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Der HcielNchaktcr
Samstag, dcn 17. Februar
Das Bnkenbrennen auf den nordfrieMen Wein
Bon Wilhelm Lobsien
Jahren, wenn auch vielleicht die Beteiligung der Kinder heute größer ist als damals und die Gefahr eines Herabsinkens zu einem blaßen Kindervergnügen eine Zeitlang bestanden haben mag. Christian Jenseii, der verdienstvolle Erforscher Nordfrieslands, schildert die Feier, wie sie vor etwa 40 Jahren stattfand, folgendermaßen: „Wenn das Weih- uachtsfest und mit ihm das Neujahrsfest vorübergegangen sind, denken die Sylter Kinder bereits an das ihnen zunächst bevorstehende Frendenfest, die Feier des Petritages; es werden schon die ersten Vorbereitungen getrof-
Aus einigen der nordsriesischen Inseln, besonders auf Amrum und Sylt, findet man hier und da große, kuppelförmige Hügel und andere Stätten, deren Name an alte heidnische Zeiten erinnern, z. B. Törshovg. dereinst dem Gott Thor, Helhovg, der der Lodesgöttin Hel, Wedashovg. der dem Gott Wodan geweiht war. daneben Hilligenlei,
Hilligenördt und andere, die an heilige Stätten gemahnen. Wir wissen aus alten lleber- lieferungen, daß die heidnischen Friesen an diesen Stätten ihre Gottesdienste abhielten und ihren Göttern opferten. Jul- und Erntefest waren besondere Festtage; sie wurden aber Übertrossen vom Frühlingssest, das am 21. Februar seinen Anfang nahm und Wodan zu Ehren gefeiert wurde. Gleich »ach diesem Fest rüsteten die Friesen ja zur Ausfahrt in die vom Wintereis befreite See, und da galt es, durch ein lautes, lärmendes Fest und ungeheure Flammenstöße den obersten Kriegsgott gnädig zu stimmen und zu einem freundlichen Führer auf weiter Nordmeerfahrt zu machen. Aber nicht leichten Herzens verließ der Wiking seine Heimatinsel und darum traten vor der Ausfahrt am Morgen ^ des 22. Februar alle Freien auf dem Thing-!
Hügel in den Kreis, um über altes und neues;
Recht, alte und neue Gesetze zu beraten, alte Feindschaften zu begraben, neue Freundschaf- > ten zu festigen und von der Sippe Abschied ^ zu nehmen. Zu all diesem riefen mahnend! die riesigen Flammenstöße, die wie ungeheure Feuerfanale ihren Schein weit über Inseln und Meer warfen. „Biiken" nannte man sie, ein Wort, das noch heute in „Baken", also dein Namen für die Buschzeichen, die! den Schissen den Weg durch das trügerische Wasser des Wattenmeers zeigen, enthal- ° ten ist. !
Wenn die Dunkelheit sich über See und Sand senkte und das Festland und die Nachbarinseln im Dunst der Dämmerung versanken, flammten als erste in Nordfriesland
die Biiken auf Sylt zum nächtlichen Himmel Das Biikenbrennen ans den ostfriesischen Juü-ln empor, em Ruf und Zeichen für alle ande- ; ren.
Mit hereinbrechender Dunkelheit wird am Abend vor dem Petrifest das Biiken angezündet und mit den hinzugeworfenen Strohbündeln möglichst lange unterhalten. Ein großes Feuer gereicht der Dorfjugend zu besonderer Ehre. Unter dem Schein des Feuers umtanzt die Kinderschar den Hügel; vereinzelt eilen die Knaben mit brennenden Strohwischen den Abhang der Opserstätte auf und ab, während von Rauch und Feuerschein aufgeschreckt, draußen auf den Watten die dort rastenden Rotgänse ihr Klagegeschrei in den Gesang der Kinder mischen. Man hält sie für Geister der „edlen freien Friesen", die ihre versunkenen Lande umkreisen."
Die heutigen Feiern unterscheiden sich wenig davon, nur tragen sie, wie schon ge
Ludwig Kittel'
und bald leckten im Norden, Süden und Osten die gleichen Feuerzungen zuckend in die möwendurchschriene Nacht hinauf. Ueberall, ob aus Sylt oder Amrum, Föhr oder den Halligen, oder auf dem Festland, grüßten sich die Friesen durch die gleichen Feuer und überall war die Art der Feuer gleich. Die Burschen und Mägde, die Männer und Frauen, tanzten lachend und singend um den Flammenstoß, rissen brennende Aeste heraus und schleuderten sie vom Hügel hinunter oder sprangen durch die lodernde, knisternde Glut, Kraft und Geschicklichkeit jauchzend beweisend, und wie Gebet und Forderung schwoll es nach Walhall hinauf: „Wikke tare! Wikke tare!" (Wodan verzehre unser Opfer, nimm es gnädig an.)
