Nr. 620

Mittwoch, 7. November 1934

108. Jahrgang

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Sir Simon gegen die Pulschlüge

Saardebatte im englischen Unterhaus

London, 6. November.

Der Staatssekretär des Aeußeren Sir John Simon wurde am Montag im Unterhaus von dem Führer der Arbeiteropposition. Lansbury, gefragt, ob er eine Erklä- rung über die Frage der Aufrechterhaltung der Ordnung im Saarbecken abgeben könne, worauf Sir John Simon erwiderte:

Die Verantwortung für die Aufrechterhal- tung der Ordnung im Saarbecken liegt bei der Regierungskommission des Saargebietes, die sich dieser Aufgabe weiter erfolgreich unterzieht. Eine Lage, in der sich die Regierungskommission des Saargebietes unfähig sieht, die Ordnung aufrecht zu er­halten, dürfte nicht eintreten und wird, so hoffe ich zuversichtlich, niemals eintreten. Schon im Jahre 1926 teilte die Regierungs­kommission des Saargebietes Sem Völker­bundsrat mit, daß sie berechtigt sei, im Fall- absoluter Notwendigkeit, auf Truppen außer- halb des Gebietes, aber in der Nachbarschaft der Gebietsgrenzen, zurückzugreifen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Völker­bundsrat hat diesen Bericht der Kommission am 8. 3. 1926 zur Kenntnis genommen. Das Unterhaus kann hieraus ersehen, daß die Verwendung fremder Truppen niemals in Frage gekommen ist und nichts Derartiges ist unse­rerseits in Aussicht genommen. Gewisse französische Vorkehrungen in dem Teile Frankreichs, der an das Saargebiet im Westen grenzt, sind reine Vorsichtsmaß­nahmen. Wie ich bereits erklärt habe, kann die Hinzuziehung von Truppen außerhalb des Saargebretes zur Aufrechterhaltung der Ordnung nicht in Frage kommen, es sei denn, die Negierungskommission des Saargebietes sollte nicht in der Lage sein, die Aufgabe zu erfüllen, die ihr gestellt ist und sähe sich ge­zwungen um Beistand zu ersuchen.

Der deutsche Botschafter hat heute vormit­tag mich auf meine Bitte hin ausgesucht. Er hat mir die in der Presse vom Samstag ver­öffentlichten Nachrichten bestätigt, wonach die deutschen Regierungsbehörden in einem Be­fehl an die SA.- und SS.-Formationen auf der deutschen Seite der Saargrenze für ein Gebiet, das einen Gürtel von 25 Meilen Breite bildet, das Tragen von Uniformen, die Abhaltung von Aufmärschen und Kund­gebungen sowie Ansammlungen jeder Art für die Zeit der Abstimmung verboten haben. Gleichzeitig haben sie feierlich versichert, daß die Gefahr eines Eindringens in das Saar­gebiet nicht bestehe. Ich habe sowohl Herrn v. Hösch als auch dem französischen Bot­schafter die Befriedigung der britischen Re­gierung über diese Mitteilung zum Ausdruck gebracht. Vom französischen Botschafter habe ich die Zusicherung erhalten, daß die franzö­sischen Vorkehrungen reine Vorsichtsmaßnah­men darstellen, wie dies bereits angedeutet worden ist. Unter diesen Umständen dürfen wir erwarten, daß die Abstimmung, die dn Völkerbundsrat abzuhalten verpflichtet ist. bei angemessener Zurückhaltung aut allen «eiten am l3. Januar 1935 ordnungsgemäß durchgeführt werden wird.

Zu den Ausführungen des englischen Staatssekretärs ist folgendes zu bemerken- Es wäre bedauerlich, wenn auS den Worten Sn John Simons herauszulesen wäre, als habe es erst der Maßnahme des Regierungskom­missars für das Saargebiet Bürckel bedurft, um die Gefahr voll deutscher Seite her dro­hender Unruhen zu beseitigen. Es muß mir ollem Nachdruck daran erinnert werden, daß eine derartige Gefahr nicht be­standen hat, daß wiederholt die Jnne- zaltung strengster Zucht innerhalb uns außerhalb des L-aargebietes von maßgeben­den Stellen angeordnet und befolgt worden ist. Wenn jetzt noch ergänzende, ins Einzelne Mende Anordnungen erlassen worden sind, w geschah das, um angesichts der von fran- sösischer Seite getroffenen militärischen Maß­nahmen, die geeignet waren, die Saarbevöl- ^erung in tiefgehende Beunruhigung und Er- tkgung zu versetzen, nichts zu versäumen. Aut der anderen Sette steht aber sterade aus den Worten Simons .bei anaemessener Zurück-

