Nr. 64
Dienstag, 6. März 1934
108. Jahrgang
er Gesellschakter
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Eallrkmdgebmü auf der Leipziger Messe
Leipzig, 6. März.
Im Hinblick auf die ini kommenden Jahre bevorstehende Rückgliederung des Saargebietes in das deutsche Wirtschaftsgebiet, veranstaltet die Saarwirtschast zur Leipziger Frühjahrsmesse eine geschlossene Sa a r a u s st e l l u n g, um der Saarwarc den Weg zu ebnen.
Aus Anlaß dieser Ausstellung fand am Montag vormittag eine Saarkiindgebuno statt, zu der neben zahlreichen in Leipzig anwesenden Saarländern eine große Anzahl Ehrengäste erschienen war. Für die Reichsregierung war in Vertretung des verhinderten Vizekanzlers Papen Oberregierungsrat Dr. W i n g e n , für die sächsische Regierung Kultusminister Dr. Hartnacke und Finanzminister Dr. Kamps, für den bayerischen Gemeindetag der Präsident Oberbürgermeister Liebel - Nürnberg anwesend Ferner wohnten hervorragende Vertreter der Saarwirtschaft der Kundgebung bei, an ihrer Spitze Geheimer Kommerzienrat N Schling
Der Präsident des Direktoriums des Leipziger Messeamtes, Dr. Köhler, sprach dik Hoffnung aus, daß die Snarausstelluug, bei deren Zustandekommen ein Gefühl des Herzens mitgesprochen habe, der Auftakt für die dauernde Beteiligung der Saarwirtschast au der Leipziger Messe sein möge. Hierauf gab der Präsident der Industrie- und Handels- kammcr Saarbrücken, Karchert, ein Bild über die Wirtschaft des Saargebietes.
In Vertretung des Plötzlich verhinderten Vizekanzlers v. Papen hielt Oberregie, rungsrat Dr. Wingen vor den Saaraus- stellern Montag eine Ansprache, in der er u. a. sagte:
Es ist ein guter Gedanke gewesen, einmal hier in Leipzig dem In- und Auslande in anschaulicher Weise vor Augen zu führen, was die Saarindustrie leistet und bedeutet
— leistet, trotzdem sie in 15 Jahren den Leidensweg einer völligen Umlagerung ihrer Absatzmärkte, eines Währungswechsels und zweier Wührungsentwertungen durchlaufen mußte. Diese Industrie hat damit einen glänzenden Beweis ihrer Anpassungsfähigkeit erbracht — nicht zuletzt, glaube ich, deshalb, weil sie nach deutschem Vorbild aus- Aebaut, organisiert war und ist — weil sie in rastloser Tätigkeit nach immer neuen Methoden der Produktionsvervollkommnuug und Verbilligung gesucht hat und weil sie
— last not least — immer dem Grundsatz huldigte, daß der soziale Gedanke, die soziale Zusammenarbeit von Unternehmer und Arbeiter — und nicht das reine Ertragsstreben — oberstes Prinzip sein müsse.
^Jch habe zwar immer betont, daß das Saarproblem kein vorwiegend wirtschaftliches Problem ist, daß sein Schwergewicht vielmehr auf politischein Gebiete ist. Trotzdem aber darf natürlich das wirtschaftliche Moment keineswegs vernachlässigt oder gar außer acht gelassen werden. Wenn ich auch nicht ausdrücklich festzustellen brauche, daß wir es nicht nötig haben, die Abstimmung sür die Rückgliederung zum Mutterlande mit wirtschaftlichen Vorteilen zu erkaufen, so wissen wir doch andererseits, daß auch das Saarland leben will und leben muß. Dazu ist erforderlich, daß es einen möglichst weit reichenden und umfassenden Absatz bei uns findet. Im Hinblick hierauf ist es nationale Selbstverständlichkeit und Pflicht, daß die deutsche Wirtschaft in allen ihren Zweigen sich stets daran erinnert, daß auch die L>aarwirtschast 'eiuen integrierenden Bestandteil von ihr bildet.
