Nr. 27

Freitag 2. Februar 1934

108. Jahrgang

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Die neuen Abrüstungsvorschläge Großbritanniens

ktz. Berlin, I.Febr. Noch sind die Gründe unbekannt, die die britische Negierung be­wogen haben, den Wortlaut ihrer Antwort an die deutsche Neichsregierung zur Ab­rüstungsfrage zu veröfsentlichen, ehe diese die Prüfung der Note vollendet hat; diese Ab­kehr von den diplomatischen Gepflogenheiten läßt aber erkennen, daß die klare, von jedem Vorbehalt freie Stellungnahme des deut­schen Reichskanzlers zu den Abrüstungs­problemen die anderen Mächte zwingt auf die Methode diplomatischer Phrasen zu verzichten und ihrerseits ebenso deutlich zu den Abrüstungsfragen Stellung zu nehmen. Es ist auch kein Zufall, daß im gleichen Augenblick, da Großbritannien seine Note an Deutschland veröffentlicht, auch Italien auf die Mitteilung seines Standpunktes Wert legt, eines Standpunktes, der bereits in den ersten Januartagen gelegentlich des Aufenthaltes hes britischen Äußenministers in Rom formuliert wurde. Daraus ergeben sich auch manche Uebereinstimmungen in den beiden Schriftstücken.

Zer kritische KomVromißvorschiag

Die umfangreiche englische Denkschrift geht davon aus. daß die Abrüstung?- besprechungen in Genf ohne neue Vorschläge nicht wieder ausgenommen wer­den konnten: sie kann also nicht als ein Ver­mittlungsvorschlag zur Forderung der deutsch-französischen Aussprache angesehen werden. Wesentlich ist die Anerkennung der G l e i ch b e r e ch t i g u n g s s o r d e - r u n g Deut s ch l a n d s auch dann, wenn die Abrüstung bei den einen ein gewisses Maß an Aufrüstung bei den andern in sich schließt. Gleichzeitig versucht die britische Denkschrift, in diese Anerkennung der Gleich­berechtigung Deutschlands die französischen Sicherheitsforderungen einzubauen, steht aber aut dem Standpunkt, daß die Waffen des einen dem andern nicht verboten sein dürfen. Tie Sicherheit soll durch den Ein­bau der entsprechenden Bestimmungen des Kellvggpaktes in die Abrüstungskonvention, weiters aber auch durch den Einbau der von der deutschen Regierung Vvrgeschlagenen Nichtangriffspakte in die Konvention erreicht werden.

In materieller Hinsicht schlägt Groß­britannien in seiner Denkschrift vor:

Der Gr»nds»p der Gleichberechtigung ist nicht weniger wesentlich als der der Sicher­heit und beide müssen praktisch zur Anwen­dung gelangen. Ausgehend von der An­nahme, daß die Abrüstuiigsvercinbarung aui >0 Jahre abgeschlossen wird, wäre die eng lische Regierung auch mit einer solchen Hee­resstärke von 300 000 Mann einverstanden wenn nur der mit der Zahl 200 000 ange­strebte Grundsatz der Parität zwischen Frank­reich. Deutschland. Italien und Polen zu einer entsprechenden Regelung führen würde. Auch einer Dienstzeit von 12 statt 8 Monaten würde sie zustimmen, wenn dies allgemein gewünscht würde. Bezüglich der sogenannten , nulitürähnlichen Ausbildung" wird eine ge­naue Kontrolle des Verbotes vorgeschlagen, die deutschen Versicherungen bezüglich der ^A. und SS. werden mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Weiter wird vorgeschla- Mr. sofort mit der Abschaffung donTanksüber lOTonnen zu b e - ginnen, die Zerstörung der Tanks über >6 Tonnen bis zum Ende des fünften Jah­res zu beenden und der neuen deutschen Urmee Kampfwagen bis zu 6 Tonnen zu­zubilligen. Bewegliche Leichtgeschütze mit eluem Kaliber bis zu 15,5 Zentimeter will die englische Regierung schließlich auch Deutschland, ebenso Oesterreich. Ungarn und Bulgarien zubilligen. Geschütze über 35 Zen­timeter sollen bis Ende des ersten, über 22 Zentimeter bis zum Ende des vierten und über 15,5 Zentimeter bis zum Ende des u zerstört werden. In der Frage der

