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Donnerstag, den 5. AprU l>-4
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Me geholfen wird
Die Wirksamkeit bevölkerungspolitischer Propaganda ist kmmer dann in Frage ge- stellt, wenn nicht gleichzeitig damit begonnen wird, Schwierigkeiten zu beseitigen,' die die erzieherische und biologische Funktion der Familie hemmen. Dieser Gesichtspunkt war auch maßgebend bei der Einleitung des Hilsswerks „M utter und Kind". Dieses ist keine vorübergehende Aktion, sondern wird eine ständige Aufgabe der NS.-Volks- wvhlsahrt (NSD.). Die Vielseitigkeit der Mite bedingt die individuelle Hilfe. Eine wesentliche Aufbabe wird die Linderung und Beseitigung wirtschaftlicher Nöte sein, bedingt durch lang- sährige Arbeitslosigkeit, bzw. noch anhaltende Arbeitslosigkeit. Neben geldlichen Beihilfen, pie der Größe des Notstandes angepaßt sein müssen, ist die Gewährung von Sachleistungen vorgesehen, wie z. B. Sänglingswäsche, Lebensmittel usw.
Tie A r b e i t s pl a tz h i lf e hat sich einzugliedern in das große Werk der Arbeitsbeschaffung. Sie umfaßt die Arbeitsbeschaffung für den Familienvater, die Erwerbs- besähigung der Kinder, die Herausnahme der Mutter aus dein Erwerbsleben. Zur Entlastung der Landfrauen und zur Vermeidung von Kinderuufällen sind ^
wiihrend der Erntezeit Kindergärten einzurichten.
Auch die W o h n u n g s h i l f e gliedert sich ein in das Arbeitsbeschafsungsprogramm. Möglich sind Beihilfen für Reparaturen. Umzugsbeihilfeu, Vermittlung mit Hauswirten. Möbelbeschaffung. Auch an eine großzügige Bettenaktion ist gedacht, die gleichzeitig den Kleinhandwerkern Arbeit schassen soll.
Für gesundheitliche und seelische Stärkung der Mutter ist eine umfassende
Müttererholungsfürsorge
vorgesehen, entweder aus dem Wege der örtlichen Erhol»ngspflege oder durch die Unterbringung in Heime. Vor der Herauslösung der Mütter aus dem Haushalt sind eine Reihe von Einzelfragen zu klären: Sorge für die Vertretung im Haushalt, Instand- sehung der Kleidung und Wäsche, Unterbrin- gang der Kinder. Mit der Müttererholung ist zu verbinden Mütterschulung in zwangloser Form. Daneben müssen besondere Müiterkurse laufen, die eine Schulung in den vrimitivsten wirtschaftlichen Fragen sein muß. Ungenügende wirtschaftliche Kenntnisse der Mutter sind vielfach Ausgangspunkt der Unwirtschaftlichkeit der Familie. Hier liegt ein großes Aufgabengebiet für die NS.-Frauenschast.
In Ergänzung bestehender Beratungsstel- len wird'die NSV. für die ärztliche, recht- liche und persönliche Beratung der werdenden Mütter sorgen. Bestehende Beratungsstellen sind durch Heranziehung ehrenamtlicher Helfer auszubauen. In Aussicht genommen ist die Vermittlung von Wochen- betthelferinuen. Vermittlung von Freistellen stir die Entbindung.
Die Hilfe für die ledige Mutter
hat davon auszugehen, daß eine Stärkung der Verantwortung der Mutter für ihr Kind nun dann erreicht wird, wenn N tter und
Kind meb.- Wochen nach der Entbindung
uiü'mmenbleiben. versuchen ist Ein
Wirkung au? Eheschließung. Vermittlung einer geeigneren Arbeitsstelle. Wwderanknttp- fung der Beziehungen zu den Eltern der Mutter.
Das Hilfswerk wird durchgeführt m Zusammenarbeit mit den Parteiamtlichen Organisationen, insbesondere NS.-Frauenschaft und NS.-Aerztebund, sowie mit den Einrichtungen und Organisationen der öffentlichen lind freien Wohlfahrtspflege. Tie Verantwortung liegt hauptsächlich bei den Ortsgruppen, und zwar soll sie von einer erfahrenen Frau und einem Arzt getragen werden.
