Nr. 301

Freitag, 28. Dezember 1834

108. Jahrgang

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Von klermunn Welke

Wie keine andere Jahreszeit sind diese Tage der Wintersonnenwende, diese Tage zwischen Weihnachten und Neujahr dazu geschussen, Einkehr zn haben und mit sich selbst zn Rate zu gehen. Es ist gut, es ist sehr gut für jeden einzelnen unter uns, gelegentlich einmal Bilanz zu ziehen: zu überprüfen, was das letzte Jahr ' an Erfüllung und Enttäuschung ge­bracht hat. Jeder suche Schuld und Ursache zuerst bei sich selber; jeder überlege, was er falsch gemacht hat und wo er andererseits wei­termachen kann und soll, um geistig und materiell vorwärtszukommen.

Wie im privaten Leben, so im Sein und Werden der Völker. Es ist kein Wunder, daß gerade in diesen Tagen auch der englische Pre­mier einen Schlußstrich zieht unter eine lange und wechselreiche Epoche der britischen Politik. In einer angesehenen Zeitschrift schildert er seinen ehrlichen Wunsch nach Frieden und Ver­ständigung, dem er jahrzehntelang gelebt hat. Daß nie wieder Krieg sein dürfe, das war nach seinen eigenen Ausführungen seine Botschaft die zehn "Jahre lang Richtschnur seines Han­delns gewesen ist. Und er habe, so meint M a c- donald, auch heute noch nicht die Hoffnung verloren. Aber anzunehmen, daß das bisherige englische Beispiel freiwilliger Rüstungs­beschränkung überall in der Welt die Tendenz der Abrüstung bestärken werde, das hat sich als irrig erwiesen.Unser Beispiel ist nicht befolgt worden!" klagt der Premierminister mit deut­lichem Hinweis auf Frankreich. Die Th?se, daß binnen 25 Jahren nach dem Abschluß des Weltkrieges keinerlei kriegerische Verwicklungen mehr drohen würden, war kühn und ging von falschen Tatsachen aus.

.Wenn das letzte britische Kriegsschiff vom Meere und der letzte englische Bomber aus der Luft verschwunden sein wird, wird den­noch der wahre Friede ebenso fern sein wie zuvor!" Das ist sein des englischen Pre- - mierministers letzter Schluß. Und das: ,LVir haben versucht, die anderen Völker zu überzeugen. ... Es ist nicht geglückt!" Und die Folgerung? Es muß ausgerüstet werden! Hauptaufgabe der Zukunft ist die Ueberwindung des Gegensatzes zwischen den überzeugten englischen Rüstungssreunden und den nicht minder überzeugten Friedens­freunden. Offensive Rüstungen schrecken nicht ab; aber starke defensive Rüstungen sind aus­reichende Friedensgarantien. Bevor man aber endgültig daran geht, sich umzustellen und die kommende Aufrüstung vorzubereiten, muß man noch ein letztes Mal einen Appell an alle Welt richten, um diese zur Besinnung zu bringen.

Das also ist das Ergebnis der Selbstbesin­nung Macdonalds. Mit seinen Klagen kann Deutschland besonders nach dem letzten Gvring-Jnterview! nicht gemeint sein. Sie können und werden sich nur auf Frank­reich beziehen. Und an Frankreich wird sich wenn nicht alles trügt! auch der letzte eindringliche Friedensappell, der Ruf zur Verständigung richten, den wir im neuen Jahr zu erwarten haben.

Unterdeß geht Deutschland seinen Weg weiter. Auch bei uns ein Augenblick der Besinnung: Dr. Goebbels gab das Re­sümee des bisherigen Werkens und Schaf­fens: ..Der Sozialismus der Tat ist Wirk­lichkeit geworden!" so verkündete er die Ueberzeugung der Reichsregierung und des deutschen Volkes auf der öffentlichen Weih- j nachtsbescherung in Berlin. ..Wir haben > es deshalb nicht nötig", so fuhr er fort,d'.e Arbeiterwohnungen mit Kanonen zusammen, schießen zu lasten!"

