Nr. 284

Donnerstag, 6. Dezember 1934

108. Jahrgang

er G eseMcli alter

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Beginn der MkerbnndMstagllng

Saarfrage und südslawische Note "aus der^Tagesordnung

KI. Genf, 5. Dezember. ^

Tie außerordentliche Völkerbundrats- i tagung hat am Mittwoch in der üblichen i Weise begonnen: Um 16 Uhr fand eine ge- l Heime Sitzung statt, in der, wie ver- ! lautet, der Antrag des Vorsitzenden, des portugiesischen Delegierten Basconcel- ! los. die ungarisch-südslawische Angelegen­heit dringlich zu behandeln, und auf die Tagesordnung der gegenwärtigen Tagung zu setzen, ohne Aussprache angenommen i wurde. !

Um 16.45 Uhr trat der Rat zu seiner ersten öffentlichen Sitzung zusammen. Ten Vorsitz führte der tschechoslowakische Außen­minister Dr. Bene s ch.

Der Bericht des Saar-Dreier-Ausschusses

Baron Aloisi legte den Bericht des Dreier-Ausschusses über die römischen Ver­einbarungen zum Saarproblem vor. Da der Bericht den Delegierten erst kurz vorher zu­gestellt werden konnte, wird die öffentliche Aussprache über den Bericht erst Donnerstag vormittag beginnen.

Der Bericht des Dreier-Ausschusses, der um die Mittagszeit des Mittwoch den Mit­gliedern des Völkerbundrates übergeben wor­den ist, zerfällt in zwei Hauptteile. Der erste Teil enthält eine Reihe von wichtigen Punk­ten: s) Definition des vertraglichen Rah­mens, b) Staatsangehörigkeit der Saarein­wohner und Optionsrecht, e) Ausdehnung der Garantie auf die Nichtabstimmungs­berechtigten, 6) Behandlung der Saarein­wohner nach der Einführung des endgültigen Regimes, a) Sozialversicherung, k) Saar- ! beamte. Der zweite Hauptteil bezieht sich j auf die Finanz- und Bergwerksfragen. !

Die Anlagen sind: I. Schriftwechsel zwi­schen dem Vorsitzenden des Dreierkomitees f und der deutschen und französischen Regie- ^ rung über die Ausdehnung der Garantie j auf die Nichtabstimmungsberechtigten, L. ein entsprechender Schriftwechsel über gewisse Rechte der Saarbevölkerung nach der Rück­gliederung, 3. das deutsch-französische Ab­kommen über Finanzfragen.

Der Bericht des Ausschusses beginnt mit der wichtigen, durch die Barthou-Denkschrist vom 31.Juli aufgeworfenen Frage der De- i sinition des Status quö. Aus den sehr eingehenden juristischen Ausführungen des Berichtes ergibt sich, daß für den Fall einer Entscheidung zugunsten des Status quo der Völkerbund nur die im Vertrage selbst ! vorgesehenen Befugnisse hinsichtlich der ! Uebersührung eines vorläufigen Zustandes m einen endgültigen besitzen würde. Der Völkerbund würde in diesem Fall die Sou­veränität über das Saargebiet erlangen, über die er nur insoweit verfügen könnte, als es mit den vertraglichen Bestimmungen und den Voraussetzungen vereinbar ist, unter denen sie ihm übertragen wurde. Aus dem Bericht des Dreier-Ausschusses ergibt sich mit voller Klarheit, daß der Völkerbundsrat darauf verzichtet hat, schon jetzt Einzelheiten über das etwaige endgültige Regime im Sinn des Status quo festzusetzen und eine vveite Abstimmung vorzusehen.

