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oazu fuhren, m Sen Bemühungen nachzu lassen, auch den letzten alten Känrpfer in Arbeit zu bringen, Tie genannten Stellen haben daher nochmals die ihnen Nachgeordneten Dienststellen mit allem Nachdruck an gewiesen, mit neuer Energie sich dieser Ausgabe zu widmen. In diesen Tagen haben bet der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Besprechungen zwischen der Obersten SA.-Führung, der Reichsleitung der NSDAP, und der Wirtschaft stattgefund-n. mit dem Ziel, nn Laufe der Frühjahrsosfensivr in der Arbeusschlacht, soweit wie irgend möglich, restlos alle alten Kämpfer in Arbeit und Brot zu bringen.
Die bevorzugte Vermittlung durch die Sonderaktion stellt eine Dankespslicht gegenüber denen dar, welche sich mit Leib und Leben für den heutigen Staat eingesetzt haben. Daher darf auch eine Ausdehnung deS Personenkreises sür die Sonderaktion über den Kreis der alten Kämpfer hinaus gerade in deren Interesse nicht stattfinden. Für den Erfolg der Sonderaktivn ist weiter von ausschlaggebender Bedeutung, daß eine einheitliche, planvolle Zusammenfassung der Vermittlungstätigkeit bei den Arbeitsämtern sichergestellt wird.
Schon jetzt ergeht der A u f r u f a n a l l e Arbeitgeber und Betriebe, restlos alle offenen Stellen den Arbeitsämtern zu melden, die in enger Zusammenarbeit mit den durch Befehl der Obersten SA.-Führung eingerichteten Versorgungsstellen me Son- deraktion durchführen. Es ist selbstverständ- lich, daß auch bei dieser Sonderaktivn der Grundsatz der Eignung Berücksichtigung sin- det. so daß bei Einstellungen alter Kämpfer auch den wirtschaftlichen Notwendigkeiten Rechnung getragen wird.
Auf diese Weise wird am besten der Dank an die Kreise abgestattet, die den aktiven Kamps um das Leben und die Erhaltung des deutschen Volkes führten.
Appell m, alle Mernehmer
Die fördernd« Mitgliedschaft der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude"
Berlin, 7. März.
Die NS.-Gemeinschaft „Kraft durch reude" veröffentlicht einen Artikel Rudolf ilkens, Abteilungsleiter im Neichs- resse- und Propaganda-Amt .Alraft durch Freude", in dem es u. a. heißt:
Der Unternehmer muß den Willen haben, für die unter ihm arbeitende Gefolgschaft zu sorgen, doch diese Sorge soll sich nicht nur auf den Arbeitsprozeß allein beschränken, sondern sie soll, aus dem Geiste der Kameradschaft geboren, noch über den Arbeitsprozeß hinaus auch das Wohlergehen des Arbeiters in seiner Freizeit in sich schließen.
Die schönste Möglichkeit, den neuen Geist der Kameradschaft im Arbeitsleben durch die Tat zu beweisen, ist die Förderung und Unterstützung der NS.-Gememschast „Kraft durch Freude". Bekanntlich kann eine einzelne Person nicht Mitglied der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" werden. Mitglieder sind nur die in der Deutschen Arbeitsfront organisierten Schassenden. Darüber hinaus hat nun das Schatzamt der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" die Möglichkeit einer fördernden Mitgliedschaft für alle deutschen Firmen geschaffen. Jede deutsche Firma wird förderndes Mitglied der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude", wenn sie einen ihrer Größe und Bedeutung entsprechenden Beitrag zahlt. Als Norm und Anhalt hat das Schatzamt der NS.-Gemein- ichast „Kraft durch Freude" hierfür einen
monatlichen Beitrag von RDl. SV.— festgesetzt. Hierbei ging das Schatzamt von der Erwägung aus, daß aus Gründen der Billigkeit diese Norm sowohl nach oben wie nach unten gewandelt werden kann.
Es wäre eine Lächerlichkeit, ja geradezu eine Ungeheuerlichkeit, wenn ein Betrieb von vielen tausend Arbeitern monatlich nur NM. 50.— für die so sehr wichtige Organi- sation „Kraft durch Freude" übrig haben wollte. Es wird vielmehr um des Geistes der Kameradschaft willen erwartet, daß jedes Werk sich selbst in der richtigen Weise einschätzt und durch die Höhe des monatlichen Mitgliedsbeitrages klar zum Ausdruck bringt, wie sehr es die volkserzieherische Bedeutung von „Kraft durch Freude^ achtet und bewertet.
