Leite 7

Nr. 284

Der Gesellschafter

Donnerstag, Len K. Dezember 1934

Südlicher schwarzwald: Schwenningen mit 1000 Zuschauern (309.40 NM.); Kreis 8 Zollern: Reutlingen mit 1500 Zu­schauern (433.80 NM.); Kreis 9 Oberfchwa- ben: Frisdrichshafen mit 1000 Zu- schauern (348.74 NM.); Kreis 10 Donau: Ulm mit 2130 Zuschauern (803.35 RM.).

Nach der Anzahl der ausgetragenen Spiele steht der Kreis 4 Alt Württemberg-Ost an erster Stelle, dicht gefolgt von den Kreisen 1 Hohenlohe. Kreis 7 Südlicher Schwarzwald und Kreis 10 Donau. Das Ergebnis insge­samt dürfte noch eine kleine Verschiebung er­fahren. da von einigen Orten die Abrechnun­gen noch ausstehen.

Im einzelnen erbrachten die größeren Städte in Württemberg folgende Erträge: Bietigheim 155,85 RM.; Neckarsulm 98,04 NM-; Aalen 237,62 RM.; Gmünd 156,60 NM.; Plüderhausen 104,11 NM.; Kirchheim (Teck) 102 RM.; Schorndorf 95,90 RM.; Geislingen 96.54 NM.; Fellbach 201,81 RM.; Kornwestheim 99,08 RM.; Nagold 67 RM.; Calw 35 RM.; Freudenstadt 38,50 RM.; Rottweil 70.70 RM.; Tuttlingen 54,08 RM.; Spaichingen 32,35 NM.; Schramberg 9,35 RM.; Ebingen 140 RM.; Nürtingen 180 RM.; Tübingen 307,51 NM.; Metzingen 101 RM-: Tailfingen 113 RM.; Biberach 182,68 RM.; Ravensburg 162,68 RM.; Ehingen 55.92 RM.; Laupheim 74,20 RM.

10 oov Eintrittskarten wurden bereits zum Fußball - Länderspiel Deutschland Schweiz am 27. Januar in Stuttgart angefordert. Als Linienrichter für das Spiel wurden die württ. Bundesschiedsrichter Heß-Stuttgart und Glafer-Neckarsulm bestimmt.

42 Nationen haben, nachdem jetzt die Zu­sagen von Irland und Monako eingegangen sind, ihre Teilnahme für die Olympischen Spiele 1936 angemeldet. Von elf Nationen, darunter auch Großbritannien, stehen die Antworten auf die deutsche Einladung noch aus; abschlägig geantwortet hat nur Palä­stina.

Schon rund 20 000 Mark sind beim deut- fchen Olympiakomitee eingegangen für Be­stellungen von Olhmpiapässen, der Dauer- karten für die Olympischen Spiele 1936, ob­wohl der Vorverkauf selbst erst offiziell am 1. Januar 1935 eröffnet werden soll.

Brüning-Prozeß

Acht Jahre Gefängnis für Dr. Brüning

Im Brüning-Prozeß wurde am Dienstag vormittag das Urteil gefällt. Der Angeklagte Dr. Brüning wurde wegen gewinnsüch­tiger Untreue in Tateinheit in zwei Betrugs- sällen zu acht Jahren Gefängnis und Ab­erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf drei Jahre verurteilt. Die Untersuchungshaft des Angeklagten wird angerechnet. Die Kosten des Verfahrens werden dem Angeklag­ten aufcrlegt.

In der sehr ausführlichen Begründung des Urteils im Brüning-Prozeß erklärte der Vor­sitzende, Landgerichtsdirektor Fehr, der Auge- klagte Dr. Brüning habe nur das einzige Be­streben gehabt, sich unbegrenztes Vertrauen zu erringen, um dieses Vertrauen dann schamlos auszunützen, seinem wahnwitzigen Erwerbssinn nachzugehen und sich Vermögen zu erwerben.

Brüning sei ein Mann gewesen, der einen absoluten Mangel an jedem Anstandsgesühl und an jedem Empfinden für Treu und Glau­ben besessen habe, der alles nur seinem Stre­ben nach Macht geopfert habe. Der Ange­klagte sei ein Mensch rücksichtsloser Verdienst­sucht gewesen, ein Hochstapler von großem Format, ein Schädling des Volksaamen. kein

nützliches Mitglied der menschlichen Gemein­schaft. Wer hätte gewagt, gegen einen Brü­ning damals vorzugehen, dessen Namen nur mit Ehrfurcht genannt worden sei? Er sei Generalkonsul geworden. Ehrendoktor der Kölner Universität. Träger hoher kirchlicher Auszeichnungen, und alles sei entzückt von seiner liebenswürdigen Leutseligkeit gewesen. Staunend müsse man sich immer wieder tra­gen, wie das nur möglich gewesen sei. Man habe die Tünche für die Wahrheit genom­men, und man könne nur mit dem Wunsch schließen, daß diese Zeit jetzt vorüber ser.