Als das Christentum auch nach Nordfriesland vordrang, hüteten sich die durch Erfahrung klug gewordenen Sendboten, sofort und schroff mit allen heidnischen Bräuchen zu brechen, sondern fügten sie, nachdem sie sie etwas umgemodelt hatten, weise und vorsichtig ihrer Gottesdienstordnung ein. So kam es, daß das Biikenbrennen mit Petri Stuhlseier, also dem Tage, an dem Petri Besteigung des päpstlichen Stuhles gefeiert wurde, verknüpft wurde und der Glaube sich verbreitete, daß an diesen? Tage Petrus einen heißen Stein ins Meer würfe und es so eisfrei und für die Seefahrt offen mache, und daß allmählich die alte Wodansfeier zu einer Petrifeier, einem Petritag (22. Februar) wurde und bis auf den heutigen Tag geblieben ist.
Der Krieg zwischen England und Dänemark (1807) gab Veranlassung, das Biikenbrennen zu verbieten, vielleicht in der Besorgnis, es könne dem Feinde durch die Biiken Zeichen gegeben und Spionage getrieben werden. Später aber lebte die Feier des Petritages wieder auf, trotzdem von Thingversammlungen nicht mehr die Rede sein konnte und auch nicht mehr von einer Abfchiedsfeier vor Eröffnung der Seefahrt. Dafür bekam aber der Tag ein nationales Gepräge; die Biiken! waren Zeichen des im Deutschtum verbun- denen Friesentums im Gegensatz zu den feindlichen Dänen. Wie stark betont dieses zum Ausdruck kam, beweisen die 28 Biiken, die z. B. im Jahre 1909 von den Inseln zum Festland hinübergrüßten. Der Weltkrieg machte natürlich, auch aus den oben angegebenen Gründen, den Biikenfeiern ein Ende; aber stärker als je zuvor erstand der alte Brauch, als man widerrechtlich uns die Nordmark, also den nördlichen Teil Schleswig-Holsteins nahin und diesen durch den Schandvertrag von Versailles ermöglicht:?? Raub durch eine raffinierte Abstimmung sanktionieren zu können glaubte. Was damals laut und vernehmlich durch die ganze Nordmark scholl: „Wir wollen keine. Dänen sein, ivir wollen Deutsche bleibenl" klang besonders trotzig und drohend durch Nordsriesland und ließ Heller und höher als je vorher die Biikenslammen zum Himmel lodern, ein Gruß den Brüdern im abgetretenen Gebiet, ein Gelübde der ganzen Nordseeküste und aller Inseln und Halligen: Wir wollen keine Dänen sein, wir wollen Deutsche bleiben!
In den Grundzügen wird das Fest heute noch gefeiert wie vor tausend und noch mehr
MI. Hier zieht eine frvhbewegte Kinderschar hinaus aufs Feld, um in einen Weidenkorb Knochen aufzulesen; dort ist eine andere schon bemüht, die gemachte Beute in Münze umzuwandeln, um den Erlös einiger Pfennige für den kommenden Petritag zurückzu- iegen. Mit dem Nahen des Festes wird auch die Geschäftigkeit der Kleinen größer; die letzten Wochen und Tage vorher widmen sie der Sorge für las Material zum Freudenfeuer und wandern von Hans zu Haus, um sich Stroh zum Biiken zu erbitten. Meistens erhalten sie reichlich, so daß sie oft mehrere Fuder Brennmaterial zum „heiligen" Hügel schaffen können, ans welchem in der Mitte ein leeres Petroleumfaß oder eine Teertonne errichtet ist, umgeben von Stroh und Reisig.
sagt, ein nationales Gepräge. Auch wandern heute an manchen Orten die Teilnehmer am Biiken mit Fackeln und Lampions unter Vorantritt einer Musikerfchar zum Opferhügel und singen dort ihre Freiheitslieder, bis die Flammen erloschen sind und die Nacht Meer und Strand mit schwarzen Tüchern bedeckt.
