Nr. 620
Mittwoch, 7. November 1934
108. Jahrgang
er OefeUsehaLter
Bezugspreise: In der Stadt t>ez». durch Agenten monatl. NM. 1.50, durch die Post monatlich RMk. 1.40 einschl. isPfg.Äeförderungs-Gebühr zuzüglich 36 pfg.Zustellgebühr Einzelnummer 10 Pfg. Bei höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zütung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. —
Nationalsozialistische Tageszeitung
Alleiniges Amtsblatt für sämtliche Behörden in Stadt und Kreis Nagold
Regelmäßige Beilagen: Pflug und Scholle - Der deutsche Arbeiter - Die deutsche Krau > Brunnenstube
iTelegramm-Adresse: „Gesellschafter" Nagold // Gegr. 1827
Postscheckkonto: Stuttgart Nr. 10086 / Girokonto: Kreissparkaste Nagold 882 / Bei
Bilder vom Tage > Die deutsche Glocke - Hitlerjugend Gchwabenland-Heimatland - Sport vom Sonntag
j Fernsprecher SA. 429 / Marktstraße 14 / Schkeßfach SS j
gerichtlicher Beitreibung, Konkursen usw. gelten die Bruttopreis«
Anzeigenpreise: Oie i spatt. Millimeter-Zeile oder deren Raum 6 Pfg., Familien-, Vereins-, amtliche Anzeigen «nd Stellengesuche S Pfg., Rekl. 18 Pfg. » Für das Er- scheinen von Anz. in bestimmt. Ausgaben und an besonderen Plätzen, wie für islef.Aufträge »nd Chiffre - Anzeigen wirb kein« Gewähr übernommen
Sir Simon gegen die Pulschlüge
Saardebatte im englischen Unterhaus
London, 6. November.
Der Staatssekretär des Aeußeren Sir John Simon wurde am Montag im Unterhaus von dem Führer der Arbeiteropposition. Lansbury, gefragt, ob er eine Erklä- rung über die Frage der Aufrechterhaltung der Ordnung im Saarbecken abgeben könne, worauf Sir John Simon erwiderte:
Die Verantwortung für die Aufrechterhal- tung der Ordnung im Saarbecken liegt bei der Regierungskommission des Saargebietes, die sich dieser Aufgabe weiter erfolgreich unterzieht. Eine Lage, in der sich die Regierungskommission des Saargebietes unfähig sieht, die Ordnung aufrecht zu erhalten, dürfte nicht eintreten und wird, so hoffe ich zuversichtlich, niemals eintreten. Schon im Jahre 1926 teilte die Regierungskommission des Saargebietes Sem Völkerbundsrat mit, daß sie berechtigt sei, im Fall- absoluter Notwendigkeit, auf Truppen außer- halb des Gebietes, aber in der Nachbarschaft der Gebietsgrenzen, zurückzugreifen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Völkerbundsrat hat diesen Bericht der Kommission am 8. 3. 1926 zur Kenntnis genommen. Das Unterhaus kann hieraus ersehen, daß die Verwendung fremder Truppen niemals in Frage gekommen ist und nichts Derartiges ist unsererseits in Aussicht genommen. Gewisse französische Vorkehrungen in dem Teile Frankreichs, der an das Saargebiet im Westen grenzt, sind reine Vorsichtsmaßnahmen. Wie ich bereits erklärt habe, kann die Hinzuziehung von Truppen außerhalb des Saargebretes zur Aufrechterhaltung der Ordnung nicht in Frage kommen, es sei denn, die Negierungskommission des Saargebietes sollte nicht in der Lage sein, die Aufgabe zu erfüllen, die ihr gestellt ist und sähe sich gezwungen um Beistand zu ersuchen.
Der deutsche Botschafter hat heute vormittag mich auf meine Bitte hin ausgesucht. Er hat mir die in der Presse vom Samstag veröffentlichten Nachrichten bestätigt, wonach die deutschen Regierungsbehörden in einem Befehl an die SA.- und SS.-Formationen auf der deutschen Seite der Saargrenze für ein Gebiet, das einen Gürtel von 25 Meilen Breite bildet, das Tragen von Uniformen, die Abhaltung von Aufmärschen und Kundgebungen sowie Ansammlungen jeder Art für die Zeit der Abstimmung verboten haben. Gleichzeitig haben sie feierlich versichert, daß die Gefahr eines Eindringens in das Saargebiet nicht bestehe. Ich habe sowohl Herrn v. Hösch als auch dem französischen Botschafter die Befriedigung der britischen Regierung über diese Mitteilung zum Ausdruck gebracht. Vom französischen Botschafter habe ich die Zusicherung erhalten, daß die französischen Vorkehrungen reine Vorsichtsmaßnahmen darstellen, wie dies bereits angedeutet worden ist. Unter diesen Umständen dürfen wir erwarten, daß die Abstimmung, die dn Völkerbundsrat abzuhalten verpflichtet ist. bei angemessener Zurückhaltung aut allen «eiten am l3. Januar 1935 ordnungsgemäß durchgeführt werden wird.