Auf der anderen Seite soll aber auch der mittlere, kleine und kleinste Betrieb, der noch mit Sorgen zu kämpfen hat, und für den beim besten Willen selbst ein monatlicher Betrag von NM. 50.— nicht tragbar ist, dennoch nicht von der Ehre ausgeschlossen werden, förderndes Mitglied der NS.- Gemeinschaft „Kraft durch Freude" werden zu können. Für solche Betriebe ist deshalb die Möglichkeit geschaffen worden, daß sie, jedoch nur nach einer Prüfung durch den Gau-Obmann der NSBO. mit einem geringen Betrag die Ehre der fördernden Mitgliedschaft erwerben zu können.
Ebenso wie es fortab eine Ehrenpflicht für jeden Arbeiter ist. seine ganze Kraft, seinen ganzen Fleiß und feine ganze Fähigkeit in den Dienst der nationalen Arbeit zu stellen, und auf seinem Platz im Betrieb voll und ganz seine Pflicht als Deutscher zu erfüllen, ebenso ist es Ehrenpflicht jedes Unternehmers. seiner Sorge und seinem Verantwortungswillen als Führer des Betriebes dadurch Ausdruck.zu geben, daß er auch in der Volksfront der Freizeitgestaltung nicht fehlt, sondern in den ersten Reihen mitmarschiert als Bannerträger einer neuen Zeit. Deutsche Unternehmer! Werdet fördernde Mitglieder der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude", denn das ist Sozialismus der Tat!
Todesurteile
sür die Mörder des SA.-Marme- Ufer
Dortmund, 7. März.
Im Prozeß wegen der Ermordung deS SA.-Mannes Ufer wurde am Mittwoch folgendes Urteil verkündet:
Die Angeklagten Voigt und Rapior werden wegen gemeinschaftlichen Mordes und schweren Landfriedensbruchs zum Lode und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit verurteilt, FeldhauS, Weher und Kalipke wegen schweren Landfriedensbruches und Totschlages zu je 15 Jahren Zucht- hauS, Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 10 Jahre und Stellung unter Polizeiaufsicht.
Neues GvebbelsBuK
„Vom Kaiserhof zu, Reichskanzlei" Berlin, 7. März.
Reichsminister D r. Goebbels hat soeben sein neuestes Buch, das unter dem Titel „Vom Kaiserhof zur Reichs- kanzlet" in einigen Wochen im Eher- Verlag-München erscheinen wird, vollendet. Das Buch behandelt in Tageaufzeichnungen und Politisch kritischen Darstettungen die deutsche Entwicklung vom 1. Januar 1932 bis zum 1. Mai 1933 und enthält damit die entscheidenden Phasen der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus.
srvmmu Navis in ötvkkdolm
London, 7. März.
Burma» Davis ist am Mittwochnach- imuag nach Stockholm avgereist.
Auf die Frage, ob er beim Zusammentritt des Büros der Abrüstungskonferenz in Genf am 10. April noch in London sein werde, antwortete Norman DaviS: Meine Pläne hängen von den Instruktionen aus Washington ah.
Unerhörte neue Übergriffe tn Memel
Tilsit, 7. März.
Neue Meldungen aus Memel beweisen, daß sich das Gewaltregime des Gouverneurs Navakas in seinem Kampf gegen das Deutschtum, selbst ungesetzlicher Mittel bedient. So mußten die ländlichen Bezieher des „Me- meler Dampfboots" und der im gleichen Verlag erscheinenden „Lietuvischzka Ceitunga" dieser Tage zu ihrer größten Ueoerraschung feststellen, daß den ihnen von den Landbriefträgeru ausgehändigten Zeitungen Aufrufe des „Komitees der all-lit rutschen Verbände" beigelegt waren. Die Briefträger sind nach ihrer Angabe von ihrer vorge- setzten Behörde gezwungen worden, diese Aufrufe den Exemplaren des „Memeler Dampfboots" und der „Lietuvischzka Ceitunga" beizu- legen und mit auszutragen. Die Postdirektion in Memel, eine rein großlitauische Behörde, die unmittelbar der Kownocr Zentrale unterstellt ist, hat somit unter gröblicher Ber- letzungderAmtsgewalt ihre Beamten gezwungen, die bestehende weitverzweigte Bezieher-Organisation der beiden memelländischen Zeitungen zu einer antimemelländischen Agi- tation auszunutzen. Der Aufruf, der in großlitauischer Sprache abgefaßt ist, wendet sich an den litauisch sprechenden Teil der memelländi- chen Bevölkerung und ruft diesen aus, sich von )er Führung und dem Einfluß der „Fremd- tämmigen" zu befreien. Alle „Verirrten" mögen umgehend den Weg zur Vereinigung mit den großlitauischen Brüdern finden.