haltunst auf allen Seiten^ hervor, daß auch - für die übristen Stellen manches zu tun noch s übrist bleibt. Die Aufrechterhaltunst der Ord- > nunst des Saarstebietes. die Sir John Simon j zu Beginn seiner Rede als einen Erfolg der j Regierunstskommission hinstellte, ist in erster Linie ein Verdienst der deutschen Bevölke­rung selbst, die allen Provokationen zum Trotz mustergültige Disziplin bewahrt hat. Solche Provokationen, die von den ihr Asyl- cecht mißbrauchenden Emigranten hervorge- cusen werden, abzustellen, ist Sache der Re- gierungskommisswn und derjenigen französi­schen Stellen, die sie immer wieder ermun­tern. Man wird also logischerweise erwar­ten dürfen, daß der englische Staatssekretär nach den weitgehenden Vorleistungen aus deutscher Seite nunmehr seinen Einfluß da­hin gebraucht, daß auch von Seiten Frank­reichs und der Saarregierung entsprechende Maßnahmen nachgeholt werden.

Was die juristischen Ausführungen des englischen Staatssekretärs anlangt, so muß noch einmal mit allem Nachdruck daraus hingewiesen werden, daß die Beschlüsse des Völkerbundsrates vom März 1926, die ohne Mitwirkung Deutschlands zustandegekommen sind.-Sinn und Zweck verloren haben, seit­dem das Rheinland geräumt ist. Darüber hinaus muß aber mit allem Nachdruck dar­auf hingewiesen werden, daß es ungeheuer­lich wäre, wenn jetzt, während der Abstim- mungsperiode. das Saargebiet unter die Bajonette einer interessierten Partei, d. h. Frankreich, gestellt würde. Ein solches Vor­gehen könnte weder von der Regierungskom­mission noch von dem Pölkerbundsrat ange­ordnet oder verantwortet werden, da dies in krassem Widerspruch zu dem vertraglich ver­bürgten Recht auf freie und unbeeinflußte Abstimmung stehen würde.

JerlleSttUMLMrweiltt eine me Generalprobe

Saar-Dreierausschutz tagt in Rom - Das Echo der Simon-Rede

llic. Saarbrücken, 6. November.

Die Empörung über den niederträchtigen Kommunistenübersall in Landsweiler hat sich im Saargebiet noch nicht gelegt. Man staunt allgemein darüber, daß die Polizei über diesen Vorfall bis jetzt keine Mitteilungen ausgegeben hat. Es häufen sich aber die Anzeichen, daß eS sich um einen wohlvorbereiteten und zentral geleiteten Hand­streich der kommuni st isch-mar- istischen Einheitsfront gehandelt at, um durch Herausforderungen am lau­fenden Bande den Einmarsch französischer Truppen in das Saargebiet herbeizusühren und wenn möglich noch in letzter Stunde eine Verschiebung der Abstimmung zu erwirken.

Vor kurzem hat sich eineEinheits­front des Sportes" aus Kommunisten und Marxisten gebildet, dessen Mitglieder verpflichtet werden, bei den Staffeln des ..Massenselbstschutzes" mitzuwirken. Ihr be­sondererSport" ist. genau so wie in Lands­weiler mit Stahlruten, Eisenrohren und Re­volvern bewaffnet aufzutreten und die Be­völkerung zu terrorisieren. Landsweiler war eine Art Generalprobe dieser Einheitsfront.

Landsweiler hat mit aller Deutlichkeit so­wohl dem Herrn Knox, als auch der Welt­öffentlichkeit gezeigt, wo die Störer der Ruhe und Ordnung im Saargebiet zu suchen sind.