Im zweiten Teil seiner Ausführungen ging der Vorsitzende noch einmal auf die einzelnen Straftaten des Angeklagten Brüning ein.

Verschiedenes

Gerichtsverfahren

gegen die Reederei der ..Mors» Castle*

Die Bundesgerichtsbehörde hat nunmehr auch gegen den Vizepräsidenten der Reederei derMorro Castle", der Neuyork Cuba Mail SteamshiP Company, C a b a u d, die An­klage erhoben. Gleichzeitig wurde der stell­vertretende Kapitän Warms und der Chef­ingenieur Abbott angeklagt. Alle genann­ten Personen werden beschuldigt der Ver­letzung der Bundesgesetze über die Sicherheit zur See.

800 Warschauer Krankenhausinfassen im Hungerstreik

In einem Warschauer Krankenhaus, das von der Universität verwaltet wird, ist es zu einem Hungerstreik der 800 Patienten ge­kommen. Die Ursache gab ein Wechsel rn der Verpflegung. Die versuchsweise eingeführte Kost ist nach Ansicht der medi­zinischen Wissenschaft für die Kranken viel bekömmlicher als die bisherige. Die Kran­ken erblickten jedoch in der Schmälerung der Fleischration eine Verschlechterung. Die Ver­waltung des Krankenhauses hat den Forde­rungen der Kranken nachgegeben.

Mexikanischer Gouverneur tödlich abgestürzt

Das Flugzeug, in dem der Gouverneur des Staates Michoacan, General Beni- gno Serratos, eine Reise unternahm, stürzte am Montag morgen infolge eines Motorschadens in der Nähe von Bar- ranca Honda im Staat Michoacan ab. Dabei fand der Gouverneur den Tod. Der Adjutant des Gouverneurs, so­wie der F.lugzeugführer und ein Meckianiker, wurden schwer verletzt.

Riesenhühner aus der Mandschurei

In einigen Gegenden der Mandschurei Hai Man besondere Riesenhühner gezüchtet, die den Vernehmen nach jetzt auch in Europa ein geführt werden sollen. Ein Hahn dieser Nass . erreicht ein Gewicht von 5 Kilo, ein Hube roiegt 4sH Kilo, die Eier wiegen je 100 Gramm- - ja es kommt nicht selten vor, daß ein Ei ei, Gewicht von 140 Gramm erreicht, während gewöhnliche Hühnereier doch nur die Hälfte davon wiegen. Anderseits legen aber die Riesen­hühner nicht so viele Eier wie unsere Hans- Hühner; daß ein Huhn mehr als 100 Eier in einem Jahr legt, kommt sehr selten vor.

Deutschlands älteste Eichen

Die ältesten deutschen Eichen findet man unweit der Fritz-Reuter-Stadt Staben- hagen im Schloßpark von Jvenack. In einem der hohlen Eichenstämme versteckten die Jvenacker Grafen einst den berühmten Stamm­hengst der mecklenburgischen PferdezuchtHero- dot". Als aber französische Kavallerie vorbei­zog, wieherte das Tier, wurde mitgenommen und diente Napoleon I. bei seinen prunk­vollen SiegeseinLÜaen als Reittier. Blücher

Wehrhafte Mannschaft m Amt Nagalü im Jahr M

Vor uns liegen 450 Jahre alte, vergilbte Blätter mit vielen Namen, mit kalten Zahlen. Wer sie mit flüchtigem Blick überfliegt, wird sich bald von ihnen abwenden. Wer sich aber in die Namen und Zahlenreihen vertieft, dem erzählen sie von einem tapferen, zähen Geschlecht, dessen Nachkommen heute die Schwarzwalddörfer und Städte bevölkern. Wir lesen darin von den streitbaren Mannen in derGrafschaft zu nagelt", wie sie mit der Armbrust, mit Handbüchsen. Schweinsspießen, mit Hellebarden oder Mord­äxten. mit Langspießen oder Lanzen bewafinet, wie der gestählte Leib mit einem Harnisch, mit einem Goller oder Krebs und das Haupt mit einem Eisenhut geschützt war. Da werden von jedem Ort dis Zahl der Streiter aufgezählt neben denen, die alt und nicht mehr tauglich sind, ins Feld zu ziehen, oder die Stadtmauern zu verteidigen. Aus diesen Zahlen ziehen wir

