen kann die japanische Regierung die Augen nicht davor verschließen, daß: die finanzielle und technische Hilfe des Auslands für China die Neigung zeigt, eine politische Farbe und Bedeutung anzunehmen^