Die Verbreitung des Aufrufs durch die groß- litauische Postbehörde hat im Memelgebiet größte Empörung hervorgerufen. Bermögensangabe in der VerlobungSanzelge
Vor zwei Jahrhunderten war es in England Sitte, bei den Verlob ungsanz eigen in den Zeitungen hinzuzufügen, über ein wie großes Vermögen die Braut verfügte. Man tat das offenbar in der Absicht, alle Männer zur ärgern, die sich die vermögende Braut vor der Nase hatten wegschnappen lassen.
Von Beruf Einbrecher
Auf einem Londoner StandeS- a m t gab ein Mann, der das Aufgebot bestellte, seinen Stand als „Einbrecher" an.
Wetterkunde der Steinzeit
Schon viertausend Jahre v. Ehr. findet man die Theorie, daß die Mondphasen auf das Wetter Einfluß haben.
Die Natur benützt Rot als Warnungssignal
Lange vor dem Menschen hat die Natur Not als Gefahrensignal verwandt. Aber auch der Mensch benutzte die rote Farbe schon früh sür Warnungszwecke; zum Beispiel war es bei den Primitiven vielfach Sitte, die Toten rot anzumalen, um böse Geister abzuwehren. Der Anblick der roten Farbe erregt manche Tiere genau wie der Geruch von Blut. Das ist nicht nur bei den Stieren der Fall, sondern wird auch bei Pferden beobachtet.
_ Freitag, Pr» S . Vküej, ipz't
Der Staub der Großstadt Auch die anscheinend ganz reine Berg-, Wald- oder Seeluft enthält viel größere Mengen seiner Staubteilchen, als man glaubt. In den Städten ist aber die Luft geradezu unglaublich mit Ruß und Staub gesättigt. In London hat man jetzt durch Untersuchungen sestgestelll. daß nicht weniger als 2000 Kilo pro Ouadratkilo- Meter im Laufe eines Jahres fallen.
Schlafen die Wale nicht
Von vielen Schiffen liegen Berichte vor, daß Walfische viele Tage und Nächte hintereinander dem Schiff im Kielwasser folgen. Es scheint also fast, als ob der Wal keinen regelmäßigen Schlaf braucht. Las gleiche muß wohl bei den Albatros der Fall sein, die ebenfalls tagelang ununterbrochen den Schiffen folgen.
Zeitschriftenschau
Kriegsflugzeuge am laufenden Band
Die letzten Luftmanöver in England haben veranlaßt daß dort mit Hochbetrieb an dem Ausbau der Luftflotte gearbeitet wird. Der „Deutschen Flugillustrierten" ist es gelungen, zahlreiche Fotos von der Herstellung dieser neuen Bomben-. Jagd- und Aufklärungsflugzeuge zu erhalten. Hier sieht man den schweren 500 PS, starken Rolls Royce-Sternmotor mit 18 Zylindern. die Montage von Aufklärungsflugzeugen
— ein aufschlußreicher Vildaufsatz. wie stark Eng, land darauf bedacht ist. in der Herrschaft der Luft den feindlichen Nachbarn nicht unterlegen zu sein.
Eeschwaderflüge von Kriegsmarine werden gezeigt — in Deutschland ist der Eeschwaderflug verboten — die Ritter des Pour le merite. die diesen hohen Orden als Kampfflieger erhielten.
— von deutscher Pionierarbeit zeugt, die Einrichtung einer einer Junkers-Fluglinie im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, herrliche Luftaufnahmen geben Kenntnis von der Schönheit dieser unvergessenen deutschen Kolonie. „Spielplatz 1934" zeigt in launigen Zeichnungen die Begeisterung der deutschen Jugend für die Luftfahrt — 14 Jahre Rhönsegelflug — Wettbewerb stellt uns sene Pioniere vor. die unter den Fesseln des Versailler Vertrages Deutschland Weltgeltung im motorlosen Flug verschafften. Die „Deutsche Flugillustrierte" erscheint jeden Mittwoch und ist zu 20 Pfg. stets vorrätig in der Buchhandlung ZaiseNagold.
