Nr. 261

Donnerstag, 8. November 1934

108. Jahrgang

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Der dramatische Verlauf des Ministerrates am Dienstag Letzte Kittversuche / Aufmarschbereitschaft der Verbände

ZI. Pari s, 7. November.

Die Entwicklung in der französischen Hauptstadt spitzt sich zu. Während die Ent­scheidung über die Staatsreform und das Schicksal des Kabinetts Doumergue bis Donnerstag hinausgeschoben werden konnte obwohl es so gut wie außer Zweifel steht, daß die Regierung Toumergucs den Don­nerstag in ihrer jetzigen Zusammensetzung nicht überleben wird haben die natio­nalen Verbände und die Links­gruppen große Aufmärsche an- gekündigt. Das von der Regierung ein- gebrachte Gesetz über die Regelung von Straßenkunbgebungen ist somit zu spät ge­kommen.

Die Politischen Leidenschaften haben einen Siedepunkt erreicht. Die Erregung ist größer als im Februar. Allgemein befürchtet man schwere Stratzen- schlachten. Die Regierung hat die Pariser Polizei auf die höchste Alarmstufe gebracht und gleichzeitige Vorbereitungen zur Alarm­bereitschaft der Pariser Garnison ange­ordnet.

Im Innenministerium wird bereits dar­über verhandelt, ob nicht alle Kundgebungen am Wafsenstillstandsiage verboten werden sollen, obgleich man wenig Hoffnung hat, mit diesem Verbot Strätzentumulte verhin­dern zu können. In der Sitzung der radikal­sozialistischen Kammergruppe vom Dienstag hat sich Innenminister Marchandeau, wie bereits berichtet, für die Ausrechterhaltung des Burgfriedens mit dem Hinweis auf mög­liche Unruhen ausgesprochen. Der Minister bezweifelte, daß es möglich sein werde, die Ruhe im Lande im Falle einer Regierungs­krise ansrecht zu erhalten.

ZI. Paris, 7. November.

Die Spannung in der französischen Haupt­stadt hat den Höhepunkt erreicht. Obwohl man kaum noch Hoffnung hat, daß das Kabinett Doumergue gerettet werden könnte, wurden im Lauf des Mittwoch doch noch eine Reihe von Versuchen unternommen, den Riß, der in der Dienstag-Sitzung des Minister­rates durch das Kabinett gegangen ist, zu verkitten. Insbesondere der Abg. Malvy bemüht sich lebhaft, die Krise zu überwinden. Er hatte noch Dienstag abend eine Aus­sprache mit Doumergue; dieser aber ist, wie er es am Samstag in seiner Rundfunkrede angekündigi hat, keineswegs geneigt, auch nur ein Jota seines Programms parlamen­tarischen Kompromissen zu opfern.

Ueber den Verlauf des Ministerrates weiß Matin" dramatische Einzelheiten zu berichten. Danach habe Herrivt erklärt: Die Loyalität gebietet mir, ^ie, Herr Mini­sterpräsident, davon in Kenntnis zu setzen, daß wir unmöglich das Haushaltszwölftel- Verfahren annehmen können." Daraus habe Doumergue geantwortet:Unter diesen Um­ständen kann ich Ihnen ebenso klar erklären, daß es Ihre Pflicht ist, zu gehen", was Her- riot zu dem erregten Ausruf veranlaßt habe: Sie jagen uns also davon!" Nur durch das Eingreifen des Präsidenten der Republik Lcbrun seien die radikalsozialisti­schen Minister bewogen worden, ihren Rück­trittsbeschluß bis Donnerstag zurückzustellen.

Da die gesamte Linke den Entschluß der Radikalsozialisten durchweg billigt, beschäftigt sich die Presse weniger mit den Versuchen zur Ueberwindung der Krise, als mit der Frage der Nachfolgerschaft Doumergues, wobei Namen wie Bouisson, Laval. Flan- d i n. aber auch Marschall Petain und wieder Doumergue genannt werden.

