Donnerstag, 22. Februar 1934
108. Jahrgang
Nr. 44
er OesMsrtmkter
Bezugspreisen In der Stadt de;», durch Agenten nwnatl. AMt. 1.50, durch die Post «onatüch NMk. 1.40 einschl. 1 « pfa.Äeförderungs-Gebühr ,uz»q!ich 36 Pfg.Zustellgebühr Einzelnummer 10 Pfg. Sei höherer Gewalt besteht lein Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der aus Nückzah. ums des Bezugspreises. -
LrattonattorialifMihe Lasesreiiuns
Alleiniges Amtsblatt für sämtliche Behörden in Stadt und Oberamtsbezkrk Nagold
Beilagen: Pflug und Scholle - Der deutsche Arbeiter Bilder vom Tage > Die deutsche Glocke - Hitlerjugend
Die deutsche Krau - Das deutsche Mädel - Brunnenstube «chwabenland. Heimatland -. Sport vom Sonntag
> Telegramm.Adresse: „Gesellschafter" Nagold//Gegr. 1822 > s Fernsprecher SA. 42S / Marttstraße 14 / Schließfach SS j
Postscheckkonto: Stuttgart Nr. 4008h / Girokonto: Oberamtssparkoste Nagold 882 / Bei gerichtl. Beitreibung. Konkursen usw. gelten die Bruttopreise
Anzeigenpreise: Di« isyaL. Millimeter-Zeile oder dar«» Raum 6 Pfg., Familien-, Ä«» eins-Auz. u. Stellenges, r psg. Nell. 18 pfg., Sammei-Änz, 5<>s/o Aufschlag. - Für das <Lr- scheinen von Anz. i« bestimmt. Ausgaben und an besondere» Plätzen, wie für telef.A : > träge und Chiffre - Anzeigen wirb keine Gewähr übernommen.
Jas Remste in Kürze
Der Stavisky-Prozeß hat eine neue Tagessensation hervorgerufen — auch Paul Boncour scheint in diesen Skandal verwickelt zu sein.
Vizekanzler von Pape,» hat Kommerzienrat Röchling anläßlich des für die deutsche Sache günstig verlaufenen Urteilsspruchs beglückwünscht.
Reichsbischos Müller hat ein kirchliches Amt für auswärtige Angelegenheiten er- ^ richtet und zu dessen Leiter Obcrlonsistorial- ! rat D. Theodor Heckel ernannt.
Ter bekannte SS.-Gruppenführer Siegfried Seidcl-Tittmarsch ist in der Rächt vor, 20./21. Februar gestorben.
In einem Nundfunkvortrag in London erklärte der konservative Abgeordnete Sir John Wen, daß eines der wesentlichsten Momente der deutschen Politik der Friede sei.
Im März sollen in Württemberg und Baden große stondarbciter-Kundoebungen statt- sinden, aus denen u. a. auch Reichsernährungsminister Darre sprechen wird.
- Unter der Ueberschrift „Notwendiger R ealism u s" beschäftigt sich die Deutsche Diplomatische Korrespondenz mit den internationalen Bemühungen um eine Verstän- digungs- und Verhaiidlniigsgrundlage in der Abrüstuugsfrage.
Zn dem englische n M e m ora >' dnm vom 28. Januar schreibt die Korrespondenz n. a.-. Deutschland sicht in dem Plan an sich eine brauchbare Diskussionsgrundlage. Es ist sogar mit den meisten seiner Einzelbestimmungen einverstanden. Diese Zustimmung ist naturgemäß dadurch bedingt, daß die Voraussetzungen des englischen Planes, so wie er sie selbst unmißverständlich bezeichnet, praktisch vorhanden sind. Der englische Plan will die Abrüstung, er lehnt ausdrücklich eine Lösung ab, die zwar die V e g r c n z n n g der Rüstungen vorsehen, aber nichts für ihre Eins ch iä n k n n g tun würde. Angesichts der in den letzten Tagen wieder bestätigten Haltung Frankreichs wäre es leider eine nicht länger zu rechtsertigende Illusion, im gegenwärtigen Augenblick irgendeine Art von Abrüstung, die diesen Namen verdient, zu er
warten.