„Die Reichsmarine"
Nach einem einleitenden Artikel über Elshilfe durch Linienschiffe und Eisbrecher bringt die Märznummer der Zeitschrift „Die Reichsmarine". Verlag Heinrich Beenken, Schriftleitung Korv.- Kpt. a. D. F. O. Busch, eine sehr reich bebilderte interessante Arbeit über das englische Kriegsmuseum in London. Ein wenig bekannter italienischer Handstreich auf den Hafen von Pola, ausgeführt mit tankähnlichen Motortorpedobooten. ein Kamera-Ausflug nach Villau, ein Schlußaufsatz über die deutschen Reedereien und die Auslandsreise des Kreuzers „Köln" bilden zusammen mit einem Bildbericht über , unsere Marinerekruten und wundervollen Tier- l aufnahmen aus der Antarktis den redaktionellen Teil. Die bekannten Rubriken ..Technik und Industrie", „Am Scheinwerfer" und „Aus Luv und Lee" enthalten interessante Neuigkeiten aus dem Gebiet des Seewesens aller Welt. Der Abschnitt „Der Seemann erzählt" berichtet von dem Signal-Askaris der Schutztruppe, von einer Reise der „Monte Rosa" und dem Gefecht bei Tschemulpo im russisch-japanischen Krieg. Mitteilungen der Reichsmarine und reich bebilderte Nachrichten über sämtliche Marine- Frontteile, sowie ein Bildbericht aus fremden Marinen schließen das Heft. Die Nummer ist für 60 Pfg. von der Buchhandlung Zaiser. Nagold zu beziehen.
o,i! Bolksroma» aus Schwaben Bo» Zdenko von Kraft ,1j
Ec zeigte auf seinen Tisch, wo Papiere durcheinanderlagen: „Sie sehen, wie man mit Geschäften überhäuft ist! Aus Stuttgart kommt ein Erlaß nach dem anderen. Ueber- morgen haben wir große Königsproklama- lion. Eingaben, Recherchen, Einquartierungen ... Es kommen mehrere Kaiserliche Macschälle. Ktthnle; vielleicht sogar Napoleon selbst ... Da gibt's mehr zu schaffen, als man mit feinen zwei Händen bewältigen kann. Als Königlicher Beamter trägt man seine Verantwortung. Was glauben Sie, wie man mich anpfeifen tat' in Stuttgart, wenn! ich da mit einem lumpigen Gespenst daher- läm', anstatt mich um meine soliden Amts- geschüste zu kümmern? Ausgeschlossen! Wenn Sie sonst nir anderes haben, lieber Kühnle
„Aber irgend etwas, Herr", stotterte der verstörte Ichwanenwirt. „muß doch gegen so ein lausiges Lumpenpack so ein lausiges, g'fchehen können? Entweder von Amts wegen oder von seiten der Kirche?"
Ter Amtmann setzte sich steil ans, wie er es wiederholt bei den trotzen Herrschaften in Stuttgart gesehen hatte, wenn sie eine Unterredung für beendet zu erklären wünschten, und reichte seinem Gast die Fingerspitzen über den Tisch hinüber. „Das wäre allerdings die Möglichkeit. Kühnle: die Kirche! Klopfen Sie doch auf dem Pfarramt an! Vielleicht, daß man dort besser Bescheid weiß mit den Gespenstern? So was müßte der theologischen Fakultät ganz besonders liegen; das Amt ist da jedenfalls nicht zuständig.
Und sollten L>ie ja etwas in Erfahrung bringen, worauf man sich verlassen kann, so erzählen Sie's mir heut oder morgen abends beim Schoppen! Ja?"
Christian Kühnle erhvv sich mißlaunig. Zwijchen den Rockschößen stach die Schnupftabaksdose hervor, wie ern kleiner Höcker. Mit ein wenig herabgennnderlc. Höflichkeit, aber immerhin mit devotem Rücken verabschiedete er sich.
Erst jenseits der Tür knurrte er respektlos in den Bart hinein: „So ein Simpel — so ein saudummer!" — Dann ging er zum Pfarrer.
Herr Johann Sebastian Frasch empfing ihn ohne jede amtliche Distanz.
Er war ein Mann, der keine Abstände liebte. Während der Amtmann bei aller herablassenden Freundlichkeit immer gerne das Schrittchen wahrnahm, daS ihn von dem nnstiidierten Volk trennte, war der Pfarrer bemüht, jedermann dicht an sich heranzu- tassen, ohne ihm eine andere Schranke zu setzen als die seiner schmunzelnden Ueber- legenheit.
Aiis Gelehrsamkeit gab er nur wenig. Auch nlcht aus gepflegte Kleidung und salbungsvolle Worte. Im Gegenteil: Er ging, wenn er nicht gerade im Amte war. kaum anders gekleidet als das Volk, fühlte sich am wohl- sten in seinem zerschlissenen Hauskittel. Wenn er in seinem kleinen Pfarrgarten arbeitete, die Hemdärmel hochgekrempt, schlecht rasiert, den Schweiß aus der tropfenden Stirn, kam es mehr als einmal vor, daß Ortsfremde ihn für einen Tagelöhner nahmen und nach dem Pfarrer fragten.
