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Der Gekelllchaster

auistag. Sen 31. Mär-,

Murrtz

Oftem un- Eierseheimmsse

Von Franz Eckstein

Kein Brauch ist un deutschen Volksleben, abgesehen vom Weihnachtsfest, mit solch wurzeltiefer Innigkeit verankert wie das Schenken der Ostereier. Können wir uns noch das Osterfest vorstellen ohne das jubelnde Finderglück der Kinder, wenn sie hinter Buchs und Blumen die buntbemalten Eier entdecken, die der Osterhas gelegt hat?

Was ist es denn mit diesem Osterei?

Das Ei ist nämlich das wundervollste Frucht- barkeitssymbol. das wir kennen, und wird im Kult und Aberglauben aller Völker und Leiten in diesem Sinne verehrt. Wie mag der empirische und magische Mensch das Wunder staunend und scheu erlebt haben, als er die Entwicklung des Lebens aus dem Ei zum ersten Male mit aufmerksamem Verstehen beobachtete? Entwicklung des Vogels aus dem Ei das Ei als Lebensquelle Entstehung des Lebendigen aus dem Leblosen Mensch­werdung Urgrund der Welt Geburt der Götter aus dem Ei Uebertragung dieser wunderbaren Fruchtbarkeit und Lebenskraft auf den Menschen das sind die Vorstel­lungsreihen. die sich zu jener abergläubischen Verehrung des Eis zusammenschließen, die wir bei allen Völkern aller Zeiten finden, «o wird das Ei znm Symbol der Lebensquelle, der Menschwerdung, der Weltentstehung. Es ist nun leicht zu begreifen, daß das Ei iin Frühjahr, der Zeit der erwachenden und aufkeimenden Natur, der Zeit, da der Dienst des Bauern an der Erde beginnt, in der Vor­stellung der natur- und erdverbundenen Völker eine besondere Fruchtbarkeit besitzt. Hier kann ein altgermanischer, wir könn-n mutig sagen: ein indogermanischer Brauch am besten illustrieren: Wenn der Landmann zum erstenmal Pflügt, führt er seinen Pflug über eine Schüssel mit Eiern und Brot; das Ei soll die Fruchtbarkeit auf den der Be­fruchtung harrenden Acker übertragen. Man vergräbt das Ei, besonders das Antlaßei lfiehe unten) im Ackerboden. In den Saat­weizen mischt man Eierschalen, am liebsten von Gründonnerstagseiern. In die erste und letzte Garbe bindet man ein Osterei. In vielen Fällen dieser Art. z. B. beim Ver­graben im Acker gibt man auch folgenden Grund an: Man will die Hexen vertreiben; was also Fruchtbarkeit und Kraft spendet, wird znm Uebelabwehrer. zum Beschützer. So läßt man beim Viehaustrieb im Früh­jahr die Herde über Eier schreiten, um die Tiere gesund zu erhalten und um die Hexen zu vertreiben. In der Altmark legt man am 1. Mai ein Ei und eine Axt unter die Schwelle des Stalles. Die Hirten erhalten harte Eier, deren Schalen sie unter die Füße der Tiere werfen.

M lSrüirdomwrslags- oder Antlaßeier

Eine ganz besonders heilbringende und hexenabwehrende Kraft schreibt man aber den Eiern zu. die in der Karwoche und an Ostern gelegt werden. Die am Gründonners­tag gelegten Eier heißen Antlaß- oder Olas- eier. weil der Gründonnerstag Antlaßtag oder Olaspsinstag heißt. Sie sind schon in der Henne geweiht und erhalten sich das ganze Jahr srisch. Warum haben nun ge­rade die Eier der österlichen Zeit eine solch heilbringende Kraft, so daß. wie wir sehen, die Gesundheit der Familie von deren Genuß abhing? Im Mittelalter und auch jetzt noch besonders in Bayern und Tirol werden mit den Osterspeisen auch die Eier geweiht; und >o fließt im katholischen Kultgebiet die Äunderkraft dieses einzigen Fruchtbarkeits- chmbols aus der Kraft der kirchlichen Weihen. Vor allem spenden die Antlaßeier sexuelle Kraft; sie müssen aber mit der Schale gegessen werden: vor allem bewahren sie vor Bruchschäden. Die bekannte Zimmernsche Ehronik, eine wahre Fundgrube für alte Bräuche, berichtet einmal über eine an dem Sohn Werners von Zimmern vor­genommenen Bruchbehandlung: Die Haupt­kur besteht in einem Gründonnerstagsei, das ai aber soll man oben am spitz nfthun". Diese Eier schützen das Haus vor Blitz und verleihen Vieh. Aeckern und Menschen Segen und Gedeihen. Schon der berühmte Aber­glaubensindex des Fraters Rudolphus warnt: Manche treiben Wunderdinge mit Gründon­nerstagseiern. In Oesterreich essen immer zwei zusammen am Osterdonnerstag die ge­weihten Eier; verirrt sich eine Person dieser Paare, so braucht sie sich nur an die Eier M erinnern, und sofort findet sie den Weg. Dis Karfreitagseier haben all die erwähnten

