Nr. 302
Samstag, 29. Dezember 1934
108. Jahrgang
er Gele lisch alter
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Fr gibt keine Mm LiifW nlr die MW!"
Kundgebung der Deutschen Front in der Sitzung des saarländischen Landrats
In
kist. Saarbrücken, 28. Dezember.
Letzte Sitzungde? Saar-Landesrats vor der Abstimmung! Die Ankündigung allein genügte, um das Interesse des ganzen Saar- ebiets auf diese Sitzung zu konzentrieren. Die alcricn des Sitzungssaales sind dicht besetzt, und Auslandspresse ist außerordentlich stark vertreten.
Punkt 10 Uhr eröffnet Präsident Scheuer die Sitzung. Ais erster Redner erhält Abg. Martin (Deutsche Front) das Wort, der zunächst die Ablehnung der Verordnung der Negiernngskommission über die Fortsetzung der Wohnungszwangswirtschaft durch di- Deutsche Front aussprach, nur im Anschluß daran zu erklären, daß
die Saarbevölkerung einen so anonymer Souverän rvie den Völkerbund ablehnt.
Eingehend setzte sich nun Abg. Martin mii allen aktuellen Fragen des Saargebiets auseinander: Er wies auf den Bruch des- Woihnach'tsbnrgfriedens durch die Saarseparatisten hin, er bedauerte die Vertagung des Prozesses gegen die Führer der Deutschen Front, er verurteilte es, daß ein Saarländer wegeu des angeblichen Anschlages auf den Emigrantenkommissar Machts seit fünf Monaten in Untersuchungshaft sitzt, ohne daß von einem Verfahren bisher die Rede gewesen sei. Wenn es nun den Separatisten gelungen ist. fremde Truppen insSaargebiei zu ziehen — die Bevölkerung hege nicht gegen die ihre Pflicht erfüllenden Truppen Abneigung, aber die Geschichte werde einst jene richten, die die Entsendung dieser Truppen veranlaßt haben — so müsse nun verlangt werden, daß endlich
die Emigranten
ans der Polizei verschwinden.
Abg. Martin wandte sich dann gegen dal Verbot für Nichtabstimmnngsberechtigte, sin aktiv am Saarkampf zu beteiligen, und geger das Flaggenverbot, das selbst in de» so viel gerühmten demokratischen Ländern uv möglich sei. Das Flaggenverbot stellt eine u» geheure Verletzung der Neutralität dar, wetz es verhindern soll, daß das Volk seine Meinung nach außen hin zum Ausdruck bringt Dasselbe gilt für das VerbotderPlaka- rier n n g.
Me verspätete Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses ist nur geeignet, die größte Beunruhigung in die Bevölkerung hineinzutragen. Noch hat man Oberschlesien, Eupen-Malmedy und das Memelgebiet in guter Erinnerung!
Ausführlich behandelte die Erklärung dann die Frage der angeblichen Möglichkeit einer zweiten Abstimmung, die nach dem Wortlaut des Saarstatuts gänzlich ausgeschlossen ist. Hinter der schönen Zusage einer zweiten Abstimmung lauert der französische Imperialismus. In Eupen-Malmedy ist die versprochene freie Abstimmung mit Zustimmung der Mächte des Völkerbundes eine Farce geworden, Danzig, der Korridor und das unglückliche Memelgebiet sind ohne Abstimmung von Deutschland losgerissen worden.
Me Gefahren einer Sta»us-quo-Lösung
zeichnete Abgeordneter Martin besonders eindringlich. Ten Russen Liiwinow interessiert das Saargebiet nur wenig; er propagiert eine zweite Ab st im munp nur. weil er im Saargebiet eine sichere Kein« zelle iür den Bolschewismus i n W e st e u r o p a s ch a j- ien möchte. Die Doppelzüngigkeit dieser Staatsmänner wird noch deutlicher durch Be ne sch dargetan, der alle Veranlassung hätte, zuerst den Deutschen im Sudetenland Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dem Saarvolk genügt eine Abstimmung — ihr Ziel heißt Deutschland!