Wie eindeutig und untrennbar die organische Wirtschastsverbundeiiheit des L>aar- geöietes mit dem Reiche ist, ergibt sich mit voller Beweiskraft aus den günstigen Auswirkungen des deutschen Arbeitsbeschaf- sungsprvgrammes, das bereits eine erfreuliche Steigerung der Saarausfuhr zur Folge gehabt und damit zur Linderung der Aurtschastskrise an der <Laar beigetragen hat.
Nach der Reichsstatistik bezifferte sich sür das Jahr 1933 die Saaraussuhr rus Reichsgebiet der Menge nach auf 18,3 Mil- lwnen Doppelzentner und dem Werte nach "R I16.I Millionen Reichsmark. Das be-
§ veulel gegenüber dem Bviyayre eme men-
> geiimüßige Zunahme um 18 und eine wert- § mäßige um 30,1 Prozent. Berücksichtigt man l nur die Ausfuhr von Fertigwaren, so er- ! gibt sich ein noch günstigeres Bild der Ver-
stärkung des deutsch-saarländischen Waren- : austansches. Die Ausfuhr von Fertigwaren ^ stieg nämlich gegen das Vorjahr mengen- ^ mäßig um 53 und wertmäßig um 44,3 Pro- - zent.
^ Die unvermeidlichen wirtschaftlichen
> Schwierigkeiten der Rückgliederung im näch- ! sten Jahre wird die Reichsregiernng in Zusammenarbeit mit Ihnen zu überwinden wissen.
Ein dreifaches Heil auf das Saarland und der gemeinsame Gesang des Liedes „Deutsch die Saar" beendeten die Kundgebung. Ein Nundgang durch die eindrucks- ° volle Saarausstelluug schloß sich au.
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beglückwünscht Leipziger Messe
Leipzig, 5. März
Reichspräsident von Hindenburg hat au die Leipziger Frühjahrsmesse folgendes Telegramm gelangen lassen:
„Der Leipziger Frühjahrsmesse 1934 wünsche ich besten Ersolg. Möge sie die
trastvolleu Anstrengungen der von neuem Mut beseelten deutschen Wirtschaft fördern und das ihrige zum Wiederaufbau unseres Vaterlandes beitragen.
gez. von Hindenburg."-
Costes lobt Deutschland
Der vermißte sranzösische Flieger in Münster notgelandet
Münster, 5. März.
Der französische Flieger Costes, der sich auf einem Fluge von Paris nach Kopenhagen befand und seit Samstagnacht vermißt war. ist in der Nacht zum Montag auf dem Flugplatz von Münster wohlbehalten gelandet.
Costes empfing den Vertreter des DNB. m Münster zu einer Unterredung, in der er über die Unterbrechung seines Fluges nähere Mitteilung machte. Costes war auf seinem Fluge bis in die Nähe von Reih ne gekommen, wo er gegen 17 Uhr in so dichten Nebel geriet, daß er, da sein Flugzeug nur einen Motor hat und er die Gegend nicht kannte, sich zur Landung entschloß. Er flog den Dortmund-Emskanal entlang und ging dann glatt ans den Flugplatz in Münster
Mimik GenmkWslkn i« Oesterreich verboten
Noch diese Woche Berfaffungsumbau
tzk. Wien, 5. Marz.
Am Sonntag fanden in den österreichischen Prvvinzstädten „vaterländische Kundgebungen" aus Anlaß des Jahrestages des Verfassungsb r uches durch die Regierung Dollfuß statt. Bei einer solchen Kundgebung inVillach kündigte Bundeskanzler Tr. Dollfuß an, daß noch in dieser Woche die vorläufige neue Verfassung erlassen werden wird.
Nach den Mitteilungen des Bundeskanzlers wird in diesen Tagen im Vervrdnnngs- wege der Gewerkschastsbund der österreichischen Arbeiter und Angestellten als einzige Interessenvertretung der Arbeitnehmer neben den Arbeiterkammern gebildet werden. Andere Gewerkschaften wird es nicht mehr geben. Das bedeutet die Auslösung aller nationale n G e werk s ch aste n, so der Deutschen Verkehrsgewerkschaft mit fast hunderttausend Mitgliedern, des DHV.. der Deutschen Arbeitergewerkschafl. die gerade im letzten Jahre eine Reihe von marxistischen Hochburgen erobern konnte, usw. Da die Träger des neuen Gewerkschaftsbnndes die kleinen christlichen Gewerkschaften sei» werden, denen auch das Vermögen der nationalen Gewerkschaften znsalleu soll, so handelt es sich tatsächlich nicht um einen der Deutschen Arbeitsfront ähnlichen Aufbau, s o u d e r ii ii ii r u m eine fi n a n z i e l l e S a ii i e r n n g de r ch r i st l i ch e n G e - w erks ch asten und ihrer Sekre - t ä r e.