Lustrüstungen find folgende Vereinbarungen . rorgeschlagen. Wenn die ständige Abrüstungs- ,?"""isston nach Ablauf von 2 Jahren die -^'chMsung nicht beschlossen hat, sollen u l I e L ä n d e r d a 8 R e ch t auf eine

Militärluftfahrt haben. Sie wür­den in den folgenden 8 Jahren je nach ihrer Lage ihre Bestände schrittweise bis zu einem zu vereinbarenden Stand entweder vermin­dern oder erhöhen. Bezüglich der über­seeischen Landstreitkräste bleibt die englische Regierung bei ihrem alten Konventions­entwurf.

Pressestimmen zu den Abrüstungsdenkschriften

kk. Berlin, I. Febr. Die Prüfung der bri- j tischen Abrüstungsdeukschrift dürfte in Bälde : beendet sein, woraus dann eine amtliche j deutsche Stellungnahme hiezu er- : folgen wird.

i Auch in Paris hat man die britische ! Denkschrift bereits geprüft, sich bisher aber ! jeder amtlichen Stellungnahme enthalten, da Ministerpräsident Dala - dier erst Mittwoch das Außenministerium übernommen und daher noch nicht Zeit ge­habt hat, das Schriftstück selbst durchzusehen, j Die Haltung der Pariser Presse allerdings j gibt den englischen Vorschlägen wenig A u s s i ch t e n. Einige Blätter bemühen sich j zwar, die Ablehnung mit angeblichen Vor- s behalten zu verbrämen. Der halbamtliche !Petit Parisien" spricht von ernstenMei- i nungsverschiedenheiten, da Frank- ! reich eine substantielle Rüstungsherabsetzung > der am stärksten gerüsteten Armeen, nicht ! aber die Aufrüstung Deutschlands wünsche. ! AuchOeuvre" ist unbefriedigt, weil Groß- ! britannien Deutschland die Aufrüstung an- ! bietet und die übrigen Mächte zwingen i wolle, ohne Probezeit abzurüsten.

! Die englische Presse stellt sich im großen i und ganzen hinter die Denkschrift der briti- ! schen Regierung, ohne gerade übermäßig be- ! geistert zu sein.Times" nennt das Schrift­stück schon in der Ueberschrift einen küh­nen Fortschritt. Kühn nennt die Vor­schläge auch die konservativeMorningpost". Auch der sozialistischeDaily Herald", der daran erinnert, daß am 2. Februar der zweite Jahrestag des Beginnes der Ab­rüstungskonferenz ist, gibt sich zufrieden und stellt fest, daß es jetzt auf das Verhalten Frankreichs ankomme.Daily Mail" lobt die Geschicklichkeit der britischen Regierung. Scheitere der britische Vorschlag, dann müsse sich Großbritannien von der Abrüstungskon­ferenz zurückziehen.

NurNews Chronicle" (Liberal), erklärt, daß man bei den Vorschlägen Begeisterung ! nicht empfinden könne, doch sei der englische ! Plan weniger unbefriedigend als der italie- i nische, nach dem jeder behalten solle, was er ! hat. Die britische Negierung werde sich wohl ^ zu weiteren Zugeständnissen an j Frankreich bequemen müssen.

Nie Sprache eines Staatsmannes

Gustave Herde über die Bedeutung der Kanzlerrede

Paris, l. Febr. Die groß angelegte Rede des Reichskanzlers und die vom Reichstag verabschiedete Versassnngsresorm werden wei­ter von der französischen Presse ausführlich besprochen. Gnstave Hervä kommt in der Victoire" zn folgenden Feststellungen:Ich beklage die Franzosen, die an dieser großen deutschen Revolution vorübergehen. ohne etwasdavon zn v e r st e h e n und ohne die große und weltbedentende Tragweite zu begreifen. Wenn man die meister­hafte Rede liest, die Reichskanzler Hitler gehalten hat, fühlt man sich gedemütig 1 bei der Feststellung, in welche Hand die Regierungsgewalt in Frankreich geraten ist. Die Sprache des Nationalsozia­list i s ch e n F ü h r e r 8 i st die eines Staatsmannes. Der Kanzler fordert das Saargebiet, das hundertprozentig deutsch ist, das man aber von Deutschland abgetrennt hat. Als Deutschösterreicher for­dert er für die sieben Millionen das Recht.