Nein, das haben wir wirklich nicht nötig! Wenn in früheren Jahren gerade die Weih- ' nachts- und Neujahrstage fast stets erfüllt waren von nervöser Hast und nervösem Bangen vor dem Ungewissen, wenn blutige Demonstrationen, haßerfüllte Arbeiter­versammlungen. klassenkämpserische Proletarierfeiern, blindwütige Streiks gerade um die Jahreswende an der Tagesordnung waren, so verspüren wir gerade in diesem Jahre deutlich die Wandlung: noch nie solch ein Frieden, solch eine Eintracht! Und ! überdies äußere Zeichen der Beseitrauna des

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Die Anklageschrift gegen die Mörder Kirows / Ein Leningrader Konsul

schwer verdächtigt

Moskau, 27. Dezember.

Die Telegraphenagentur der Sowjetunion veröffentlicht die Anklageschrift gegen Niko- lajew. den Mörder Kirows, und 13 feine'. Genossen. Die Anklageschrsft und ihre Be­gründung umfaßt 3 Bände von je etwa 300 Seiten. Die Angeklagten werden des Ver­gehens gegen den Paragraphen 58. Punkt 8 und Punkt tl des Kriminalgesetzbuches der NSSFR iRäterußland). Gegen-Revolution und politischer Mord, beschuldigt.

Im Laufe der Untersuchung, so heißt etz m der Anklageschrift, sei festgestellt worden, daß die Terroristen aus ehemaligen Anhän­gern der Sinowsew-Gruppe bestanden und die Bezeichnung ..Leningrader Zentrum" ge­führt hätten. Die führende Rolle in dieser Gruppe habe Katalynow rnnegehabt. Er sei vor seinem Uebertritt zur Opposition Se­kretär der Parteiorganisation der Jungkom­munisten im Wpborger Bezirk Leningrads gewesen. Katalpnow. ein überzeugter Geg­ner Stalins und seiner Gruppe habe einen sehr großen Einfluß aus Nikolajew mit dem er seit 1924 zusammengearbeitet habe, ge­habt. Die Terroristen, die größtenteils 30 bis 35 Jahre alte Studenten und Angestellte seien, werden als Vertreter der Jugend be­zeichnet. Diese Gruppe habe sich schon seit 1933 mir Terrorgedanken getragen. Dabei habe ein Teil dieser Leute einen Anschlag .-.ns Stalin vorbereitet. Im Lause der Unter­jochung sei festgestellt worden, und Nikola- >sw sowie seine Genosten hätten gestanden, daß Nikolajew mit Wissen Katalynows -inen ausländischen Konsul in 'eningrad einige Male ausgesucht habe.

In der Anklageschrift werden nähere An­gaben über den Konsul nicht gemacht. Der Name des Konsuls ist mit 16 Punkten, der seines Landes mit 12 Punkten angegeben. Nikolajew. der ein überzeugter Anhänger der Intervention ausländischer Mächte gewesen sei. habe auch dem ausländischen Konsul seine Betrachtungen darüber vorgelegt. Niko- lajcw habe den Konsul um Geld gebeten, das er habe wiedergeben wollen, wenn die finanzielle Lage der Gruppe sich bessern würde. Der Konsul habe ihm 500Y Rubel gegeben, von denen er 4500 an Katalynow weitergegeben habe. Ein Bruder Nikolajews und einer seiner Freunde hätten bei ihrer

Vernehmung angegeben, daß Nikolajew im­mer iür die Intervention gesprochen habe. Dies beweise, daß Nikolajew dieselben Ziele verfolgt habe, wie die weißrussischen Emi- ! grantenorganisarionen im Auslande. Niko- ; lajew habe die Ermordung io durchführen ; wollen daß es ausgesehen hätte, als ob es sich um einen einzelnen Terrorfall handele ! um damit die Organisation zu decken. Der i Angeklagte Schatzki habe ebenfalls den Auf­trag zur Ermordung Kirows. und zwar in Ser Nähe seiner Wohnung, gehabt. Deshalb ! habe er seit langer Zeit die Lebensgewohn- ! heilen Kirows beobachtet. Nikolajew habe Kirow in seinem Amtszimmer im Smolny ermorden wollen. Obwohl Nikolajew arbeits­los gewesen sei. habe er eine Dreizimmer­wohnung besessen.