Abg. Martin schloß, immer wieder von stürmischem Beifall unterbrochen:
Wir im Landesrat haben den Kampf um
die Rechte der deutschen Saarbevölkerung nur führen können, weil unsere Wähler in all diesen Jahren die Treue gehalten haben und sich mit uns im gleichen Ziele verbunden fühlten. Unserem braven Volk, das während der letzten l6 Jahre von allen möglichen Seiten umworben wurde, um es zur Un- treue gegen sein Vaterland zu verleiten sprechen wir heute unseren herzlichsten Dank dafür ans. daß es sich nicht von Frankreich und auch nicht vvn Leuten, die unsere deutsche Saarheimat zu einem Asyl für politisch Obdachlose machen wollten, noch von solchen Leuten, die nur vorgebeu, deutsch zu sein, und das Christentum zu verteidigen, aber in Wahrheit mit den Moskowitern zu- sammengehen, zur Untreue gegenüber seinen, Datererbe verleiten ließ. Wir tragen die feste Zuversicht in uns und das stolze Gefühl, daß unser bodenständiges und unser abstimmungsberechtigtes echtes deutsches Saarvolk allen Väterlandsverrätern am 13. Januar die Quittung ausstellen wird. Wir legen Wert darauf, in der lebten
Sitzung des Landesrates vor der Abstimmung, deren Ergebnis alle Hoffnungen der Separatisten und Emigranten mit elementarer Wucht zerschlagen wird, nochmals vor aller Welt das Zeugnis abzulegen, daß es nach Illjährigem Kampf für das deutsche Saarvolk und für uns keine andere Lösung der Saarfrage gibt, als die restlose Rückkehr unserer deutschen Saarheimat zum geliebten deutschen Vaterland!"
Auszug der Deutschen Front
Als der Regierungsvertreter in Beantwortung der Erklärungen des Abg. Martin ausführte, daß für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Abstimmung — so z. B. für das Flaggenverbot — die An- hörung des Landesrates nicht notwendig sei, verließen die Mitglieder der Deutschen Front den Sitzungssaal.
Redner der Separatisten, die schon vorher die wuchtigen Erklärungen Martins durch klägliche Zwischenrufe vergeblich zu stören versucht hatten, leierten die alte
Walze von Terror usw. herab. Als einer der Redner das Wort „Gesindel" gebrauchte, wurde ihm das Wort entzogen und die Sitzung geschloffen.
Lml mtz M entscheiden
Das beschleunigte Tempo der französischen Verhandlungen
ZI. Paris, 28. Dezember. d'Orsay herrscht Hochbetrieb.
Am Quai
Laval hat seinen Weihnachtsurlaub früher als beabsichtigt, abgebrochen und widmet sich mit seiner ganzen Kraft den Verhandlungen mit Italien. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, daß man in Paris den italienisch-französischen Verständigungsverhandlungen mit mehr Bedachtsamkeit als Eifer sich widmete.
Was treibt nun das französische Außenministerium so zur Eile an? Ein oberflächlicher Beobachter des diplomatischen Getriebes der letzten Zeit wird vielleicht sagen wollen, daß es die bei den Saarverhandlungen zum ersten Male wieder sichtbar gewordene Initiative Großbritanniens am Festland ist, die Frankreich zu einer Stellungnahme zwingt. Die Ursache liegt aber Wohl tiefer: Die Hoffnung der Politik Barthous, das Deutsche Reich wegen seines Austrittes aus dem Völkerbund in eine hoffnungslose Vereinsamung treiben und damit in einen von Frankreich souverän beherrschten Völkerbund als nur gehorchende, nicht mitbestimmende Macht zurückbringen zu können, ist endgültig gescheitert. Laval hat dies erkannt und beeilt sich nun. im Laufschritt eine neue günstige Stellung zu gewinnen, von der aus die neue Politik Frankreichs mit Erfolg durchgesetzt werden kann.