Aehnlich geht man bei der Neuorganisation der Landwirtschaft vor. Tie Interessenvertretung des Bauerntums werden die bestehenden christlichsozialeu Bauernbünde. Tie Bildung einer Volksgemein- s ch aft wird ü b e r h a u P I n i ch t a n - g e st r e b t.
Wie unklar die Vorstellungen des österreichischen Bundeskanzlers über die Neuordnung des Staates sind, geht deutlich aus sol- deu Aeiißeriinaeii des Bundeskanzlers hervor'
„Wir werden im Laufe der nächsten Woche in Oesterreich eine neue Verfassung haben. Oesterreich wird ein auf Berussständen auf- gebanter Staat sein unter autoritärer Führung. Für den Aufbau der Berufs- st ä ii d e werd e n w i r n och einige Zeit brauchen. Bis dahin wird eine U e b e rg a n g s v e r s a s s u n g notwendig sein, wofür durch Umgruppierung in den einzelnen Landesregierungen bereits Vorsorge getroffen ist, in deren zukünftiger Zusammensetzung es keinen Politiker (außer christlichsozialen. Die Schriftl.) mehr geben wird.
Die künftigen Landtage werden auch von oen Berufsständen gebildet werden. Wir werden die Autonomie der Lamdesver-
waltung a u fr e ch t e r h a lt e n. Wir wollen den einzelnen Gebieten nicht ihre Rechte nehmen.
Ter Aufbau unseres Staates im christlichen und katholischen Sinne hat mit dem Schlagwort „Klerikalismus" nichts zu tun. Unsere Bischöfe haben die Priester aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und damit hat die Kirche bewiesen, daß es sich nicht um eine brutale politisch-weltliche Vorherrschaft handelt, sondern darum, die Lehre Christi im Volke zu vertreten und damit das Volk aufwärts zu führen."
Sn Vorarlberg bleibt -er Landtag
Der Vorarlberger Landtag wählte in seiner Sitzung am Montag die neue Landesregierung. die sich nunmehr aus 6 Christlich- Sozialen und einem Vertreter der Heimatwehr zusammensetzt und auf berufsständischer Grundlage aufgebaut ist.
Dollfuß hebt
Msburgtr-Lan-esvertveisulig auf
Erweitertes Rotverordnungsrecht sür den österreichischen Bundespräsidenten
Wien, 5. März.
Wie in politischen Kreisen verlautet, wird sich der Ministerrat bereits in den nächste» Tagen mit der Aufhebung des 8 2 des Gesetzes vom 3. April 1919 über die L a n d e Z- Verweisung der Habsburger be- fassen. Den Mitgliedern der Famili« Habsburg soll durch die Aufhebung dieses Paragraphen der Aufenthalt in Oesterreich wieder ermöglicht werden.
Meldungen aus Budapest besagen, daß diese Angelegenheit in Ungarn keine Ueber- raschung hervorgerufen habe, da man über die diesbezüglichen Absichten Oesterreichs bereits früher unterrichtet gewesen wäre. Ungarn betrachtet die ganze Frage als eine rein österreichische Angelegenheit.
Die Erklärung des Bundeskanzlers D o ll- f u ß über die neue ständische Verfassung hat allgemein großes Aufsehen erregt. In den bisher vorgesehenen Uebergangsbestimmun- gen bis zur Einführung der endgültigen Verfassung sollen dem Bundeskanzler dik- kalorische Vollmachten eingerüumt werden, lieber die Grundlinien der neuen Verfassung ist jetzt bekannt, daß darin der Regierung weitgehende Handlungsfreiheit für alle großen staatlichen Fragen gewährleistet und ein besonderes Notverordnungsrecht des Bun- despräsidenten und der Regierung festgesetzt wird. Die Mitglieder der in der neuen Verfassung vorgesehenen ständischen Körperschaften sollen zum großen Teil von der Regierung ernannt werden.