zn dem unteilbaren Deutschland zurückzukeh­ren. Zum zweiten Male innerhalb drei Monaten hat das deutsche Volk öffentlich und feierlich vor aller Welt dem französischen Volk die Hand gereicht. Herr Daladier, wer­den Sie aus Furcht vor den Royalisten der Action Franxaise diese Hand ausschlagen?"

Auswirkungen der Suite«- kriie in Frankreich

Herriot legt den Vorsitz der radikale« Kammergruppe nieder?

gl. Paris, 1. Februar. Mit der Bildung des Kabinetts Daladier ist die große franzö­sische Krise, die durch den Stavisky-Skandal ausgelöst wurde, nicht behoben worden. Noch hat sich das neue Kabinett der Kammer nicht vorgestellt und schon zeigen sich Aus­wirkungen der Krise in der führenden Partei Frankreichs selbst, nämlich in der radikalen Kammergruppe. Nachdem bereits der sozia­listischePopulaire" Nachrichten von einem bevorstehenden Rücktritt Her- riots von der Führung dieser Fraktion wiedergegeben hatte, zeigt es sich jetzt, daß dieser Rücktritt kaum zu vermeiden sein wird. Die Belastung der Partei durch den Stavisky- Skandal ist so groß, daß Herriot es vor­zieht.-die Verantwortung abzugeben, um sich selbst zu erhalten.

Wenngleich Herriot Gesundheitsrücksichten für seine Rücktrittspläne angibt, so steht doch fest, daß es vor allem die schweren Be­schuldigungen gegen den Finanzminister im Kabinett Chautemps, B o n n e t. sind, die Herriot zu diesem Schritte bewegen. Bonnet wird , nicht nur wegen seiner Beziehungen zum verhafteten Direktor derVolonts", Dubarry die er in der Kammer ge­leugnet hat schwer angegriffen, sondern auch deshalb, weil er während der Konserenz von Stresa m i t S t a - oiskh getäfelt haben soll. Was an diesen Behauptungen richtig ist, soll die in den nächsten Tagen erfolgende Vernehmung Lonnets, sowie des früheren Kolonialmini­sters Talimier und mehrerer Beamter des Handels- und Arbeitsministeriums ergeben. Außerdem scheint Herriot auch darüber ver­stimmt zu sein, daß ein Parteigericht über den im Zusammenhang mit dem Stavisky- Skandal verhafteten Abg. Garat urteilen soll.

Schon wlobrr ein neuer Bankskandal

Die B a n q u e kooperative in Paris, die im Jahre 1919 mit 500 000 Franken Ka­pital gegründet wurde, hat ihre Schalter schließen müssen. Schritte zu einer Stützungs­aktion wurden eingeleitet. Angeblich soll eine Rückzahlung der Einlagen auf lange Sicht möglich sein.

Eine Ariedensmahnung des Vapstes

Paris, 1. Febr. DerJntransigeant" ver­öffentlicht die ausführliche Zusammenfassung einer Erklärung, die Papst Pius XI. einem Vertreter dieses Blattes gegenüber gemacht habe. Das Blatt bemerkt dabei, daß diese Zu­sammenfassung von einem zuständigen Präla­ten durchgesehen worden sei. Der Veröffent­lichung ist im wesentlichen eine Zusammen­fassung der von Papst Pius XI. bei verschiede­nen Anlässen und in mehreren Enzykliken be­reits vertretenen Ansichten. Es heißt darin n. a.:

Die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen Sen verschiedenen Völkern werde den Beginn des wirklichen Friedensreiches in der Welt be­deuten. Der Friede sei weniger eine Tatsache, als eine Wille nsrich- tu n g. Die Bemühungen zur Wiederversöh- nung könnten für die einen oder die anderen Opfer der Eigenliebe fordern. Aber es scheine, daß man durch solche Opfer das Ergebnis er­zielen könne, daß alle Staatsoberhäupter und alle Völker seit dem Abschluß des letzten euro­päischen Krieges vergeblich suchten. Man dürfe sich nicht darüber täuschen, daß die Konflikts- gcfahren, wenn sic zur Wirklichkeit würden, Europa lind die ganze Welt in schlimmere Hebel bringen und vielleicht zum Zusam - menbruch der ganzen christlichen Kultur führen wurden.