Zu den Ausführungen des englischen Staatssekretärs ist folgendes zu bemerken- Es wäre bedauerlich, wenn auS den Worten Sn John Simons herauszulesen wäre, als habe es erst der Maßnahme des Regierungskommissars für das Saargebiet Bürckel bedurft, um die Gefahr voll deutscher Seite her drohender Unruhen zu beseitigen. Es muß mir ollem Nachdruck daran erinnert werden, daß eine derartige Gefahr nicht bestanden hat, daß wiederholt die Jnne- zaltung strengster Zucht innerhalb uns außerhalb des L-aargebietes von maßgebenden Stellen angeordnet und befolgt worden ist. Wenn jetzt noch ergänzende, ins Einzelne Mende Anordnungen erlassen worden sind, w geschah das, um angesichts der von fran- sösischer Seite getroffenen militärischen Maßnahmen, die geeignet waren, die Saarbevöl- ^erung in tiefgehende Beunruhigung und Er- tkgung zu versetzen, nichts zu versäumen. Aut der anderen Sette steht aber sterade aus den Worten Simons .bei anaemessener Zurück-
haltunst auf allen Seiten^ hervor, daß auch - für die übristen Stellen manches zu tun noch s übrist bleibt. Die Aufrechterhaltunst der Ord- > nunst des Saarstebietes. die Sir John Simon j zu Beginn seiner Rede als einen Erfolg der j Regierunstskommission hinstellte, ist in erster Linie ein Verdienst der deutschen Bevölkerung selbst, die allen Provokationen zum Trotz mustergültige Disziplin bewahrt hat. Solche Provokationen, die von den ihr Asyl- cecht mißbrauchenden Emigranten hervorge- cusen werden, abzustellen, ist Sache der Re- gierungskommisswn und derjenigen französischen Stellen, die sie immer wieder ermuntern. Man wird also logischerweise erwarten dürfen, daß der englische Staatssekretär nach den weitgehenden Vorleistungen aus deutscher Seite nunmehr seinen Einfluß dahin gebraucht, daß auch von Seiten Frankreichs und der Saarregierung entsprechende Maßnahmen nachgeholt werden.
Was die juristischen Ausführungen des englischen Staatssekretärs anlangt, so muß noch einmal mit allem Nachdruck daraus hingewiesen werden, daß die Beschlüsse des Völkerbundsrates vom März 1926, die ohne Mitwirkung Deutschlands zustandegekommen sind.-Sinn und Zweck verloren haben, seitdem das Rheinland geräumt ist. Darüber hinaus muß aber mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß es ungeheuerlich wäre, wenn jetzt, während der Abstim- mungsperiode. das Saargebiet unter die Bajonette einer interessierten Partei, d. h. Frankreich, gestellt würde. Ein solches Vorgehen könnte weder von der Regierungskommission noch von dem Pölkerbundsrat angeordnet oder verantwortet werden, da dies in krassem Widerspruch zu dem vertraglich verbürgten Recht auf freie und unbeeinflußte Abstimmung stehen würde.
JerlleSttUMLMrweiltt eine me Generalprobe
Saar-Dreierausschutz tagt in Rom - Das Echo der Simon-Rede
llic. Saarbrücken, 6. November.
Die Empörung über den niederträchtigen Kommunistenübersall in Landsweiler hat sich im Saargebiet noch nicht gelegt. Man staunt allgemein darüber, daß die Polizei über diesen Vorfall bis jetzt keine Mitteilungen ausgegeben hat. Es häufen sich aber die Anzeichen, daß eS sich um einen wohlvorbereiteten und zentral geleiteten Handstreich der kommuni st isch-mar- istischen Einheitsfront gehandelt at, um durch Herausforderungen am laufenden Bande den Einmarsch französischer Truppen in das Saargebiet herbeizusühren und wenn möglich noch in letzter Stunde eine Verschiebung der Abstimmung zu erwirken.