Zwei praktische Beispiele:
1. Familie L. wohnt in einer Stadt- wvhnung und hat drei kleine Kinder; das jüngste Kind ist 8 Tage alt. — Ter Frau fehlt für sich und die Kinder Wäsche. Tie Familie hat nur zwei Betten, eins für das Ehepaar mit dem Säugling und ein Kinderbett für die beiden anderen Kinder. Außer einem Tisch sind sonstige Möbel nicht vorhanden. — Die Frau kann nicht nähen, um sich geschenkte Wäschestücke in Ordnung zu bringen. Es fehlen auch Deckbetten. — Wir haben der Familie Kindersachen. Bett und Matratze gegeben und Mütterschulung veranlaßt.
2. F r a u H., deren Mann ehrenamtlich im Reichsverband für Jugendherbergen tätig ist und Wohlfahrtsuuterstützung bezieht, sieht mit großer Angst ihrer Entbindung entgegen. — Wir weisen ihr eine Freistelle zu und verwenden uns bei der HI. für den Mann. — 4 Wochen vor der Entbindung wird er angestellt, und aus den Mitteln der Reichswochenhilfe kann die Ausstattung für das Kind besorgt werden. Wir helfen mit Babywäsche.
Mördergruben für Mann und Pferd
öie man sich früher gegen den Straßenbau Wehrte
Von Dr. Hans Plettenberg
Der Straßenbau steht m Deutschland im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Geschehens. Geht doch von dieser Stelle der riesenhafte Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aus, mit dem Ziele, dem grauen Gespenst der Sorge endgültig den Garaus zu machen. Kann man sich vorstellen, daß es einen Deutschen gibt der dieses Ziel nicht inbrünstig herbeisehnt i Es fällt schwer, an solche Querköpfigkeit zu glauben. Und doch hat man vor ziemlich genau einem Jahrhundert, als e:n großer, allerdings siegre.cher Krieg zu Ende gegangen und vielerorts im Lande Schmalhans Küchenmeister war. sich mit Hand a und Füßen gegen den Straßenbau zur Wehr gesetzt, den weitblickende und fürsviz- liche Staatsmänner in Angriff nahm-, r. Es ist also in mehr als einer Hinsicht v a großem Interesse für uns Heutige, die V,, - richte aus jener Zeit zu studieren, die sich mit dem Zustand der Straßen tn der Pi o- oinz Westfalen und der zu ihrer Auslieferung getroffenen Maßnahmen beschäftige !.
Die Wege waren in einer jammervoll n Verfassung. Der Staatsrat Kunth schr. a damals in einer seiner Relationen über t e wirtschaftlichen Verhältnisse Westfale!,?: „Ein mäßiger Fußgänger kommt merle - weit schneller fort als die Extrapost." Eia so fortschrittlich gesinnter Mann wie ker berühmte Industrielle Friedrich Harko ,. der schon im Jahre 1825 den Bau von Eisenbahnen befürwortet hat. nannte die Straßen des Siegener Hüttenreviers „Mördergruben für Mann und Pferd". Und — wie Doktor Adolf Trende in „Aus der Werdezeit der Provinz Westfalen" mitteilt — im Jahre 1805 legte der Kammervräsi-
Vor der großen Schau der deutschen Arbeit
Ein 4.S0 Meter hohes Standbild eines deutschen Arbeiters für die Ehrcnballe des Hauses der Deutschen Arbeitsfront auf der groben Schau Deutsches Volk — Dcursches Schassen, die, wie bekannt, am LI. Avril in Berlin ihre Pforten ösfnen wird.
dent Vincke, zur Eröffuung des märkischen Landtages lieber drei Viertelmeilen zu Fuß nach Münster zurück, als daß er sich einem Wagen anvertraut hätte.
Die Gestalt des Freiherrn von Vincke mutet uns au, als sei sie nicht vor einem Jahrhundert über die deutsche Erde gewandelt., sondern als habe dieser Mann die jüngste Vergangenheit mit uns erlebt. Als Präsident von Münster und Hamm war er >801 Nachfolger des Freiherrn vom Stein geworden, als dieser in das preußische Mi- uisterium eintrat. Nach dem Einmarich der Franzosen, der sich damals nicht aus daS Ruhrgebiet beschränkte, ging Vincke nach England, um dort für die Belange des Vaterlandes einzutreten. Dann kehrte er in die Heimat zurück, schrieb „lieber die Verwaltung „Großbritanniens", wurde aber aus tiefer Zurückgezogenheit heraus von den Franzosen verhaftet, seiner Papiere beraubt und auf daS linke Rheinufer ver- j wiesen. In den Freiheitskriegen zeichnete er j sich besonders bei der Organisierung deS Kampfes gegen den korsischen Friedens- j störer aus. Und in der Folgezeit erwarb . er sich außerordentliche Verdienste durch die Anlage einer Menge Kunststraßen, selbst ! durch die Moräste des Münsterlandes. Die Weserkommunikation wurde bedeutend erleichtert, die Lippe bis Hamm schiffbar gemacht und bei Ruhrort ein großer Rhein- Hasen angelegt. !
