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Der Gesellschafter

. Mittwoch, den 14. November 1!W

NT

Neuordnung

der EterwlrWast

Die Neuordnung der deutschen landwirt­schaftlichen Märkte ist untrennbar mit den Maßnahmen zur Neuerstarkung des Bauern­tums verknüpft. Es ist eine Selbstverständ­lichkeit, daß der landwirtschaftliche Markt, der die Auswüchse des früheren liberalisti- schen Grundsatzes sehr deutlich zeigte, voll­kommen neu aufgebaut werden mußte.

Sehr dringend war auch die Neuordnung für den deutschen Eiermarkt, denn trotz ver­schiedener Bemühungen, trotz Kennzeich- nungszwcing für Auslandsware und der Zollkontingente wollte sich keine Stetigkeit und Ausgeglichenheit in Angebot und Prei­sen cinstelleu. Erzeuger und Verbraucher litten gleichermaßen unter dem Aus und Ab der Preise. Hier haben die Eierverorduungeu vom 17. März und 17. Mai 1933 und 8. Juni 1934 Aenderungen geschaffen und die Grund­lagen gegeben, die Eierbewirtschaftung im Interesse der Erzeuger und Verbraucher in geregelte Bahnen zu leiten.

Die Organisation besteht heute aus der Hauptvereinigung der deutschen Eierwirt­schaft mit 14 Eierverwertungsver­bänden, die mit den Milchwirtschaftsver­bänden gleiche Grenzen haben, und aus der Reichs st elle für Eier.

Die Hauptvereinigung hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß das Ei auf dem schnell­sten Weg vom Erzeuger zum Verbraucher gelangt. Dabei stellen sich drei Aufgaben heraus, nämlich die Erfassung des Eier­anfalls, die Lenkung des Neberschusses und der Auslandseinfuhr, sowie schließlich eine gewisse Ueberwachung der Preise und Preis­spannen. Die Hauptvereinigung muß infolge­dessen stets im Bilde sein über die Erzeu­gung und den Absatz, um den Markt von einer Stelle aus leiten zu können.

Der Eierverwertungsverband hat die Aus­gabe. in seinem Wirtschaftsgebiet den Aus­gleich durch die Ausgleichsabteilung her­beizuführen, die Ueberschüsse oder den Zu­schußbedarf sofort an die Hauptvereinigung zu melden und nach deren Weisung den Eierzu- oder -abgang von anderen Verbän­den zu ordnen. Ergibt sich in den Eierver­wertungsverbänden ein Ueberschuß von Eiern, so greift die Reichsstelle auf Veranlas­sung der Hauptvereinigung ein und nimmt die überschüssigen Mengen in die Kühl­häuser aus, um sie im Bedarfsfälle an den Handel weiterzugeben. Gleichzeitig wer­den die Eierauskäufer und die genossenschaft­lichen Aufkaufstellen überwacht.

Der genossenschaftliche Sammler oder der Aufkäufer für den Handel bringt die Eier genau so wie in früheren Zeiten zum Groß­verteiler oder unmittelbar zum Kleinvertei­ler. Als Sicherung, damit der Erzeuger einen gerechten Preis erhält und der Verbraucher nicht übervorteilt wird, ist von den Aufkäu­fern oder Sammlern den Bauern ein vorge- fchriebener Mindestpreis se Kilogramm Eier zu bezahlen. Ebenso muß das Ei, sowie es über den Handel gebt, eine Kennzeich­nen gsstelle durchlaufen. Dort werden dst Eier sortiert und durchleuchtet, also ge­prüft. ob keine anaebrüteten Eier, Vrullieier. Knickeier oder alte Eier vorhanden sind. Diese werden aussortiert und soweit verdorben, vernichtet. Es ist alw die Gewähr geboten, daß die schleckten Eier, die früher stets mit­gekauft und bezahlt werden mußten, nicht mehr zum Verbraucher gelangen. Aussor- tierte Eier sind natürlich keinesfalls ein­wandfrei und dürfen nicht als besonders gute und frische Ware verkauft werden. In der Kennzeichnungsstelle werden die Eier nach Handelsklassen sortiert, und zwar

8 Sonderklasse mit einem Mindestge­wicht von 65 Gramm.

^ große Eier mit einem Mindestgewicht von 6065 Gramm.