Vor kurzem hat sich eine „Einheitsfront des Sportes" aus Kommunisten und Marxisten gebildet, dessen Mitglieder verpflichtet werden, bei den Staffeln des ..Massenselbstschutzes" mitzuwirken. Ihr besonderer „Sport" ist. genau so wie in Landsweiler mit Stahlruten, Eisenrohren und Revolvern bewaffnet aufzutreten und die Bevölkerung zu terrorisieren. Landsweiler war eine Art Generalprobe dieser Einheitsfront.
Landsweiler hat mit aller Deutlichkeit sowohl dem Herrn Knox, als auch der Weltöffentlichkeit gezeigt, wo die Störer der Ruhe und Ordnung im Saargebiet zu suchen sind.
Die Tagung des Dreier-Ausschusses
In Rom ist am Dienstag vormittag der Dreier-Ausschuß für die Saarabstimmung zusammengetreten, um die dem Völkerbundsrot am 21. November zu unterbreitenden Vorschläge zu beraten.
Sme Vernunflstimme aus Frankreich
In der französischen Zeitung „La Fanal" schreibt ein französischer Frontsoldat zur Saarfrage u. a.:
„Das Saargebiet ist ein deutsches Gebiet.
Und wenn im nächsten Januar das Saargebiet für Deutschland abgestimmt hat. wie es todsicher der Fall sein wird, dann werden wir. Franzosen wie Deutsche, die gerecht denken, aufatmen. Der einfache und ehrliche französische Bürger hat keinen Vorteil von einem französischen Saarland. Ihn interessiert nur eine Verständigung zwischen den beiden größten Mächten Europas: Deutschland und Frankreich. Er will nur die Garantie, daß es nicht wieder zu einem Krieg zwischen diesen beiden Völkern komme, in welchem Falle er allein der Leidtragende wäre."
Die Saarrede Sir John Simons
Tie Londoner „Times" zeigen in ihrer
Kommentierung der Saarrede de? britischen Außenministers Sir Simon eine solche Verständnislosigkeit für den wahren Sachverhalt, daß man sich wundern muß. Da wird das kluge Auftreten und die Zurückhaltung der deutschen und. der französischen > Regierung" gelobt, das deutsche Uniformver- l bot wird den militärischen Vorbereitungen '
Frankreichs gleichgestellt, als ob Angriffs- Vorbereitungen gleichgestellt werden könnten einer Dorstckstsmaßregel. wie sie das Uni- rormverbvi im deutschen Grenzqebiet darstellt.
In Paris ist man über Sir Simons Erklärungen hochbefriedigt.
Skrupellose Marxiskenhede serWW kestgrstettt
August Herbst vom
Obersten Abstimmungsgericht freigesprochen Saarbrücken, 6. November.
Einen neuen Beweis, mit welcher Skrupellosigkeit die kommunistisch-marxistischen Terroristen an der saar gegen die Deutsche Front Hetzen, lieferte eine Verhandlung, die am Dienstag vor dem Obersten Abstimmungsgericht stattfand. Unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Meredith (Irland) fand die Verhandlung gegen den Leiter des Der-
Zwei Tage Frist
Die französische Kammersitzung auf Donnerstag vertagt Rücktritt des Kabinetts Doumergues bereits beschlossen?
gl. Paris, 6. November.
Die .Entscheidung über das Schicksal der französischen Verfassungsresorm, die zugleich eine Entscheidung über den Fortbestand des Kabinetts Doumergue ist, wird erst am Donnerstag fallen.
Dienstag vormittag fand ein zweistündiger Ministcrrat statt, aus dem verlautete, daß der Rücktritt des Kabinetts eine beschlossene Tatsache je i. Genaues war aber nicht zu erfahren. Herriot soll erklärt haben, daß seine politischen Freunde es ablehnten, der Vorlage über die drei Haushaltszwölstcl zuzustimmen. Nach längerer Debatte wurde beschlossen, die Entscheidung über das Verbleiben der radikalsozia-
'tljchrn Minister im Kabinett auf Donnerstag vormittag zu vertagen, Beharrt Herriot auf seinem Standpunkt, wird Doumergue voraussichtlich am Donnerstag dem Staatspräsidenten Lebrun den Gesnmtrücktritt des Kabinetts mitteilen.