Schlüsse auf die Bevölkerung der einzelnen Ort­schaften; wir vergleichen sie miteinander und mit den Einwohnerzahlen von heute, dann kommt in die toten Zahlen Leben, dann ent­rollt sich vor unseren Augen ein farbenfrisches und farbenfrohes Bild der alten Tage. Namen, wie Völmlin, Mosapp, Hüglin (Heugle). Rehm. Schickeler. Schelklin sind freilich schwer zu deuten. Wenn aber dabei Namen auftreten. wie Rat­felder (der im Feld Rat weiß). Howeschilt-Hau- fchild (der wohl auf den Schild, nicht aber auf den Körper einhauen läßt). Hetzer (der zum Kampf anspornt) Spieß (der diese Waffe allen andern vorzieht). Lautenschlager (der die Truppe mit seiner Laute begeistert), so werden die heu­tigen Träger dieser Namen einen wertvollen Beitrag zu ihrer Familiengeschichte finden. Wir empfehlen daher unfern Lesern das Studium nachstehender Tabelle.

Ortschaften

Auserlesene

Gesellen

ntchk gu> ins sZeld weil alt

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Goller

Eisen­

hut

Krebs

Büchsen

Arm­

brust

Helle­

bar­

den

Lang

spieße

oder

Lanzen

Schweins - spieße

Nagold.

48

30

33

55

56

17

32

21

18

10

Wildberq.

. 86

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12

26

84

14

Bulach.

. 41

19

2

15

16

8

Haiterbach . . . .

. 42

28

20

15

40

44

4

15

11

6

22

Wart und Ebershardt 20

10

4

8

13

15

8

6

2

3

Bösinqen.

6

2

3

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1

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3

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Oberschwandorf und

6

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Veihiuqen . .

Jselshausen . . . .

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Schönbronn . . . .

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brachte es 1813 aus Paris zurück und händigte cs persönlich den Grafen von Jvenack aus.

8 Millionen suchen ihren Herrn

Auf den Banken Englands befinden sich SMillionenPfundSterling, deren Besitzer nicht festzustellen sind. Diese Riesen­summe setzt sich in der Hauptsache aus kleinen Beträgen zusammen, die vor sehr langer Zeit m die Banken eingezahlt wurden, ohne daß der Eigentümer sich später noch wieder gemeldet hätte. In sehr vielen Fällen wird er vergessen haben, daß er einmal dort Geld eingezahlt Hatz Im übrigen aber werden die Besitzer des Gel­des gestorben sein und ihre Erben nicht ahnen, daß ihnen rechtmäßig noch eine Erbschaft zu- steht.

Humor

Der alte Töpfer Meinert sollte im Schlafzim­mer der Gnädigen den Ofen Nachsehen.

Als er mit seinem Lehrjungen anrückte, rief die Frau des Hauses:

Liesbeth. nehmen Sie meine Schmucksachen fort und verschließen Sie sie gehörig im Neben­zimmer !"

Der alte Meinert verzog keine Miene. Er nahm nur seelenruhig Uhr und Kette aus sei­ner Weste und die Geldbörse aus seiner Hosen­tasche. gab sie dem Lehrjungen und sagte:

Karl, bring die Sachen schnell nach Hause, hier ist dicke Luft!"

Weihnachts-Büchertisch

AZ,

Neue Bändchen der SammlungDas kleine Buch

aus dem Verlag Bertelsmann in Gütersloh. 12. Fritz Kühn, Das Heilandskind. Sieben Le­genden. 43 Seiten. Geb. 1. -K. 1.13. Tsd. Wie wenn die Kinder ihr Lichtlein hinter die bunte Papierscheibe stellen, und die Krippe zu Bethlehem leuchtet dann in magischem Licht, so

umstrahlen hier sieben Legenden das gottselige Geheimnis des Heilandskindes. Gottvater schreibt fernWeihnachten" an den Himmel. Englein flattern zwischen Erde und Himmelswiese und nach manch ahnungsreichem Geschehen fällt gleich einem Vorhang über wundersame Kindheit Ma­rias schmerzensreiches Wort:Mein Sohn, wa­rum hast du uns das getan?" Hauchzarte Bil­der einer nachfühlenden Künstlerin umschlingen diese sieben Legenden vom Heilandskind.