R mittelgroße Eier mit einem Mindest­gewicht von 5560 Gramm.

6 -- gewöhnliche Eier mit einem Mindest­gewicht von 5055 Gramm.

v -- kleine Eier mit einem Mindestgewicht von 4050 Gramm.

Auf allerschnellstem Wege müssen die Eier zu den Kleinhandelsgeschäften kommen und sie werden dort unter der Schildbezeichnung O l vollfrische Eier verkauft. Eier, die schon etwas älter geworden sind, werden mit (I II -- frische Eier bezeichnet. 0 I und II sind also reine Güte-Gruppen. Wenn der Kaufmann für die Eier eine Ge- wäbr nicht mehr übernehmen kann, ist ein Schild anzubringen:Keine Gewähr für ge­setzliche Handelsklassen".

Tie Kühlhauseier sind auch gestempelt und tragen außerdem noch den L-Stempel. Diese

Eier sind im Großen konserviert, aber ein Kühlhausei ist besser als ein konserviertes Ei. Für Kühlhauseier kann jedoch eine lOOpro- zentige Garantie nicht übernommen werden, genau so wenig wie dies die Hausfrau im Herbst und Winter für ihre im Frühjahr ein­gelegten Eier tun kann.

Dre Auslandseier werden nicht nach den Handelsklassen bezeichnet, sondern nach dem Herkunftsland.

Der zweite Weg, den das Ei zum Ver­braucher nehmen kann, ist der unmittelbare, d. h. der Bauer hat das Recht, in den Haushalt des Verbrauchers Eier zu liefern, oder auf dem Wochenmarkt an den Verbraucher zu verkau­fen. Alle Eier, die vom Erzeuger unmittelbar zum Verbraucher gelangen, durchlaufen keine ! e n n z e i ch n u n g s st e l l e. Die Hausfrau jedoch muß hier große und kleine Eier nehmen, wie sie eben anfallen und zu Preisen, die keiner Beaufsichtigung unterliegen.

Die Neuregelung zeigt, daß der Marktnotie­rung künftighin nicht mehr die Bedeutung zu­kommt, wie bisher, denn nur in wenigen Fäl­len hat die Marktnotierung den Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft und in den seltensten Fällen den Bedürfnissen der heimischen Erzeu­

ger entsprochen. Schon jetzt empfinden alle Be­teiligten (Erzeuger, Handel und Verbraucher) den Vorteil der Neuordnung in der Eierwirtschaft. Das Ziel, eine mittlere stetige Linie des Marktes und der Preise zu halten und damit die Erträgnisse der bäuerlichen Arbeit zu sichern, aber auch dem Handel eine der Arbeit entsprechende Verdienstspanne zu gewährleisten und dem Verbraucher die Ware nicht zu verteuern, muß unter allen Umstän­den im Interesse unserer deutschen Volkswirt­schaft eingehalten werden.

Hier läßt sich natürlich eine im geringen Umfang, durch die jeweils zeitlich bedingte Schwankung in der Erzeugung, verursachte Preiserhöhung in den Wintermonaten bei Frischeiern nicht ganz vermeiden. Es wird aber dafür gesorgt, daß die Preise über den Stand des Vorjahres keinesfalls hinaus­gehen und spekulative Verteuerungen, wie sie früher vielfach beobachtet wurden, unter­bleiben.

Tie Mithilfe von Erzeuger. Handel und Verbaucher bei der Durchführung der Neuordnung in der deut­schen Eierwirtschast ist aber immer not- > wendig. ,

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Obwohl im allgemeinen der Bauer fest und treu hinter der Regierung steht und ihre Tätig­keit voll und ganz anerkennt, gibt es doch noch manche Bauern, die an der nationalsozialisti­schen Gesetzgebung herumnörgeln. Diesem paßt die Marktregelung nicht, einem anderen das Erbhofgesetz und wieder ein anderer behauptet, immer noch zu viel Steuer zahlen zu müssen. Die Gründe dieser Nörglereien sind ver­schiedenartig, sie sollen hier nicht weiter fest­gestellt werden. Nur sollten sich diese Bauern in aller Ruhe mal überlegen, wie es vor d e m U m st u r z a u s s ah, wie es unter dem alten System jetzt aussehen würde und wie es jetzt bei uns ist.