Schärfste Verurteilung iindet die Haltung der Radikalsozialisten in der Rechtspresse. -.Le Jour" erklärt u. a.. daß ChautemPs und die Freimaurerlogen zu­frieden sein könnten.

Wenn überhaupt noch eine Aussicht aus die Beilegung der akut gewordenen Krise be­steht, dann kann der Anstoß hierzu nur von der Angst der Radikalsozialisten vorderStraße kommen. Denn alle An­

zeichen deuten darauf hin. daß m den näch­sten Tagen die Straße ein gewichtiges Wort mitreden wird. Die Linlsverbände haben den Alarmzustand verkündet und wollen am Waffenstillstandstage große Straßenkund­gebungen veranstalten. Da inan mit Recht Ausschreitungen befürchtet, sind jetzt auch die NechtsgruPPen aus dem Plan erschienen. Der Führer der FrontkämpfervereinigungFeuer­kreuz", Oberst de la Nocgue, ließ bereits durch die Presse erklären, daß die Regierung im gegenwärtigen Augenblick ihre Autorität wahren müsse, weshalb unverzüglich folgende Maßnahmen notwendig seien: Aufhebung der marxistischen Front, energisches Vorgehen gegen die Teuerung lind Säuberung des gan­zen Verwaltungsapparates. Erst dann könnte die Verfassung geändert werden. Die Feuer- kreuzler stehen bereit, um im geeigneten Augenblick einzugreifen.

Die gleiche Alarmbereitschaft ihrer Ver­bände haben der Führer der Patriotischen Jugend. Taittinger, und der Führer der Solidarits Frcmeaise", Major Ren and, bekanntgegeben.

Generalkonkrolleur der Sicherheit amksenlhoben

Der Diszipkinarrat hat dem Innenministe­rium die Amtsenthebung des Generalkon­trolleurs der Sicherheitspolizei, Sisto- r a n, wegen Nichteinsetzens einer Radfahr­abteilung zur Bedeckung des Kraftwagens des südslawischen Königs in Marseille borge-' schlagen.

AMptWe Resmunsskrije bMMgl

Tewsik Rcssim Pascha beauftragt

Kairo, 7. November.

T ewsik Nessi m Pascha hat vom König den Auftrag zur Kabinettsbildung unter der Bedingung erhalten, daß er in der Innenpolitik die gegenwärtig eingeschlagene Richtung bcibehält. Tewsik Nessim Pascha hat den Auftrag angenommen. Politische Kreise wollen in der Beauftragung Tewsik Nessim Paschas unter der genannten Bedin­gung ein Manöver sehen, um ihn nach seiner Ablehnung als Anwärter ans den Miuister- präsidentenpostcn auszuschalten.

Nessim Pascha mar bereits in den Jahren 1920 Ti und 1922/23 ägyptischer Minister­präsident.

GrenzlaMMsOlum sieht zum Eaarlan-

Saarbrüüen erhält ein Glockenspiel von den deutschen Grenzgebieten

Berlin, 7. November.

Wie der Vvltsbund für das Deutschtum im Ausland mittcilt, ist das Glockenspiel im Saarbrücker Rathausturm durch Vermittlung des VDA. von den deutschen Grenzgebieten gestif­tet worden. die bereits ihre Treue zum deutschen Volk in den Abstimmungskämpsen bewährt haben: von Schleswig-Holstein, Ost­preußen, Westpreußen, Oberschlesien und Kärnten. Das Glockenspiel läßt folgende Weisen als Gruß der Abstimmungsgebiete erklingen:Schleswig-Holstein meerumschlun­gen". denHohenfriedberger Marsch", das KärntnerHcimatlied" und dasSaarlied".

So schließt sich ein Band der Schicksals­gemeinschaft und gleich bewährter Volks­treue um die Part uinkämpften deutschen Grenzgebiete.

Sitzung -es Dreierausschusses

Rom, 7. November.