18. Friede H. Kraze, Meister Brüggemann.

Novelle. 128 Seiten. Geb. 1.30 1.7. Tsd.

Das ist die Geschichte vom Bildschneider Brüg­gemann und seiner Elsebeth. vom Schicksal der weißen Wiebe mit den Meeraugen und ihrem Manne Anselm. So hat es sich zugetragen mit dem Fläschlein geweihten Iordanwassers. dem der Neider das rote Fädlein vertauschte und das die Augen eines Mägdleins blind und die Augen einer verwirrten Seele sehend gemacht har.Eeschehen aber ist solches in Husum zur Zeit, da der Doktor Karlstadt die Bilder stürzte und Fnesland Konfession ablegte zum neuen Glau­ben. Wunderbarlich sind Gottes Wege und alles, was uns bestimmt ist. Gnade von ihm.

10. Fritz Müller-Partenkirchen. Die alte Uhr.

76 Seiten. Gebunden 1.10 Mark. 1.10. Tsd.

Fritz Müller-Partenkirchen gehört zu jenen echten Humoristen, die über die Unzulänglichkeit alles Menschlichen lächeln und zugleich weinen können Ob nun der pflichttüchtige Meister der Seilbahn zum selbstgewollten Sklaven und schließlich Opfer seines Achtstundentages wird, ob kleine Schulmädchen in der Inflation ein­ander bestehlen, bis die große Opfergüter aller alle versöhnt, ob ein waschechter Amerikaner wieder sein Deutschland findet, oder auch nur einem armen Narren die Frau stirbt, im­mer weiß lsteser Altmeister der deutschen Kurz­geschichte mit wahrem Humor uns zum Nach­denken zu bringen über die Welt in uns. um uns und über uns.

Aus alle i« obiger Svalte angegebeue» Bücher und Zeitschriften nimmt die Buchhandlung S. W. Zaiser. Nagold. Bestellungen entgegen.

tn deutschen Lunden

Zum Nikolaustag am 6. Dezember!

. . . ich will euch sagen, es weihnachtet

sehr!" So heißt es immer wieder, wenn der Dezember seinen Einzug gehalten hat. Besonders die Kleinen können es vft kann: iwch erwarten, bis der Bescherungsabend ^a ist. Vorher kommt aber noch etwas: Der Nikolaus! Wer hätte nicht als Kmd freudig vor ihm gezittert, wer hätte nicht die Aepfel Md Nüsse genascht, die er immer mit sich bringt? '

In den einzelnen Gegenden des deutschen Vaterlandes gibt cs nun auch die verschie­densten Bräuche. Zahllose Renne gibt es vuf den Nikolaustag, der beinahe überall am 6. Dezember begangen wird.

. Ein sehr netter Kindervers wird bei uns m Süddeutschland hergesagt: .

Heute kommt der Nikolaus, (

A ihr Bösen, welch ein Graus! '

Packt die Kinder in den Sack,

Nünnit die Rute: Klick, Klack, Klack!

Das Rikolausholz '

, einigen Gegenden dcS süddeutschen Sprachgebietes, wo Santi Nikolaus jedesmal «U Abend vor dem Nikolaustag seinen Uni- Mng hält, hat bei den Kindern das Nikolaus- Mlz noch eine gewisse Wichtigkeit. Wenig- Rens jedes Kind, das schon in die Schule Mtst, nzuß xin Nikolausholz haben. Dies ist -M kleiner Holsttenael. der dem Sankt Niko­

laus jedes Jahr dorgezeigt werden muß. Nach der Befragung der Kinder über Be­tragen und Lernen in der Schule und nach­dem Nikolaus auch die Schulbücher darauf­hin durchgesehen hat, ob sie gut imstand ge­halten werden, macht Sankt Nikolaus einen Einschnitt in das Holz. Diese Einschnitte sind jedoch verschiedener Art und bedeuten auch verschiedenes. Die eine Art des Ein­schnittes besagt, daß Nikolaus mit dem be­fragten Kind sehr zufrieden war, ein zweiter bedeutet schon eine geringere Zufriedenheit, und die dritte Art des Einschnittes drückt die völlige Unzufriedenheit von Sankt Niko­laus aus. So wird das Nikolausholz ge­wissermaßen zur Zensur für eine ganze Schulzeit, und bei älteren Kindern weiß der Nikolaus immer gleich, wie sie sich ill den vorhergegangenen Jahren aujgesührt haben. Stößt der Nikolaus auf einen Jungen oder aus ein Mädchen, die schon ein paarmal schlechte Einschnitte hatten und zeigen sie noch keine Besserung, so kann es Wohl Vor­kommen, daß er solchen Sündern eine große Strafpredigt hält und mit der Rute zu­schlägt. Dagegen hält er auch mit Lob und Geschenken nicht zurück, wenn er Kinder an- trifft, die auf dem Nikolausholz günstige Einschnitte vorzeigen können. Kinder, die zu Ostern das nächste Jahr in die Schule kommen, müssen um Sankt Nikolaus uni Aushändigung eines solchen Holzes bitten.