Hand in Hand mit seiner geringen Kleidung ging seine Art, sich auszudrücken. Im täglichen Leben nahm er die Worte lieber vom Volk als von der Kanzel und scheute
selbst einen derben Ausdruck nicht, wenn er nur richtig auf dem Platze saß. Auch im Gespräch mit den vornehmsten Herren, die ihn oft m ihre Gesellschaft zogen und große Stücke von seinem natürlichen Verstände hielten, nahm er sich durchaus kein Blatt vor den Mund. Niemand war ihm zu hoch gestellt, um ihm, wo's not tat, seine Meinung zu sagen. Aber freilich auch niemand so gering, daß er in ihm nicht den Menschenbruder erkannt hätte. Und die Leute, denen er am gröbsten kam, liebten ihn oft am meisten, weil sie eben daran erkannten, daß sie seiner herzlichen Teilnahme am nächsten standen. Der Schalk, der ihm beständig im Nacken saß, versöhnte mit mancher seiner Härten.
Nachdem er Lhristan Kühnle ruhig angehört hatte, drückte er Pfiffig die Augen zu und lachte: „Schwanenwirt, da denk' ich fast selber, daß hier der Herr Amtmann nit zu», ständig ist! Und ob's der Nachtwächter schafft, ist auch noch die Frag'! Gesetzt, er stellt dem Gespenst und kriegt es beim Schlafittel — was sollt' er damit ansangen?"
Kühnle machte kreisrunde Augen — so töricht kam ihm die Frage vor. „Aber, Herr Pfarrer —: verhaften!"
„Verhaften? So? Und in wessen Namen?"
„Im Namen des Allergnädigsten Kurfürsten, dächt' ich."
„So? Dächtest du? Der Allergnädigste Herr Kurfürst kann aber doch wohl nur seine eigenen Untertanen verhaften lassen?"
„Freilich."
„No, stehst du. Schwanenwirt? Ist aber ein Gespenst ein Untertan? Steht es in den Registern eingetragen? Untersteht es der landesherrlichen Gerechtigkeit? Das sind Sachen, die zu so schweren Konflikten mit der Geisterwelt führen könnten, daß es kein recht
schaffener Nachtwächter verantworten könnt' . . . Meinst du mt auch?"
„Aber, Herr Pfarrer, das ist doch-"
Christian geriet ins Stottern, begann den Satz von einer anderen Seite, ima einen dritten an. Im Grunde seiner Seele hatte er erwartet, vom Pfarrer ausgelacht zu werden. was ihm bei seiner eigenen Unsicherheit ungemein wohlgetan hätte. Trete ernsthafte Ausnahme jedoch machte ihn um so verstörter, als sie ihm sachlich durchaus richtig erschien. „Ich hält' gedacht", sagte er endlich, „der Herr Pfarrer tat' mich emen Tacket heißen und verzürnt nach Haus schicken. Und das kann ich sagen: Tann hätt' ich's dem saudummen Luder, der Julie, schon besorgt! Aber wenn Sie selber meinen, daß es mit dem Geist seine Nichtigkeit haben könnt', dann — — Ja, was tu' ich dann, Herr Pfarrer?"
„Guck Kühnle!" Herr Johann Sebastian Frasch liebte es, im gemütlichen Umgang seine Gemeindekinder zu duzen. „Man soll niemand seinen Glauben nehmen! Denn wenn's noch so hundsdumm ist. woran eins glaubt, — es hat sein Pläsier dran. Und wenn's die Julie gar leibhaftig g'sehen hat, ihr Gespenst, und die Ulrike auch —: Ja. guter Mann, da kannst nix machen! Die Geister, wo einer steht, mutz man ihm lassen... Sogar der liebe Gott unternimmt nrx gegen den Teufel, solange wir mrt ihm auf du und du stehen. Er läßt ihn uns — vielleicht, weil wir ihn brauchen?" Er faltete schnell die Hände und sah zum Himmel auf. „Gott verzeih mir die Sünd'!"
Christian Kühnle blieb unbefriedigt. „Aber ich kann kein G'spenst brauchen beim Schwanen!" rief er. Das verdirbt mir's G'schäft! Das bringt mein Haus in Verruf! Die Leut' reißen sich ja schon zetzt die Mäuler aus als wie mt g'scheitl"
Fortsetzung folgt.