Der Dreierausschuß ist am Mittwoch vor­mittag unter dem Vorsitz von Baron Aloisi zu einer weiteren Besprechung zu­sammengetreten, die unter Hinzuziehung der Sachverständigen stattfand.

Knox nach Rom a-gewist

Saarbrücken, 7. November.

Der Präsident der Regierungskommission, Knox, ist Dienstag abend zur Tagung des Dreierausschusses nach Rom abgereist.

München Mel für die Feier -es 9. November

München, 7. November.

Die NSDAP, schickt sich an, den Tag der Wiederkehr des großen Schicksalstages am 9. November 1923 würdig zu begehen. An den Orten, an denen sich seinerzeit die Ereig­nisse abspielten, sind tausend fleißige Hände bemüht, eine würdige äußere Gestaltung der Gedenkstunde vorzubereiten. Der Saal des Bürgerbräukellers, wo sich am Donnerstag abend die alten Kämpfer versammeln, ist einfach und würdig geschmückt. Ueber der denkwürdigen Stelle leuchtet das in Gold ge­haltene Hoheitszeichen der Bewegung. An der Feldherrnhalle und dem davor liegenden Odeonsplatz beherrscht im Gedenken an die hier Gefallenen die schwarze Farbe das Bild. Der Platz wird am Donnerstag abend Zeuge des Generalappels der gesamten Münchener SA. und Freitag nacht der Vereidigung der LeibstandarteAdolf Hitler" sein.

Der FöhM EhwnbüMr -er NeiKsbauernita-t Goslar

Goslar, 7. November.

Der Führer und Reichskanzler Adols Hitler hat die ihm von der Stadt Gos­lar angetragene Ehrenbürgerschaft ange­nommen und dem Rat der Stadt folgendes Schreiben gesandt:

Die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes von Goslar erfüllt mich mit aufrichtiger Freude. Ich nehme die Ehrenbürgerschaft an

und bitte, dem Stadtrat meinen ergebensten Dank, sowie meine besten Glückwünsche für das Blühen und Gedeihen von Goslar aus­sprechen zu dürfen."

Die Ehrenbürgerurkunde der Stadt Gos­lar hat folgenden Wortlaut:

Goslar, die Reichsstadt im ersten Reich der Deutschen, die Neichsbauernstadt des Dritten Reiches, hat den Führer und Reichs- kanzler Adolf Hitler zu ihrem Ehrenbürger erwählt in tiefer Dankbarkeit für die Gestal- tung und Führung des deutschen Ausbruches und dieErfüllüngalterSehnsucht unseres Volkes nach deutscher Einheit.

Goslar, im zweiten Jahr des Dritten Reiches.

Der Oberbürgermeister."

Zur künstlerischen Ausgestaltung der Nr- künde hat die Stadt Goslar die Anfertigung einer Kassette aus Silbererzen des Rammels- berges in Auftrag gegeben und hofft. Gele­genheit zu bekommen, dem Führer das Kunst­werk mit dem Ehrenbürgerbries in Goslar selbst überreichen zu können.

GM Schuschnigg wieder nach Rom?

Wien, 7. November.

Wie verlautet, wird Bundeskanzler Dr. Schuschnigg zwischen dem 15. und 20. November nach Rom fahren.

Demokratische Zwei-rittelmeWelt im Senat gesichert

Neuyork, 7. November.

Aus Grund der bisherigen Wahlergebnisse ist auch im Senat eine demokratische Zwei­drittelmehrheit gesichert. Gewählt wurden bisher 23 Demokraten,' 4 Republikaner, ein Farmarbeiter und ein Progressiver. Der Rest der Sitze ist bisher noch ungeklärt.

Im Repräsentantenhaus dürften die De­mokraten nach den bisher vorliegenden Zif» fern eine Mehrheit von 3:1 erhalten.

Deutscher Schritt in Paris» London Rom und Brüssel

Die Unterredung des deutschen Botschafters Köster mit Laval Fortsetzung der deutsch-französischen Aussprache

Paris,". November.