Der Widerstand, der sich in damaliger Zeit gegen den Straßenbau erhob, erscheint uns Heutigen geradezu unglaublich. Sogar ein so ausgezeichneter Staatsmann und Verwaltungsorganisator wie der Freiherr Franz von Fürstenberg, der das völlig verschuldete und erschöpfte Münsterland einer neuen Blüte entgegengesührt und der die , erste und vorzüglichste Medizinalordnung Deutschlands herausgegeben hat, huldigte ^ der seltsamen Anschauung, der beste Schutz des Landes gegen den Einbruch des Feindes seien schlechte Wege.
Da kann man fiih nicht wunder«. MM der Widerstand gegen den Straßenbau t« den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung recht groß war und daß die auß» Astaüensten Gründe gegen ein heute mit Recht gepriesenes Werk ins Feld geführt wurden. Man betrachtete die Knnststraßen nach den Worten von Vincke „als ein llebel, weiches jeder möglichst von sich ent» 'eint zu halten strebte; nicht bloß die unmittelbar durch die Linie Betroffenen, welche von ihrem Lande gegen Entschädigung dazu hergeben sollten, deren Grundstücke etwa gar durchschnitten wurden, boten alles auf. dieses von sich abzuwenden; auch die nicht unmittelbar Betroffenen sichen lauter Unglück darin, sich bei entstehendem Krieg dadurch mit Durchmärschen und Emgnartierung überzogen". Kennzeichnend ist in dieser Hinsicht das Verhalten der Stadt Dortmund, über das Stälter in einer Abhandlung über den westfälischen Chaus-see und Wegebau der Vinckeschen Verwaltungsperiode berichtet. Der Freiherr vom Stein hatte vorgeschlagen, daß die Stadt von der ersten Chaussee des Gebietes berührt werden sollte. Aber Dortmund wehrte sich mit Händen und Füßen. Man hielt die Territorialrechte für gefährdet. Man glaubte, nun würden die Einwohner auch mal anderswo kaufen als an ihrem Wohnsitz. Schmiede und Wagenbauer befürchteten eine Schädigung ihres Handwerks, wenn die Fuhrwerke nicht mehr wie in der guten alte« Zeit unter den miserablen Wegen leiden würden. Die Fuhrleute batten ihren Vorteil davon, wenn die Srraßen so schlecht waren, daß Vorspann geleistet werde« mutzte. Und den Gastwirten war es natürlich nicht unlieb, wenn die Reifenden auf dem elenden Pflaster liegen blieben. Dazu kam die in allen Zeiten vorhandene Trägheit. die sich allzu sehr an das von den Vätern Ueberlieferte klammert.
Die Anlage jeder Meile kostete damals zwischen zwanzig- und sünfzigtausend Taler. Sumpfige Wege verteuerten das Werk. Um die Arbeitslosen und Hilfsbedürftigen zu unterstützen, wurden die Chausfeearbeiten in dem Notjahr 1832 selbst im Winter fortgesetzt. Unter den vielen hundert Menschen, die im Regierungsbezirk Münster an den Arbeiten teilnahmen, befanden sich sogar Frauen und Kinder. 1842 aber konnte Freiherr von Vincke feststellen, daß fein Werk gelungen war.
M» Lr««« WM« ...
Die wenigsten Menschen wissen, wieviel Unfälle im täglichen Leben Vorkommen, bei denen Menschen mehr oder weniger schwer verletzt werden. Allein in gewerblichen Betrieben ereignen sich jährlich über 37 000 Unfälle, die eine mehr oder weniger große Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben. Dazu kommen die zahlreichen Unfälle, die außerhalb der Betriebe jeden deutschen Volksgenossen bedrohen. Diese Unfälle verursachen unendlichen Schaden an dem Betroffenen und seiner Familie durch Schmerzen und Qualen und durch Minde- rung oder gar Verlust der Erwerbsfähigkert. Aber auch die ganze Volksgemeinschaft leidet schwer unter diesen Unfällen, trägt sie doch letzten Endes die Kosten für die Heilung und die Renten der Verletzten. Darum helft alle mit, Unfälle zu verhüten! Unfallverhütung ist Dienst am Volk.