Die Tagung des Dreier-Ausschusses

In Rom ist am Dienstag vormittag der Dreier-Ausschuß für die Saarabstimmung zusammengetreten, um die dem Völkerbunds­rot am 21. November zu unterbreitenden Vorschläge zu beraten.

Sme Vernunflstimme aus Frankreich

In der französischen ZeitungLa Fanal" schreibt ein französischer Frontsoldat zur Saarfrage u. a.:

Das Saargebiet ist ein deutsches Gebiet.

Und wenn im nächsten Januar das Saar­gebiet für Deutschland abgestimmt hat. wie es todsicher der Fall sein wird, dann werden wir. Franzosen wie Deutsche, die gerecht den­ken, aufatmen. Der einfache und ehrliche französische Bürger hat keinen Vorteil von einem französischen Saarland. Ihn inter­essiert nur eine Verständigung zwischen den beiden größten Mächten Europas: Deutsch­land und Frankreich. Er will nur die Ga­rantie, daß es nicht wieder zu einem Krieg zwischen diesen beiden Völkern komme, in welchem Falle er allein der Leidtragende wäre."

Die Saarrede Sir John Simons

Tie LondonerTimes" zeigen in ihrer

Kommentierung der Saarrede de? britischen Außenministers Sir Simon eine solche Ver­ständnislosigkeit für den wahren Sachver­halt, daß man sich wundern muß. Da wird das kluge Auftreten und die Zurückhaltung der deutschen und. der französischen > Regierung" gelobt, das deutsche Uniformver- l bot wird den militärischen Vorbereitungen '

Frankreichs gleichgestellt, als ob Angriffs- Vorbereitungen gleichgestellt werden könnten einer Dorstckstsmaßregel. wie sie das Uni- rormverbvi im deutschen Grenzqebiet dar­stellt.

In Paris ist man über Sir Simons Er­klärungen hochbefriedigt.

Skrupellose Marxiskenhede serWW kestgrstettt

August Herbst vom

Obersten Abstimmungsgericht freigesprochen Saarbrücken, 6. November.

Einen neuen Beweis, mit welcher Skrupel­losigkeit die kommunistisch-marxistischen Ter­roristen an der saar gegen die Deutsche Front Hetzen, lieferte eine Verhandlung, die am Dienstag vor dem Obersten Abstim­mungsgericht stattfand. Unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Meredith (Irland) fand die Verhandlung gegen den Leiter des Der-

Zwei Tage Frist

Die französische Kammersitzung auf Donnerstag vertagt Rücktritt des Kabinetts Doumergues bereits beschlossen?

gl. Paris, 6. November.

Die .Entscheidung über das Schicksal der französischen Verfassungsresorm, die zugleich eine Entscheidung über den Fortbestand des Kabinetts Doumergue ist, wird erst am Donnerstag fallen.

Dienstag vormittag fand ein zweistündiger Ministcrrat statt, aus dem verlautete, daß der Rücktritt des Kabinetts eine beschlossene Tatsache je i. Genaues war aber nicht zu erfahren. Herriot soll er­klärt haben, daß seine politischen Freunde es ablehnten, der Vorlage über die drei Haushaltszwölstcl zuzustimmen. Nach län­gerer Debatte wurde beschlossen, die Entschei­dung über das Verbleiben der radikalsozia-

'tljchrn Minister im Kabinett auf Donners­tag vormittag zu vertagen, Beharrt Herriot auf seinem Standpunkt, wird Doumergue voraussichtlich am Donnerstag dem Staats­präsidenten Lebrun den Gesnmtrücktritt des Kabinetts mitteilen.

Die Trauersitzung der Kammern

Angesichts dieser ungeklärten Politischen Lage hielten Kammer und L>enat nur Trauersitzungen ab. Kammerpräsident Bouis- svn hielt einen Nachruf auf König Alexan­der von Südslawien, Barthou und Poin- cars. Bouisson sagte u. a.: König Alexander habe das wiedererstehende L-üdslawien in voller Uebereinstimmung mit ausländischen Ministern, die derselben «ache ergeben seien, wie ein Benesch und ein Titulesru, mit kla­rem Blick den Friedensweg geführt. Die Kammer wünsche, daß die Verantwortlichen, die den abscheulichen Anschlag möglich mach­ten. gesucht und bestraft würden.