Jas Neueste in Kürze
Reichsminister Dr. Goebbels sprach sich in einem Interview des „Matin" über die Ziele der nationalsozialistischen Politik gegenüber Frankreich aus.
Auf der Leipziger Messe fand eine Saar- kundgcbung statt, bei der Oberregierungsrat Dr. Wingen anstelle des Vizekanzlers eine bedeutsame Ansprache hielt.
Präsident Dr. Mattheitz sprach gestern vor den württembergischcn Gerichtsreferendaren über die rechtlichen Gründe der Schutzhast.
Wie die Leitung der deutschen Reichsbahn bekannt gibt, soll die Geschwindigkeit der Reichsbahn abermals verbessert werden.
Ter Reichswalter der NS.Volkswoklsahrt Hilgenfeld, gab das Ergebnis des Winterhilfswerks bekannt.
Der vermißte französische Flieger Costes mutzte in Deutschland notlanden.
Bei Koburg hat sich ein schweres Autounglück ereignet.
nieder. Hier wurde er, wie er weiter erzählte, durch die Polizeiflugwache sehr herzlich ausgenommen. Es wurden ihm keinerlei Schwierigkeiten gemacht und man kümmerte sich zu fernem Erstaunen um ihn wie in keinem andere« Lande. Es wurde ihm ein Kraftwagen gestellt, mit dem er zum Hotel „Fürstenhos" gebracht wurde. Auch hier wurde er sehr zuvorkommend behandelt. Er sei außerordentlich überrascht gewesen, mit welcher Höflichkeit und Liebenswürdigkeit man ihm entgegenkam.
Montagmittag 12 Uhr ist Costes auf dem Flugplatz Loddenheide zum Weiterfluge nach Kopenhagen gestartet.
Costes ist Montag nachmittag 15,t5 Uhr auf dem Flughafen Kastrup eingetrossen.
Absturz eines Eportflugzeuges
Berlin, 5. März
Am Sonntag stürzte das Sportflugzeug v 2298 in der Nähe von Johannistal ab. Der Führer des Flugzeuges war der Flugschüler Stiller, der seinen 50. Alleinslug ausführte. Mit Schädelbruch wurde erschwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Tie Ursache des Unfalls ist ein Bedienungs- fehler des Flugzeugführers.
.Mer der einzige, der Ruhe bewahrt!"
Lloyd George verneint die Möglichkeit einer europäischen Krieges
London, 5. März.
Lloyd George verneint im „Sunday Dispatch" die Frage: „Wird es einen Krieg in Europa geben?" Er schreibt dazu u. a.: Hitlers cheintdereinzigezusein. der in der allgemeinen Aufreg u n g d t e R n h e b e h ä l t. Er ist eifrig damit beschäftigt, die Ursachen etwaiger Reibungen mit seinen Nachbarstaaten zu beseitigen. Sein Pakt mit Polen ist ein bemerkenswertes Ereignis, eine Tat der mutigen Staatskunst." Keiner der Vorgänger Hitlers würde es gewagt haben, eine solche Vereinbarung durchzuführen. Es sei ein Beweis des Vertrauens, das Hitler allen Klassen in Deutschland eingeflößt habe, daß diese Verständigung mit allen ihren Folgerungen ohne Tadel ausgenommen worden sei. Der Pakt mit Polen würde es einer chauvinistischen Negierung in Frankreich schwer machen, wegen der Braunhemden oder wegen der Gerüchte von einer deutschen Wiederaufrüstung Unruhe zu stiften. Wenn sich Polen abseits halte, könnte Frankreich sich keine Aktion am Rhein leisten. Auch die englische Oeffentlich- keit würde sicherlich ein aggressives Borgehen gegen Deutschland nicht unterstützen. Hitlers persönliche austenpolitische Aeußerun- gen hätten eine beruhigende Wirkung gehabt.
Lloyd George schreibt weiter, die Stellung- nayme der englischen Oeffentlichkeit gegenüber Deutschland sei seit dem letzten Jahre bedeutend »remidlicher geworden. Dieser