Die Wurstnickel als falsche Rilolause

In Süddeutschland gibt es auch noch Gegenden, wo falsche Nikolanse auftreten. junge Burschen, die sich äußerlich wie Santl

Nikolaus ausgesucht haben, die jedoch den Kindern keine Geschenke bringen, sondern selbst etwas ergattern wollen. Sie wissen, auf diesem oder jenem Hofe ist vor kurzem Schlachtfest gewesen und beanspruchen nun von diesem Schlachtfest eine Wurst, ein Stück Speck und dergleichen. Dabei werden zu­nächst allerlei Lieder gesungen. In einem dieser Lieder heißt es:

Ich bin ein armer Sünder,

Hab' nennnndneunzig Kinder.

Komm' ich heim und Hab' nicht diel,

Krieg ich was mit dem Besenstiel.

Die Bauersfrauen können es kaum darauf ankommen lasten, diese Wurstnickel abzu- weiscn, wenn sie nicht Spottlieder hören wol­len, die den Geiz der Bewohner des Hofes laut verkünden und zwar ebenfalls in Knüt­telversen.

Sankt Nikolaus kommt mit Begleitung

In einigen Gegenden von Tirol kommt Sankt Nikolaus auch noch mit Begleitung. Im Gebiete des Lech hat Nikolaus selbst leine Nute, dagegen ist der Knecht, der ihn be­gleitet, niit einer großen Rute versehen. Die­ser Nikolausknecht, der dem Teufel ähnlicher sieht, als dem alten guten Nikolaus, ist wohl eine letzte Erinnerung an die bösen Geister, an den wilden Jäger und noch andere Ge­stalten, die nach altgermanischem Volks­glauben jedesmal im Spätherbst, vor der Zeit der Wintersonnwende, durch die Lüfte zogen, um den Menschen Schaden zuzufügen. Mit der Rute sollen auch diese bösen Geister Vertrieben werden. Im Paznauntal. eben­falls in Tirol, macht Sankt Nikolaus seinen

Umgang mit einer Frau, die den Nameü Klase trägt. Diese Frau soll niemand an­deres darstellen als Perchta oder Berchka. eine altgermanische Göttin, die im jüddeul- sehen Sprachgebiet die Rolle der Frau Holle übernommen hat, wie sie weiter nördlich be- kannt ist. Perchta gilt besonders als Be- schützerin aller weiblichen Arbeiten. Nach altem Volksglauben geht sie jedesmal vor der Wintersonnwende durch die Lande, um nach dem Rechten zu sehen und um faule Hausfrauen zu bestrafen. Vereinzelt tritt Nikolaus auch noch mit einem Bären auf. Auch darunter hat man sich wohl einen Dämon der alten Heidenzeil vorzustellen.

Das Rikolausgebäck

Besonders volkstümlich ist das Nikolaus­gebäck heute noch bei den Ostfriesen im Nord­westen Deutschlands. Dort will jedes Kind am Nikolaustage wenigstens noch einen Klaaskerl" haben. Dies ist ein Gebäck in der Form des Nikolaus ans einem Pferde sitzend. Aber auch noch vielerlei andere Figuren werden zu NikolanSgebäcken ge­formt, so Backwaren als Adam und Eva, als Schwein, Kuh, Windmühle. Spinnrad, Wiege, Pflug usw. Die Kinder der Ostfriesen sind immer sehr stolz auf ihr Nikolaus­gebäck. Damit es von allen Vorübergehen­den gesehen und bewundert werden kann, kommt es zunächst einige Tage an die Fenster der Wohnungen, bevor es ausgegesten wird. Ein Rikolausgebäck wird auch in der Lausitz hergestellt. Das sind die Nikolaus-Krän-el, die Sankt Nikolaus den Kindern heimlich « der Nacht auf die binaestellten Teller legt. ,