Der nächste Tag, also der Petritag, sammelt alle Bewohner zu frohem Tanz, und wo sich eine Spielschar zusammengesunden hat, wird — besonders auf Sylt — ein Theaterstück in friesischer Sprache aufge- fnhrt. Wie fest die Friesen mit ihrem Petrifest verwachsen sind, möge auch die Tatsache beweisen, daß überall in der Fremde die Friesen sich an dieseni Tage zusammen finden, um „Pidersdai" zu feiern.
Das Feumad in der EW /
Am ersten Fastensonntage, Hierselbst Scheef- und anderwärts auch Burgsonntag geheißen, ziehen die Kinder nach dem Nachmittagsgottesdienst von Tür zu Tür und betteln Stroh unter dem Geschrei:
„Stroh, Stroh, Bäuschen,
Heut' abend gehen wir ums Angstrao kreischen! Stroh, Stroh, Schanzen,
Heut' abend gehen wir ums Angstrad tanzen!"
Jeder Familienvater gibt der Schar ein gutes Bündel Stroh, zunächst, um den Belästigungen der Gesellschaft zu entgehen, dann aber auch in der Erwartung, daß seine Ernte im kommenden Jahre eine um so reichlichere werde. Mit dein erbettelten Stroh wird ein Wagenrad, welches das jüngste Ehepaar hergeben muß, so gefüllt, daß eine mächtige Walze entsteht. Durch die Nabe des Rades zieht man einen jungen Eichenstamm, um eine bequeme Handhabe zu erlangen. Vor Anbruch der Dunkelheit wird das gefüllte Rad auf den östlich von Oberstadtseld liegenden Berg Angst gebracht. Sobald die Abcndglocke läutet, stimmt die Versammlung auf dem Berge „Der Engel des Herrn" an und nmschreitet mit brennenden
Von Wilhelm Beters
Fackeln das Rad, das dann nach vollendetem Gebet unter Schießen angezündet und zu Tal gerollt wird. Fackeln begleiten es auch den Berg hinab. Unten wird das Rad, das nunmehr ganz ausgebrannt ist und am Abhange des Berges eine Feuerschlange zurückgelassen hat, in Empfang genommen und dem Ehepaar wieder zugesteltt, das nun die Jünglinge mit einem Liter Schnaps bewirten muß.
Die Alten verfolgen aufmerksam die Richtung, die der Rauch von dem brennenden Rade nimmt. Zieht derselbe nach dem Flachsbaume hin — in nordwestlicher Richtung — so soll es ein gesegnetes Jahr geben. In allen Häusern des Dorfes aber werden an diesem Sonntagnachmittage aus Sauerwasser (Drees), Heidekornmehl und Eiern goldgelbe Waffeln gebacken und zum Kaffee verzehrt.
Von den? Hinunterrolle?? des Rades hängt das Glück oder Unglück des Dorfes ab. Wird dasselbe nicht zn Tal gerollt, so beschwören die Bewohner ihr Unglück selbst herauf, denn es soll alsdann viel Unheil über das Dorf kommen und Krankheiten an Menschen und Tieren auftreten. Einst — so erzählt man — unter
MW-
ließen die Oberstadtselder den Brauch. Da fing das Vieh in den Ställen zu brüllen an, und es kam Unglück über Unglück über das Dorf.
Und nun die Bedeutung des Brauches! Un- fere Vorfahren, die alten Germanen, kannten ?n ihren Wäldern nur zwei Jahreszeiten: Sommer und Winter. Daher auch wohl das Sprichwort: „Eine Schwalbe macht keinen Sommer." Wenn nun im Winter das aller Leben spendende Sonnenlicht sich wieder näherte, so feierte man zu Ehren des Sonnengottes Fro oder Freyr das Fest der Winter- sonnenwende, Julfest, gleichsam das Geburtsfest der Sonne. Es begann in der Nacht der Sonnenwende und dauerte bis zum Dreikönigsabend. Alter Streit ruhte, keine Bleiche durfte den Zaun zieren, kein Wagenrad knar- ren, denn die Götter hielten während dieser zwölf Tage ihre Umzüge. Bei festlichen Grst. gen versammelten sich die Sippen und als Fest- gericht wurde der mit Grün gezierte, dem Freyr geheiligte Eber aufgetragen. Zum Zeichen des sich nahenden Sonnenlichts ließ man unter großen? Jubel Feuerräder, das Sinnbild, der Sonne, zn Tal rolle??.
(Ans: Eifelkalender 1927).