Deutschland hat, ebenso wie England, lange geglaubt, die unerfreuliche Tatsache nicht hinnehmen zu müssen, daß bis ans weiteres kein Abbau der kriegerischen Rüstungen in Europa zu erreichen ist. Sie kann aber setzt, nach so vielen gescheiterten Versuchen, die Mitarbeit Frankreichs für ein internationales Abkommen zu gewinnen, nicht mehr ignoriert werden, wenn neue Verständi- gM'.gsversnche nicht den gleichen Mißerfolg haben sollen.
Dem englischen Plan stellt dann die Korrespondenz den italienischen Vorschlag vom 31. Januar gegenüber, der von Anfang an den Grundsatz vertrat, daß die hochgerüsteten Mächte entweder nicht den Willen oder die Möglichkeit haben, zu erheblichen gemeinsamen Abrüstungsmaßnahmen zu gelangen, und bezeichnet ihn als die einzige realpolitische Lösung, die ihn in den Vordergrund des Interesses treten läßt. Um die Hoffnung auf weitere Fortschritte so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, so führt dann die deutsche Diplomatische Korrespondenz fort, wäre es angezeigt, die Vertragsdauer nicht, wie cs das englische ^Mem orandum vorsieht, auf 10 Jahre festzu- Wm, foEern ksie schon reichlich bemessene echszährige Frist des Mussoliniplanes als Maximum zu betrachten. Innerhalb die- V müßte eine neue Behandlung der «vrnstnngsfrage vorgenonnnen werden.
Ser Staatsakt am Srldrngedenktag
Programm
Gedenktag in der «mm i'ndon steiu nnnmebr fest.
Berlin, 22. Februar, für den Staatsakt am Staatsoper Unter
! Mtkitt des österMWn MudespriWenten?
Wien, 21. Februar.
Die Pariser Abendblätter veröffentliche! eine Meldung der Nachrichtenagentur „Im formation" ans Wien, daß Pnndespräsi- dent Miklas demnächst znvücktreten 'werde Er sei durch die blutigen Ereignisse tief bir trübt und von den Todesurteilen und der Vollstreckungen stark beeindruckt. Er wolli zurücktreten, jedoch nicht gegenwärtig, wei dies eine Desavouierung Tolliuß' bedeute! würde. Deshalb wolle er für seinen Rück tritt einen günstigen Augenblick abwarten Im Falle seines Rücktrittes würde Toll snß B n n d e s P r ä s i d e n t werden.
Die bulgarische Presse, die dsi blutigen Ereignisse in Oesterreich mit gröst ter Spannung verfolgte, sich aber bishri aller Kommentare enthalten hat, ist nnnmehi ! aus ihrer Reserve heransgetreten. Tie mer sten Blätter vernrtei l e n d a s furch b bare Blutbad, das die Dollfuß-Regierung besonders m Wien angerichtet hat, an' das Schärfste. Allgemein wird die Auffassung unterstrichen, daß sich die österreichischer Machthaber durch ihr brutales Vorgehen ih! eigenes Grab gegraben haben. Eine Regierung, die gegen einen, wenn auch ansstün- > dischen Volksteil mit allen 'Mitteln der Ver- - nichtnng wie gegen einen verhaßten Erbfeind ! vorgegangen sei, schreiben mehrere Blätter, ! hätte sich selbst gerichtet. '
Wie man eine verhetzte und verführte Arbeiterschaft für den nationalen Gedanken und Staat gewinnen könne, führt „Nesawis- siinost" aus, das Hütte Herr Dollfuß dock- längst an der nationalsozialistischen Revolution in Deutschland lernen können. Du österreichischen Arbeiter, die jetzt wissen, we ihr richtiger Feind stände, würden zweifellos in Hellen Scharen zum Nationalsozialismus übergehen.
Besonders bemerkenswert ist ein Artikel des konservativen „Mir". Er schreibt, daß die östcrreichschen Vorgänge unendlich viel tragischer seien, als die Wiener amtlichen Stellen wahrhaben möchten, deren Vertu stzifsern der Wahrheit ins Gesicht schlügen. Das Blutbad dei Herren Dollfuß, Starhemberg und Fey habc mit Recht den Protest der ganzen Kultnr- welt hervorgerufen. Hoffentlich ließe sich dic österreichische Regierung nun nicht noch verleiten, in ähnlicher Weise gegen den Nationalsozialismus vorzugehen. Dollfuß, der sich an die Rockschösse gewisser Mächte gehängt habc, um seine Position zu befestigen, müsse endlich verstehen lernen, daß dem kleinen Oesterreich, dessen Tragik darin liege, daß es nach dem Weltkrieg nicht mit dem deutschen Brudervolk vereinigt worden sei, nickst mehr mit internationalen Injektionen zweifelhafter Natur geholfen werden könnte.