Derroke" Graf Karolyl hehl

^ Der sattsam bekannte ungarische Emigrant draf Michael Karolyihat im Namen des

'erüchtigtenSaaruntersuchungsausschusses"

rm Dienstag nachmittag aus einem hier ver­unstalteten Presse-Tee den Text einer unter chn 30. November an den Völkerbund ge­achteten Denkschrift dieses Ausschusses über­leben. Die Denkschrift, deren Forderungen Kreits vor einigen Tagen von der separa­tistischen Saarpresse veröffentlicht worden >und, nimmt Bezug auf die bereits früher "vrgebrachten törichten Behauptungen des Ausschusses über denphysischen und mora- "ichen Terror der Deutschen Front im Saar­gebiet" und hält es für notwendig, die Auf­merksamkeit des Dölkerbundsrates auf die Einmischung der Reichsregierung in den Ab- Mnunungskamps, sowie aus die wiederholten Drohungen (?) seitens deutscher Behörden Wen die Nückgliederungsgegner zu lenken.

Die Denklcbriit vbantassert dann von der

beispiellosen Fälschung der Abstimmungs- listen durch die Deutsche Front" eine Behauptung, die durch die wiederholten Er­klärungen der Abstimmungskommission klar widerlegt ist und fordert eine juristisch einwandfreie Definition des BegriffsStatus quo" durch den Dölkerbundsrat. Schließlich verlangt die Denkschrift die Möglichkeit einer zweiten Abstimmung, durch die die Saar­bevölkerung aus einem Gewissenskonflikt be­freit werden könne (!).

Lavals Sonderzrele

Eine außerordentliche Tätigkeit entfaltet der französische Außenminister Laval, der auf günstiges Fortschreiten seiner Ostpakt­pläne hofft. Obwohl der Polnische Außen­minister Beck nicht nach Gens gekommen ist. auch eine Antwort auf die französische Note an Polen nicht erwartet werden kann, trägt man in französischen Kreisen großen Pessi­mismus zur Schau.

Knox in der Geheimsitzung des Völkerbundsrakes

Zwischen den öffentlichen Sitzungen des Dölkerbundsrates am Mittwoch nachmittag fand eine geheime Ratssitzung in den Räu­men des Generalsekretärs Avenol statt. Wie man hört, ist diese Sitzung auf Ersuchen von Knox einberufen worden, der mit den Mitgliedern des Völkerbundsrates über die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Saargebiet, also vor allem über die Polizeifrage, sprechen wollte. Es heißt, daß bei dieser Gelegenheit auch wieder die Frage der Bereitstellung französischer Truppen besprochen worden sei, wobei auch Laval das Wort ergriffen habe.

Gegen separatistische Splitter« gruppenbildung!

Saarbrücken, 5. Dezember.

Ucbcr 1000 führende katholische und evan­gelische Persönlichkeiten aus allen Orten des «aargebietes haben einen Aufruf an das christliche deutsche Saarvolk gerichtet, um mit aller Entschiedenheit gegen die neue katholische Gruppenbildung L-tellung zu neh­men. Der Aufruf trägt u. a. die Unterschrif­ten des Landesleiters der Deutschen Front, zahlreicher Mitglieder des Landesrates, des Gewerkschaftsführers Peter Kiefer, des früheren Zcntrumführers Steegmann. sowie einer großen Anzahl von Geistlichen. In dem Ausruf heißt es u. a.:

Getreu der Mahnung des verewigten Reichspräsidenten von Hmdenbiirg:Seid einig, einig, einig!" haben sich die'deutschen Saarländer beider christlichen Konfessionen am 1. März 1934 in der alles umfassenden Deutschen Front zusammengcschlossen, um ihren unbeugsamen Willen, zum deutschen Vaterland zurückzukehreu, sichtbaren Aus­druck zu geben. Diese Einstellung befindet sich im Einklang mit der Lehre der beiden christlichen Bekenntnisse, insbesondere haben die zuständigen Bischöfe von Trier und Speyer erklärt, daß die Liebe und Treue zum angestammten Volkstum und Vaterland sittliche Tugenden seien. Nur die völlige Ge- schlossenheit des christlichen und deutschen Volkes an der Saar gewährleistet die Besei­tigung des ihm zugefügten großen nativ- nalen Unrechtes und dauernde Wiederver­einigung unserer deutschen Heimat mit dem angestammten Vaterland, sowie die notwen­dige Befriedigung Europas.