Jas Burgbrennen
Noch ein Frühlingsfeuerzcichen aus deutschem Lande
So willkommen der Winter auch ist mit seinen Festen und Freuden, so gern sieht inan ihn wieder scheiden. Man treibt ihn aus und will den Sommertag einführen. Schon das Begraben der Fastnacht weist darauf hin, daß es mit dem Winter zu Ende ist. Aber die eigentliche symbolische Austreibung des Winters vollzieht sich am Sonntag Lä- tare, Mittfasten, oder an einem der ersten Fastensonntage.
Besonders in der Eifel wird feit alters der erste Fastensonntag, der Sonntag Oua- dragesima, für dieses Fest gewählt.
Schon in den Tagen kurz vor dem Sonntage beginnen die größeren Dorfjungen Reisig und Windschlag aus dem Walde am eine Anhöhe beim Dorfe zu schaffen. An dem Sonntage selbst ziehen des Nachmittags die Schuljungen und andere von Haus zu Haus, von Hof zu Hof und betteln um Stroh, Neisigschanzen und Stangen zur neuen Burg, zum Burgfeuer. Dabei singen sie ihre Heischelieder.
Die Herrichtung des Burgfeuers schildert H. Meyers sehr anschaulich. „Das aus dem Rundgange gesammelte Brennmaterial wird mit Hilfe der schulentlassenen Burschen und nötigenfalls gar der Erwachsenen unter vieler Mühe auf den nächstgelegenen Hügel oder Berg geschleppt. Hier errichten dann die größeren Burschen und Junggesellen an den? von altersher bestimmten Platze die „Burg". Eine möglichst lange Stange wird mit einem Strohkrouz oder einer strohenen Puppe versehen und aufgerichtet, mancherorts auch ain Nachmittage beim Einsammeln des Strohes vorangeträgen. Nm diese Stange stellt man nun abwechselnd Stroh- und Holzbünde! und bindet jede neue Lage mit starken Seilen recht fest zusammen, damit das Feuer nur langsam Vordringen kann. Wird besonders viel Zeug zusammengebracht, so erhält die Burg mehrere Stockwerke. Die Schulbuben umwinden lange Stangen mit Strohseilen oder binden Strohbüschel daran fest und legen sie als Fackeln bis zum Abend beiseite. An einigen Orten liegt das Bauen und Anzünden der Burg dein zuletzt Verheirateten ob, der den Burschen auch Schnaps zum besten geben muß. Jedes Dorf will die schönste Burg haben und das Feuer möglichst lang unterhalten, bis die Nachbarburgen erloschen sind. Darum wendet man allerlei Kniffe an. um die Umgegend zu täuschen. Man legt kleine Nebenburgen an und läßt sie abbrennen, um das Anzünden des Hauptfeuers hinauszuschieben. Jst's dann aus den umliegenden Höhen allmählich dunkel geworden, so zündet der älteste Bursche init einer Fackel die Spitze der Burg an und läßt auch Feuer an die Fackeln legen. Früher faßten sich die anwesenden Dorfbewohner bet der Hand und tanzten einen Reigen um die haushoch lodernden Burgslammen, während die Jungen mit den brennenden Fackeln singend und schreiend in weiten Kreisen die Höhe umschwärmten, sich gegenseitig schwärzten, über und durch die glimmende Asche sprangen und allerlei Kuruweil trieben."
Mancherorts entspinnt sich vor dem Anzünder? der Burg ein Kampf. Mit Fackeln bewaffnet, berennen die Burschen die Burg und suchen sie in Brand zu sehen. Indes wehrt der Burghüter, gewöhnlich der jüngste Ehemann, alle Versuche ab, mit einer langen Gerte bald diesem, bald jenem Angreifer eins auswischend. Zuletzt aber gelingt es- die Strohburg anzuzünden.
An anderen Orten der Westeifel wurde (oder wird?) ain SÄef- oder Burgsonnt«? ein schlanker Buchenstamm aufgerichtet und mit Stroh dicht umwickelt. Am oberen Ende befestigte man einen Querbalken, der ebenfalls init Stroh umwickelt wurde. Das Ganze bildete ein förmliches Kreuz, wurde aber Burg genannt. An jedes Ende des Ouer-- balkens und auf die Spitze des Stamn»es wurden alte Körbe gesteckt. Zuletzt wurde auch diese Burg angezündet, und sobald das erste Flämmchen emporzüngelte, erschallte der Ruf „d Burg brennt, d Burg brennt".
Aus: A. Wrede, Rheinische Volkskunde.)
Das Feuerrad
Erwin K r u m m
Herausgegeben im Auftrag der NS.-Presfe Württemberg von Hans Reyhing Mlm o. D.)»