Hatte die Politik Barthous die Gefahr nahegerückt, daß nicht das Deutsche Reich, sondern Frankreich der Vereinsamung anheim fällt, so muß es Lavals erste Aufgabe sein, neue Stützpunkte zu gewinnen. Deshalb betreibt er die Verständigungsverhandlungen mit Italien mit allem Nachdruck. Das Kompromiß im südslawisch-ungarischen Konflikt hat ja eines der schwersten Hindernisse aus dem Wege geräumt. Die Kolonialfrage macht zwar Schwierigkeiten, da Frankreich nich: nur nichts abtreten will, sondern selbst die Hoffnung auf die Abrundung seines afrikanischen Besitzes nicht aufgegeben hat. Aber auch hier wird eine Formel — ans weisen Kosten, wird man ja sehen! — gefunden werden können.
Weit schwieriger ist bereits das mitteleuropäische, genauer das Donauproblem. Ist man sich auch grundsätzlich einig über eine Bürgschaft für die sagenhafte „Unabhängigkeit" Oesterreichs, so ist bisher ein? Einigung über die Bürgen selbst nicht erzielt worden. Italien hat ursprünglich Alleingarant sein wollen; dann stimmte es einer gemeinsamen Garantieerklärung der Nachbarn Oesterreichs: Italien, Südslawien, Ungarn. Tschechoslowakei und Deutschland, schließlich noch Frankreich, zu. Frankreich aber wollte mehr: Die Kleine Entente durfte nicht zer
bröckelt werden, auch in dieser Frage nicht. Und nun geht der Streit darum, ob und unter welchen Formularitäten Rumänien die Garantieerklärung unterzeichnen dürfte. Eine Ausschaltung der Kleinen Entente kommt für Italien nicht mehr in Frage, seitdem Südslawien einen Beschluß der Kleinen Entente durchgesetzt hatte, daß man den Anschluß einer Alleingarantie Italiens vorzöge.
Ob man aber in Paris und Rom wirklich ernsthaft der Ansicht ist, Deutschland zur Unterschrift unter einer Abkommen bewegen zu können, das ohne Deutschland festgelegl und das Deutschland nichts als unterschreiben darf, muß bezweifelt werden; wie man aber diese Verhandlungen führen will, bleibt abzuwarten.
Gelingt es Frankreich, so rechnet Laval, mit Italien über alle Fragen zu einer Einigung zu kommen und den Mittelmeer- Pakt abzuschließen, dann kann nach Lavals Ansicht Frankreich auch in die Hauptverhandlungen eintreten: Mit dem Deutschen Reich. Ihnen auszuweichen, ist er kaum mehr imstande. Nicht nur aus außenpolitischen Gründen, sondern auch aus innerpolitischen: Denn gerade in Frankreich selbst drängt allmählich die Frontkämpfergeneration nach der Verständigung.
Da aber jede französische Regierung von der Gnade des Parlaments abhängt, also von tausenderlei Einflüssen, anck, von denen
der Rüstungsindustrie, so muß Laval, wenn er nicht von allem Anfang an scheitern will.
rasch eure Laufschritt
neue Stellung gewinnen: Im
Englische Pressestimmen
In außenpolitischer Beziehung wendet sich die Aufmerksamkeit der Londoner Presse sehr stark den französisch-italienischen Verhandlungen zu. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" hält es für möglich, daß Laval bereits am Dienstag nach Nom abreisen werde. Die Schaffung eines Sicherheitssystems, das die Nachbarn Oesterreichs, einschließlich Deutschland, verbinde, würde eines der wichtigsten Ergebnisse eines erfolgreichen Besuchs Lavals in Rom sein. Der Korrespondent befaßt sich dann mit der Möglichkeit einer anschließenden Wiederaufrollung der Rü- stungsfrage und sagt, die Aufmerksamkeit wende sich von neuem einem britischen Konventionsentwurf zu. Offenbar würde Frankreich niemals mit der Annullierung der Marine- und Militärklauseln des Versailler Vertrages einverstanden sein, wenn keine neuen einschränkenden Bestimmungen an ihre Stelle träten. Einige politische Kreise in Großbritannien, die noch vor kurzem für eine Annullierung gewesen seien, seien jetzt anscheinend geneigt, diese Auffassung als berechtigt anzuerkennen. Die lo- gische Schlußfolgerung sei, daß Frankreich auf eine deutsche Rückkehr zur Abrüstungskonferenz als einer wesentlichen Vorbedingung der in Aussicht genommenen diploma- tischen Vereinbarung drängen werde.