Trotzdem hat sich 44 Tage vor der Abstim­mung ein neues Grüppchen zusammengetan, das sichDeutscher Volksbund für christlich­soziale Gemeinschaft" nennt. Es kann sich nur um eine ganz verschwindende Minder­heit von Unzufriedenen handeln, die keiner­lei Berechtigung haben, sich als Vertreter des christlichen deutschen Saarvolkes zu be­zeichnen. Der neugegründete Volksbund hebt selbst ausdrücklich hervor, daß er nicht für die Rückgliederung des Sargebiets an das deutsche Vaterland, sowie auch nicht für Frankreich sei. also bleibt nur noch das eine übrig, daß er eben eine neue Status-quo- Partei. also eine Partei, die Schulter an

Schulter mit den Marxisten und Kommum- sten kämpft, ist, die sich als Sprachrohr ein Blatt gewählt hat, das gegen Deutschland und für die Verewigung der Völkerbunds- Herrschaft über unsere kerndeutsche Saar­heimat kämpft. Mit einem solchen Bund, der aus Egoismus geboren wurde, der Verwir­rung in das christliche Volk tragen und zur Untreue gegen das angestammte Vaterland verleiten will, hat das wahre christliche deutsche Saarvolk nichts gemein. Wer sich zu diesem Bund bekennt, leistet dem Christen­tum in unserem Vaterland bestimmt keinen Dienst.

Der Aufruf schließt mit den Worten:Da- Saarvolk wird auf die heuchlerische Parole des neuen Bundes nicht hereinfallen, sondern geschlossen festhalten an der einziger! für das christliche deutsche Saaryolk in Frage kommenden Parole: Alles für Deutschland, unser Deutschland!"

Wertere 3V Engländer für die Saarpolizei

Wie der diplomatische Mitarbeiter der Morningpost" meldet, sind weitere 30 Eng­länder für die Saarpolizei angeworben wor­den. nachdem bereits vor einigen Wochen eine Anzahl britischer Staatsangehöriger Offiziersstellen in der internationalen Sar- polizei übernommen hat. Die meisten der neu angeworbenen haben im Weltkriege als Lsfiziere gedient und beherrschen die deutsche und französische Sprache. Sie sollen zum Teil in London ausgerüstet werden. Die Reise nach dem Saargebiet soll demnächst unter der Führung des Hauptmanns Farrell angetreten werden.

Für Verhandlungen mit SeutWand

Paris, 5. Dezember.

Der kriegsblinde Abgeordnete S c a- vini befaßt sscki imOeuvre" erneut mit

den deutsch-französischen Beziehungen. S c a. p i n i. der sich unter den ehemaligen Front­kämpfern befand, die kürzlich mit dem deut­schen Abrüstungsbevollmächtigten v. Riv- bentrop in Paris zusammentrasen, er­klärte, er gehöre nicht zu denjenigen, die den Krieg als verhängnisvoll und verderblich be­trachteten. Aber er sei der Ansicht, daß alle Bestrebungen aus die Ausschaltung sämtlicher Konfliktsmöglichkeiten gerichtet sein müßten. Daher stimme er auch gegenseitigen Verhand­lungen zu. Er vertrete jedoch den Stand­punkt, daß man bei den außenpolitischen Fragen die gefühlsmäßige Seite ausschalte und sich seiner eigenen Sicherheit bewußt sein müsse. Er betrachte es als für ei« Land sehr peinlich, wenn es den Eindruck erwecke, als ob es solche Verhandlungen fürchte. Man spreche im Zusammenhang mit den ehemali­gen deutschen Frontkämpfern von Hinterlist; er hüte sich aber, im voraus ein solches Ur­teil zu fällen. Es sei nützlich und unumgäng­lich. über die Forderungen eines 70-Millio- nen-Volkes zu sprechen, das man nicht durch einen Federstrich von der europäischen Karte tilgen könne. Er gehöre zu einer Generation, die zu viel Blut habe fließen sehen, als daß sie nicht alles versuchen müsse, um eine Wie- derholung unmöglich zu machen. Man dürfe nicht davor zurück sch recken, mit Deutschland Fühlung zu neh­men. Er habe bereits Herrn v. Ribbentrop erklärt, daß Hitler gelegentlich der Saarab­stimmung Beweise feines Friedenswillens ab- legen könne. Leider seien dieJnteressen verschiedener JndustriegruPPen einem Zustandekommen der An­näherung sehr hinderlich. Er werde deshalb auch nicht zögern, in der Kam­mer die Verstaatlichung des Waffenhandels und die Kontrolle der Rüstunasinduskjen zu fordern.