„Achtung, Achtung! — . . .
Die Arbeitsschlacht schafft weiteren Mil- lwnen Volksgenossen Arbeit und Brot. Die seit langem ungewohnte Arbeit kann Anlaß zu zahlreichen Unglücksfällen werden."
Der lang e TseAer
Ei» Wksrom»» aus Schwaben Van Zbenko von Kraft Zls
Er hatte ein sehr ungvethisches Wort auf der Zunge. Und nur dem Ilmstand, daß sich eben in diesem Augenblick die Tür öffnete und Eberhard ins Zimmer trat, war es zu verdanken, daß er es bei sich behielt.
Herrn Nuon fiel es in seinem Eifer zunächst gar nicht ans, daß sich der Sohn etwas sonderbar verhielt, ihm immer nur die eine Seite fernes Gesichts zukehrte und sich mit Beharrlichkeit in die Ecke hinter dem Ofen drückte, wo es ziemlich dunkel war.
Weit ausführlicher als seiner Frau erzählte er ihm von dem Besuch des Kammersängers. seiner ehrenden Berufung nach Stuttgart, seinen gesteigerten Aussichten für die Zukunft. Dann folgte eine kurze Inhaltsangabe des „Unterbrochenen Opferfestes", soweit sie ihm selbst geläufig war, und zum Schluß kam. was am allerwenigsten aus- bleiben konnte: Er holte sein Notenblatt hervor und las Eberhard die Chöre vor. zuletzt den Text seiner eigenen Rolle, den er abermals zu singen versuchte. Und abermals mußte er feststellen, daß er doch nicht der Sänger war, seinen Part gleich vom Blatt weg lesen zu können, und daß er jemandes bedürfe, der ihm dabei behilflich wäre.
„Das ist Kunst, mein Sohn! Es wäre keine, wenn's ein jeder könnt'. Eine große Stimm' ist Anlage; die mußt du schon m die Wiege mitbekommen haben. Aber natürlich: So das Handwerkliche — das macht eben erst die Uebung aus. Wart's nur ab, bis es sitzt, — dann sollst du deinen Vater singen hören!"
Eberhard nickte und bestätigte. Er kannte
den Vater zu gut. um nicht die Wirkung zu verstehen, die solch ein Ereignis auf ihn ha- ben mußte. Auch batte er eiue Erziehung genossen, die ihm jede Sichtbarmachung seiner inneren Zweifel und augenblicklichen Interesselosigkeit verbot. I
Und doch schien des Amtsmmms schier kindliches Geltungsbedürfnis etwas davon herauszuspüren. Er gab dein auch Ansdruck: „Was stehst du in deinem Winkel, als wenn dir alles noch zuwenig war' ? Schwätz doch auch ein Wörtel! Nit jeden: Amtmann wird die Ehr', vor dem Kaiser der Franzosen zu singen . . . Komm her, sag' ich! Schau dir die Noten an! Und tu nit so verdruckt, wie wenn dich der Neid aus den eignen Vater Plagte!"
Eberhard kam zögernd näher. „Daß ich nit neidig bin, das weiß der Vater gar wohl. Es ist nur — — Ich Hab' nicht gut geschlafen heut nacht . . ."
„Sv? Nit gut geschlafen?" Es war, als ob der Amtmann die Antwort nicht gern gehört hätte. „So hast du jetzt Gelegenheit, vollends wach zu werden ... Da — guck einmal her! Hier ist mein Part! Das werd' ich singen! Gleich im ersten Finale-"
„O du heiligs Blechle!" unterbrach ihn ein erschreckter Ausruf der Amtmännin. „Ja, was ist denn mit dir. Buele? Was hast dir denn getan? Bist hing'schlagen? Du hast ja ein Loch im Kops!"
Herr Rnoff, der sie im ersten Augenblick wegen der Unterbrechung zurechtweisen wollte, schaute aus. Richtig: Eberhard hatte ans der Stirn eine kleine Wunde. „Bist du g'ial- len, Eberhard?"