Vergleiche er nur eine beliebige Zeitung von damals und eine jetzige. Früher Parteigezänk, Aufhetzung zum Klassenhaß, politische Ueber- fälle und Morde, heute merkt, liest und hört er von all diesen Sachen nichts mehr. In großer Sorge und Furcht schaute er der Zukunft ent­gegen, wußte er doch nicht, wie lange noch der drohende Bürgerkrieg zu verhindern war und was dann mit Haus und Hof geschehen würde, konnte er sich ausmalen. Daß heute dagegen überall Ordnung herrscht, wird er zum min­desten zugeben.

Aber nicht nur diese Sorgen bedrückten ihn und das ganze Volk. Ungeheure Wirt- chaftssorgen kamen dazu, die Höfe mei­stens verschuldet, keine Aussicht auf Besserung. Die Getreidepreise tanzten auf und ab, nie wußte er den richtigen Zeitpunkt, um zu ver­kaufen. Festpreise geben ihm heute ganz genau an, was er an dem und dem Zeitpunkt erhält,

die Sorge und der Aerger um einen rechtzeiti­gen Verkauf sind ihm genommen.

Vergleicht der kritisierende Bauer die Bich- li r e i s e, so wird er bei genauem Ueberlegen und Vergleichen einen sehr großen Fortschritt feststellen können. Die Viehställe waren vom Frühjahr her überfüllt, da die Preise damals auch nicht sehr hockst rgen und der Bauer im Gefolge des allgemeinen Aufstiegs eine Besse­rung des Viehmarktes erwartete. Nun trat im Sommer infolge der Trockenheit stellenweise ein furchtbarer Futtermangel auf. Ein unge­heurer Preissturz wäre unter dem alten System die Folge gewesen. Die Höfe damals stark ver­schuldet, die Zinsen sehr hoch (heute sind sie stark reduziert), Spekulationen am Getreide­markt, d. h. schlechte Getreidepreise, dazu die jetzt zu befürchtenden minimalen Viehpreise, dies hätte unbedingt den geschwächten Bauern­höfen den Rest gegeben. Aber unter jetziger Führung trat dies nicht ein. Die Vieh­preise sind nicht ins Grundlose gefallen, son­dern steigen jetzt. Der Grund hierfür ist die Regelung des Viebmarktes.

Zum Vergleich ein paar Zahlen: setzen wir den Preis für eine Einheit Schweinefleisch, Rindfleisch, Kalbfleisch 19 3 2 je gleich 100 Pfg. an, so ergibt sich im Durchschnitt von 1938 und 19 3 4 für dieselbe Einheit Schweinefleisch ein Preis von 108 Pfg., für Rindfleisch 111 Pfg. und Kalbfleisch 108 Pfg.; diese Zahlen sagen an und für sich schon genug. Diese we­nigen oben angeführten Tatsachen werden schon manchen Nörgler zur Ruhe bringen, jeder, der sie ohne Voreingenommenheit überlegt, wich ihre Richtigkeit ohne weiteres zugeben.

Stadtlust ist Zvd!

Die römischen Schriftsteller berichten von unseren germanischen Vorfahren, daß diese das Wohnen hinter Stadtmauern ver­abscheuten, weil sie die Städte für Gräber der Volkskraft hielten. Wie berechtigt diese Auffassung war, zeigt sich, wenn man einmal das Aussterben der städtischen Geschlechter an der Hand von Urkunden untersucht. Als Beispiel ist hier das Goldene Buch der Stadt Straßburg gewählt, in welchem alle Ge­schlechter eingetragen sind, die bis zum 16. Jahrhundert ratsfähig geworden sind, also ein solches Ansehen erlangt hatten, daß sie städtische Aemter annehmen konnten. Da er- gibt sich nun folgendes fürchterliche Bild:

Man kennt bis zum Ende des 13. Jahr­hunderts rund 220 Geschlechter, die urkund­lich genannt werden. Eigentlich sind es noch eine Anzahl mehr, jedoch sind diejenigen, die nur gelegentlich erwähnt werden, gar nicht in Betracht gezogen, so daß das Gesamt­ergebnis eigentlich noch schlimmer ist. Von diesen 220 Geschlechtern haben ganze 20 noch den Beginn des 19. Jahrhunderts erlebt. Alle übrigen sind vorher ausgestorben. Im Ver­lauf des 19. Jahrhunderts starben dann wei­tere sieben Geschlechter aus. Im einzelnen be­trachtet, ist diese Bewegung noch lehrreicher. 130 der genannten 220 Geschlechter erlebten nämlich nicht einmal das 16. Jahrhundert. Die meisten sterben schon bis gegen 1400 aus. etwa 40 weitere im Laufe des 15. Jahrhun derts. Im 16. Jahrhundert sieht dann das Verzeichnis der Geschlechter schon wesentlich anders aus. Zahlreiche bis dahin bürgerliche Familien haben das Patriziat ergänzt. Aber sie verfallen demselben Schicksal und verschwinden nach einigen Geschlechterfolgen genau wie die mit ihnen verschwägerten älteren Adeligen.

Wenn sich dann die Geschwindigkeit des Aussterbens verlangsamt, so hat das einen sehr einleuchtenden Grund: Infolge poli­tischer Vorgänge verläßt ein großer Teil der tonangebenden Familien die Stadt, zieht am ländliche Besitzungen und widmet sich deren Bewirtschaftung. Wir sehen dann, daß dic Zweige, die in der Stadt ansässig geblieben sind, weiter dem unaufhaltsamen Untergang verfallen bleiben. So sterben von den Andlau noch im 17. und 18. Jahrhundert vier kräf­tige Zweige ab. Diejenigen Linien aber, die auf das Land gezogen undverbauert" sind erhalten sich bis zur Gegenwart in stattlicher Blüte. 1870, als Straßburg wieder deutsch wurde, lebten die Nachkommen keiner der Familien mehr, die 200 Jahre früher beim Uebergang der alten Reichsstadt an Frankreich eine Rolle gespielt hatten. Ebenso waren die Gelehrtenfamilien, die zu Goethes Zeit Straßburgs Universität berühmt ge­macht hatten, säst restlos verschwunden.

Heimkehr am Samstagabend

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--sc*

Eine ganze Reihe von Geschlechtern sind aber auch unter Aufgabe ihres Adelstitels schon früh einfache Bauern geworden. Als Bauern blieben sie lebensfähig. Ihre Vettern, die das Stadtleben vorgezogen hatten, waren rettungslos dem Untergang geweiht.

Dabei ist Straßburg nicht etwa eine beson­ders ungesunde, sondern im Gegenteil, eine in klimatischer Beziehung sehr begünstigte Stadt. Die Untersuchung läßt sich hier zu­fällig besonders genau durchführen, weil die urkundlichen Quellen lückenlos vorhanden sind. Bei vielen anderen Städten würde sich wohl noch ein bedeutend trostloseres Bild er­geben. Unsere Vorfahren hatten also voll­kommen recht, wenn sie die Stadt­mauern als Gräber scheuten.

Ein neuerer Soziologe hat das so aus­gedrückt, daß er gesagt hat, niemand, der endgültig verstädtere, könne mehr aus Urenkel aus seinem Blut rechnen. Es gibt also nur eine Rettung für die deutsche Zu­kunft, und damit macht unsere nationale Regierung nun ernst: Zurück zu dem Leben, das unserem deutschen Blut artgemäß ist und seinen B e - stand verbürgt!

Wie heilig ist der Abend heut! Es kommt auf weichen Wogen Mein Heimwehtag im Festgeläut Der Glocken hergezogen.

Und wie die letzte Glocke schweigt. Es stirbt das Werktagssorgen.

Ein Englein nun im Herzen geigt Den Sonntag ein für morgen.

Herausgeber: Landesbauernschatt Württemberg uub Hovenzollern. Sür de» Inhalt verantwort»«.

Dr. SLSkter. Stuttgart. Kevlerftroke 1 Nachdruck sämtlicher Artikel dieser Sonderdeila« verboten.)