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Leite 7 Nr. 4

Ter Gefcllichaster

Freitag, den 5. Januar 1834.

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Ein anziehendes niederdeutsches Winterspicl

Wenn der Boden gefroren ist und eine Eis­decke die Gräben überspannt, dann ist bei- den Friesen die Zeit zum Klotschießen oder Eis­bosseln gekommen. An jedem Nachmittag sammeln sich, wie eine Zuschrift aus Ost- friesland es schildert, vor den Dörfern oder

die Knaben der beiden Kirchspiele fochten damals einen Wettkampf aus. Gewöhnlich finden dieSchetbosseln" von 500, 100 oder 60 Gramm Verwendung; sie werden mit einer Kreisschwingung des Armes, oft aber auch, indem sich der Schwinger gleichzeitig

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ein niederdeutsches

winterliches Spiel in Lstfriesland und andcr-

Bon Ludwig Kittel

Städten kleine Trupps, Schuljungen und Jünglinge. Männer und Greise, selbst die jungen Ostsriesinnen beteiligen sich bisweilen an dem Spiel. Nach dem Lebensalter werden Gruppen gebildet; jede Gruppe teilt sich in zwei Parteien; beide er.halten einen gleich schwerenKlot", d. h. eine hölzerne, polierte, mit Blei ausgegossene Kugel, deren Gewicht zwischen Vs und 2 Pfund schwankt, gewöhn­lich aber 1 Pfund beträgt. Nun beginnt das Klotschießen (Kugelwerfen-) nach einem ver­abredeten Ziel, etwa nach einer eine Stunde entfernt liegenden Gastwirtschaft. Man spielt auf der Fahrstraße, oder, zumal bei kleineren Kugeln, querfeldein über Felder und Wiesen. Die Parteien Wersen wechselnd, und zwar mit einmaligem Umschwung des Armes. Wuchtig, in nicht zu hohem Bogen fliegt die Kugel dahin und rollt am Boden noch ein Stück weiter. Der Punkt, an dem sie liegen bleibt, wird bei beiden Parteien nach jedem Wurf von denBahnwisern" (Bahnzeigern) durch einen eingesteckten, etwa 3 Meter langen Stock bezeichnet. Die Partei, die mit den wenigsten Würfen das Ziel erreicht, hat ge­siegt, die unterlegende bezahlt die Zeche,dat Klotscheterbeer".

Mit Vorliebe fordern sich ganze Dörfer, Gemeinden, Aemter zum Klotschießen heraus. In Ostfriesland Pflegte früher ein besonders geübter Spieler nach Verständigung mit sei­nen Dorfgenossen einen Klot in einem Krug des herausgeforderten Dorfes aufzuhängen. Wurde er abgenommen, so galt damit die Herausforderung als angenommen. Dem Herausforderer wurde ein geschickter Werfer entgegeugestellt. Beide Parteien machten Geldeinsätze, auch Wetten wurden ab­geschlossen.

In den schleswig-holsteinischen Marken, wo das VolksspielEisbosseln" heißt, weil mau in schnurgerader Richtung vorgeht und da- her oft auch über die gefrorenen Grenzgrüben hinüberspielt, forderte in alter Zeit ein Dorf oder Kirchspiel das andere durch einen rich­tigen Bosselfehdebrief heraus. Heute über­senden die Boßler eines Bezirks eine Kugel, die Herausgesorderten schicken dann Ver­trauensmänner. um das Nähere zu verab­rede«. Am Tage deS Kampfes flaggt da« Dorf, mit Musik kommen die Gegner anmar­schiert. und nun beginnt der langstündige, immer spannender werdende Kampf. Aus beiden Seiten kämpft die gleiche Anzahl Boß­ler. deren Reihenfolge genau bestimmt ist: beispielsweise fand 1901 ein Wettbosseln zwi- sche« den Kirchspielen Tetenbüll und Nelves- -büll mit 40 Mail« lllif stdcr Seit? statt; ain-l,

mehrmals um sich selber dreht, geworfen. Daneben gibt es die 2 bis 3 Pfund schweren Handbosseln, die man mit einem Ansatz in Kopf- oder Nückenhohe wirft. Bei Streitig­keiten entscheidet das Urteil älterer Sachver­ständiger derKrettler". Ob man nur bis zu deni vorn liegenden Ziel oder wieder bis zu dem Ausgangspunkt zurückspielen will, wird vorher ausgemacht.