„G'fallen —? Nein! Das heißt . . ^Er wurde rot bis unter die Haarwurzel. „Ich bin nur heut früh ans der Straß' - cs ist so glatt g'wesen - da bin ich ein bißle ausglitten ..." >
„Auf der Straß'? Aber, Buele —! Wie ich vor einer halben Stund' in deiner Sind war. hast ja noch g'schlafen wie ein Säckle!"
Eberhard stotterte: „Ja, Mutter, da habet Ihr recht! Das war — vorher!"
„Vorher?" Der Amtmann spitzte die Ohren. Wann: Vorher? Du bist doch heul früh noch gar nit ausg'wesen?"
„Nein . . . Aber — - "
„Hetde-Stuagart!" klagte Frau Lydia, die Hände zusmmuenschlagend. „Und was du verkratzt bist! Jetzet, wo hast du denn das her?"
„Verkratzt — ?" wunderte sich der Vater.
„Nit von heut sprech' ich. Mutter!" ries der Sohn. „Gestern abends nämlich . . . Hat's die Atu tter schon g'hvrt? Beim Schwa- nenwirt foll's so arg g'fpnckt haben gestern. Und da hat mich der Knecht, der Häberles- Berte, — der hat mich gerufen . . . Und da
„Mannle! Mannle!" wandte sich die Frau an den Gatten. „Jetzet soll' aber, meiner Treu, was g'schehen gegen den Geist! Das geht nrt zu, wie's sollt' in emer christlichen Gemeinde. Da müßt' der Herr Pfarrer her! Eine unerlöst' Seel' darf man nit so ungut leidet, lassen . . ."
„Ach, was!" knurrte der Amtmann grimmig. indem er sich über seine Noten beugte, als ob er von dem ganzen Unsinn nichts hören wollte. „Unerlöste Seel' hin und nner- löste Seel' her — das geht uns von Amts wegen einen Dreck an! So einen saudummen Aberglauben unterstütz' ich nit! Daß du's nur weißt!"
„Aberglauben —? Mannle. Mannle, versündig' dich nit! Es gibt so Sachen, sag' ich die sich keiner erklären kann. Das sind Zeichen vom Himmel. Hier bricht 'ein Rad am Wagen, dort hört eins seinen Namen rwen. ohne daß weit und breit jemand zu iehen war', und so mancher erwacht früh mit ei
nem steifen Genick, der sich abends g'suud hiug'tegt hat. . . Denk an deine eigenen Pantoffel. Bernhard! Gestern Hab' ich sie dir noch g'wiß beide richtig vors Bett hiug'stellt. Mußt nit selbst sagen, daß es wie verhext ist jetzet. wenn ich den einen nit finden kann? "
„Einen Pantoffel?" fragte Eberhard.
„Potz Herrschaft!" legte der Amtmann los. indem er mit der Faust aust Fensterbrett schlug. „Jetzt laßt die narrete G'spensterei und gönnt mir den Frieden! Ich Hab' andre Ding' im Kopf als das saudumme Weiber- g'schwätz. Wenn ,ch vor den Majestäten singen soll, muß ich einen klaren Kopf Huven . . . Pack ineinen Koffer, Frau! Schau, daß alle Knöpf' an den Hemden sind und die Bändel an der Unterhos'! Und daß du fertig wirst mit der Küch'! Ich Hab' Hunger! Verstanden?" Er nahm die Noten an sich und ging zur Tür.
In demselben Augenblick Pochte es von draußen. Es war der Amtsdiener. Einige vorHeludene Parteien — —
„Schon recht! Schon recht!" japste der Amtmann. „Ich komm' schon!" Und, zu Frau Lydia Eiiphrosyne gewendet: „Schick zum Kühule hinüber! Wenn der Pfeffer bißle Zeit hätt' mittags — er soll 'rüberkommen! Aber lein Geig' muß er mitbrmgen — verstehst? Daß er's durchspielt mit mir! Wenn er auch sonst nix kann, als ordentliche Leut' zu verdummen, — ans Musik versteht er sich . . . Er soll's einüben mit mir! ES gilt einen halben Gulden!"
„Wenn du meinst, Mannle — ?"
Herr Rnoff wurde immer grimmiger. Natürlich mein' ich! Und wahrscheinlich was G'scheiteres als du! Jetzt mach' dein Sach" Daß mir alles six und fertig ist bis abends! Und vergiß mir fein nit den langen Pfeffer!" Er ging. Man hörte seine Schritte die hölzerne Treppe hinunterhasten.
Fortsetzung folgt.