Jas Neueste tu Kürze

Der Führer sprach gestern abend in Berlin vor einer Versammlung der Gauleiter über grundsätzliche Fragen der Neuordnung.

In Berlin begann gestern der Prozeß gegen 18 Kommunisten wegen Ermordung eines SS.-Mannes.

Das Hanseatische Sondergericht in Ham­burg verurteilte den Mörder des Hitlerjun­gen Bloecker zum Tode.

Tie württembcrgifche Regierung hat ein? Reihe von äußerst wichtigen Gesetzen erlassen, die die Einheit der Verwaltung verwirklichen.

. Die Auswirkungen der System-Krise in Frankreich sind noch immer nicht behoben. Herriot soll den Vorsitz der radikalen Äam- mergruppe niederlegen.

In Kairo eröfsnete gestern der ägyptische Kronprinz die 10. Tagung des Weltpost­vereins.

Alle diese Uebel seien eine Folge des letzten Krieges, von der nicht nur die besiegten Völker betroffen worden seien, sondern die auch schwer auf denjenigen Völkern lasteten, die daran nicht teilgenommen hätten, und selbst auf den- jenigen, die aus ihm siegreich hervorgegangen seien. Die Völker hätten diplomatische Ab- kommen vorbereitet, feierliche Pakte gewollt Aber der Friede könne nicht nur in solchen Schriftstücken enthalten, sondern er müsse gc wollt sein.

Im weiteren wandte sich der Papst gegen die llebersteigerung des Nationalismus und gi::,' dann ans die Frage der Missionen und der Er­ziehung ein.

Tirol unter Jollsuß Terror

Wien, 1. Februar. Bundeskanzler Doll­fuß erließ am Mittwoch einen neuen Aufruf an das österreichische Volk, der der Presse als Pflichtnachricht zur Veröffentlichung übermittelt wird. In dem Aufruf wird eine generelle Sänke- rungsaktion für Tirol augekündigt. Der Sicherheitskommissar, Vizekanzler Fey. wird beauftragt, alle Staatsfeinde (!)zur Raison zu bringen" und die Verordnung über die Aufhebung der Organe der Länder und Gemeinden in Anwendung zu bringen. Der Personalkommissar wird ferner beauf­tragt. im Sinne der neuen Beamtcnvervrd- nuug unverzüglich seine Tätigkeit auizn- nchmen.

Wer sich gegen die Bestrebungen der Bun­desregierung stellt, wird nls Feind des Volkes und Vaterlandes erklärt: solchen Elementen wird der Kampf bis zum äußer­sten angesagt.

Wiener tlniverWtsbali verboten

Die Wiener Polizeidirektion hat die Ab­haltung des für den 2. Februar geplanten Universitätsballes verboten. Das Verbot wird mit den Kundgebungen an den Wiener Hochschulen vom 30. Januar und damit begründet, daß die Veranstalter es unterlassen hätten. Mitglie­der der Regierung zum Ball ein- z n l a d e n.

Generalleutnant von Arltfch - General der Artillerie

Berlin, l. Febr. Der vom Chef der Heeres­leitung ernannte Generalleutnant Freiherr von Fritsch ist mit dem 1. Februar 1984 - dem Tage des Antritts seiner neue« Dienststellung zum General der Artillerie befördert worden.

Der Ehes der Heeresleitung., General der Infanterie Freiherr von Hammer st ein, hat aus Anlaß seines Ausscheidens aus dem Reichsheer folgenden Aufruf erlassen:

Am Tage meines Ausscheidens danke ich jedem einzelnen Offizier. Unteroffizier und Mann für ihre Arbeit, für ihre Leistung und für ihre Gesinnung. Mein Dank gilt in glei­cher Weise allen denen, die als Beamte, An­gestellte und Arbeiter für das Heer wirken. Solange das Heer dem deutschen Volke vor-