Wnnderkräfte. Aber auch wer Christtag- morgen ein uilgesotteii Ei mit der Schale

Feuer, um den Brand zu löschen. Aber nichts ist so zauberkrästig wie ein von einem schwarzen Hinkel gelegtes Ostereil Nach einer Kärntner Sage wurde einst das Häuschen einer armen Witwe bei einer Fenersbrunst gerettet, indem sie ein solches Ei über das Dach warf!

Ostern ist's und Frühling lvird's in deutsch en Landen!

L u d iv i g R ! chter

ißt. der kann schwer tragen. Besonder? aber > Mir Hilfe der Ostereier kann man sogar die an Ostern gesammelten Eier Habens Heren entdecken und entlarven. Aber genug außergewöhnliche Kräfte; man wirst sie ins ! hiervon!

Was ist es mit diesem Osterei?

Wir wollten ja wissen, warum das Ei ge­rade an Ostern eine solche große Nolle spielt. Eine Vorstellungsreihe haben wir schon durchgeflogen. Bedenken wir ferner, daß man im Mittelalter in das Grab Christi ein Ei gelegt hat.Wir Pflegen einander Eier zu verehren und wollen hierdurch andenten, daß das Ei eine Abbildung unseres auf- erstandenen Heilandes sei . .". berichtet eine schwäbische Chronik. Hier spielt herein, daß man zu allen Zeiten den Toten ein Ei als Auserstehungssymbol oder reines Opfer ins

Grab legte. Aber für die Sitte des Ostereier- schenkens meldet sich nun noch eine ganz nüchterne Tatsache und Erwägung: In der Osterzeit beginnen die Hühner fleißig zu legen; so ist Ostern der ganz natürliche Ab­lieferungstermin für die Zinseier; mancher denkt hier wohl an H. Sachsens Schwank von der Bauerndirne mit den Antlaßeiern. Mit diesen Ostereiern zahlte die Bäuerin allerlei den Klöstern oder Gutsherrschaften zufallende Abgaben. Ostereier und Antlaß­eier als Zinsgaben zur Osterzeit können wir

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S !

Oesterliche Kindersreude

o ! i i a b e t h Lörche

in den verschiedensten Rechtsquellen Nach­weisen. Auch mit diesen Eierabgaben an Ostern hängt das Ostereierschenken zusam­men. Und noch mag eine andere uralte Zere­monie hier einen Einfluß ausgeübt haben: Wenn das Kind zum erstenmal zu Bekannten getragen wird, bekommt es ein oder mehrere Eier; man bestreicht Mund oder Zahnfleisch mit dem Ei, damit das Kind gut sprechen lernt; das ist natürlich eine Fruchtbarkeits- übertragungshandliing. In Baden sagt man bei diesem UebertragungSzauber: Gaggele nei. Plauderte raus; anderswo bekommt das Kind 3, 6. 9 Schnattereier; diese stößt man dreimal in den Mund und sagt: Wenn das Buttla anfängt zu gatzen. so fange du an zu schwatzen. Aehnliche Sprüche kennt man in Böhmen, im Erzgebirge: im Schwarzburgi- schen verwendet man ein Lerchenei.