1. Coriolan-Ouvertüre von Beethoven. 2. Gedenkrede des Herrn Reichswehrministers Generaloberst von Blomberg. 3. Ich hatll einen Kameraden. 4. Trauermarsch ans „Götterdämmerung" von Richard Wagner. 5. Deutschlandlied — Horst Wessel- Lied.
j Das Staatsvpernorchester spielt unter > Leitung von Prof. Heger.
Der Staatsakt wird durch eine große ! Lautsprecheranlage auf die Straße Unter ! den Linden vom Lustgarten bis zum Bran- ! denburger Tor übertragen, i Nach den Feierlichkeiten in der Staatsoper. denen der Reichspräsident beiwohnen wird, findet vor dem Ehrenmal Unter den Linden eine Parade statt, an der eine Fahnenkompanie und drei Kompanien Reichswehr, sowie drei Hundertschaften Polizei teilnehmen werden.
Die Formationen marschieren nach der Parade in Richtung Brandenburger Tor aus der Mittelpromenade ver Straße unter den Linden. Der Reichspräsident wird in Begleitung der Neichsregierung im Ehrenmal einen Kranz niederlegen. Nach der Parade fährt der Reichspräsident ans der - nördlichen Fahrbahn der Straße Unter den j Linden in seine Wohnung zurück.
! KemeLtWarktiten amSeldtngtdtnktag
! Das Innenministerium hat die Polizei- ! Behörden angewiesen, dafür zu sorgen, daß LM H e l d e n g e d e n k t a g, 25, Februar )s. Js., Lustbarkeiten unterbleiben. Tanzunterhaltungen aller Art dürfen ncht genehmigt werden. Sportveranstaltungen, bei denen der Gefallenen in würdiger Weise gedacht wird, können als der Bedeutung des Tages angepaßt angesehen «erden. Die Lichtspieltheater werden nur Bildstreifen ernster Art vorführen, die der Bedeutung des Tages angemessen sind.
Riesiger Sptomgesall
Aufsehenerregende Wendung im Staviskq- Skandal
Paris, 21. Febr. Die Pariser Morgenblätter berichten im Zusammenhang mit dem Staviskh-Skandal, daß nach den in Bayonne umlausenden Gerüchten die ganze Angelegenheit in den nächsten Tagen ein vollkommen anderes Aussehen erhalten könnte.
Gewisse Anzeichen deuteten darauf hin, daß sich die Tätigkeit Staviskys nicht nur auf die Millionenbetrügereien beschränkt habe, sondern daß er seine anten Bestellun
gen zu den höchsten Stellen auch geschickt ausgenutzt habe, um Spionage zu treiben. Wenngleich diese Gerüchte im Augenblick noch keine feste Form angenommen haben, so meint man doch in diesem Zusammenhang bereits die Namen der Wiener Künstlerinnen Rita Georg und einer augenblicklich in London weilenden Wiener Tänzerin Marianne Kupfer. Man wundert sich darüber, daß beide unmittelbar nach dem Tode Staviskys Frankreich verlassen haben und daß sich besonders Rita Georg bisher geweigert hat, nach Paris zu kommen, um über ihre Beziehungen zu Staviskh auszusagen.
Das „Journal" hal von sich aus eine Untersuchung eingeleitet und spinnt den Faden weiter. Staviskh, so betont das Blatt, habe sich eingehend um die Organisierung der französischen Grenzverteidigungen bekümmert. Die Pariser Sicherheitspolizei habe sich ebenfalls mit dieser Sache befaßt und erklärt, daß sie verschiedenen Spuren nachgehe, daß aber bisher kein einziges der umlausenden Gerüchte bestätigt werde. Di« Blätter glauben aber doch, daß sich der Ba- yonner Untersuchungsrichter demnächst auch mit dieser Angelegenheit zu befassen haben werde.
Ehrentage der national- sorialWchrn Beivegnag
Berlin, 21. Februar.
Wie bereits angekündigt, werden die Tage vom 23. bis 27. Februar als Ehrentage ver Bewegung begangen werden. Am 23. Februar starb vor vier Jahren Horst Wessel, am 24. Februar 1920 sprach Adolf Hitler in der ersten großen Versammlung der NSDAP., in München; in dieser Versammlung wurden die 25 Thesen ver NSDAP, verlesen und programmatisch verkündet. Der 24. Februar 1920 ist daher für die Bewegung für alle Zeiten einer der denkwürdigsten Tage. Am 26. Februar 1925 erschien nach der damaligen Aufhebung des Parteiverbots der „Völkische Beobachter" wieder, zunächst als Wochenzcitung.