Zu dem Verlust Frankreichs durch das Hstischeiden Barthous und Poincarss sagte der Redner u. a die von Tag zu Tag wach­sende Autorität Barthous werde Frankreich fehlen. Nie habe er sich bereit gesunden, die Republik schmälern zu lassen. Poincaro be° zeichnete der Redner als einen der größten Staatsmänner des gegenwärtigen Europas. Poincars sei der Ueberzeugung gewesen, daß die Einigkeit, die er in den ersten Tagen 1914 verwirklichte, weiter notwendig sei. Die Kammer würde durch Verwirklichung dieser Einheit in den schweren Tagen der Gegen­wart dem Beispiel Poincarss treu bleiben.

Die Kammer hörte den Nachruf stehend an. Der linke Flügel brach mehrfach in lebhaften Beifall aus bei Hinweisen des Redners aus die Treue Barthous und Poincarss zu den Einrichtungen der Republik und des Parlamentarismus.

Im Namen der Regierung verlas Minister­präsident Doumergue in der Kammer und Justizminister Lemery im Senat einen Nachruf, in dem eS u. a. heißt: Unter den Ereignissen, die in letzter Zeit das Leben der Völker beeinflußten, konnte keines die euro> Päische Völkergemeinschaft schmerzlicher tret

ien als das Drama des 9. Oktober, könnt: kein fürchterlicheres Verbrecher gegen den Frieden begangen werden. Dei Herrscher eines edlen Volkes ist in unseren Lande gefallen als Opfer derselben fremd­ländischen Hand, die neben ihm einen gro­ßen Diener der Republik traf. König Alex­ander hat den Frieden, dem niemand zu dienen aufhören darf, wenn er nicht die Freundschaft FrantrercyS vertieren will, noch in letzter Stunde verteidigt. Kam er doch, der Gefahren bewußt, die Europa dro­hen, nach Frankreich, um sie zu beschwö - reu und um die Tätigkeit seiner Regierung mit der der französischen Regierung im Hin­blick aus eine unerläßliche Zusammenarbeit und notwendige Abmachungen in Einklang zu bringen. Das Bündnis zwischen Frank­reich und Südslawien zur Ausrechterhaltung und Festigung der europäischen Ordnung schöpft in der Trauer beider Länder neue Kraft und neue Daseinsberechtigung. Der restlose Bestand des südslawischen Staates, einig und stark, ist eine. Bedingung des Frie­dens in Europa. Der König ist tot. seine Politik dauert an.

Während Ministerpräsident Doumergue von der Regierungsbank aus sprach, blieb der linke Flügel des Hauses sitzen. Die Kam­mer vertagte sich dann zum Zeichen der Trauer aus Donnerstag, 14.30 Uhr.

Keine Besserung der Lage in Frankreich

Lamoureux verschiebt deswegen seine Reise nach Moskau

Paris, 6. November.

Die innerpolitische Lage hat sich am Diens­tag nachmittag nicht gebessert.

Die sozialrepublikanische Kammersraktion nahm eine Entschließung an, in der sie sich gegen die Bewilligung der drei Haushaltszwölstel ausspricht. Sie begründet ihre ablehnende Haltung damit, daß es not­wendig sei, den ganzen Haushaltsplan vor Ende des Jahres zu verabschieden.

Die 167 Mitglieder zählende Senatsfrak­tion der Demokratischen Linken hat mit 96 gegen 2 Stimmen, also in Abwesenheit von 69 Fraktionsmitgliedern, den Beschluß ge- saßt, Ministerpräsident Doumergue vor einerVersassungsresormzuwar- nen, die die Beseitigung des Senatsgut­achtens im Falle einer Kammerauflösung zur Folge hätte. Von der Demokratischen Linken wird dem Ministerpräsidenten nahegelcgt, die Staatsreform im Rahmen der jetzigen Ver­fassung durchzuführen.

Handelsminister Lamoreux, der Dienstag mittag seine Reise nach Moskau antreten sollte, hat sie wegen der innerpolitischen Lage aufgeschoben. Wie er erklärte, seien die Umstände zu ernst, als daß er gegenwärtig an eine Abreise denken könnte.