Der diplomatische Korrespondent des „Daily Herald" meint, die Deutschen würden sich nicht darauf einlassen, eine von den Franzosen und den Italienern in ihrer Abwesenheit verfaßte Konvention zu unterzeichnen. Auf jeden Fall werde Deutschland von neuem eine Anerkennung seiner Gleichberechtigung als einer Vorbedingung für einen solchen Pakt fordern.
Der diplomatische Korrespondent der „Morning Post" berichtet im Gegensatz zu dem römischen Vertreter desselben Blattes, daß die kolonialen Fragen so gut wie geregelt seien und daß nur noch eine mitteleuropäische Vereinbarung erreicht werden müsse. Ob Deutschland sich an einer gemein- samen Erklärung über Oesterreichs Unab- hängigkeit beteilige, sei aber noch nicht sicher. Die britische Regierung glaube, daß durch eine solche Beteiligung eine Wiederaufnahme der Abrüstungsverhandlungen unter günstigeren Bedingungen ermöglicht werden würde. Dies würde eine wesentliche Erhöhung der französischen Sicherheit bedeuten und Paris instand setzen, in der Frage der deutschen Gleichberechtigung Zugeständnisse zu machen. Vom britischen Standpunkt aus betrachtet, könne gesagt werden, daß die Garantie Oesterreichs anstelle des undurchführbaren Ostlocarnoplanes der europäischen Lage gerecht würde.
,Ie«WM ist das me Sparta"
Rothermere bewunderte den Aufschwung Deutschlands seit der Machtergreifung
London, 28 . Dezember.
„Daily Mail" veröffentlicht einen aus München übersandten Weihnachtsaufsatz ihres Besitzers Lord Rothermere, in dem dieser den Eindruck, den er offenbar von dem neuen Deutschland und seinem Führer empfangen hat. in beredten Worten schildert. Er sagt u. a„ die Deutschen haben einen -neuen und starken Glauben gefunden. Dieser Glaube hat das Wunder zustande gebracht. die Berge von Schwierigkeiten zu vergessen, die ihren Weg zur nationalen Genesung versperrten. Aber er hat noch mehr zustande gebracht, er hat Deutschland eine neue Seele gegeben. Die letzten zwei Jahre haben wir einen politischen Prozeß erlebt, der so tief und so weitreichend in seinen Wirkungen ist, wie die große französische Revolution. Ein solcher Wechsel in der Wesensart eines Volkes, in seinen inneren Verbältniffen. in seiner internationalen
Stellung und sogar in dem einfachen Auftreten der einzelnen ist niemals zuvor in der Geschichte in so kurzer Zeit vollbracht wor- />en. Deutschland ist das neue Sparta. Der gleiche Geist nationaler Disziplin und Selbstaufopferung, der ein paar Tausend Einwohnern einer kleinen griechischen Stadt einen dauernden Platz in der Geschichte erwarb, wird hier von 67 Millionen Menschen von neuem bewährt, die in mancher Beziehung das intelligenteste, fleißigste, edelste und abgehärtetste Volk der Welt sind. Wenn eine ganze Generation unter dem nationalsozialistischen System groß geworden sein wird, wird Deutschland eine Nation von einer Art Uebermenschen ' sein.
Welcher Zauber hat die deutschen Herzen wieder mit Hoffnungen erfüllt, um einem Volk den Mut und das Selbstvertrauen zu aeben und diese mäckitiae Nation beaeistert.