In den achtziger Jahren des vorigen Jahr­hunderts stand das Spiel in Gefahr, völliger Vergessenheit anheimzufallen, da verhalfcn ihm umsichtige Vereinsbestrebungen zu neuem Leben. 1894 wurde der Verband schleswig-holsteinischer Eisboßler gegründet, der am 11. und 12. Februar 1906 in Husum das auch von Ostfriesen beschickte 6. Ver- bandsbosselsest feierte. Vom 15. bis 17. Ja­nuar 1905 fand zu Esens in Ostfriesland das 2. gemeinsricsische Klotschießerverbauds- fest statt.

Die Sieger -in den Wettkämpfen werden geehrt und gefeiert. Dem Pächter Mustert, der in Esens den Sieg errang, erließ sogar sein Pachtherr, Gras Wedel (Neustadt-Gö­dens), als Zeichen seiner besonderen Aner­kennung auf ein volles Jahr den Pacht­betrag von 3000 Nt. In Schleswig-Holstein müssen die Besiegten manchen Spott hören: Ji könnt ja isbosseln as en dode Hähn" (wie eine tote Henne)!

(Aus: ,Feite und Spiele des deutschen Land­volks von E. Kück und H. Sohnreh. Deutsche Landbuchhandlimg G. m, b, H., Berlin.)

Von Bogumil Goltz

Nu.n fiel der erste dicke Schnee! Wieder ein Jubel, wieder ein Festtag! Man zim­merte an einem Schlittchen mühseliger und betriebsamer als Robinson Crusoe au seinem Klotzkahn, den der Aermste doch zuletzt lie­genlassen mußte. Man schnitt und hackte sich binnen kurzem so sehr in die Finger, als es mit den ziemlich stumpfen Schueidewerkzeu- gen nur immer möglich war. Nun wurden au den Hausknecht, den Kutscher und andre kunstfertige Leute die stürmendsten Lieb­kosungen spottwohlfeil verschwendet: das verhalf endlich richtig zu einem Schlitten! Ging die Sache sehr gut. so wurden auch unter den Kufen ein paar dünne Eisenstäbe beschafft, und sollten sie in aller Unschuld des verzweifelten Begehrs sogar von einem altmodischen Kammerfenster weggebrocheu und gestohlen worden sein.

Jetzt war die halbe Welt unser; wir konn­ten ja auf unserm Schlitten in die schnee­weiße und himmelblaue Möglichkeit hinein­kutschieren! Hineinkutschieren wohl gar über den gefrorenen See in den jenseitigen ge­heimnisvollen Wald. -Huh! Wie der Schnee unter den Füßen knarrte, das war mal schön, und wie das dunkel durchsichtige Eis so grausig lustig unter einem krachte und Platzte, das war noch schöner als schön! Hei­liger Gott! Wir begegneten einst einem Fuchs. Herr Reineke mit dem weltberühmten Fuchsschwanz träumte wahrscheinlich von einer fetten Gans und ließ sich auch ohne­dies ziemlich ruhig betrachten, denn er mochte eben keine gefährlichen Jäger in uns verspüren; nun ward er aber mit furcht­barem Hussa in die Flucht getrieben und bombardiert. Das waren Heldentaten! Das war ein Jagen! Wo hat man hinterher von solcher Nimrodslust gehört? Ein Tier der Wildnis, mit eigenen Augen am Waldes­saum, an geheimnisvoller Stätte geschaut und aufgejagt, wer ermißt das. selbst wenn er ein englischer Fuchshetzer oder ein sin- ghalesischer Elesautenjäger ist.

Der Winter (Ans dem Kalender .Kunst nndLeben").

Unold.