Nun verstehen wir die Sitte des Ostereier- schenkens; und jetzt wäre noch zu deuten, wie der Osterhase zum seltsamen Beruf des Eier­legens kommt. Das ist eine Untersuchung für sich; ich möchte nur darauf Hinweisen,' daß der Hase sehr fruchtbar ist und daß er im Frühjahr, gerade um die Osterzeit, in großer Zahl durch die Wiesen und Felder hoppelt und seinem Liebesspiel nachgeht.

Bon -en Ejerjplelen

Von dem finsteren Zauber mit Eiern, von den mannigfaltigen, sehr interessanten Eier­opfern willst du. lieber Leser, wohl nichts wissen. Aber von den lustigen Eierspielen etwas zu hören, ist wohl nicht uninteressant. Weit verbreitet ist das Spiel, das darin be­steht. daß man Eier über eine Wiese oder einen Abhang rollt; dabei kommt es vor allem darauf an. daß das Ei nicht zerbricht. E. H. Meyer vermutet, daß man ursprüng­lich damit dem Felde Fruchtbarkeit über­mitteln wollte (?). Am häufigsten finden wir folgenden Brauch belegt: Alan schlägt die Spitzen zweier Eier gegeneinander, um die Härte auszuprobieren. In Baden heißt das stumpfe Ende Engele, das spitze Teusele. Das zerbrochene Ei gehört dem Sieger; der Namen ist hier Legion; Eierpicken, -stutzen, -bipperln. -dipfen. -hücken, -spicken, -Lutschen, -Pecken. -tippen usw. In Friesland spricht man vom Hicken-Picken-Sonntag; das Spiel ist in ganz Mitteleuropa belegt; die Banater Schwaben spielen Eiertitschen. Auf alten Frühlingsbräuchen beruht das Eierlesen: von kleinen Variationen abgesehen, ist der Verlauf so. wie er in Küttigen bei Aar­gau üblich ist: Es handelt sich um ein Wett­spiel zwischen einem Eierleser und einem Eierläufer; beide werden ausgelost. Während der Eierleser die in einem bestimmten Ab­stand (gewöhnlich eine Elle) hingelegten Eier (101 Stück) in eine Wanne sammeln muß, ist es die Aufgabe eines andern, eine be­stimmte Strecke hin- und zurückzulaufen. Im Birsigtale wurde dieser Brauch abgestellt, da sich einmal ein Läufer einen Blutsturz holte. In Steißlingen wurde 1845 das Eierlesen abwechselnd durch Burschen und Mädchen auf dem gefrorenen See abgehalten. Be­rühmt ist der Eierriti in Haid bei Saulga»; hier sind Leser und Läufer beritten; in Ba­den kommt oft ein dritter Mann als Reiter hinzu. Mir Pfungstadt in Hessen haben wir eine genaue Beschreibung in den Kuriositäten von Vulpius; in Tirol heißt man das Spiel Eierklaüben, im Rheinland Eierlage oder Eierraffen, in Schleswig-Holstein Eiersetten. Im Eierpeitschen oder Schmackostern lebt der ehemals sehr ernst gemeinte Schlag mit der Lebensrute fort. Die Mädchen kaufen sich von der sehr derben Zeremonie durch rote Eier los; diese spielen die Burschen am Abend aus, indem sie sie einen Abhang Hin­unterrollen lassen. Im Banat bei den Schwa­ben bespritzen die Buben die Mädchen an Ostern mit Wasser und sammeln Eier ein.

Im Heilzanber und in der Volksmedizin spielt das Ei eine ungeheure Rolle. Also, lieber Leser, nur fleißig Ostereier, damit du das ganze Jahr Glück und Gesundheit besitzest, besonders die roten sollen den Män­nern bekommen, aber auch den Frauen.

Am Avril

Daß die Lerchen wieder singen.

Daß sich Schmetterlinge schwingen.

Gelb und schwarz mit goldnem Saum.

Daß sich grüne Gräser treiben.

Auch nicht eins zurück will bleiben.

Man glaubt es kaum.

Fr. Th. Bischer.

Die linden Lüfte sind erwacht.

Sie säuseln und weben Tag und Nacht.

Sie schaffen an allen Enden.

O frischer Duft, o neuer Klang.

Nun. armes Herze, sei nicht bang!

Nun mutz sich alles, alles wenden.

Ludwig Uhland.