Das Schicksal Slnowjews §

und Kamenews >

Auf die Veröffentlichung des Volkskom- ! misiariats des Innern über die Verhaftung : von Sinowjew. Kamenew und 13 ! ihrer Anhänger in Moskau treffen aus allen ! Teilen wer Sowjetunion Entschließungen von Parteiversammlungen em. die die To- ! desstrafe für Diese ehemaligen Politiker for- > dern. In der Hauptsache wollen sich die Ab- ! sendcr durch diese Forderungen -bei der Sow- jetregierung emschmeicheln. denn es ist be­kannt. daß Sinowjew und Kamenew und nicht zuletzt auch Trotzki in der Partei meist unter den alten vorrevolutionären Mitgliedern, als Stalin nach dem Tode Lenins die Macht ergriff, eine zahlreiche Au- ; Hängerschaft besaßen. !

Man glaubt, daß Kamenew und Si° ! nowjew. sowie Federow. Sarapow. Wardin, Salutzki und Jewdoki- ! mow nicht hingerichtet, sondern, wie be° ; reits gemeldet, verbannt werden. Der ! Ort der Verbannung ist noch nicht bestimmt ; doch nimmt man an. daß sie nicht in Kon- ! zentrationslagern untergebracht werden da § hier die ehemaligen Oppositionellen zu ge- ! jährlich wären. Demgegenüber heißt es. daß i olle anderen, un Zusammenhang mit dem Komplott Verhafteten, darunter auch der ehemalige Volkskommissar der Landwirt- ' schast. und der ehemalige Generalsekretär z der Jungkommunisten, zum Tode verurteilt werden. !

ärgsten Notstandes überall; Kauflust. Opfer­sinn, Gemeinschaft überall!

Und doch: noch ist längst nicht alles voll­endet. Noch Pocht an Tür und Tor so man­cher Arbeitslosen die Not. Noch gibt es zahl­reiche Volksgenossen, die abseits stehen aus diesen oder jenen Gründen. Sie gilt es zu gewinnen und zu überzeugen von dem gu­ten Willen und von dem unerschütterlichen Wollen derjenigen Männer, die allein das Recht und die hohe Pflicht haben. Führer des deutschen Volkes zu sein.

Sie werden es auch wissen und verantwor­ten. wie auf lange Sicht die Verhältnisse des Tritten Reiches zur Umwelt zu regeln sind. Das vergangene Jahr war erfüllt von zähem Kampf, von nervenaufpeitschenden Zwischenfällen. Adolf Hitler hat die Besin­nung keinen Augenblick verloren. Er ist als Volksführer und Diplomat ins Riesenhafte gewachsen. Wenn wir trotz des 30. Juni, trotz des Marseiller Attentats heute im Innern und auch nach außen hin ruhig und sicher leben dürfen; es ist nicht zuletzt sein ureigenstes Werk.

Und so dürfen wir mmitten dieser stillen Tage zu dem einen Entschluß kommen, daß es nun gilt, noch mehr Vertrauen zu fassen, noch überzeugter ans große Aufbauwerk zu gehen, noch eifriger unsere Pflicht als Deutsche zu tun. Der Erfolg kommt schließ­lich von selbst. Er kann nur heißen: Friede, Freiheit, Gleichberechti­gung nach außen; Verständigung und ge­meinsame Arbeit innerhalb und außerhalb unserer Grenzen.

! Avals Mmreist m der ersten zammrwM?

Paris, 27. Dezember.

DerParis Soir" meldet aus Rom, daß man mit dem Besuch des Außenministers Laval in Nom für den 3. oder 5. Januar rechne.

Laval fei der Ansicht, daß ein unmittel­barer Meinungsaustausch mit Mussolini über die noch strittigen Fragen den Ver­handlungen von Kanzlei zu Kanzlei vor­zuziehen sei. Ueberdies komme die erste Januarwoche für den Besuch schon deshalb in Frage, weil nachher die Genfer Verhand­lungen und die S a a r a b st i m m u n g die Aufmerksamkeit Lavals voll beanspruchen würden. Ferner müsse dem Besuch Lavals in London, wenn er fruchtbringend sein solle, logischerweise die Romreise vorauf­gehen. Die französisch-englische Aussprache würde dann das Aussehen einer für den Frieden Europas entscheidenden Dreierver­handlung erhalten. Alle diese Erwägungen, die für die Beschleunigung der Romreise sprachen, schienen den Beschluß Lavals be- nnflußt zu haben.