Die Trauersitzung der Kammern
Angesichts dieser ungeklärten Politischen Lage hielten Kammer und L>enat nur Trauersitzungen ab. Kammerpräsident Bouis- svn hielt einen Nachruf auf König Alexander von Südslawien, Barthou und Poin- cars. Bouisson sagte u. a.: König Alexander habe das wiedererstehende L-üdslawien in voller Uebereinstimmung mit ausländischen Ministern, die derselben «ache ergeben seien, wie ein Benesch und ein Titulesru, mit klarem Blick den Friedensweg geführt. Die Kammer wünsche, daß die Verantwortlichen, die den abscheulichen Anschlag möglich machten. gesucht und bestraft würden.
Zu dem Verlust Frankreichs durch das Hstischeiden Barthous und Poincarss sagte der Redner u. a„ die von Tag zu Tag wachsende Autorität Barthous werde Frankreich fehlen. Nie habe er sich bereit gesunden, die Republik schmälern zu lassen. Poincaro be° zeichnete der Redner als einen der größten Staatsmänner des gegenwärtigen Europas. Poincars sei der Ueberzeugung gewesen, daß die Einigkeit, die er in den ersten Tagen 1914 verwirklichte, weiter notwendig sei. Die Kammer würde durch Verwirklichung dieser Einheit in den schweren Tagen der Gegenwart dem Beispiel Poincarss treu bleiben.
Die Kammer hörte den Nachruf stehend an. Der linke Flügel brach mehrfach in lebhaften Beifall aus bei Hinweisen des Redners aus die Treue Barthous und Poincarss zu den Einrichtungen der Republik und des Parlamentarismus.
Im Namen der Regierung verlas Ministerpräsident Doumergue in der Kammer und Justizminister Lemery im Senat einen Nachruf, in dem eS u. a. heißt: Unter den Ereignissen, die in letzter Zeit das Leben der Völker beeinflußten, konnte keines die euro> Päische Völkergemeinschaft schmerzlicher tret
ien als das Drama des 9. Oktober, könnt: kein fürchterlicheres Verbrecher gegen den Frieden begangen werden. Dei Herrscher eines edlen Volkes ist in unseren Lande gefallen als Opfer derselben fremdländischen Hand, die neben ihm einen großen Diener der Republik traf. König Alexander hat den Frieden, dem niemand zu dienen aufhören darf, wenn er nicht die Freundschaft FrantrercyS vertieren will, noch in letzter Stunde verteidigt. Kam er doch, der Gefahren bewußt, die Europa drohen, nach Frankreich, um sie zu beschwö - reu und um die Tätigkeit seiner Regierung mit der der französischen Regierung im Hinblick aus eine unerläßliche Zusammenarbeit und notwendige Abmachungen in Einklang zu bringen. Das Bündnis zwischen Frankreich und Südslawien zur Ausrechterhaltung und Festigung der europäischen Ordnung schöpft in der Trauer beider Länder neue Kraft und neue Daseinsberechtigung. Der restlose Bestand des südslawischen Staates, einig und stark, ist eine. Bedingung des Friedens in Europa. Der König ist tot. seine Politik dauert an.
Während Ministerpräsident Doumergue von der Regierungsbank aus sprach, blieb der linke Flügel des Hauses sitzen. Die Kammer vertagte sich dann zum Zeichen der Trauer aus Donnerstag, 14.30 Uhr.
Keine Besserung der Lage in Frankreich
Lamoureux verschiebt deswegen seine Reise nach Moskau
Paris, 6. November.
Die innerpolitische Lage hat sich am Dienstag nachmittag nicht gebessert.
Die sozialrepublikanische Kammersraktion nahm eine Entschließung an, in der sie sich gegen die Bewilligung der drei Haushaltszwölstel ausspricht. Sie begründet ihre ablehnende Haltung damit, daß es notwendig sei, den ganzen Haushaltsplan vor Ende des Jahres zu verabschieden.
Die 167 Mitglieder zählende Senatsfraktion der Demokratischen Linken hat mit 96 gegen 2 Stimmen, also in Abwesenheit von 69 Fraktionsmitgliedern, den Beschluß ge- saßt, Ministerpräsident Doumergue vor einerVersassungsresormzuwar- nen, die die Beseitigung des Senatsgutachtens im Falle einer Kammerauflösung zur Folge hätte. Von der Demokratischen Linken wird dem Ministerpräsidenten nahegelcgt, die Staatsreform im Rahmen der jetzigen Verfassung durchzuführen.
Handelsminister Lamoreux, der Dienstag mittag seine Reise nach Moskau antreten sollte, hat sie wegen der innerpolitischen Lage aufgeschoben. Wie er erklärte, seien die Umstände zu ernst, als daß er gegenwärtig an eine Abreise denken könnte.