Havas" meldet: Ter französische Außen­minister Laval hat Dienstag nachmittag den deutschen Botschafter Roland Köster empfangen, mit dem er sich ausführlich über die verschiedenen Probleme unterhalten hat, die beide Länder interessieren, insbesondere über gewisse Fragen der Volksabstimmung im Säargebiet. Im Verlauf dieser sehr höf­lichen Unterhaltung hat der französische Außenminister festgestellt, daß Frankreich aus keine der Pflichten, die ihm in Ausführung seiner internationalen Verpflichtungen dem Völkerbund gegenüber obliegen, verzichten wolle, noch könne. Außenminister Laval legte andererseits Wert darauf, die Mitteilungen der ausländischen Presse über angebliche mili­tärische Maßnahmen und insbesondere über Truppenverschiebungen zu dementieren, um damit jedem Mißverständnis die Spitze ab- mbrechen. Ter Botschafter hat, indem er der Auffassung der Reichsregierung Ausdruck ver­lieh, bestätigt, daß Deutschland in keiner Weise die durch den Friedensvertrag festge­setzten Bedingungen zur Gewährleistung der Abstimmungsfreiheit der Saarländer ver­kennen wolle. Der französische Außenminister nahm mit Genugtuung diese Erklärung zur Kenntnis, um seinerseits daran zu erinnern, daß die Absichten der französischen Regie­rung hinsichtlich der völligen Ächtung der Abstimmungsfreiheit stets immer so klar ge­wesen feien.

klr. Berlin, 7. November.

Die Mitteilungen der französischen Nach­richtenstelleHavas" über die Aussprache des deutschen Botschafters in Paris. Köster, -mit dem französischen Außenminister Laval. haben naturgemäß großes Aufsehen erreg,. In der Reichshauptstadt hat man mit Be- sriedigung von den Erklärungen Lavals Kenntnis' genommen. d,:ß militärische Vor-

bereitungen zum Emmarjch sranzöfstcher Truppen in das Saargebiet nicht erfolgt seien. Keinesfalls aber teilt man den von Laval vertretenen Standpunkt, daß Frankreich ge­gebenenfalls berechtigt und verpflichtet sei, durch Entsen- duug von Truppen für Ruhe und Ordnung im Saargebiet und für die Freiheit der Abstimmung zu sorgen. F ü r d a s D e u t s ch e R e i ch i st diese Auffassung unannehmbar. Ter Völkerbund selbst hat sich zur Auffas- jung bekannt, daß kein an der Abstimmung unmittelbar interessierter Staat seine Exe­kutive in das Abstimmungsgebiet entsenden dürfe.

Im übrigen hat der deutsche Botschafter lim die Fortsetzung der Aussprache gebeten, weil ihm bereits bekannt war, daß Weisun­gen an die deutschen Vertretungen in Lon­don. Rom und Brüste! unterwegs sind, die den ausführlich begründeten Auftrag der Reichsregierung enthalten, gegen oie Ver­wendung französischer Truppen im Saar­gebiet Verwahrung einzulegtz».

Auch die französische Presst' bezeichnet die Aussprache als hochbedeutsames Ereignis, das die Lage kläre und dazu beitragen könne, einen ruhigen Verlauf der Abstimmung zu sichern. So sprichtExcelsior" von einer Art stillschweigendem Uebereinkommen nigmrsten der Beilegung der international r Saar- Polemik. Auch andere Blätter ge­ben dem Wunsche Ausdruck, daß die Aufklärungen Lavals .die deutsche Pressekampagne" gegen die französische Politik beenden würden. NurPetit Parisien" bemüht sich, dieHavas"-Meldung in die alte fran- zöfische Tendenz umzudeuten, d ß Frankreich auf Grund internationaler Vc Lüchtringen zum militärischen Beistand für d Saar-Re­ist erungskommission verpflichtet sti.