La Presse" schreibt, der Rat der Kleinen Entente habe auf Anregung Südilawiens ven Regierungen von London und Paris zur Kenntnis gebracht, daß er eher den An­schluß Oesterreichs an Deutschland als eine Wiedereinsetzung der Habsburger dulden würde. Dieser Beschluß, den Nom natürlich sinne, könnte möglicherweise Mussolini be­stimmen. den französischen Standpunkt in

ier mliieleuropüricyen und Bal » lansrage anzunehmen. So wäre eine Verständigung möglich. Dann, aber auch nur dann, könnte die Romreise Lavals von Nutzen sein und dem Frieden dienen. Das Blatt glaubt, daß Laval seine Romreise deshalb beschleunige, weil England einen Abschluß der französisch-italienischen Ver­handlungen begrüßen würde.

Mussolini weicht aus

Italien wehrt französische Ein» Mischung aus dem Balkan ab

Paris, 27. Dezember. '

Außenminister Laval, der ursprünglich seinen Weihnachtsurlaub bis zum heutigen Donnerstag ausdehnen wollte, ist bereits am Mittwoch nach Paris zurückgekehrt. Laval hat die Ruhepause der Weihnachtstage dazu benützt, um die Akten der französisch­italienischen Verhandlungen noch einmal ge­nau zu Prüfen. In sonst gut unterrichteten Kreisen sagt man, der Zeitpunkt sei­ner Romreise sei nunmehr in ab­sehbare Nähe gerückt und in aller­nächster Zeit könne man mit der Festlegung des endgültigen Reisedatums rechnen.

Der Außenpolitiker desEcho de Paris", Pertinax, sieht sich deshalb veranlaßt, Laval auf die Gefahren einer übereilten Reise auf­merksam zu machen. Bisher sei eS weder Laval noch dem französischen Botschafter in Rom gelungen, die feindliche Einstellung Mussolinis zur Kleinen Entente im all­gemeinen und Südslawien im besonderen zu ändern. Zweimal habe die französische Regierung den Duce gebeten oder bitten las­sen, den Beweis zu erbringen, daß die italie­nische Regierung der Einheit SüdslawienS nicht feindlich aegenüberstehe. Aber beide Male sei die Erfüllung dieses Wunsches ab­geschlagen worden.

Die französische Regierung habe weiter dar­auf hingewiesen, daß die Kleine Entente zu dem englisch-französisch-italienischen Protokoll für die Garantie der österreichischen Unabhängig­keit herangezogen werden müsse. Italien habe darauf geantwortet, daß nur die Nachbarstaa­ten Oesterreichs aufgefordert werden würden, dieses Protokoll mit zu unterzeichnen. Unter diesen Umständen würde die Romreise Lavals in Bukarest, Belgrad und Prag als Nachgeben Lavals ausgefaßt werden. Alle Freundschafts­bezeigungen der französischen Regierung wür­den daran nichts ändern können. Man müsse sich auch fragen, ob Mussolini nicht das enge Zusammenhalten der Kleinen Entente mit Frankreich zerstören wolle. Denn dieser Mächte­bund sei für die Achtung vor den Verträgen, während die italienisch-ungarisch-österreichische Mächtegruppe für die Revision, d. h. für einen Vergeltungskrieg sei. Wenn man ihnen daher auch nur eine moralische Genugtuung gebe, so werde man ihre Tätigkeit dadurch fördern.

166 rote über Weltmächten tn Amerika

Reuyork, 27. Dezember.

Der in diesem Jahre besonders starke Weihnachtsverkehr hatte eine beträchtlich hohe Anzahl von Verkehrsunfällen zur Folge. In den Vereinigten Staaten wurden am Weihnachtstage 166 Tote durch Berkehrsunfälle gezählt.

SevacMtenMe

während der Feiertage im Saargebiet Saarbrücken. 27. Dezeniber.

In den Weihnachtsfetertagen wurden un­ter Bruch des Burgfriedens im Saargebiel im großen Umfang separatistische Hetzerzeug- nifie verteilt, die in ihrer ganzen Aufmachung den der Deutschen Front angehörigen Zei­tungenDeutsche Front" undSaarbrücker Landeszeitung" nachgemacht waren. Die Be­völkerung betrachtet die ganze Angelegenheit in erster Linie als kriminellen Fall und im übrigen als ein Zeichen dafür, daß die Separatisten sich und ihre Presse inner­halb der anständigen Bevölkerungskreise be­reits zu stark diskreditiert sehen, um nock unter eigener Flagge das Hetzmaterial ar den Mann bringen zu können.