Es ist an den anderen!

Praktische Durchführung der deutschen Gleichberechtigung als unerläßliche Borbedingung

U VV. Berlin, 5. Dezember.

In Berliner politischen Kreisen vermißt man in den sehr zahlreichen Pressestimmen des Auslandes zu den Reden im englischen Unterhaus und in der französischen Kammer trotz der mancherlei Vermutungen und Pläne, die dort zu finden find, jede ernst­hafte und objektive Würdigung der Frage der deutschen Gleich­berechtigung, die nach dem unverändert fortbestehenden offiziellen deutschen Stand­punkt die unerläßliche Vorbedingung für eine erfolgversprechende Aussprache ist.

Die Situation ist in dem Neuterinterview des Reichsaußenministers unmißverständlich klargestellt worden. Tie Klarstellung war nötig, weil die öffentliche Meinung im Aus­lande dahin unterrichtet zu werden scheint, als liege es bei Deutschland, die entscheidende Initiative zu einer allgemeinen Verständi­gung zu ergreifen. Wenn diese immer wie­der in den Vordergrund gestellte Ansicht des Auslandes unwidersprochen hingenommen worden wäre, so hätte schließlich der Ver­such unternommen werden können, Deutsch- ! land von vornherein mit einer Berantwor- l tung zu belasten, die es ablehnen muß.

! Nach Ansicht der zuständigen deutschen ! Stellen müßte eigentlich die ganze Welt ! wissen, daß Deutschland den Völkerbund erst ! verlassen hat, nachdem die feierlich erteilte Zusage der völligen Gleichberechtigung vom Dezember 1932 nicht gehalten worden war. Tie Reichsregierung hat die Gründe iür den Austritt dem deutschen Volk oüeu dargelegt lind dessen Zustimmung mit einer überwäl­tigenden. beispiellosen Mehrheit erhalten. Es kann weiter als bekannt vorausgesetzt wer­den, daß auch die außerhalb Genf unter- nommenen Versuche, eine Verständigung in der Rüstungsfrage herbeizusühren, an der

unnachgiebigen Haltung Frankreichs ge­scheitert sind. Bevor nun nicht von der an­deren Seite aus die Situation geklärt und geändert wird, kann man nicht verlangen und erwarten, daß Deutschland irgend etwas in dieser Angelegenheit tut. Die Möglich, keit einer Lösung des Rüstungs- Problems mit Einschluß Deutsch­lands besteht nur dann, wenn Deutschlands uneingeschränkte Gleichberechtigung anerkannt und durchgesührt wird. Alle an­deren Formulierungen fallen aus; alle an­deren Fragen sind demgegenüber abwegig und zweitklassig.

Wie weit bereits die aus der Lust ge­griffenen Spekulationen gegangen sind, geht aus den von gewisser englischer Seite ver­breiteten angeblich deutschenBedingungen für die Rückkehr Deutschlands nach Gens" hervor, die in Berliner politischen Kreisen auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Um­wege über London und Paris bekannt ge­worden sind. Danach soll Deutschland lochende Bedingungen aufgestellt haben:

1. Die Rückgabe der ehemaligen deutsch«» Kolonien in Afrika.

2. Eine annehmbare Lösung der Korridor frage und der Danziger Frage.

3. Defensive Aufrüstung.

Dagegen beabsichtige Deutschland, sich lochenden drei Bedingungen zu unterwerfen:

1. auf jeden Gedanken an einen Angriff zu verzichten:.

2. einer Schnüffelkommission des Völker­bundes Einblick in seine Rüstungsver- yältnisse zu geben:

L. für den Fall eines Angriffes auf Frank­reich, England oder einen anderen Paktpartner den davon betroffenen Ländern zu Hilfe zu kommen.

Bekennt euch zur Volksgemeinschaft »am Tag der nationalen Solidarität"