Man zerschlug sich die Nase beim Herab­fahren von steilen Bergen, wenn das schlechtgesteuerte Nutschgefährt. das in Er­mangelung von etwas Schicklicherem oft nur in einer Handvoll Erbsenftroh bestand, ge­gen einen Stein anprellte, daß man kopf­über zu liegen kam. Man erfror sich Nase und Ohren und sonstige Glieder, man brach ins dünne und ins dicke Eis und kriegte zeitweilig Prügel; es war aber alles wun­derschön; denn es gehörte alles zum Leben und Dasein und mehrte beides, füllte die Seele und stärkte das Gedächtnis: wie konnte es da ein Unglück sein? Man war ja lebendig, man war in einer Welt voller Abenteuer und voller Wunder und zu seiner höchsten Verwunderung miterschaffen und mit aus der Welt! Man jauchzte, daß man darauf losleben durfte; was brauchte man mehr?

M Srinrich Sansmkdb zum König «krönt wurde

Von ihm selbst erzählt

Am Vorabend vor dem Dreikönigstag er­schienen dieHeiligen Drei Könige mit ihrem Stern". Und wer waren die drei Weisen? Drei Singknaben vom Kirchenchor, angetan mit Kronen und einem schneeweißen Hemd­lein über ihremSvnntagshäs". Ter Stern aber war gebildet, aus in Oel getränktem, weißem Papier, hatte vier mächtigeZin­ken". in seinem Herzen einenLichtstumpen" aus der Kirche, ward von einem Nachtwäch­ter getragen an einer großen Stange und mit einer Schnur in planetenmäßige Be­wegung gesetzt. Das war die Gesellschaft, aus die jedes Kind in freudiger Erwartung sein Herz lenkte.

Am äußersten Hause der Altstadt ward nun angefangen; der Stern, leuchtend in stiller Nacht, drehte sich um seine eigene Achse, der Nachtwächter, zu unserer Zeit der ..Jägermurer", dampfte dazu aus seiner Tabakspfeife, und die Heiligen Drei Könige" fingen an zu singen. Und was sie sangen, klang so wunderbar ans Kinder­mund zu Kinderherzen, daß wir nicht genug horchen konnten. Und die alten Leute schau­ten aus den Fenstern, und in ihrer Seele tönten wieder aus der Jugendzeit die alten DreikvnigSlieder. und mancher Greis ward wieder jung im Herzen und fing drin­nen mit zu singen au.

Es sind lauter Kinderlieder. daS ist Volks­lieder, diese Dreikönigslieder von Hasle und, weil zudem bislang eingedruckt, wert, daß ich ein oder das andere ganz oder teil­weise mitteile.

Das lieblichste dieser Lieder setze ich ganz her:

O Jesulein!

Die Liebe hat fürwahr Dich Kunden ganz und gar!

O Kindelein!

Sie in der Tat Dich g'sesselt hat.

Gelegt in die Krippe dich Unter da? arme Viech,

O Jesulein!

O Jesulein!

Aus Lieb verlassen hast Den himmlischen Palast,

O Kindelein!

Und in den Stall Vom Himmelssaal

Bist g'stiegen uns zulieb, ,

Weil dich die Liebe trieb,

O Jesulein!

O Jesulein! . ,

Dein zartfeurig's Herz - !

Ist voll der Liebe Schmerz,

O Kindelein I Drum fließen hier Lieb's-zähren dir Von deinen Aeugelein O liebstes Herzelein,

O Jesulein!

O Jesulein!

Wir zwar bedauern all'.

Daß liegen mußt im Stall,

O Kindelein!

Doch ungemein Wir fröhlich sein.

Daß uns abg'nommen hast Des Adams Sündenlast.

O Jesulein!

O Jesulein!

Wir rufen all' dich a».

Ach, uns doch hör« a«.

O Kindelein!

Wir bitten dich Herzinniglich.

Gib allen uns dein' Gnad'

Und hiit' vor Feindes Schad',

O Jesulein!

O Jesulein!

Wir hier absonderlich