Auch der 27. Februar ist ein Gedenktag besonderer Art. Nach seiner Festungshaft sprach am 27. Februar 1925 der Führer zum ersten Male wieder in München. An demselben Tage wurde die NSDAP, in München wieder ins Leben gerufen.
Wie angekündigt, werden die Ehrentage der Bewegung ihre besondere Weihe durch
cne ncreicngung der politischen Leiter der NSDAP., der Hitler-Jngendführcr und der Führerinnen des BdM. am 24. Februar im ganzen Reiche erhalten.
Der Schwerpunkt der Veranstaltungen wird selbstverständlich in der Gevurtsstadt des Nationalsozialismus, in München, liegen.
SS.-GruvvenWrer Ekidel-Sittmars» t
B nn, 2!. Febr. SS.-Gruppenführei S e i d e l - D i t t m a r s ch, bis vor turzer Zeit sthef des Fnhrnngscnntes der Reichsfnhruno der SS. und zuletzt Inspekteur Mitte der Obersten SA.-Führnug, Mitglied des Reichstags und preußischer Staatsrat, ist nach kurzem, schwerem Leiden '.in 48. Lebensjahre gestorben.
Scidel-Dittmarsch ist einer der bekanntesten TS.-Fnhrer Deutschlands gewesen and hat am Aufoaii der SA. und besonders der SS. großen Anteil.
Dankend abgelehnt
England verzichtet auf Dimitroff
London, 21. Februar.
Im Zusammenhang mit einer Unterhausanfrage, ob die englische Regierung den drei im Reichstagsbrandstifterprozeß, sreigespro- chenen bulgarischen Kommunisten die Einreiseerlaubnis nach England gewähren wolle, schreibt die „Evening News" Warmn ist diese Frage nicht sofort mit einem eindeutigen Nein beantwortet worden? Wir wollen keine ausländischen kommunistischen Agitatoren in England. Die Tatsache, daß Dimitrofs ein besonders geschickter und entschlossener Kommunist ist, verstärkt nur den Wunsch, ihn fern zu halten.
FrontjoldnteiEMicheil im Saar- gebiet verboten
Saarbrücken, 21. Febr.
Tie Regiernngskommission hat mit Wirkung vom 16. Februar das Abzeichen des Bundes der Frontsoldaten (Stahlhelm mit eingravier- tem BdF.) verboten. Das Abzeichen des Stahlhelm ist, da der Stahlhelm selbst im Saargebiet verboten ist, schon seit längerer Zeit nickst mehr gestattet.
Golenselndliche Kundgebungen in Kvwno
Kowno, 21. Februar.
Am Dienstag spät abends ist es in K o w n o im Zusammenhang mit der Protestbewegung gegen die Verhaftung von führenden Litauern ini Wilnagebiet zu poleineindlichen Ausschreitungen gekomnnu lieber 100 Studenten bildeten vor der Universität einen DemonstrationSzng und zogen im Laufschritt unter lauten Pfuirufen vor polnische Gebäude. Im polnischen Gymnasium und in der Redaktion einer in Kowno erscheinenden polnischen Tageszeitung wurden zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert. Auf der Hauptstraße drangen die Demonstranten in ein einem Polen gehörendes Kafsee ein und zerstörten verschiedene Ein- richtnngsgegenstände sowie die Schaufensterscheibe. Polizei griff bald ein, trieb die Demonstranten auseinander und verhinderte weitere Ausschreitungen. Gegen 11.30 Uhr nachts war die Ruhe auf den Straßen wieder hergestellt.
SabottE des WlntrrbiyswerkS irr Schutzhaft
Berlin, 21. Februar.
Im Aufträge des Reichstagsabgeordnete«« Stöhr, des Landesleiters des Winterhilfswerkes Kurmark, ist der Inspektor von hülst aus Rohrbeck (Kreis Königsberg in der Neumark) wegen Sabotage des Wniter- hilfswerks am Mttwoch in Schutzhaft genommen worden. Von Hülst hatte unwahr« Behauptungen und Angriffe gegen die Leiter des Wmterhilfswerks gerichtet und di« Arbeit der Organisation zu stören versucht.